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Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721.

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[Beginn Spaltensatz] die müssen von der allerkleinsten Sorte seyn, einen dünnen Kopf haben, und auf dem Rücken gelb und grün gestreiffet seyn, am Bauche aber röthlicht, müssen aus hell- und klaren, frisch und fliessenden Wassern gefangen werden. Bevor man sie gebrauchen will, muß man sie einige Tage hindurch in reinem klaren Wasser sich wol reinigen und hungrig werden lassen, dann also hangen sie sich viel geschwinder an, wohin man sie ansetzen will. Sie ziehen das Geblüte aus, und wann sie sich gefüllet haben, so fallen sie bisweilen von sich selbsten ab. Bisweilen aber bleiben sie an der eröffneten Ader zu lange hangen, daß man gemüßigt ist sie mit ein wenig Saltz, das man auf ihren Leib hinschüttet, wegzubringen und ihre Beute ihnen abzujagen. Dieses ist ein gar dienliches Mittel die Flüsse abzuziehen und anders wohin zu leiten, wie ingleichen die gar zu grosse Menge des Geblütes zu vermindern, welches sich an gewissen Orten, z.E. an der goldnen Ader, hat gehäuffet. Doch unterweilen hat man grosse Mühe das Geblüte zu verstellen, nachdem die Igel ihren Platz verlassen haben und entstehet grosses bluten, dadurch der Patiente sehr geschwächet wird. Da muß man dann anziehende Artzneyen brauchen, als da sind aqua styptica, Vitriol.

In der See werden auch Blutigel, frantzösich, Sang sues de mer, genannt, gefunden, sind aber bey der Medicin gar nicht gebräuchlich.

Die Blutigel sind Zwitter, wie ander kriechendes Gewürme mehr, das in dem Rücken keine Beine hat.

Höchst gefährlich und verdrießlich ists, wann einer einen lebenden Blutigel eingeschluckt, er sey auch noch so klein; dann dieser Wurm kan sich gar leichtlich an die kleinen Aederlein des Magens und der Därme hangen, und das Geblüt aussaugen, welches gewiß gar wunderliche Zufälle solte verursachen. Das beste Mittel, bey dergleichen Vorfall zu gebrauchen, dürffte seyn, daß man derselbigen Person Saltzwasser oder Häringslake trincken liesse: dann das Saltz würde den Wurm in den Kopf beissen und machen, daß er seine Beute müste fahren lassen. Es ist dieses ein experimentum der Wundärtzte; dann, wann sie die Blutigel angesetzt, es sey wohin es auch nur wolle, und halten ihnen nur ein wenig Saltz vor, so lassen sie stracks gehen und fallen ab. Man könte auch den Patienten mit solchen Artzneyen purgiren, darunter der Mercurius dulcificatus kommt, oder sonst ein anderes Mercuriale.

Hirundo.

Hirundo, frantzösisch, Hirondelle, teutsch, Schwalbe, ist ein Frühlingsvogel, der gar fein anzusehen ist, schwartz auf dem Rücken, weiß unten an dem Bauche, mit vielen Federn versehen, hat aber wenig Fleisch. Sein Schwantz ist lang, und wie eine Gabel formiret; seine Füsse sind klein, schwach und schwartz: im Frühling pfleget er zu singen. Es giebet seiner mancherley Gattungen: die einen bauen ihre Nester unter die Dächer an den Häusern, die andern an die Mauren, und andre, die man Wasser- und Seeschwalben heist, an die Ufer des Wassers. Einige haben rothe Flecken unten an der Kehle, hingegen haben andere gar keine nicht. Diese Vögel nähren sich mit Ungeziefer und Gewürm, mit [Spaltenumbruch] Heuschrecken, Bienen, Fliegen und andern Mücken, mit Fleische und mit Körnern. Im Herbst verschwinden sie und verbergen sich. Sie führen viel flüchtiges Saltz und Oel.

Die Schwalben dienen gut zur schweren Noth, zur Stärckung des Gedächtnisses, zu Entzündung des Halses, und ein scharff Gesicht zu machen.

In dem Magen ein und andrer jungen Schwalben wird ein kleiner Stein, in Grösse einer Linse gefunden, und auf lateinisch, Chelidonius auch Chelidonia, frantzösisch, Pierre d'hirondelle, teutsch, Schwalbenstein genannt. Dieser wird in die Augen gethan, wann etwas drein gefallen: dann weil er alkalisch, so durchtringet ihn die Feuchtigkeit der Augen, treibet ihn herum und machet ihn weich, so daß dieselbige sich an ihn hanget und zugleich mit ihm heraus fällt. Auf gleiche Weise und um gleicher Ursach willen geht es auch mit andern kleinen Steinen an, z.E. mit solchen, die auf dem Gebürge Sassenage, unweit Grenobele, sind zu finden, nicht weniger mit denen gantz kleinen Krebssteinen. Etliche binden den Schwalbenstein den Kindern, welche mit der schweren Noth beladen, an den Arm, und wollen sie auf solche Weise vor dieser schweren Seuche verwahren: allein dieses Mittel ist von schlechter Kraft.

Der Schwalbenkoth eröffnet und zertreibet: zum Reissen in den Lenden kan man dessen sich bedienen: er wird auch wider die Raserey gebraucht und eingegeben.

Das Schwalbennest ist gut wider die Bräune, wann es aufgeleget wird.

In Brasilien in America, wird ein fliegender Fisch, in der See gefunden, und Hirundo maritima genannt: ist eigentlich ein geflügelter Häring, dann er sieht und schmeckt als wie ein Häring: seine Flügel sehen als wie Fledermäuseflügel.

Hirundo kommt von eakrinos, vernus, was sich im Frühling findet; dann dieser Vogel lässet sich im Frühjahr sehen.

Hispidula.

Hispidula, sive AEluropus, Renod. Scrod.

Pilosella montana bispida, C.B.

Pes Cati, Schrod.

frantzösisch, Pied de Chat.

teutsch, Katzenpfötlein.

Ist ein niedrig, wollig Kraut, das einen Hauffen kleine schwancke Stengel treibt, die ohngefehr des halben Schuhes lang, auch wol noch länger sind, und auf dem Boden herum liegen. Sein Laub ist klein und länglicht: die Blüte rund und schön, gar angenehme anzusehen, weiß oder röthlicht, dörre, und siehet wie ein Katzenfuß, wann sie sich recht und völlig aufgethan. Dieses Kraut wächst ungebauet an trocknen, unbewohnten Orten, auf den Hügeln. Die Blüte wird zur Artzney gebraucht: führet ein wenig phlegma, viel Oel, nicht eben gar viel Saltz.

Sie reiniget, dient zu den Wunden, lindert und ist zur Brust vorträglich: sie befördert den Auswurff, verstellet das Blut, wann sie abgesotten gebrauchet wird: es wird auch eine Conserva und Zucker von derselbigen bereitet, der bedienet man sich zu den Brustbeschwerungen.

[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] die müssen von der allerkleinsten Sorte seyn, einen dünnen Kopf haben, und auf dem Rücken gelb und grün gestreiffet seyn, am Bauche aber röthlicht, müssen aus hell- und klaren, frisch und fliessenden Wassern gefangen werden. Bevor man sie gebrauchen will, muß man sie einige Tage hindurch in reinem klaren Wasser sich wol reinigen und hungrig werden lassen, dann also hangen sie sich viel geschwinder an, wohin man sie ansetzen will. Sie ziehen das Geblüte aus, und wann sie sich gefüllet haben, so fallen sie bisweilen von sich selbsten ab. Bisweilen aber bleiben sie an der eröffneten Ader zu lange hangen, daß man gemüßigt ist sie mit ein wenig Saltz, das man auf ihren Leib hinschüttet, wegzubringen und ihre Beute ihnen abzujagen. Dieses ist ein gar dienliches Mittel die Flüsse abzuziehen und anders wohin zu leiten, wie ingleichen die gar zu grosse Menge des Geblütes zu vermindern, welches sich an gewissen Orten, z.E. an der goldnen Ader, hat gehäuffet. Doch unterweilen hat man grosse Mühe das Geblüte zu verstellen, nachdem die Igel ihren Platz verlassen haben und entstehet grosses bluten, dadurch der Patiente sehr geschwächet wird. Da muß man dann anziehende Artzneyen brauchen, als da sind aqua styptica, Vitriol.

In der See werden auch Blutigel, frantzösich, Sang suës de mer, genannt, gefunden, sind aber bey der Medicin gar nicht gebräuchlich.

Die Blutigel sind Zwitter, wie ander kriechendes Gewürme mehr, das in dem Rücken keine Beine hat.

Höchst gefährlich und verdrießlich ists, wann einer einen lebenden Blutigel eingeschluckt, er sey auch noch so klein; dann dieser Wurm kan sich gar leichtlich an die kleinen Aederlein des Magens und der Därme hangen, und das Geblüt aussaugen, welches gewiß gar wunderliche Zufälle solte verursachen. Das beste Mittel, bey dergleichen Vorfall zu gebrauchen, dürffte seyn, daß man derselbigen Person Saltzwasser oder Häringslake trincken liesse: dann das Saltz würde den Wurm in den Kopf beissen und machen, daß er seine Beute müste fahren lassen. Es ist dieses ein experimentum der Wundärtzte; dann, wann sie die Blutigel angesetzt, es sey wohin es auch nur wolle, und halten ihnen nur ein wenig Saltz vor, so lassen sie stracks gehen und fallen ab. Man könte auch den Patienten mit solchen Artzneyen purgiren, darunter der Mercurius dulcificatus kommt, oder sonst ein anderes Mercuriale.

Hirundo.

Hirundo, frantzösisch, Hirondelle, teutsch, Schwalbe, ist ein Frühlingsvogel, der gar fein anzusehen ist, schwartz auf dem Rücken, weiß unten an dem Bauche, mit vielen Federn versehen, hat aber wenig Fleisch. Sein Schwantz ist lang, und wie eine Gabel formiret; seine Füsse sind klein, schwach und schwartz: im Frühling pfleget er zu singen. Es giebet seiner mancherley Gattungen: die einen bauen ihre Nester unter die Dächer an den Häusern, die andern an die Mauren, und andre, die man Wasser- und Seeschwalben heist, an die Ufer des Wassers. Einige haben rothe Flecken unten an der Kehle, hingegen haben andere gar keine nicht. Diese Vögel nähren sich mit Ungeziefer und Gewürm, mit [Spaltenumbruch] Heuschrecken, Bienen, Fliegen und andern Mücken, mit Fleische und mit Körnern. Im Herbst verschwinden sie und verbergen sich. Sie führen viel flüchtiges Saltz und Oel.

Die Schwalben dienen gut zur schweren Noth, zur Stärckung des Gedächtnisses, zu Entzündung des Halses, und ein scharff Gesicht zu machen.

In dem Magen ein und andrer jungen Schwalben wird ein kleiner Stein, in Grösse einer Linse gefunden, und auf lateinisch, Chelidonius auch Chelidonia, frantzösisch, Pierre d'hirondelle, teutsch, Schwalbenstein genannt. Dieser wird in die Augen gethan, wann etwas drein gefallen: dann weil er alkalisch, so durchtringet ihn die Feuchtigkeit der Augen, treibet ihn herum und machet ihn weich, so daß dieselbige sich an ihn hanget und zugleich mit ihm heraus fällt. Auf gleiche Weise und um gleicher Ursach willen geht es auch mit andern kleinen Steinen an, z.E. mit solchen, die auf dem Gebürge Sassenage, unweit Grenobele, sind zu finden, nicht weniger mit denen gantz kleinen Krebssteinen. Etliche binden den Schwalbenstein den Kindern, welche mit der schweren Noth beladen, an den Arm, und wollen sie auf solche Weise vor dieser schweren Seuche verwahren: allein dieses Mittel ist von schlechter Kraft.

Der Schwalbenkoth eröffnet und zertreibet: zum Reissen in den Lenden kan man dessen sich bedienen: er wird auch wider die Raserey gebraucht und eingegeben.

Das Schwalbennest ist gut wider die Bräune, wann es aufgeleget wird.

In Brasilien in America, wird ein fliegender Fisch, in der See gefunden, und Hirundo maritima genannt: ist eigentlich ein geflügelter Häring, dann er sieht und schmeckt als wie ein Häring: seine Flügel sehen als wie Fledermäuseflügel.

Hirundo kommt von ἐακρινὸς, vernus, was sich im Frühling findet; dann dieser Vogel lässet sich im Frühjahr sehen.

Hispidula.

Hispidula, sive Æluropus, Renod. Scrod.

Pilosella montana bispida, C.B.

Pes Cati, Schrod.

frantzösisch, Pied de Chat.

teutsch, Katzenpfötlein.

Ist ein niedrig, wollig Kraut, das einen Hauffen kleine schwancke Stengel treibt, die ohngefehr des halben Schuhes lang, auch wol noch länger sind, und auf dem Boden herum liegen. Sein Laub ist klein und länglicht: die Blüte rund und schön, gar angenehme anzusehen, weiß oder röthlicht, dörre, und siehet wie ein Katzenfuß, wann sie sich recht und völlig aufgethan. Dieses Kraut wächst ungebauet an trocknen, unbewohnten Orten, auf den Hügeln. Die Blüte wird zur Artzney gebraucht: führet ein wenig phlegma, viel Oel, nicht eben gar viel Saltz.

Sie reiniget, dient zu den Wunden, lindert und ist zur Brust vorträglich: sie befördert den Auswurff, verstellet das Blut, wann sie abgesotten gebrauchet wird: es wird auch eine Conserva und Zucker von derselbigen bereitet, der bedienet man sich zu den Brustbeschwerungen.

[Ende Spaltensatz]
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[0291] die müssen von der allerkleinsten Sorte seyn, einen dünnen Kopf haben, und auf dem Rücken gelb und grün gestreiffet seyn, am Bauche aber röthlicht, müssen aus hell- und klaren, frisch und fliessenden Wassern gefangen werden. Bevor man sie gebrauchen will, muß man sie einige Tage hindurch in reinem klaren Wasser sich wol reinigen und hungrig werden lassen, dann also hangen sie sich viel geschwinder an, wohin man sie ansetzen will. Sie ziehen das Geblüte aus, und wann sie sich gefüllet haben, so fallen sie bisweilen von sich selbsten ab. Bisweilen aber bleiben sie an der eröffneten Ader zu lange hangen, daß man gemüßigt ist sie mit ein wenig Saltz, das man auf ihren Leib hinschüttet, wegzubringen und ihre Beute ihnen abzujagen. Dieses ist ein gar dienliches Mittel die Flüsse abzuziehen und anders wohin zu leiten, wie ingleichen die gar zu grosse Menge des Geblütes zu vermindern, welches sich an gewissen Orten, z.E. an der goldnen Ader, hat gehäuffet. Doch unterweilen hat man grosse Mühe das Geblüte zu verstellen, nachdem die Igel ihren Platz verlassen haben und entstehet grosses bluten, dadurch der Patiente sehr geschwächet wird. Da muß man dann anziehende Artzneyen brauchen, als da sind aqua styptica, Vitriol. In der See werden auch Blutigel, frantzösich, Sang suës de mer, genannt, gefunden, sind aber bey der Medicin gar nicht gebräuchlich. Die Blutigel sind Zwitter, wie ander kriechendes Gewürme mehr, das in dem Rücken keine Beine hat. Höchst gefährlich und verdrießlich ists, wann einer einen lebenden Blutigel eingeschluckt, er sey auch noch so klein; dann dieser Wurm kan sich gar leichtlich an die kleinen Aederlein des Magens und der Därme hangen, und das Geblüt aussaugen, welches gewiß gar wunderliche Zufälle solte verursachen. Das beste Mittel, bey dergleichen Vorfall zu gebrauchen, dürffte seyn, daß man derselbigen Person Saltzwasser oder Häringslake trincken liesse: dann das Saltz würde den Wurm in den Kopf beissen und machen, daß er seine Beute müste fahren lassen. Es ist dieses ein experimentum der Wundärtzte; dann, wann sie die Blutigel angesetzt, es sey wohin es auch nur wolle, und halten ihnen nur ein wenig Saltz vor, so lassen sie stracks gehen und fallen ab. Man könte auch den Patienten mit solchen Artzneyen purgiren, darunter der Mercurius dulcificatus kommt, oder sonst ein anderes Mercuriale. Hirundo. Hirundo, frantzösisch, Hirondelle, teutsch, Schwalbe, ist ein Frühlingsvogel, der gar fein anzusehen ist, schwartz auf dem Rücken, weiß unten an dem Bauche, mit vielen Federn versehen, hat aber wenig Fleisch. Sein Schwantz ist lang, und wie eine Gabel formiret; seine Füsse sind klein, schwach und schwartz: im Frühling pfleget er zu singen. Es giebet seiner mancherley Gattungen: die einen bauen ihre Nester unter die Dächer an den Häusern, die andern an die Mauren, und andre, die man Wasser- und Seeschwalben heist, an die Ufer des Wassers. Einige haben rothe Flecken unten an der Kehle, hingegen haben andere gar keine nicht. Diese Vögel nähren sich mit Ungeziefer und Gewürm, mit Heuschrecken, Bienen, Fliegen und andern Mücken, mit Fleische und mit Körnern. Im Herbst verschwinden sie und verbergen sich. Sie führen viel flüchtiges Saltz und Oel. Die Schwalben dienen gut zur schweren Noth, zur Stärckung des Gedächtnisses, zu Entzündung des Halses, und ein scharff Gesicht zu machen. In dem Magen ein und andrer jungen Schwalben wird ein kleiner Stein, in Grösse einer Linse gefunden, und auf lateinisch, Chelidonius auch Chelidonia, frantzösisch, Pierre d'hirondelle, teutsch, Schwalbenstein genannt. Dieser wird in die Augen gethan, wann etwas drein gefallen: dann weil er alkalisch, so durchtringet ihn die Feuchtigkeit der Augen, treibet ihn herum und machet ihn weich, so daß dieselbige sich an ihn hanget und zugleich mit ihm heraus fällt. Auf gleiche Weise und um gleicher Ursach willen geht es auch mit andern kleinen Steinen an, z.E. mit solchen, die auf dem Gebürge Sassenage, unweit Grenobele, sind zu finden, nicht weniger mit denen gantz kleinen Krebssteinen. Etliche binden den Schwalbenstein den Kindern, welche mit der schweren Noth beladen, an den Arm, und wollen sie auf solche Weise vor dieser schweren Seuche verwahren: allein dieses Mittel ist von schlechter Kraft. Der Schwalbenkoth eröffnet und zertreibet: zum Reissen in den Lenden kan man dessen sich bedienen: er wird auch wider die Raserey gebraucht und eingegeben. Das Schwalbennest ist gut wider die Bräune, wann es aufgeleget wird. In Brasilien in America, wird ein fliegender Fisch, in der See gefunden, und Hirundo maritima genannt: ist eigentlich ein geflügelter Häring, dann er sieht und schmeckt als wie ein Häring: seine Flügel sehen als wie Fledermäuseflügel. Hirundo kommt von ἐακρινὸς, vernus, was sich im Frühling findet; dann dieser Vogel lässet sich im Frühjahr sehen. Hispidula. Hispidula, sive Æluropus, Renod. Scrod. Pilosella montana bispida, C.B. Pes Cati, Schrod. frantzösisch, Pied de Chat. teutsch, Katzenpfötlein. Ist ein niedrig, wollig Kraut, das einen Hauffen kleine schwancke Stengel treibt, die ohngefehr des halben Schuhes lang, auch wol noch länger sind, und auf dem Boden herum liegen. Sein Laub ist klein und länglicht: die Blüte rund und schön, gar angenehme anzusehen, weiß oder röthlicht, dörre, und siehet wie ein Katzenfuß, wann sie sich recht und völlig aufgethan. Dieses Kraut wächst ungebauet an trocknen, unbewohnten Orten, auf den Hügeln. Die Blüte wird zur Artzney gebraucht: führet ein wenig phlegma, viel Oel, nicht eben gar viel Saltz. Sie reiniget, dient zu den Wunden, lindert und ist zur Brust vorträglich: sie befördert den Auswurff, verstellet das Blut, wann sie abgesotten gebrauchet wird: es wird auch eine Conserva und Zucker von derselbigen bereitet, der bedienet man sich zu den Brustbeschwerungen.

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Zitationshilfe: Lémery, Nicolas: Vollständiges Materialien-Lexicon. Leipzig, 1721, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lemery_lexicon_1721/291>, abgerufen am 26.04.2024.