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Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736.

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über die himmlische Perle.

Diese blinde Tollheit aber beliebt dem Fleisch, mundus vult deci-
pi,
die Leute wollen, sie wollen betrogen seyn, sonderlich wann sie
mit geistlichen Waaren umgehen, da blintzlen sie gern und nehmen
ein Todten-Aas des Glaubens, einen Traum der Hoffnung, einen
Schatten der Tugenden vor die beste Waaren, mit diesen sind sie
befriediget und bekümmern sich weiter um nichts, halten es auch vor
unmöglich und überflüßig, GOtt selbst darüber Raths zu fragen,
obs just seye und gut stehe mit ihnen, und ob sie den vesten Grund
GOttes
in sich haben a.

Das vierzehende Capitel.
Allgemeine Verblendung und stündlich sich erzeigende Schalckheit der
sterblichen Menschen bey dem höchst-wichtigen Geschäfft der Seelen See-
ligkeit.

§. 1. Es sagt zwar dieser und auch jener: O ja! ich für meinen TheilManche
geben
sich für
Perlen-
Liebha-
bers aus,
und wol-
len doch
das nöthi-
ge Creutz
nicht tra-
gen,

schätze diese Perl hoch, ich will sie gewißlich auch kauffen.

Ant. Ja ja, aber du willt nichts darum geben, schreyest über Un-
recht, wann dich GOTT hie oder da unmittelbar mit Kranckheit,
Ungewitter, Feuers-Brunst, Schiffburch, oder mittelbar durch
Diebstahl, Betrug, Verleumdung und andere Boßheiten der Men-
schen angreifft! Wo du alles verlaugnet und um die Perl hingegeben
hättest, also daß du alles ansehest als ein verkaufftes fremdes Gut,
darvon gar nichtes mehr dein eigen seye, sondern gar alles GOttes,
der dirs wohl und theur genug bezahlt, gewiß man könnte dir nichts
schaden, nichts nehmen, darum muß das Creutz deine Falschheit fein
offenbahren.

§. 2. Du willt dich nicht schicken in GOttes heilige Ordnung,oder schi-
cken sich
nicht in die
rechte
Glau-
bens-Ord-
nung.

nemlich den Glauben, der nichts im Hertzen behaltet als JEsum al-
lein, willt mit GOTT märckten, daß er etwas lasse abbrechen, we-
nigstens den halben Theil, willt deinen ungöttlichen Eigen-Willen,
Selbst-Liebe, Gelüste und Neigungen nicht verläugnen, das eitele
prächtige Bild Nebucadnezars charmirt und verblendet dich noch gar
zu sehr, du willt Welt und JEsum zusammen haben, jene im Leben

und
a 2 Tim. II. 19.
O o o o o
uͤber die himmliſche Perle.

Dieſe blinde Tollheit aber beliebt dem Fleiſch, mundus vult deci-
pi,
die Leute wollen, ſie wollen betrogen ſeyn, ſonderlich wann ſie
mit geiſtlichen Waaren umgehen, da blintzlen ſie gern und nehmen
ein Todten-Aas des Glaubens, einen Traum der Hoffnung, einen
Schatten der Tugenden vor die beſte Waaren, mit dieſen ſind ſie
befriediget und bekuͤmmern ſich weiter um nichts, halten es auch vor
unmoͤglich und uͤberfluͤßig, GOtt ſelbſt daruͤber Raths zu fragen,
obs juſt ſeye und gut ſtehe mit ihnen, und ob ſie den veſten Grund
GOttes
in ſich haben a.

Das vierzehende Capitel.
Allgemeine Verblendung und ſtuͤndlich ſich erzeigende Schalckheit der
ſterblichen Menſchen bey dem hoͤchſt-wichtigen Geſchaͤfft der Seelen See-
ligkeit.

§. 1. Es ſagt zwar dieſer und auch jener: O ja! ich fuͤr meinen TheilManche
geben
ſich fuͤr
Perlen-
Liebha-
bers aus,
und wol-
len doch
das noͤthi-
ge Creutz
nicht tra-
gen,

ſchaͤtze dieſe Perl hoch, ich will ſie gewißlich auch kauffen.

Ant. Ja ja, aber du willt nichts darum geben, ſchreyeſt uͤber Un-
recht, wann dich GOTT hie oder da unmittelbar mit Kranckheit,
Ungewitter, Feuers-Brunſt, Schiffburch, oder mittelbar durch
Diebſtahl, Betrug, Verleumdung und andere Boßheiten der Men-
ſchen angreifft! Wo du alles verlaugnet und um die Perl hingegeben
haͤtteſt, alſo daß du alles anſeheſt als ein verkaufftes fremdes Gut,
darvon gar nichtes mehr dein eigen ſeye, ſondern gar alles GOttes,
der dirs wohl und theur genug bezahlt, gewiß man koͤnnte dir nichts
ſchaden, nichts nehmen, darum muß das Creutz deine Falſchheit fein
offenbahren.

§. 2. Du willt dich nicht ſchicken in GOttes heilige Ordnung,oder ſchi-
cken ſich
nicht in die
rechte
Glau-
bens-Oꝛd-
nung.

nemlich den Glauben, der nichts im Hertzen behaltet als JEſum al-
lein, willt mit GOTT maͤrckten, daß er etwas laſſe abbrechen, we-
nigſtens den halben Theil, willt deinen ungoͤttlichen Eigen-Willen,
Selbſt-Liebe, Geluͤſte und Neigungen nicht verlaͤugnen, das eitele
praͤchtige Bild Nebucadnezars charmirt und verblendet dich noch gar
zu ſehr, du willt Welt und JEſum zuſammen haben, jene im Leben

und
a 2 Tim. II. 19.
O o o o o
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[841/0937] uͤber die himmliſche Perle. Dieſe blinde Tollheit aber beliebt dem Fleiſch, mundus vult deci- pi, die Leute wollen, ſie wollen betrogen ſeyn, ſonderlich wann ſie mit geiſtlichen Waaren umgehen, da blintzlen ſie gern und nehmen ein Todten-Aas des Glaubens, einen Traum der Hoffnung, einen Schatten der Tugenden vor die beſte Waaren, mit dieſen ſind ſie befriediget und bekuͤmmern ſich weiter um nichts, halten es auch vor unmoͤglich und uͤberfluͤßig, GOtt ſelbſt daruͤber Raths zu fragen, obs juſt ſeye und gut ſtehe mit ihnen, und ob ſie den veſten Grund GOttes in ſich haben a. Das vierzehende Capitel. Allgemeine Verblendung und ſtuͤndlich ſich erzeigende Schalckheit der ſterblichen Menſchen bey dem hoͤchſt-wichtigen Geſchaͤfft der Seelen See- ligkeit. §. 1. Es ſagt zwar dieſer und auch jener: O ja! ich fuͤr meinen Theil ſchaͤtze dieſe Perl hoch, ich will ſie gewißlich auch kauffen. Manche geben ſich fuͤr Perlen- Liebha- bers aus, und wol- len doch das noͤthi- ge Creutz nicht tra- gen, Ant. Ja ja, aber du willt nichts darum geben, ſchreyeſt uͤber Un- recht, wann dich GOTT hie oder da unmittelbar mit Kranckheit, Ungewitter, Feuers-Brunſt, Schiffburch, oder mittelbar durch Diebſtahl, Betrug, Verleumdung und andere Boßheiten der Men- ſchen angreifft! Wo du alles verlaugnet und um die Perl hingegeben haͤtteſt, alſo daß du alles anſeheſt als ein verkaufftes fremdes Gut, darvon gar nichtes mehr dein eigen ſeye, ſondern gar alles GOttes, der dirs wohl und theur genug bezahlt, gewiß man koͤnnte dir nichts ſchaden, nichts nehmen, darum muß das Creutz deine Falſchheit fein offenbahren. §. 2. Du willt dich nicht ſchicken in GOttes heilige Ordnung, nemlich den Glauben, der nichts im Hertzen behaltet als JEſum al- lein, willt mit GOTT maͤrckten, daß er etwas laſſe abbrechen, we- nigſtens den halben Theil, willt deinen ungoͤttlichen Eigen-Willen, Selbſt-Liebe, Geluͤſte und Neigungen nicht verlaͤugnen, das eitele praͤchtige Bild Nebucadnezars charmirt und verblendet dich noch gar zu ſehr, du willt Welt und JEſum zuſammen haben, jene im Leben und oder ſchi- cken ſich nicht in die rechte Glau- bens-Oꝛd- nung. a 2 Tim. II. 19. O o o o o

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Ein Wohlriechender Straus Von schönen und gesunden Himmels-Blumen. Basel, 1736, S. 841. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_himmelsblumen_1736/937>, abgerufen am 27.04.2024.