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[Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753.

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Leben und Thaten der liefländischen Ordensmeister,
1298am Tage Petri und Pauli mit solcher Verbitterung auf die Belagerer, daß über
4000 theils in den Strom gesprenget, theils durchs Schwert niedergemacht
wurden.

Jnzwischen suchten die Litthauer den Brühan aus Liefland zu ziehen,
und thaten deshalb einen Einfal in Preussen, wo sie gar seltsam wirthschafteten.
Doch Brühan b) kam ihnen unvermuthet auf den Hals, und wies diesen frem-
den Gästen nach etlichen Scharmützeln den Rückweg.

Der Erzbischof hatte sich müssen gefangen geben. Als aber die Bürgerschaft
nach Brühans Abzuge Luft bekommen, sengte und brente sie so lange in dem
Gebiete des Ordens, bis der Erzbischof auf freien Fus gesetzt wurde.

Erich der VIIte König in Dännemark erklärte, daß wer sich ihm gefällig
erweisen wolte, die Bürger zu Riga in- und auserhalb des Reichs, günstig auf-
nehmen, gütlich bewirthen, und ihre Absichten befördern möchte. Kein Rich-
ter (Aduocatus) oder Unterthan solte ihnen etwas in den Weg legen, bey könig-
licher Ungnade und Ahndung an ihren| Gütern oder Personen. Worthingburg,
am Tage vor Antonii des Bekenners.

1299

So bald der Erzbischof sich in Freiheit sahe, war seine erste Verrichtung eine
Reise nach Rom, sein Aufenthalt aber daselbst ziemlich kurz, indem ihn das
Jahr darauf der Tod aus der Welt forderte. Der Papst Bonifacius der IIXte
sandte hierauf seinen Kapellan, den Prior des Augustinerklosters zu Bene-
vent,
Namens Jsarnus c), nach Liefland, und bestätigte ihm das rigische

Erz-
b) Dieser Man war Befelshaber in Königsberg, oder wie man damals redete, Com-
thur. Beim Michow lib. III, c. 66 heist er von Brunhaim, beim Kojalowitz
p. I, l. 6, Brunheim. Peter von Duisburg erzehlet S. 310 von ihm eine seltsa-
me Probe und Uebung seines Gelübdes der Keuschheit. Der Entsatz bey Neuer-
mühlen
geschahe 1298 am Tage Petri und Pauli, und sollen die Rigischen und
Litthauer über 4000 Mann davor haben sitzen lassen. Ein Preusse aus Samland
focht so standhaft, daß seine Hände kraftlos wurden, und ihm das Schwerdt in den
Fäusten erstarrte.
c) Wir kennen diesen Man aus der päpstlichen Bestätigung, die ihm Bonifacius der
IIXte im Lateran, im 6ten Jahr seiner Regierung am 19 Dec. ausgefertiget. Die Dänen
nennen ihn Jsarnus, und Jsernus, andre Jsaurus, Strubicz Aßverus e Dania, die
Bischofschronik*) Erasmus, Chyträus S. 19, Jvarus. Seines Vaterlandes
halben können sich die Geschichtschreiber auch noch nicht vertragen, indem sie ihn bald
zu einem Franzosen, bald zu einem Dänen machen, da er doch ein Jtaliäner von
Geburt war: welcher Meinung auch Magnus Matthias im Verzeichnis der lun-
dischen
Bischöfe beypflichtet. Huitfeld, Pontanus und der Papst nennen ihn einen
päpstlichen Kapellan. Er ward endlich von Lunden weg, und zum Erzbistum Sa-
lerno
berufen, wo er ohngefehr 1310 mit Tode abgieng. Jn der schwedischen Bi-
bliothek
Tom. III p. 190. wird der Monat October 1310 beibehalten, doch sol Jsarnus
auch
*) Die Bischofschronik ist eine Handschrift, von etlichen 10 Bogen, die zur Nachahmung der huit-
feldischen Bispers Kroenicke
aufgesetzet zu seyn scheinet. Sie enthält einen magern Auszug aus
der Chronik Heinrichs des Letten und der Geschichte der rigischen Erzbischöse, dabey aber man
che unerweisliche und nicht gnugsam eingeschränkte Sätze befindlich sind. Z. E. von dem 4jährigen Re-
giment des Bischofs Nicolaus, von der drauf erfolgten Bekehrung der Russen in Plescow, die
doch schon lange zuvor Christen waren; von Jnnocentii Befehl, das Sacrament des Altars un-
ter beiderley Gestalt zu reichen; von Honorii Verbot, daß die Bauren nicht mehr das glüende
Eisen tragen solten. Letzteres ist wol ein Misverstand einer Stelle beim Raynald, wo Hono-
rius
bey den Neubekehrten, und zwar in nichtsbedeutenden Fällen, es abgeschaffet: denn daß es
zu Plettenbergs Zeiten noch im Gebrauch gewesen, beweisen dieses Fürsten Gesetze, die 1539 in
Druck gekommen, wiewol einige aus der darin beibehaltenen Gewonheit des glüenden Eisens,
diese ungemein rare Samlung der alten liefländischen Gesetze für eine eigene Erfindung Diony-
sii Fabri
halten, die in Liefland von denen Regenten nie übersehen, sondern nur als eine Pro-
be etwan zu Rostock bey Johan Ballhorn, in wenig Exemplaren gedrucket worden; daher
es ungemeiu rar ist. Doch diese Ursache ist nicht hinlänglich; indem Plettenberg in der Einigung
der Bauren von 1509 das glüende Eisen zu tragen anbefolen. Man hat noch eine Beschrei-
bung aller Bischöfe und Erzbischöfe des Erzstifts Riga aus alten Schriften zusammen getragen,
im Manuscript, von Gerhard Kürich Rosenstrauch; davon die ersten Proben ziemlich schlecht
gerathen, und nicht des Aufhebens werth sind.

Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter,
1298am Tage Petri und Pauli mit ſolcher Verbitterung auf die Belagerer, daß uͤber
4000 theils in den Strom geſprenget, theils durchs Schwert niedergemacht
wurden.

Jnzwiſchen ſuchten die Litthauer den Bruͤhan aus Liefland zu ziehen,
und thaten deshalb einen Einfal in Preuſſen, wo ſie gar ſeltſam wirthſchafteten.
Doch Bruͤhan b) kam ihnen unvermuthet auf den Hals, und wies dieſen frem-
den Gaͤſten nach etlichen Scharmuͤtzeln den Ruͤckweg.

Der Erzbiſchof hatte ſich muͤſſen gefangen geben. Als aber die Buͤrgerſchaft
nach Bruͤhans Abzuge Luft bekommen, ſengte und brente ſie ſo lange in dem
Gebiete des Ordens, bis der Erzbiſchof auf freien Fus geſetzt wurde.

Erich der VIIte Koͤnig in Daͤnnemark erklaͤrte, daß wer ſich ihm gefaͤllig
erweiſen wolte, die Buͤrger zu Riga in- und auſerhalb des Reichs, guͤnſtig auf-
nehmen, guͤtlich bewirthen, und ihre Abſichten befoͤrdern moͤchte. Kein Rich-
ter (Aduocatus) oder Unterthan ſolte ihnen etwas in den Weg legen, bey koͤnig-
licher Ungnade und Ahndung an ihren| Guͤtern oder Perſonen. Worthingburg,
am Tage vor Antonii des Bekenners.

1299

So bald der Erzbiſchof ſich in Freiheit ſahe, war ſeine erſte Verrichtung eine
Reiſe nach Rom, ſein Aufenthalt aber daſelbſt ziemlich kurz, indem ihn das
Jahr darauf der Tod aus der Welt forderte. Der Papſt Bonifacius der IIXte
ſandte hierauf ſeinen Kapellan, den Prior des Auguſtinerkloſters zu Bene-
vent,
Namens Jſarnus c), nach Liefland, und beſtaͤtigte ihm das rigiſche

Erz-
b) Dieſer Man war Befelshaber in Koͤnigsberg, oder wie man damals redete, Com-
thur. Beim Michow lib. III, c. 66 heiſt er von Brunhaim, beim Kojalowitz
p. I, l. 6, Brunheim. Peter von Duisburg erzehlet S. 310 von ihm eine ſeltſa-
me Probe und Uebung ſeines Geluͤbdes der Keuſchheit. Der Entſatz bey Neuer-
muͤhlen
geſchahe 1298 am Tage Petri und Pauli, und ſollen die Rigiſchen und
Litthauer uͤber 4000 Mann davor haben ſitzen laſſen. Ein Preuſſe aus Samland
focht ſo ſtandhaft, daß ſeine Haͤnde kraftlos wurden, und ihm das Schwerdt in den
Faͤuſten erſtarrte.
c) Wir kennen dieſen Man aus der paͤpſtlichen Beſtaͤtigung, die ihm Bonifacius der
IIXte im Lateran, im 6ten Jahr ſeiner Regierung am 19 Dec. ausgefertiget. Die Daͤnen
nennen ihn Jſarnus, und Jſernus, andre Jſaurus, Strubicz Aßverus e Dania, die
Biſchofschronik*) Erasmus, Chytraͤus S. 19, Jvarus. Seines Vaterlandes
halben koͤnnen ſich die Geſchichtſchreiber auch noch nicht vertragen, indem ſie ihn bald
zu einem Franzoſen, bald zu einem Daͤnen machen, da er doch ein Jtaliaͤner von
Geburt war: welcher Meinung auch Magnus Matthias im Verzeichnis der lun-
diſchen
Biſchoͤfe beypflichtet. Huitfeld, Pontanus und der Papſt nennen ihn einen
paͤpſtlichen Kapellan. Er ward endlich von Lunden weg, und zum Erzbiſtum Sa-
lerno
berufen, wo er ohngefehr 1310 mit Tode abgieng. Jn der ſchwediſchen Bi-
bliothek
Tom. III p. 190. wird der Monat October 1310 beibehalten, doch ſol Jſarnus
auch
*) Die Biſchofschronik iſt eine Handſchrift, von etlichen 10 Bogen, die zur Nachahmung der huit-
feldiſchen Biſpers Kroenicke
aufgeſetzet zu ſeyn ſcheinet. Sie enthaͤlt einen magern Auszug aus
der Chronik Heinrichs des Letten und der Geſchichte der rigiſchen Erzbiſchoͤſe, dabey aber man
che unerweisliche und nicht gnugſam eingeſchraͤnkte Saͤtze befindlich ſind. Z. E. von dem 4jaͤhrigen Re-
giment des Biſchofs Nicolaus, von der drauf erfolgten Bekehrung der Ruſſen in Plescow, die
doch ſchon lange zuvor Chriſten waren; von Jnnocentii Befehl, das Sacrament des Altars un-
ter beiderley Geſtalt zu reichen; von Honorii Verbot, daß die Bauren nicht mehr das gluͤende
Eiſen tragen ſolten. Letzteres iſt wol ein Misverſtand einer Stelle beim Raynald, wo Hono-
rius
bey den Neubekehrten, und zwar in nichtsbedeutenden Faͤllen, es abgeſchaffet: denn daß es
zu Plettenbergs Zeiten noch im Gebrauch geweſen, beweiſen dieſes Fuͤrſten Geſetze, die 1539 in
Druck gekommen, wiewol einige aus der darin beibehaltenen Gewonheit des gluͤenden Eiſens,
dieſe ungemein rare Samlung der alten lieflaͤndiſchen Geſetze fuͤr eine eigene Erfindung Diony-
ſii Fabri
halten, die in Liefland von denen Regenten nie uͤberſehen, ſondern nur als eine Pro-
be etwan zu Roſtock bey Johan Ballhorn, in wenig Exemplaren gedrucket worden; daher
es ungemeiu rar iſt. Doch dieſe Urſache iſt nicht hinlaͤnglich; indem Plettenberg in der Einigung
der Bauren von 1509 das gluͤende Eiſen zu tragen anbefolen. Man hat noch eine Beſchrei-
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[72/0090] Leben und Thaten der lieflaͤndiſchen Ordensmeiſter, am Tage Petri und Pauli mit ſolcher Verbitterung auf die Belagerer, daß uͤber 4000 theils in den Strom geſprenget, theils durchs Schwert niedergemacht wurden. 1298 Jnzwiſchen ſuchten die Litthauer den Bruͤhan aus Liefland zu ziehen, und thaten deshalb einen Einfal in Preuſſen, wo ſie gar ſeltſam wirthſchafteten. Doch Bruͤhan b) kam ihnen unvermuthet auf den Hals, und wies dieſen frem- den Gaͤſten nach etlichen Scharmuͤtzeln den Ruͤckweg. Der Erzbiſchof hatte ſich muͤſſen gefangen geben. Als aber die Buͤrgerſchaft nach Bruͤhans Abzuge Luft bekommen, ſengte und brente ſie ſo lange in dem Gebiete des Ordens, bis der Erzbiſchof auf freien Fus geſetzt wurde. Erich der VIIte Koͤnig in Daͤnnemark erklaͤrte, daß wer ſich ihm gefaͤllig erweiſen wolte, die Buͤrger zu Riga in- und auſerhalb des Reichs, guͤnſtig auf- nehmen, guͤtlich bewirthen, und ihre Abſichten befoͤrdern moͤchte. Kein Rich- ter (Aduocatus) oder Unterthan ſolte ihnen etwas in den Weg legen, bey koͤnig- licher Ungnade und Ahndung an ihren| Guͤtern oder Perſonen. Worthingburg, am Tage vor Antonii des Bekenners. So bald der Erzbiſchof ſich in Freiheit ſahe, war ſeine erſte Verrichtung eine Reiſe nach Rom, ſein Aufenthalt aber daſelbſt ziemlich kurz, indem ihn das Jahr darauf der Tod aus der Welt forderte. Der Papſt Bonifacius der IIXte ſandte hierauf ſeinen Kapellan, den Prior des Auguſtinerkloſters zu Bene- vent, Namens Jſarnus c), nach Liefland, und beſtaͤtigte ihm das rigiſche Erz- b) Dieſer Man war Befelshaber in Koͤnigsberg, oder wie man damals redete, Com- thur. Beim Michow lib. III, c. 66 heiſt er von Brunhaim, beim Kojalowitz p. I, l. 6, Brunheim. Peter von Duisburg erzehlet S. 310 von ihm eine ſeltſa- me Probe und Uebung ſeines Geluͤbdes der Keuſchheit. Der Entſatz bey Neuer- muͤhlen geſchahe 1298 am Tage Petri und Pauli, und ſollen die Rigiſchen und Litthauer uͤber 4000 Mann davor haben ſitzen laſſen. Ein Preuſſe aus Samland focht ſo ſtandhaft, daß ſeine Haͤnde kraftlos wurden, und ihm das Schwerdt in den Faͤuſten erſtarrte. c) Wir kennen dieſen Man aus der paͤpſtlichen Beſtaͤtigung, die ihm Bonifacius der IIXte im Lateran, im 6ten Jahr ſeiner Regierung am 19 Dec. ausgefertiget. Die Daͤnen nennen ihn Jſarnus, und Jſernus, andre Jſaurus, Strubicz Aßverus e Dania, die Biſchofschronik *) Erasmus, Chytraͤus S. 19, Jvarus. Seines Vaterlandes halben koͤnnen ſich die Geſchichtſchreiber auch noch nicht vertragen, indem ſie ihn bald zu einem Franzoſen, bald zu einem Daͤnen machen, da er doch ein Jtaliaͤner von Geburt war: welcher Meinung auch Magnus Matthias im Verzeichnis der lun- diſchen Biſchoͤfe beypflichtet. Huitfeld, Pontanus und der Papſt nennen ihn einen paͤpſtlichen Kapellan. Er ward endlich von Lunden weg, und zum Erzbiſtum Sa- lerno berufen, wo er ohngefehr 1310 mit Tode abgieng. Jn der ſchwediſchen Bi- bliothek Tom. III p. 190. wird der Monat October 1310 beibehalten, doch ſol Jſarnus auch *) Die Biſchofschronik iſt eine Handſchrift, von etlichen 10 Bogen, die zur Nachahmung der huit- feldiſchen Biſpers Kroenicke aufgeſetzet zu ſeyn ſcheinet. Sie enthaͤlt einen magern Auszug aus der Chronik Heinrichs des Letten und der Geſchichte der rigiſchen Erzbiſchoͤſe, dabey aber man che unerweisliche und nicht gnugſam eingeſchraͤnkte Saͤtze befindlich ſind. Z. E. von dem 4jaͤhrigen Re- giment des Biſchofs Nicolaus, von der drauf erfolgten Bekehrung der Ruſſen in Plescow, die doch ſchon lange zuvor Chriſten waren; von Jnnocentii Befehl, das Sacrament des Altars un- ter beiderley Geſtalt zu reichen; von Honorii Verbot, daß die Bauren nicht mehr das gluͤende Eiſen tragen ſolten. Letzteres iſt wol ein Misverſtand einer Stelle beim Raynald, wo Hono- rius bey den Neubekehrten, und zwar in nichtsbedeutenden Faͤllen, es abgeſchaffet: denn daß es zu Plettenbergs Zeiten noch im Gebrauch geweſen, beweiſen dieſes Fuͤrſten Geſetze, die 1539 in Druck gekommen, wiewol einige aus der darin beibehaltenen Gewonheit des gluͤenden Eiſens, dieſe ungemein rare Samlung der alten lieflaͤndiſchen Geſetze fuͤr eine eigene Erfindung Diony- ſii Fabri halten, die in Liefland von denen Regenten nie uͤberſehen, ſondern nur als eine Pro- be etwan zu Roſtock bey Johan Ballhorn, in wenig Exemplaren gedrucket worden; daher es ungemeiu rar iſt. Doch dieſe Urſache iſt nicht hinlaͤnglich; indem Plettenberg in der Einigung der Bauren von 1509 das gluͤende Eiſen zu tragen anbefolen. Man hat noch eine Beſchrei- bung aller Biſchoͤfe und Erzbiſchoͤfe des Erzſtifts Riga aus alten Schriften zuſammen getragen, im Manuſcript, von Gerhard Kuͤrich Roſenſtrauch; davon die erſten Proben ziemlich ſchlecht gerathen, und nicht des Aufhebens werth ſind.

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Zitationshilfe: [Lettus, Henricus]: Der Liefländischen Chronik Andrer Theil. Halle (Saale), 1753, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lettus_chronik02_1753/90>, abgerufen am 26.04.2024.