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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz]

Die rechten Krebssteine halten an, trocknen, verschlucken und dämpfen die Säure, sind gut die allzu sauren und scharffen Feuchtigkeiten zu mildern, den Durchlauff, die goldne Ader und das Brechen zu stillen: den Urin treiben sie ein wenig, und reinigen das Geblüt, wann sie als ein zartes Pulver eingenommen werden. Die Krebssteine, die wir aus den Europäischen Krebsen nehmen, sind eben so gut zur Artzney, als wie die Indianischen. Diese ihre Kraft bestehet hauptsächlich darinne, daß sie, weil sie alkalinisch sind, die Spitzen des sauren und scharffen Saltzes brechen und verschlucken, welches sich in allzu grosser Menge im Leibe befindet, und allerhand Kranckheiten Ursache ist.

Cancer kommt vom Griechischen karkinos, und dieses von karkharos, asper, rauhe.

Caninana.

Caninana, Jonst. ist eine americanische Schlange, zu anderthalben bis zwey Fuß lang. Ihr Rücken ist grün, und der Bauch gelb: sie soll nicht gar zu giftig seyn. Sie folgt und kriecht den Leuten nach, läst sich auch in die Hände nehmen, ohne daß sie Schaden solte thun. Die Americaner schneiden ihr den Kopf und den Schwantz ab, und essen sie. Sie führet viel flüchtiges Saltz und Oel.

Bey den Indianern wird sie zu den Giftartzneyen genommen, als wie die Otter in Europa: dann sie widerstehet dem Gifte.

Canina kommt von Canis, ein Hund, her, weil diese Schlange den Leuten nachfolget, und sich greiffen läst, als wie ein Hund.

Canis.

Canis, frantzösisch, Chien, teutsch, der Hund, ist ein vierfüßiges Thier, dessen es vielerley Arten giebet, die allesamt bekannt genug. Er führet viel flüchtiges Saltz und Oel.

Die Hündin träget acht Wochen und zwey bis drey Tage.

Der junge Hund, der erst geworffen ist, und auf lateinisch Catellus genennet wird, ist gut und dienlich zum erweichen, zum zertheilen und zu stärcken. Er wird geöffnet und gantz warm auf den Kopf gelegt in Haupt- und Hirnkranckheiten, ingleichen auf die schmertzhafte Seite im Seitenstechen.

Das Hundefett ist ein gutes Wundmittel, es reiniget, heilet, dienet zur Schwindsucht, und das geronnene Geblüte, wann einer hoch herunter gefallen, zu zertheilen, wann es innerlich gebrauchet wird. Auch wird es äusserlich gebraucht wider die Schmertzen des Zipperleins, zur Taubheit und zu andern Gebrechen des Gehörs, zur Krätze und zum Jucken der Haut.

Der weisse Hundsdreck, lateinisch, Album graecum, Album canis, Cynocoprus genannt, trocknet aus, verdünnert, zertheilet, ist gut wider die Bräune, wider das Seitenstechen, und wider die Colic, wann er innerlich gebrauchet wird. Die dosis kan von einem halben bis auf vier gantze Scrupel seyn. Er wird auch äusserlich gebraucht, die Geschwulst zu zertheilen und die Raude zu curiren.

Wann einen ein Hund lecket, das reiniget und mildert die alten Schäden an den Beinen gantz wunderwol, es werden auch dadurch nicht selten solche Wunden geheilet, dabey sonst alle Mittel nur vergeblich sind gewesen.

[Spaltenumbruch]

Das Hundefell wird zugerichtet und Handschuh draus gemacht, die machen linde Hände und vertreiben das Jucken der Haut.

Es ist bekannt, daß die Hunde der Wut und hydrophobia sehr unterworffen sind, und mag man mit gutem Fuge sprechen, es sey diese Kranckheit eine Gattung des hitzigen Fiebers, von verbrannt und ausgetrockneten Geblüte verursachet, oder, wann dasselbige gar zu sehr erhitzet worden, und die flüchtigen armonicalischen Salia in den Kopf getrieben hat. Die Gelegenheit zu solchem Fieber giebt insgemein, die Enthaltung von Speise und von Tranck, viel Tage hindurch: so kan es auch zuweilen von der übeln Beschaffenheit der verdorbenen Sachen her entstehen, womit sich diese Thiere zu ernähren pflegen. Der englische Medicus Mead will haben, daß nur deshalben die Hunde mehr als andere Thiere mit diesem Ubel beladen werden, dieweil sie niemahls schwitzen, auch bey der grösten Hitze: allein, man könte ihm gar leichtlich widersprechen und das Gegentheil erweisen; indem gar ofte der Hunde, welche lange Zeit gelauffen haben, ihr Haar gantz feuchte ist vom Schweiß, und rauchet. Ihm sey wie ihm wolle, ein rasender Hund theilet sein Gift gar leichtlich andern mit, und es giebt dergleichen traurige Fälle zur Gnüge, welche würcklich nach geraumer Zeit sich erstlich mercken lassen. Die kräftigsten Mittel, die mir bekannt sind worden, wann einer von einem tollen Hund gebissen ist, sind das Vipernpulver, öfters gebraucht, das Vipern und das Hirschhorn Saltz, gute Wundkräuter als einen Thee gebrauchet, Theriac, und des Palmarius Pulver, so in meiner Pharmacopaea universali beschrieben; auch mag man nicht vergessen sich in der See zu baden, bevor neun Tage, von dem Bisse an zu rechnen, verstrichen sind; alleine vor und nach dem Baden muß einen gantzen Monat lang beständig Artzeney gebrauchet werden.

Dieweil nun diese so gar heilsamen Artzneymittel, samt gar unzehlich vielen andern mehr, deren man sich bey dergleichen Gelegenheit pflegt zu bedienen, den meisten Theil alkalisch seyn, bin ich auf die Gedancken kommen, als ob daß Gift bey dieser Raserey von irgend einem acido acerbo styptico entspriesse, das ist, von etwas herben und verstopfenden sauren, welches gar sehr hitzig und austrocknend, und nach und nach sich in den gantzen Cörper eingeschlichen und verspreitet: dieses saure Wesen hänge und lege sich bald anfangs an solche Oerter des Cörpers, die am feuchtesten sind, z.E. an den Mund, die Kehle, den Magen, etc. erwecke daselbst grosse Hitze und Dürre, und dermassen grosse Verwirrung, davon der Patiente in Aberwitz geräth, Zucken in den Gliedern bekommt, und einen solchen Abscheu und gräßliche Furcht vor allem was nur flüßig ist, welches als dann Hydrophobia, Wasserscheu, Furcht vor dem Wasser, genennet wird. Dieses Wort kommt aus dem griechischen, und ist aus udor, aqua, das Wasser, und phebomai, fugio, ich meide, fürchte mich davor, zusammengesetzet. Ist iemand, welcher rasend worden, in den Mund, oder in die Nase gebissen, oder nur gelecket worden, so werden wenig Tage hingehen, er wird eben dergleichen Anfall bekommen, als wann er sonst wohin gebissen worden wäre, und wird eine und die andere [Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz]

Die rechten Krebssteine halten an, trocknen, verschlucken und dämpfen die Säure, sind gut die allzu sauren und scharffen Feuchtigkeiten zu mildern, den Durchlauff, die goldne Ader und das Brechen zu stillen: den Urin treiben sie ein wenig, und reinigen das Geblüt, wann sie als ein zartes Pulver eingenommen werden. Die Krebssteine, die wir aus den Europäischen Krebsen nehmen, sind eben so gut zur Artzney, als wie die Indianischen. Diese ihre Kraft bestehet hauptsächlich darinne, daß sie, weil sie alkalinisch sind, die Spitzen des sauren und scharffen Saltzes brechen und verschlucken, welches sich in allzu grosser Menge im Leibe befindet, und allerhand Kranckheiten Ursache ist.

Cancer kommt vom Griechischen κάρκινος, und dieses von κάρχαρος, asper, rauhe.

Caninana.

Caninana, Jonst. ist eine americanische Schlange, zu anderthalben bis zwey Fuß lang. Ihr Rücken ist grün, und der Bauch gelb: sie soll nicht gar zu giftig seyn. Sie folgt und kriecht den Leuten nach, läst sich auch in die Hände nehmen, ohne daß sie Schaden solte thun. Die Americaner schneiden ihr den Kopf und den Schwantz ab, und essen sie. Sie führet viel flüchtiges Saltz und Oel.

Bey den Indianern wird sie zu den Giftartzneyen genommen, als wie die Otter in Europa: dann sie widerstehet dem Gifte.

Canina kommt von Canis, ein Hund, her, weil diese Schlange den Leuten nachfolget, und sich greiffen läst, als wie ein Hund.

Canis.

Canis, frantzösisch, Chien, teutsch, der Hund, ist ein vierfüßiges Thier, dessen es vielerley Arten giebet, die allesamt bekannt genug. Er führet viel flüchtiges Saltz und Oel.

Die Hündin träget acht Wochen und zwey bis drey Tage.

Der junge Hund, der erst geworffen ist, und auf lateinisch Catellus genennet wird, ist gut und dienlich zum erweichen, zum zertheilen und zu stärcken. Er wird geöffnet und gantz warm auf den Kopf gelegt in Haupt- und Hirnkranckheiten, ingleichen auf die schmertzhafte Seite im Seitenstechen.

Das Hundefett ist ein gutes Wundmittel, es reiniget, heilet, dienet zur Schwindsucht, und das geronnene Geblüte, wann einer hoch herunter gefallen, zu zertheilen, wann es innerlich gebrauchet wird. Auch wird es äusserlich gebraucht wider die Schmertzen des Zipperleins, zur Taubheit und zu andern Gebrechen des Gehörs, zur Krätze und zum Jucken der Haut.

Der weisse Hundsdreck, lateinisch, Album græcum, Album canis, Cynocoprus genannt, trocknet aus, verdünnert, zertheilet, ist gut wider die Bräune, wider das Seitenstechen, und wider die Colic, wann er innerlich gebrauchet wird. Die dosis kan von einem halben bis auf vier gantze Scrupel seyn. Er wird auch äusserlich gebraucht, die Geschwulst zu zertheilen und die Raude zu curiren.

Wann einen ein Hund lecket, das reiniget und mildert die alten Schäden an den Beinen gantz wunderwol, es werden auch dadurch nicht selten solche Wunden geheilet, dabey sonst alle Mittel nur vergeblich sind gewesen.

[Spaltenumbruch]

Das Hundefell wird zugerichtet und Handschuh draus gemacht, die machen linde Hände und vertreiben das Jucken der Haut.

Es ist bekannt, daß die Hunde der Wut und hydrophobia sehr unterworffen sind, und mag man mit gutem Fuge sprechen, es sey diese Kranckheit eine Gattung des hitzigen Fiebers, von verbrannt und ausgetrockneten Geblüte verursachet, oder, wann dasselbige gar zu sehr erhitzet worden, und die flüchtigen armonicalischen Salia in den Kopf getrieben hat. Die Gelegenheit zu solchem Fieber giebt insgemein, die Enthaltung von Speise und von Tranck, viel Tage hindurch: so kan es auch zuweilen von der übeln Beschaffenheit der verdorbenen Sachen her entstehen, womit sich diese Thiere zu ernähren pflegen. Der englische Medicus Mead will haben, daß nur deshalben die Hunde mehr als andere Thiere mit diesem Ubel beladen werden, dieweil sie niemahls schwitzen, auch bey der grösten Hitze: allein, man könte ihm gar leichtlich widersprechen und das Gegentheil erweisen; indem gar ofte der Hunde, welche lange Zeit gelauffen haben, ihr Haar gantz feuchte ist vom Schweiß, und rauchet. Ihm sey wie ihm wolle, ein rasender Hund theilet sein Gift gar leichtlich andern mit, und es giebt dergleichen traurige Fälle zur Gnüge, welche würcklich nach geraumer Zeit sich erstlich mercken lassen. Die kräftigsten Mittel, die mir bekannt sind worden, wann einer von einem tollen Hund gebissen ist, sind das Vipernpulver, öfters gebraucht, das Vipern und das Hirschhorn Saltz, gute Wundkräuter als einen Thee gebrauchet, Theriac, und des Palmarius Pulver, so in meiner Pharmacopæa universali beschrieben; auch mag man nicht vergessen sich in der See zu baden, bevor neun Tage, von dem Bisse an zu rechnen, verstrichen sind; alleine vor und nach dem Baden muß einen gantzen Monat lang beständig Artzeney gebrauchet werden.

Dieweil nun diese so gar heilsamen Artzneymittel, samt gar unzehlich vielen andern mehr, deren man sich bey dergleichen Gelegenheit pflegt zu bedienen, den meisten Theil alkalisch seyn, bin ich auf die Gedancken kommen, als ob daß Gift bey dieser Raserey von irgend einem acido acerbo styptico entspriesse, das ist, von etwas herben und verstopfenden sauren, welches gar sehr hitzig und austrocknend, und nach und nach sich in den gantzen Cörper eingeschlichen und verspreitet: dieses saure Wesen hänge und lege sich bald anfangs an solche Oerter des Cörpers, die am feuchtesten sind, z.E. an den Mund, die Kehle, den Magen, etc. erwecke daselbst grosse Hitze und Dürre, und dermassen grosse Verwirrung, davon der Patiente in Aberwitz geräth, Zucken in den Gliedern bekommt, und einen solchen Abscheu und gräßliche Furcht vor allem was nur flüßig ist, welches als dann Hydrophobia, Wasserscheu, Furcht vor dem Wasser, genennet wird. Dieses Wort kommt aus dem griechischen, und ist aus ὕδωρ, aqua, das Wasser, und φέβομαι, fugio, ich meide, fürchte mich davor, zusammengesetzet. Ist iemand, welcher rasend worden, in den Mund, oder in die Nase gebissen, oder nur gelecket worden, so werden wenig Tage hingehen, er wird eben dergleichen Anfall bekommen, als wann er sonst wohin gebissen worden wäre, und wird eine und die andere [Ende Spaltensatz]

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[0131] Die rechten Krebssteine halten an, trocknen, verschlucken und dämpfen die Säure, sind gut die allzu sauren und scharffen Feuchtigkeiten zu mildern, den Durchlauff, die goldne Ader und das Brechen zu stillen: den Urin treiben sie ein wenig, und reinigen das Geblüt, wann sie als ein zartes Pulver eingenommen werden. Die Krebssteine, die wir aus den Europäischen Krebsen nehmen, sind eben so gut zur Artzney, als wie die Indianischen. Diese ihre Kraft bestehet hauptsächlich darinne, daß sie, weil sie alkalinisch sind, die Spitzen des sauren und scharffen Saltzes brechen und verschlucken, welches sich in allzu grosser Menge im Leibe befindet, und allerhand Kranckheiten Ursache ist. Cancer kommt vom Griechischen κάρκινος, und dieses von κάρχαρος, asper, rauhe. Caninana. Caninana, Jonst. ist eine americanische Schlange, zu anderthalben bis zwey Fuß lang. Ihr Rücken ist grün, und der Bauch gelb: sie soll nicht gar zu giftig seyn. Sie folgt und kriecht den Leuten nach, läst sich auch in die Hände nehmen, ohne daß sie Schaden solte thun. Die Americaner schneiden ihr den Kopf und den Schwantz ab, und essen sie. Sie führet viel flüchtiges Saltz und Oel. Bey den Indianern wird sie zu den Giftartzneyen genommen, als wie die Otter in Europa: dann sie widerstehet dem Gifte. Canina kommt von Canis, ein Hund, her, weil diese Schlange den Leuten nachfolget, und sich greiffen läst, als wie ein Hund. Canis. Canis, frantzösisch, Chien, teutsch, der Hund, ist ein vierfüßiges Thier, dessen es vielerley Arten giebet, die allesamt bekannt genug. Er führet viel flüchtiges Saltz und Oel. Die Hündin träget acht Wochen und zwey bis drey Tage. Der junge Hund, der erst geworffen ist, und auf lateinisch Catellus genennet wird, ist gut und dienlich zum erweichen, zum zertheilen und zu stärcken. Er wird geöffnet und gantz warm auf den Kopf gelegt in Haupt- und Hirnkranckheiten, ingleichen auf die schmertzhafte Seite im Seitenstechen. 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Das Hundefell wird zugerichtet und Handschuh draus gemacht, die machen linde Hände und vertreiben das Jucken der Haut. Es ist bekannt, daß die Hunde der Wut und hydrophobia sehr unterworffen sind, und mag man mit gutem Fuge sprechen, es sey diese Kranckheit eine Gattung des hitzigen Fiebers, von verbrannt und ausgetrockneten Geblüte verursachet, oder, wann dasselbige gar zu sehr erhitzet worden, und die flüchtigen armonicalischen Salia in den Kopf getrieben hat. Die Gelegenheit zu solchem Fieber giebt insgemein, die Enthaltung von Speise und von Tranck, viel Tage hindurch: so kan es auch zuweilen von der übeln Beschaffenheit der verdorbenen Sachen her entstehen, womit sich diese Thiere zu ernähren pflegen. Der englische Medicus Mead will haben, daß nur deshalben die Hunde mehr als andere Thiere mit diesem Ubel beladen werden, dieweil sie niemahls schwitzen, auch bey der grösten Hitze: allein, man könte ihm gar leichtlich widersprechen und das Gegentheil erweisen; indem gar ofte der Hunde, welche lange Zeit gelauffen haben, ihr Haar gantz feuchte ist vom Schweiß, und rauchet. Ihm sey wie ihm wolle, ein rasender Hund theilet sein Gift gar leichtlich andern mit, und es giebt dergleichen traurige Fälle zur Gnüge, welche würcklich nach geraumer Zeit sich erstlich mercken lassen. Die kräftigsten Mittel, die mir bekannt sind worden, wann einer von einem tollen Hund gebissen ist, sind das Vipernpulver, öfters gebraucht, das Vipern und das Hirschhorn Saltz, gute Wundkräuter als einen Thee gebrauchet, Theriac, und des Palmarius Pulver, so in meiner Pharmacopæa universali beschrieben; auch mag man nicht vergessen sich in der See zu baden, bevor neun Tage, von dem Bisse an zu rechnen, verstrichen sind; alleine vor und nach dem Baden muß einen gantzen Monat lang beständig Artzeney gebrauchet werden. Dieweil nun diese so gar heilsamen Artzneymittel, samt gar unzehlich vielen andern mehr, deren man sich bey dergleichen Gelegenheit pflegt zu bedienen, den meisten Theil alkalisch seyn, bin ich auf die Gedancken kommen, als ob daß Gift bey dieser Raserey von irgend einem acido acerbo styptico entspriesse, das ist, von etwas herben und verstopfenden sauren, welches gar sehr hitzig und austrocknend, und nach und nach sich in den gantzen Cörper eingeschlichen und verspreitet: dieses saure Wesen hänge und lege sich bald anfangs an solche Oerter des Cörpers, die am feuchtesten sind, z.E. an den Mund, die Kehle, den Magen, etc. erwecke daselbst grosse Hitze und Dürre, und dermassen grosse Verwirrung, davon der Patiente in Aberwitz geräth, Zucken in den Gliedern bekommt, und einen solchen Abscheu und gräßliche Furcht vor allem was nur flüßig ist, welches als dann Hydrophobia, Wasserscheu, Furcht vor dem Wasser, genennet wird. Dieses Wort kommt aus dem griechischen, und ist aus ὕδωρ, aqua, das Wasser, und φέβομαι, fugio, ich meide, fürchte mich davor, zusammengesetzet. Ist iemand, welcher rasend worden, in den Mund, oder in die Nase gebissen, oder nur gelecket worden, so werden wenig Tage hingehen, er wird eben dergleichen Anfall bekommen, als wann er sonst wohin gebissen worden wäre, und wird eine und die andere

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/131>, abgerufen am 26.04.2024.