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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Hobart.

Südlich vom australischen Continente und von demselben durch
die Bass-Strasse getrennt liegt die freundliche Insel Tasmanien
(Tasmania), welche ihres vorzüglichen Klimas wegen von den Australiern
auch gerne zur Cur oder zur Erfrischung aufgesucht wird und so-
wohl mit Sydney als mit Melbourne in regelmässiger Dampferver-
bindung steht.

Die Insel wurde 1642 von dem holländischen Seefahrer Abel Tasman entdeckt
und von ihm nach dem damaligen Gouverneur von Niederländisch-Indien Van
Diemensland genannt. Dieser Name wurde erst 1853 durch jenen des Entdeckers
ersetzt. Bis gegen das Ende des XVIII. Jahrhunderts hielt man Tasmanien für
einen Theil von Australien und wurde über die insulare Gestalt des Landes erst
durch Lieutenant Bass aufgeklärt, welcher die Strasse zwischen Tasmanien und
Australien auffand, die ihren Namen von ihm führt. 1803 nahm die britische
Regierung von der Insel Besitz, um daselbst eine Sträflingsstation als Ergänzung
jener von Neu-Südwales zu gründen. Es blieb dies lange Zeit hindurch das
Schicksal von Tasmanien, obwohl schon seit 1816 auch freie Einwanderer ihren
Weg dahin nahmen. Die Sträflinge veranlassten vielfache Belästigungen, nament-
lich dadurch, dass sie häufig entsprangen, sich in den Busch schlugen und dann
eine Art von Räuberleben führten. Es bedurfte vieler Energie und der kräftigen
Mitwirkung der freien Ansiedler, um diese Buschklepper zu beseitigen. Die freien
Ansiedler versuchten zu wiederholtenmalen eine weitere Deportirung von Sträf-
lingen nach Tasmanien aufhören zu machen, mussten aber auf die grosse Wohl-
that dieses Zugeständnisses länger warten als Australien. Erst 1853 ward der
Wunsch erfüllt, und 1855 erhielt die Insel eine Verfassung als selbständige
Colonie. Die Auffindung von Gold in Victoria brachte Tasmanien insofern einigen
Nachtheil, als viele Bewohner der Sehnsucht nach den neuen Schätzen nicht wider-
stehen konnten und sich dem Goldlande zuwandten. Trotzdem begann das nun-
mehr erst in gesunde Verhältnisse gebrachte Land sich günstiger zu entwickeln,
und namentlich gewann dessen Hauptstadt an Aufschwung.

Die Stadt Hobart, wie sie seit 1881 heisst -- früher war
sie Hobarttown genannt worden -- schreibt ihren ersten Anfang der
britischen Niederlassung in Tasmanien zu. Sie hat einen sehr ge-
schützten und geräumigen, auch leicht zugänglichen Hafen und eine
sehr schöne Lage. Im Süden von Tasmanien nämlich liegt die Storm

Hobart.

Südlich vom australischen Continente und von demselben durch
die Bass-Strasse getrennt liegt die freundliche Insel Tasmanien
(Tasmania), welche ihres vorzüglichen Klimas wegen von den Australiern
auch gerne zur Cur oder zur Erfrischung aufgesucht wird und so-
wohl mit Sydney als mit Melbourne in regelmässiger Dampferver-
bindung steht.

Die Insel wurde 1642 von dem holländischen Seefahrer Abel Tasman entdeckt
und von ihm nach dem damaligen Gouverneur von Niederländisch-Indien Van
Diemensland genannt. Dieser Name wurde erst 1853 durch jenen des Entdeckers
ersetzt. Bis gegen das Ende des XVIII. Jahrhunderts hielt man Tasmanien für
einen Theil von Australien und wurde über die insulare Gestalt des Landes erst
durch Lieutenant Bass aufgeklärt, welcher die Strasse zwischen Tasmanien und
Australien auffand, die ihren Namen von ihm führt. 1803 nahm die britische
Regierung von der Insel Besitz, um daselbst eine Sträflingsstation als Ergänzung
jener von Neu-Südwales zu gründen. Es blieb dies lange Zeit hindurch das
Schicksal von Tasmanien, obwohl schon seit 1816 auch freie Einwanderer ihren
Weg dahin nahmen. Die Sträflinge veranlassten vielfache Belästigungen, nament-
lich dadurch, dass sie häufig entsprangen, sich in den Busch schlugen und dann
eine Art von Räuberleben führten. Es bedurfte vieler Energie und der kräftigen
Mitwirkung der freien Ansiedler, um diese Buschklepper zu beseitigen. Die freien
Ansiedler versuchten zu wiederholtenmalen eine weitere Deportirung von Sträf-
lingen nach Tasmanien aufhören zu machen, mussten aber auf die grosse Wohl-
that dieses Zugeständnisses länger warten als Australien. Erst 1853 ward der
Wunsch erfüllt, und 1855 erhielt die Insel eine Verfassung als selbständige
Colonie. Die Auffindung von Gold in Victoria brachte Tasmanien insofern einigen
Nachtheil, als viele Bewohner der Sehnsucht nach den neuen Schätzen nicht wider-
stehen konnten und sich dem Goldlande zuwandten. Trotzdem begann das nun-
mehr erst in gesunde Verhältnisse gebrachte Land sich günstiger zu entwickeln,
und namentlich gewann dessen Hauptstadt an Aufschwung.

Die Stadt Hobart, wie sie seit 1881 heisst — früher war
sie Hobarttown genannt worden — schreibt ihren ersten Anfang der
britischen Niederlassung in Tasmanien zu. Sie hat einen sehr ge-
schützten und geräumigen, auch leicht zugänglichen Hafen und eine
sehr schöne Lage. Im Süden von Tasmanien nämlich liegt die Storm

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[[808]/0824] Hobart. Südlich vom australischen Continente und von demselben durch die Bass-Strasse getrennt liegt die freundliche Insel Tasmanien (Tasmania), welche ihres vorzüglichen Klimas wegen von den Australiern auch gerne zur Cur oder zur Erfrischung aufgesucht wird und so- wohl mit Sydney als mit Melbourne in regelmässiger Dampferver- bindung steht. Die Insel wurde 1642 von dem holländischen Seefahrer Abel Tasman entdeckt und von ihm nach dem damaligen Gouverneur von Niederländisch-Indien Van Diemensland genannt. Dieser Name wurde erst 1853 durch jenen des Entdeckers ersetzt. Bis gegen das Ende des XVIII. Jahrhunderts hielt man Tasmanien für einen Theil von Australien und wurde über die insulare Gestalt des Landes erst durch Lieutenant Bass aufgeklärt, welcher die Strasse zwischen Tasmanien und Australien auffand, die ihren Namen von ihm führt. 1803 nahm die britische Regierung von der Insel Besitz, um daselbst eine Sträflingsstation als Ergänzung jener von Neu-Südwales zu gründen. Es blieb dies lange Zeit hindurch das Schicksal von Tasmanien, obwohl schon seit 1816 auch freie Einwanderer ihren Weg dahin nahmen. Die Sträflinge veranlassten vielfache Belästigungen, nament- lich dadurch, dass sie häufig entsprangen, sich in den Busch schlugen und dann eine Art von Räuberleben führten. Es bedurfte vieler Energie und der kräftigen Mitwirkung der freien Ansiedler, um diese Buschklepper zu beseitigen. Die freien Ansiedler versuchten zu wiederholtenmalen eine weitere Deportirung von Sträf- lingen nach Tasmanien aufhören zu machen, mussten aber auf die grosse Wohl- that dieses Zugeständnisses länger warten als Australien. Erst 1853 ward der Wunsch erfüllt, und 1855 erhielt die Insel eine Verfassung als selbständige Colonie. Die Auffindung von Gold in Victoria brachte Tasmanien insofern einigen Nachtheil, als viele Bewohner der Sehnsucht nach den neuen Schätzen nicht wider- stehen konnten und sich dem Goldlande zuwandten. Trotzdem begann das nun- mehr erst in gesunde Verhältnisse gebrachte Land sich günstiger zu entwickeln, und namentlich gewann dessen Hauptstadt an Aufschwung. Die Stadt Hobart, wie sie seit 1881 heisst — früher war sie Hobarttown genannt worden — schreibt ihren ersten Anfang der britischen Niederlassung in Tasmanien zu. Sie hat einen sehr ge- schützten und geräumigen, auch leicht zugänglichen Hafen und eine sehr schöne Lage. Im Süden von Tasmanien nämlich liegt die Storm

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. [808]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/824>, abgerufen am 26.04.2024.