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Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

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der Verführung der Jugend.
anzutreffen ist, und es dennoch mit ihren Seelen
nicht besser aussiehet als bey einem zerstöhrten
Schloß, an dessen Mauerwerck man noch kaum er-
kennen kan, was für ein Gebäude vormals daselb-
sten gestanden seye; das edle Gewächs schlägt in eine
wilde Art; der bezauberte Mensch säet nicht mehr
auf den Geist, sondern nur auf das Fleisch; machet
sich dem Teuffel und der Sünde verächtlich, und
erndet Narrheit, Boßheit, Faulniß, Gestanck, Ver-
druß und Verderben ein. Gal. 6, 7. 8.

Bey allem diesem will sich die abtrünnige Seele
noch mit ihren vorigen Empfindungen trösten, und
aus dem, daß ihn GOtt seine süsse Liebe zu schencken,
und seine Gunst zu erblicken gegeben, den Schluß
selbst betrogen machen, daß es unmöglich seye, daß
GOtt sie verwerffen könne. Vergisset dabey des
Spruchs Ezech. 33, 13. Wann ein Gerechter
Böses thut/ so wird es ihme nichts helffen/
daß er fromm gewesen etc.
und will also keinen
Zweiffel mehr an ihrer Seligkeit in sich aufkommen
lassen; da doch die Sünden-Hölle nun und dann in
ihro lodert und Flammen auswirfft, das Gewissen
einmal um das andere unruhig zu machen.

§. 6.

So ziehen junge Knaben und Töchtern in ihren
eigenen Busen an bezauberten verrätheri-
schen Hertzen einen solchen Feind
auf, der
allein schon sie ewig unglückselig machen kan; indem
Satanas dasselbe eben braucht, sie zu überwältigen
und je und je in frische Verschuldungen hinzureissen;
dann je mehr sie diesem Busen-Feind Gehör geben,
je weiter weichen sie von GOtt und seinem Heyl täg-

lich
B 2

der Verfuͤhrung der Jugend.
anzutreffen iſt, und es dennoch mit ihren Seelen
nicht beſſer ausſiehet als bey einem zerſtoͤhrten
Schloß, an deſſen Mauerwerck man noch kaum er-
kennen kan, was fuͤr ein Gebaͤude vormals daſelb-
ſten geſtanden ſeye; das edle Gewaͤchs ſchlaͤgt in eine
wilde Art; der bezauberte Menſch ſaͤet nicht mehr
auf den Geiſt, ſondern nur auf das Fleiſch; machet
ſich dem Teuffel und der Suͤnde veraͤchtlich, und
erndet Narrheit, Boßheit, Faulniß, Geſtanck, Ver-
druß und Verderben ein. Gal. 6, 7. 8.

Bey allem dieſem will ſich die abtruͤnnige Seele
noch mit ihren vorigen Empfindungen troͤſten, und
aus dem, daß ihn GOtt ſeine ſuͤſſe Liebe zu ſchencken,
und ſeine Gunſt zu erblicken gegeben, den Schluß
ſelbſt betrogen machen, daß es unmoͤglich ſeye, daß
GOtt ſie verwerffen koͤnne. Vergiſſet dabey des
Spruchs Ezech. 33, 13. Wann ein Gerechter
Boͤſes thut/ ſo wird es ihme nichts helffen/
daß er fromm geweſen ꝛc.
und will alſo keinen
Zweiffel mehr an ihrer Seligkeit in ſich aufkommen
laſſen; da doch die Suͤnden-Hoͤlle nun und dann in
ihro lodert und Flammen auswirfft, das Gewiſſen
einmal um das andere unruhig zu machen.

§. 6.

So ziehen junge Knaben und Toͤchtern in ihren
eigenen Buſen an bezauberten verraͤtheri-
ſchen Hertzen einen ſolchen Feind
auf, der
allein ſchon ſie ewig ungluͤckſelig machen kan; indem
Satanas daſſelbe eben braucht, ſie zu uͤberwaͤltigen
und je und je in friſche Verſchuldungen hinzureiſſen;
dann je mehr ſie dieſem Buſen-Feind Gehoͤr geben,
je weiter weichen ſie von GOtt und ſeinem Heyl taͤg-

lich
B 2
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[19/0037] der Verfuͤhrung der Jugend. anzutreffen iſt, und es dennoch mit ihren Seelen nicht beſſer ausſiehet als bey einem zerſtoͤhrten Schloß, an deſſen Mauerwerck man noch kaum er- kennen kan, was fuͤr ein Gebaͤude vormals daſelb- ſten geſtanden ſeye; das edle Gewaͤchs ſchlaͤgt in eine wilde Art; der bezauberte Menſch ſaͤet nicht mehr auf den Geiſt, ſondern nur auf das Fleiſch; machet ſich dem Teuffel und der Suͤnde veraͤchtlich, und erndet Narrheit, Boßheit, Faulniß, Geſtanck, Ver- druß und Verderben ein. Gal. 6, 7. 8. Bey allem dieſem will ſich die abtruͤnnige Seele noch mit ihren vorigen Empfindungen troͤſten, und aus dem, daß ihn GOtt ſeine ſuͤſſe Liebe zu ſchencken, und ſeine Gunſt zu erblicken gegeben, den Schluß ſelbſt betrogen machen, daß es unmoͤglich ſeye, daß GOtt ſie verwerffen koͤnne. Vergiſſet dabey des Spruchs Ezech. 33, 13. Wann ein Gerechter Boͤſes thut/ ſo wird es ihme nichts helffen/ daß er fromm geweſen ꝛc. und will alſo keinen Zweiffel mehr an ihrer Seligkeit in ſich aufkommen laſſen; da doch die Suͤnden-Hoͤlle nun und dann in ihro lodert und Flammen auswirfft, das Gewiſſen einmal um das andere unruhig zu machen. §. 6. So ziehen junge Knaben und Toͤchtern in ihren eigenen Buſen an bezauberten verraͤtheri- ſchen Hertzen einen ſolchen Feind auf, der allein ſchon ſie ewig ungluͤckſelig machen kan; indem Satanas daſſelbe eben braucht, ſie zu uͤberwaͤltigen und je und je in friſche Verſchuldungen hinzureiſſen; dann je mehr ſie dieſem Buſen-Feind Gehoͤr geben, je weiter weichen ſie von GOtt und ſeinem Heyl taͤg- lich B 2

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Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/37>, abgerufen am 26.04.2024.