Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] Blume, deren Blätterlein grün sind, und gleichfalls wie ein Creutz gestellet, insgemein lang, schmal und mit einigen Fäslein vermenget, stehen in einem Kelche, der auch vier Blätter hat. Nach der Blüte folget eine Beere, oder eine weiche Frucht, die ist so groß wie eine Weinbeere, mit vier rundlichten Ecken, dunckel von Farbe, eines häßlichen Geruchs, und in vier Fächlein abgetheilt, die voller dünner, weisser, ovalrunder Samen stecken. Die Wurtzel ist lang, dünne, knotig und kriechet in der Erde herum. Es wächst in duncklen Höltzern, absonderlich in fettem Boden: führet viel Oel, phlegma und Sal essentiale.

Seine Beeren und Blätter machen dicke, erfrischen und zertheilen. Insonderheit aber wird die Beere wider die Pest und andere ansteckende Kranckheiten höchlich gerühmet, und innerlich gebraucht: so werden auch die Blätter äusserlich auf die Pestbeulen aufgeleget.

Herba trientalis.

Herba trientalis, J.B.

Pyrola Alsines folio Europaea, C.B.

Alsinanthemos, Thal.

Alsine Alpina, Schwenck.

Ist ein Kraut, das einen Stengel, einer Hand hoch treibet, der ist rund, dünn und zarte, ohne Haar und träget auf der Spitze, gleichsam in einer Krone, sechs oder sieben Blätter an einem kurtzen Stiele, die sind länglicht oder ovalrund, vorne spitzig, von Farbe bleichgrün: und unter diesen andere viel kleinere, die als wie Quendel sehen. Zwischen diesen Blättern erheben sich gemeiniglich zwey Stielgen, die dünne sind, gleich als wie Fasen, und röthlicht, tragen ein iedweder eine weisse Sternblume. Dieses Kraut wächset im Holtze, an bergichten Orten.

Es ist ein gutes Wundkraut und anziehend, wird äusserlich gebraucht.

Herba Trinitatis.

Herbatrinitatis, Brunf.

Viola tricolor, Dod. Clus. Ger.

Viola Trinitatis, Tab.

Viola tricolor hortensis repens, C.B.

Jacea major, sive Viola tricolor, Cast.

Viola tricolor major & vulgaris, Park.

Viola flammea coloria calida, Ad. Lob.

Jacea, sive flos Trinitatis, Matth.

Violae nigrae persimilis, flos Trinitatis, vel Heptachrum, Gesn. Hort.

Jacea tricolor, sive Trinitatis flos, J.B. Raji Hist.

frantzösisch, Pensee.

teutsch, Freysamkraut, Dreyfaltigkeitblume, Stieffmütterlein.

Ist ein Veilgengeschlechte, oder ein Kraut, dessen Stengel herum kriechen und ästig sind, tragen Blätter, deren einige so rund sind, als wie die am Gunderman, andere aber länglicht und umher ausgezackt. Seine Blüten sind dreyfarbige Veilgen, blau, purpur oder weiß und gelb, ohne Geruch, bestehen iede aus fünff Blätterlein, und haben unten als wie einen Sporen, stehen in einem Kelche, der bis [Spaltenumbruch] gantz hinunter an den Boden fünffmahl zertheilet ist. Nach der Blume erscheinet eine Hülse, die beschleust die zarten Samen. Die Wurtzel ist zaserig. Dieses Kraut wird in den Gärten gezogen: führet viel Oel und Sal essentiale.

Es reiniget, zertreibet, ist gut zu den Wunden und durchtringend, treibet den Schweiß: es wird zu den Lungengeschwüren gebrauchet, zu Verstopfung der Mutter und für die Raude.

Herba Trinitatis und Viola tricolor wird es genannt, dieweil es eine Gattung Veilgen ist, deren ihre Blumen drey Farben haben.

Hermodactylus.

Hermodactylus, frantzösisch, Hermodacte, teutsch, Hermodattel, ist eine knollige Wurtzel, oder ein Bollen, so dicke, als wie eine kleine Kastanie, in Gestalt eines Hertzens, von Farbe röthlicht auswendig, inwendig gar sehr weiß; leicht und schwammig, ohne Zasern, leicht zu zerbrechen, auch stracks zu Pulver, wie zu Mehl zu machen, von Geschmacke süßlicht und ein wenig schleimig. Sie wird dörre aus Egypten, und aus Syrien zu uns gebracht. Was für ein Gewächse sie mag tragen, das weiß man nicht recht gewiß: die gemeinste Sage ist, es sey dasselbe eine Gattung Colchicum, welche Caspar Bauhinus genennet hat Colchinum, radice siccata alba, Lobelius, Hermodactylus non venenatus officinarum.

Andere aber erachten, es sey eine Sorte der knolligten Iris (Iris tuberosa) bey Caspar Bauhino, Iris tuberosa, folio anguloso, und von Matthiolo, Hermodactylus verus genennet.

Pomet, ein neuer Scribent, hat dieserwegen seine gantz besonderen Gedancken. Er giebet an, die Hermodattel sey keine Wurtzel nicht, sondern eine Frucht, welche auf einem Baume in Egypten wachse: er will solches auf zweyerley Proben stellen. Zum ersten, habe diese Materie viel eher die Gestalt, wie eine Frucht, als wie eine Wurtzel. Zum andern, man habe ihm von Marseille geschrieben, wie daß die Hermodatteln aus Egypten kämen, und wären eine Frucht von einem grossen Baume.

Allein, das erste tauget nicht gar viel: dann ich befinde, daß die Hermodattel eben so gut die Gestalt einer knolligten Wurtzel oder eines Bollens habe, als wie einer Frucht: und wann man ihre Substantz oder Wesen betrachtet, so siehet sie der Wurtzel vom Aro gar sehr gleich, und vieler andern mehr.

Die andere Probe will eben also wenig überweisen. Dann, es kan gar sehr wol seyn, daß diejenigen, die von Marseille ihm geschrieben, die Hermodattel wäre eine Frucht, eben also schlecht davon unterrichtet gewesen. Derohalben wird man sein Urtheil zurücke halten müssen, und erwarten, bis daß wir durch die dahin reisenden deshalben näher unterrichtet können seyn.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Blume, deren Blätterlein grün sind, und gleichfalls wie ein Creutz gestellet, insgemein lang, schmal und mit einigen Fäslein vermenget, stehen in einem Kelche, der auch vier Blätter hat. Nach der Blüte folget eine Beere, oder eine weiche Frucht, die ist so groß wie eine Weinbeere, mit vier rundlichten Ecken, dunckel von Farbe, eines häßlichen Geruchs, und in vier Fächlein abgetheilt, die voller dünner, weisser, ovalrunder Samen stecken. Die Wurtzel ist lang, dünne, knotig und kriechet in der Erde herum. Es wächst in duncklen Höltzern, absonderlich in fettem Boden: führet viel Oel, phlegma und Sal essentiale.

Seine Beeren und Blätter machen dicke, erfrischen und zertheilen. Insonderheit aber wird die Beere wider die Pest und andere ansteckende Kranckheiten höchlich gerühmet, und innerlich gebraucht: so werden auch die Blätter äusserlich auf die Pestbeulen aufgeleget.

Herba trientalis.

Herba trientalis, J.B.

Pyrola Alsines folio Europæa, C.B.

Alsinanthemos, Thal.

Alsine Alpina, Schwenck.

Ist ein Kraut, das einen Stengel, einer Hand hoch treibet, der ist rund, dünn und zarte, ohne Haar und träget auf der Spitze, gleichsam in einer Krone, sechs oder sieben Blätter an einem kurtzen Stiele, die sind länglicht oder ovalrund, vorne spitzig, von Farbe bleichgrün: und unter diesen andere viel kleinere, die als wie Quendel sehen. Zwischen diesen Blättern erheben sich gemeiniglich zwey Stielgen, die dünne sind, gleich als wie Fasen, und röthlicht, tragen ein iedweder eine weisse Sternblume. Dieses Kraut wächset im Holtze, an bergichten Orten.

Es ist ein gutes Wundkraut und anziehend, wird äusserlich gebraucht.

Herba Trinitatis.

Herbatrinitatis, Brunf.

Viola tricolor, Dod. Clus. Ger.

Viola Trinitatis, Tab.

Viola tricolor hortensis repens, C.B.

Jacea major, sive Viola tricolor, Cast.

Viola tricolor major & vulgaris, Park.

Viola flammea coloria calida, Ad. Lob.

Jacea, sive flos Trinitatis, Matth.

Violæ nigræ persimilis, flos Trinitatis, vel Heptachrum, Gesn. Hort.

Jacea tricolor, sive Trinitatis flos, J.B. Raji Hist.

frantzösisch, Pensée.

teutsch, Freysamkraut, Dreyfaltigkeitblume, Stieffmütterlein.

Ist ein Veilgengeschlechte, oder ein Kraut, dessen Stengel herum kriechen und ästig sind, tragen Blätter, deren einige so rund sind, als wie die am Gunderman, andere aber länglicht und umher ausgezackt. Seine Blüten sind dreyfarbige Veilgen, blau, purpur oder weiß und gelb, ohne Geruch, bestehen iede aus fünff Blätterlein, und haben unten als wie einen Sporen, stehen in einem Kelche, der bis [Spaltenumbruch] gantz hinunter an den Boden fünffmahl zertheilet ist. Nach der Blume erscheinet eine Hülse, die beschleust die zarten Samen. Die Wurtzel ist zaserig. Dieses Kraut wird in den Gärten gezogen: führet viel Oel und Sal essentiale.

Es reiniget, zertreibet, ist gut zu den Wunden und durchtringend, treibet den Schweiß: es wird zu den Lungengeschwüren gebrauchet, zu Verstopfung der Mutter und für die Raude.

Herba Trinitatis und Viola tricolor wird es genannt, dieweil es eine Gattung Veilgen ist, deren ihre Blumen drey Farben haben.

Hermodactylus.

Hermodactylus, frantzösisch, Hermodacte, teutsch, Hermodattel, ist eine knollige Wurtzel, oder ein Bollen, so dicke, als wie eine kleine Kastanie, in Gestalt eines Hertzens, von Farbe röthlicht auswendig, inwendig gar sehr weiß; leicht und schwammig, ohne Zasern, leicht zu zerbrechen, auch stracks zu Pulver, wie zu Mehl zu machen, von Geschmacke süßlicht und ein wenig schleimig. Sie wird dörre aus Egypten, und aus Syrien zu uns gebracht. Was für ein Gewächse sie mag tragen, das weiß man nicht recht gewiß: die gemeinste Sage ist, es sey dasselbe eine Gattung Colchicum, welche Caspar Bauhinus genennet hat Colchinum, radice siccata alba, Lobelius, Hermodactylus non venenatus officinarum.

Andere aber erachten, es sey eine Sorte der knolligten Iris (Iris tuberosa) bey Caspar Bauhino, Iris tuberosa, folio anguloso, und von Matthiolo, Hermodactylus verus genennet.

Pomet, ein neuer Scribent, hat dieserwegen seine gantz besonderen Gedancken. Er giebet an, die Hermodattel sey keine Wurtzel nicht, sondern eine Frucht, welche auf einem Baume in Egypten wachse: er will solches auf zweyerley Proben stellen. Zum ersten, habe diese Materie viel eher die Gestalt, wie eine Frucht, als wie eine Wurtzel. Zum andern, man habe ihm von Marseille geschrieben, wie daß die Hermodatteln aus Egypten kämen, und wären eine Frucht von einem grossen Baume.

Allein, das erste tauget nicht gar viel: dann ich befinde, daß die Hermodattel eben so gut die Gestalt einer knolligten Wurtzel oder eines Bollens habe, als wie einer Frucht: und wann man ihre Substantz oder Wesen betrachtet, so siehet sie der Wurtzel vom Aro gar sehr gleich, und vieler andern mehr.

Die andere Probe will eben also wenig überweisen. Dann, es kan gar sehr wol seyn, daß diejenigen, die von Marseille ihm geschrieben, die Hermodattel wäre eine Frucht, eben also schlecht davon unterrichtet gewesen. Derohalben wird man sein Urtheil zurücke halten müssen, und erwarten, bis daß wir durch die dahin reisenden deshalben näher unterrichtet können seyn.

[Ende Spaltensatz]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="lexiconEntry">
          <p><pb facs="#f0285"/><cb type="start"/>
Blume, deren Blätterlein grün sind, und gleichfalls wie ein Creutz gestellet, insgemein lang, schmal und mit einigen Fäslein vermenget, stehen in einem Kelche, der auch vier Blätter hat. Nach der Blüte folget eine Beere, oder eine weiche Frucht, die ist so groß wie eine Weinbeere, mit vier rundlichten Ecken, dunckel von Farbe, eines häßlichen Geruchs, und in vier Fächlein abgetheilt, die voller dünner, weisser, ovalrunder Samen stecken. Die Wurtzel ist lang, dünne, knotig und kriechet in der Erde herum. Es wächst in duncklen <hi rendition="#fr">Höltzern,</hi> absonderlich in fettem Boden: führet viel Oel, <hi rendition="#i">phlegma</hi> und <hi rendition="#i">Sal essentiale.</hi></p><lb/>
          <p>Seine Beeren und Blätter machen dicke, erfrischen und zertheilen. Insonderheit aber wird die Beere wider die Pest und andere ansteckende Kranckheiten höchlich gerühmet, und innerlich gebraucht: so werden auch die Blätter äusserlich auf die Pestbeulen aufgeleget.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Herba trientalis.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Herba trientalis,</hi> J.B.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Pyrola Alsines folio Europæa,</hi> C.B.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Alsinanthemos,</hi> Thal.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Alsine Alpina,</hi> Schwenck.</hi> </p><lb/>
          <p>Ist ein Kraut, das einen Stengel, einer Hand hoch treibet, der ist rund, dünn und zarte, ohne Haar und träget auf der Spitze, gleichsam in einer Krone, sechs oder sieben Blätter an einem kurtzen Stiele, die sind länglicht oder ovalrund, vorne spitzig, von Farbe bleichgrün: und unter diesen andere viel kleinere, die als wie Quendel sehen. Zwischen diesen Blättern erheben sich gemeiniglich zwey Stielgen, die dünne sind, gleich als wie Fasen, und röthlicht, tragen ein iedweder eine weisse Sternblume. Dieses Kraut wächset im <hi rendition="#fr">Holtze,</hi> an bergichten Orten.</p><lb/>
          <p>Es ist ein gutes Wundkraut und anziehend, wird äusserlich gebraucht.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Herba Trinitatis.</head><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Herbatrinitatis,</hi> Brunf.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Viola tricolor,</hi> Dod. Clus. Ger.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Viola Trinitatis,</hi> Tab.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Viola tricolor hortensis repens,</hi> C.B.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Jacea major, sive Viola tricolor,</hi> Cast.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Viola tricolor major &amp; vulgaris,</hi> Park.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Viola flammea coloria calida,</hi> Ad. Lob.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Jacea, sive flos Trinitatis,</hi> Matth.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Violæ nigræ persimilis, flos Trinitatis, vel Heptachrum,</hi> Gesn. Hort.</hi> </p><lb/>
          <p> <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Jacea tricolor, sive Trinitatis flos,</hi> J.B. Raji Hist.</hi> </p><lb/>
          <p>frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Pensée.</hi></hi></p><lb/>
          <p>teutsch, <hi rendition="#fr">Freysamkraut, Dreyfaltigkeitblume, Stieffmütterlein.</hi></p><lb/>
          <p>Ist ein Veilgengeschlechte, oder ein Kraut, dessen Stengel herum kriechen und ästig sind, tragen Blätter, deren einige so rund sind, als wie die am Gunderman, andere aber länglicht und umher ausgezackt. Seine Blüten sind dreyfarbige Veilgen, blau, purpur oder weiß und gelb, ohne Geruch, bestehen iede aus fünff Blätterlein, und haben unten als wie einen Sporen, stehen in einem Kelche, der bis <cb/>
gantz hinunter an den Boden fünffmahl zertheilet ist. Nach der Blume erscheinet eine Hülse, die beschleust die zarten Samen. Die Wurtzel ist zaserig. Dieses Kraut wird in den <hi rendition="#fr">Gärten</hi> gezogen: führet viel Oel und <hi rendition="#i">Sal essentiale.</hi></p><lb/>
          <p>Es reiniget, zertreibet, ist gut zu den Wunden und durchtringend, treibet den Schweiß: es wird zu den Lungengeschwüren gebrauchet, zu Verstopfung der Mutter und für die Raude.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Herba Trinitatis</hi> und <hi rendition="#i">Viola tricolor</hi> wird es genannt, dieweil es eine Gattung Veilgen ist, deren ihre Blumen drey Farben haben.</p>
        </div><lb/>
        <div type="lexiconEntry">
          <head>Hermodactylus.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Hermodactylus,</hi></hi> frantzösisch, <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Hermodacte,</hi></hi> teutsch, <hi rendition="#fr">Hermodattel,</hi> ist eine knollige Wurtzel, oder ein Bollen, so dicke, als wie eine kleine Kastanie, in Gestalt eines Hertzens, von Farbe röthlicht auswendig, inwendig gar sehr weiß; leicht und schwammig, ohne Zasern, leicht zu zerbrechen, auch stracks zu Pulver, wie zu Mehl zu machen, von Geschmacke süßlicht und ein wenig schleimig. Sie wird dörre aus <hi rendition="#fr">Egypten,</hi> und aus <hi rendition="#fr">Syrien</hi> zu uns gebracht. Was für ein Gewächse sie mag tragen, das weiß man nicht recht gewiß: die gemeinste Sage ist, es sey dasselbe eine Gattung <hi rendition="#i">Colchicum,</hi> welche <hi rendition="#i">Caspar Bauhinus</hi> genennet hat <hi rendition="#i"><hi rendition="#g">Colchinum, radice siccata alba,</hi> Lobelius,</hi> <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Hermodactylus non venenatus officinarum.</hi></hi></p><lb/>
          <p>Andere aber erachten, es sey eine Sorte der knolligten <hi rendition="#i">Iris (Iris tuberosa)</hi> bey <hi rendition="#i">Caspar Bauhino,</hi> <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Iris tuberosa, folio anguloso,</hi></hi> und von <hi rendition="#i">Matthiolo,</hi> <hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Hermodactylus verus</hi></hi> genennet.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#i">Pomet,</hi> ein neuer Scribent, hat dieserwegen seine gantz besonderen Gedancken. Er giebet an, die Hermodattel sey keine Wurtzel nicht, sondern eine Frucht, welche auf einem Baume in Egypten wachse: er will solches auf zweyerley Proben stellen. Zum ersten, habe diese Materie viel eher die Gestalt, wie eine Frucht, als wie eine Wurtzel. Zum andern, man habe ihm von Marseille geschrieben, wie daß die Hermodatteln aus Egypten kämen, und wären eine Frucht von einem grossen Baume.</p><lb/>
          <p>Allein, das erste tauget nicht gar viel: dann ich befinde, daß die Hermodattel eben so gut die Gestalt einer knolligten Wurtzel oder eines Bollens habe, als wie einer Frucht: und wann man ihre Substantz oder Wesen betrachtet, so siehet sie der Wurtzel vom <hi rendition="#i">Aro</hi> gar sehr gleich, und vieler andern mehr.</p><lb/>
          <p>Die andere Probe will eben also wenig überweisen. Dann, es kan gar sehr wol seyn, daß diejenigen, die von Marseille ihm geschrieben, die Hermodattel wäre eine Frucht, eben also schlecht davon unterrichtet gewesen. Derohalben wird man sein Urtheil zurücke halten müssen, und erwarten, bis daß wir durch die dahin reisenden deshalben näher unterrichtet können seyn.</p>
          <cb type="end"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0285] Blume, deren Blätterlein grün sind, und gleichfalls wie ein Creutz gestellet, insgemein lang, schmal und mit einigen Fäslein vermenget, stehen in einem Kelche, der auch vier Blätter hat. Nach der Blüte folget eine Beere, oder eine weiche Frucht, die ist so groß wie eine Weinbeere, mit vier rundlichten Ecken, dunckel von Farbe, eines häßlichen Geruchs, und in vier Fächlein abgetheilt, die voller dünner, weisser, ovalrunder Samen stecken. Die Wurtzel ist lang, dünne, knotig und kriechet in der Erde herum. Es wächst in duncklen Höltzern, absonderlich in fettem Boden: führet viel Oel, phlegma und Sal essentiale. Seine Beeren und Blätter machen dicke, erfrischen und zertheilen. Insonderheit aber wird die Beere wider die Pest und andere ansteckende Kranckheiten höchlich gerühmet, und innerlich gebraucht: so werden auch die Blätter äusserlich auf die Pestbeulen aufgeleget. Herba trientalis. Herba trientalis, J.B. Pyrola Alsines folio Europæa, C.B. Alsinanthemos, Thal. Alsine Alpina, Schwenck. Ist ein Kraut, das einen Stengel, einer Hand hoch treibet, der ist rund, dünn und zarte, ohne Haar und träget auf der Spitze, gleichsam in einer Krone, sechs oder sieben Blätter an einem kurtzen Stiele, die sind länglicht oder ovalrund, vorne spitzig, von Farbe bleichgrün: und unter diesen andere viel kleinere, die als wie Quendel sehen. Zwischen diesen Blättern erheben sich gemeiniglich zwey Stielgen, die dünne sind, gleich als wie Fasen, und röthlicht, tragen ein iedweder eine weisse Sternblume. Dieses Kraut wächset im Holtze, an bergichten Orten. Es ist ein gutes Wundkraut und anziehend, wird äusserlich gebraucht. Herba Trinitatis. Herbatrinitatis, Brunf. Viola tricolor, Dod. Clus. Ger. Viola Trinitatis, Tab. Viola tricolor hortensis repens, C.B. Jacea major, sive Viola tricolor, Cast. Viola tricolor major & vulgaris, Park. Viola flammea coloria calida, Ad. Lob. Jacea, sive flos Trinitatis, Matth. Violæ nigræ persimilis, flos Trinitatis, vel Heptachrum, Gesn. Hort. Jacea tricolor, sive Trinitatis flos, J.B. Raji Hist. frantzösisch, Pensée. teutsch, Freysamkraut, Dreyfaltigkeitblume, Stieffmütterlein. Ist ein Veilgengeschlechte, oder ein Kraut, dessen Stengel herum kriechen und ästig sind, tragen Blätter, deren einige so rund sind, als wie die am Gunderman, andere aber länglicht und umher ausgezackt. Seine Blüten sind dreyfarbige Veilgen, blau, purpur oder weiß und gelb, ohne Geruch, bestehen iede aus fünff Blätterlein, und haben unten als wie einen Sporen, stehen in einem Kelche, der bis gantz hinunter an den Boden fünffmahl zertheilet ist. Nach der Blume erscheinet eine Hülse, die beschleust die zarten Samen. Die Wurtzel ist zaserig. Dieses Kraut wird in den Gärten gezogen: führet viel Oel und Sal essentiale. Es reiniget, zertreibet, ist gut zu den Wunden und durchtringend, treibet den Schweiß: es wird zu den Lungengeschwüren gebrauchet, zu Verstopfung der Mutter und für die Raude. Herba Trinitatis und Viola tricolor wird es genannt, dieweil es eine Gattung Veilgen ist, deren ihre Blumen drey Farben haben. Hermodactylus. Hermodactylus, frantzösisch, Hermodacte, teutsch, Hermodattel, ist eine knollige Wurtzel, oder ein Bollen, so dicke, als wie eine kleine Kastanie, in Gestalt eines Hertzens, von Farbe röthlicht auswendig, inwendig gar sehr weiß; leicht und schwammig, ohne Zasern, leicht zu zerbrechen, auch stracks zu Pulver, wie zu Mehl zu machen, von Geschmacke süßlicht und ein wenig schleimig. Sie wird dörre aus Egypten, und aus Syrien zu uns gebracht. Was für ein Gewächse sie mag tragen, das weiß man nicht recht gewiß: die gemeinste Sage ist, es sey dasselbe eine Gattung Colchicum, welche Caspar Bauhinus genennet hat Colchinum, radice siccata alba, Lobelius, Hermodactylus non venenatus officinarum. Andere aber erachten, es sey eine Sorte der knolligten Iris (Iris tuberosa) bey Caspar Bauhino, Iris tuberosa, folio anguloso, und von Matthiolo, Hermodactylus verus genennet. Pomet, ein neuer Scribent, hat dieserwegen seine gantz besonderen Gedancken. Er giebet an, die Hermodattel sey keine Wurtzel nicht, sondern eine Frucht, welche auf einem Baume in Egypten wachse: er will solches auf zweyerley Proben stellen. Zum ersten, habe diese Materie viel eher die Gestalt, wie eine Frucht, als wie eine Wurtzel. Zum andern, man habe ihm von Marseille geschrieben, wie daß die Hermodatteln aus Egypten kämen, und wären eine Frucht von einem grossen Baume. Allein, das erste tauget nicht gar viel: dann ich befinde, daß die Hermodattel eben so gut die Gestalt einer knolligten Wurtzel oder eines Bollens habe, als wie einer Frucht: und wann man ihre Substantz oder Wesen betrachtet, so siehet sie der Wurtzel vom Aro gar sehr gleich, und vieler andern mehr. Die andere Probe will eben also wenig überweisen. Dann, es kan gar sehr wol seyn, daß diejenigen, die von Marseille ihm geschrieben, die Hermodattel wäre eine Frucht, eben also schlecht davon unterrichtet gewesen. Derohalben wird man sein Urtheil zurücke halten müssen, und erwarten, bis daß wir durch die dahin reisenden deshalben näher unterrichtet können seyn.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Texttranskription. (2020-02-19T20:05:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2020-02-19T20:05:58Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht übernommen; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; i/j in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: nicht übernommen; Kustoden: nicht übernommen; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: dokumentiert; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: DTABf-getreu; Zeilenumbrüche markiert: nein;

Abbildungen innerhalb des Textteils wurden nicht markiert. Die Stichwörter der einzelnen Einträge innerhalb des Textteils sind, abweichend von der Vorlage, nicht in Versalien gesetzt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/285
Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/285>, abgerufen am 26.04.2024.