Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769].

Bild:
<< vorherige Seite

Ihr, Freunde, habt hier oft, wenn ihre Thränen
flossen,
Mit edler Weichlichkeit, die Euren mit vergossen;
Habt redlich Euren Schmerz mit ihrem Schmerz
vereint,
Und ihr aus voller Brust den Beyfall zugeweint:
Wie sie gehaßt, geliebt, gehoffet, und gescheuet,
Und Eurer Menschlichkeit im Leiden Euch erfreuet.
Lang hat sie sich umsonst nach Bühnen umgesehn:
In Hamburg fand sie Schutz: hier sey denn ihr
Athen!
Hier, in dem Schooß der Ruh, im Schutze weiser
Gönner,
Gemuthiget durch Lob, vollendet durch den Kenner;
Hier reifet -- ja ich wünsch', ich hoff, ich weissag
es! --
Ein zweyter Roscius, ein zweyter Sophokles,
Der Gräciens Kothurn Germaniern erneure:
Und ein Theil dieses Nuhms, ihr Gönner, wird der
Eure.
O seyd desselben werth! Bleibt Eurer Güte gleich,
Und denkt, o denkt daran, ganz Deutschland sieht
auf Euch!



Epi-
F 3

Ihr, Freunde, habt hier oft, wenn ihre Thraͤnen
floſſen,
Mit edler Weichlichkeit, die Euren mit vergoſſen;
Habt redlich Euren Schmerz mit ihrem Schmerz
vereint,
Und ihr aus voller Bruſt den Beyfall zugeweint:
Wie ſie gehaßt, geliebt, gehoffet, und geſcheuet,
Und Eurer Menſchlichkeit im Leiden Euch erfreuet.
Lang hat ſie ſich umſonſt nach Buͤhnen umgeſehn:
In Hamburg fand ſie Schutz: hier ſey denn ihr
Athen!
Hier, in dem Schooß der Ruh, im Schutze weiſer
Goͤnner,
Gemuthiget durch Lob, vollendet durch den Kenner;
Hier reifet — ja ich wuͤnſch’, ich hoff, ich weiſſag
es! —
Ein zweyter Roſcius, ein zweyter Sophokles,
Der Graͤciens Kothurn Germaniern erneure:
Und ein Theil dieſes Nuhms, ihr Goͤnner, wird der
Eure.
O ſeyd deſſelben werth! Bleibt Eurer Guͤte gleich,
Und denkt, o denkt daran, ganz Deutſchland ſieht
auf Euch!



Epi-
F 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0059" n="45"/>
Ihr, Freunde, habt hier oft, wenn ihre Thra&#x0364;nen<lb/><hi rendition="#et">flo&#x017F;&#x017F;en,</hi><lb/>
Mit edler Weichlichkeit, die Euren mit vergo&#x017F;&#x017F;en;<lb/>
Habt redlich Euren Schmerz mit ihrem Schmerz<lb/><hi rendition="#et">vereint,</hi><lb/>
Und ihr aus voller Bru&#x017F;t den Beyfall zugeweint:<lb/>
Wie &#x017F;ie gehaßt, geliebt, gehoffet, und ge&#x017F;cheuet,<lb/>
Und Eurer Men&#x017F;chlichkeit im Leiden Euch erfreuet.<lb/>
Lang hat &#x017F;ie &#x017F;ich um&#x017F;on&#x017F;t nach Bu&#x0364;hnen umge&#x017F;ehn:<lb/>
In Hamburg fand &#x017F;ie Schutz: hier &#x017F;ey denn ihr<lb/><hi rendition="#et">Athen!</hi><lb/>
Hier, in dem Schooß der Ruh, im Schutze wei&#x017F;er<lb/><hi rendition="#et">Go&#x0364;nner,</hi><lb/>
Gemuthiget durch Lob, vollendet durch den Kenner;<lb/>
Hier reifet &#x2014; ja ich wu&#x0364;n&#x017F;ch&#x2019;, ich hoff, ich wei&#x017F;&#x017F;ag<lb/><hi rendition="#et">es! &#x2014;</hi><lb/>
Ein zweyter Ro&#x017F;cius, ein zweyter Sophokles,<lb/>
Der Gra&#x0364;ciens Kothurn Germaniern erneure:<lb/>
Und ein Theil die&#x017F;es Nuhms, ihr Go&#x0364;nner, wird der<lb/><hi rendition="#et">Eure.</hi><lb/>
O &#x017F;eyd de&#x017F;&#x017F;elben werth! Bleibt Eurer Gu&#x0364;te gleich,<lb/>
Und denkt, o denkt daran, ganz Deut&#x017F;chland &#x017F;ieht<lb/><hi rendition="#et">auf Euch!</hi></p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">F 3</fw>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Epi-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0059] Ihr, Freunde, habt hier oft, wenn ihre Thraͤnen floſſen, Mit edler Weichlichkeit, die Euren mit vergoſſen; Habt redlich Euren Schmerz mit ihrem Schmerz vereint, Und ihr aus voller Bruſt den Beyfall zugeweint: Wie ſie gehaßt, geliebt, gehoffet, und geſcheuet, Und Eurer Menſchlichkeit im Leiden Euch erfreuet. Lang hat ſie ſich umſonſt nach Buͤhnen umgeſehn: In Hamburg fand ſie Schutz: hier ſey denn ihr Athen! Hier, in dem Schooß der Ruh, im Schutze weiſer Goͤnner, Gemuthiget durch Lob, vollendet durch den Kenner; Hier reifet — ja ich wuͤnſch’, ich hoff, ich weiſſag es! — Ein zweyter Roſcius, ein zweyter Sophokles, Der Graͤciens Kothurn Germaniern erneure: Und ein Theil dieſes Nuhms, ihr Goͤnner, wird der Eure. O ſeyd deſſelben werth! Bleibt Eurer Guͤte gleich, Und denkt, o denkt daran, ganz Deutſchland ſieht auf Euch! Epi- F 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/59
Zitationshilfe: [Lessing, Gotthold Ephraim]: Hamburgische Dramaturgie. Bd. 1. Hamburg u. a., [1769], S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lessing_dramaturgie01_1767/59>, abgerufen am 27.04.2024.