Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747.

Bild:
<< vorherige Seite

der Verführung der Jugend.
haben? Solle dir solches nicht ein scharffer Stich
seyn, dich zu bewegen, daß du keine Stunde länger
ein solches Hertz behaltest, sondern um ein anders
und reines Hertz betest, Psal. 51, 9. 12. welches
GOtt jungen Leuten auch gern giebet.

§. 4.

Du sprichst: Hat dann wol GOtt nicht
selber in Willens gehabt/ uns durch sei-
ne Gaben zu verführen/ indem er so ei-
ne grosse Menge Creaturen erschaffen
hat/ die wir gar nicht zur Nothdurfft
anwenden können/ und die uns nur zur
Lust und zum Vergnügen dienen?

Darauf mercke folgendes:

1) Daß GOtt allerdings so viel hun-
derterley Arten von wohlriechenden Blu-
men; so eine grosse Menge von lieblichen
Singe-Vögeln; so viel Gattungen süs-
ses Obstes deswegen erschaffen/ daß der
Mensch ein heiliges Vergnügen daran
haben möge/ da er dergleichen zur Noth-
durfft wohl entbehren könnte. Du darfst
also eine wohlschmeckende Speise mit
Vergnügen geniessen/ eine angenehme
Blume gerne riechen/ einem Singe-
Vogel mit Vergnügen zuhören/ weil
GOtt eben deswegen so viel tausend An-
nehmlichkeiten in die Creaturen geleget.

2) Bedencke aber/ daß GOTT solche
Gaben vornemlich zu seiner Verherrli-

chung

der Verfuͤhrung der Jugend.
haben? Solle dir ſolches nicht ein ſcharffer Stich
ſeyn, dich zu bewegen, daß du keine Stunde laͤnger
ein ſolches Hertz behalteſt, ſondern um ein anders
und reines Hertz beteſt, Pſal. 51, 9. 12. welches
GOtt jungen Leuten auch gern giebet.

§. 4.

Du ſprichſt: Hat dann wol GOtt nicht
ſelber in Willens gehabt/ uns durch ſei-
ne Gaben zu verfuͤhren/ indem er ſo ei-
ne groſſe Menge Creaturen erſchaffen
hat/ die wir gar nicht zur Nothdurfft
anwenden koͤnnen/ und die uns nur zur
Luſt und zum Vergnuͤgen dienen?

Darauf mercke folgendes:

1) Daß GOtt allerdings ſo viel hun-
derterley Arten von wohlriechenden Blu-
men; ſo eine groſſe Menge von lieblichen
Singe-Voͤgeln; ſo viel Gattungen ſuͤſ-
ſes Obſtes deswegen erſchaffen/ daß der
Menſch ein heiliges Vergnuͤgen daran
haben moͤge/ da er dergleichen zur Noth-
durfft wohl entbehren koͤnnte. Du darfſt
alſo eine wohlſchmeckende Speiſe mit
Vergnuͤgen genieſſen/ eine angenehme
Blume gerne riechen/ einem Singe-
Vogel mit Vergnuͤgen zuhoͤren/ weil
GOtt eben deswegen ſo viel tauſend An-
nehmlichkeiten in die Creaturen geleget.

2) Bedencke aber/ daß GOTT ſolche
Gaben vornemlich zu ſeiner Verherrli-

chung
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0381" n="363"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Verfu&#x0364;hrung der Jugend.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">haben?</hi> Solle dir &#x017F;olches nicht ein &#x017F;charffer Stich<lb/>
&#x017F;eyn, dich zu bewegen, daß du keine Stunde la&#x0364;nger<lb/>
ein &#x017F;olches Hertz behalte&#x017F;t, &#x017F;ondern um ein anders<lb/>
und reines Hertz bete&#x017F;t, P&#x017F;al. 51, 9. 12. welches<lb/>
GOtt jungen Leuten auch gern giebet.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>§. 4.</head><lb/>
          <p>Du &#x017F;prich&#x017F;t: <hi rendition="#fr">Hat dann wol GOtt nicht<lb/>
&#x017F;elber in Willens gehabt/ uns durch &#x017F;ei-<lb/>
ne Gaben zu verfu&#x0364;hren/ indem er &#x017F;o ei-<lb/>
ne gro&#x017F;&#x017F;e Menge Creaturen er&#x017F;chaffen<lb/>
hat/ die wir gar nicht zur Nothdurfft<lb/>
anwenden ko&#x0364;nnen/ und die uns nur zur<lb/>
Lu&#x017F;t und zum Vergnu&#x0364;gen dienen?</hi></p><lb/>
          <p>Darauf mercke folgendes:</p><lb/>
          <p>1) <hi rendition="#fr">Daß GOtt allerdings &#x017F;o viel hun-<lb/>
derterley Arten von wohlriechenden Blu-<lb/>
men; &#x017F;o eine gro&#x017F;&#x017F;e Menge von lieblichen<lb/>
Singe-Vo&#x0364;geln; &#x017F;o viel Gattungen &#x017F;u&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;es Ob&#x017F;tes deswegen er&#x017F;chaffen/ daß der<lb/>
Men&#x017F;ch ein heiliges Vergnu&#x0364;gen daran<lb/>
haben mo&#x0364;ge/ da er dergleichen zur Noth-<lb/>
durfft wohl entbehren ko&#x0364;nnte. Du darf&#x017F;t<lb/>
al&#x017F;o eine wohl&#x017F;chmeckende Spei&#x017F;e mit<lb/>
Vergnu&#x0364;gen genie&#x017F;&#x017F;en/ eine angenehme<lb/>
Blume gerne riechen/ einem Singe-<lb/>
Vogel mit Vergnu&#x0364;gen zuho&#x0364;ren/ weil<lb/>
GOtt eben deswegen &#x017F;o viel tau&#x017F;end An-<lb/>
nehmlichkeiten in die Creaturen geleget.</hi></p><lb/>
          <p>2) <hi rendition="#fr">Bedencke aber/ daß GOTT &#x017F;olche<lb/>
Gaben vornemlich zu &#x017F;einer Verherrli-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">chung</hi></fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[363/0381] der Verfuͤhrung der Jugend. haben? Solle dir ſolches nicht ein ſcharffer Stich ſeyn, dich zu bewegen, daß du keine Stunde laͤnger ein ſolches Hertz behalteſt, ſondern um ein anders und reines Hertz beteſt, Pſal. 51, 9. 12. welches GOtt jungen Leuten auch gern giebet. §. 4. Du ſprichſt: Hat dann wol GOtt nicht ſelber in Willens gehabt/ uns durch ſei- ne Gaben zu verfuͤhren/ indem er ſo ei- ne groſſe Menge Creaturen erſchaffen hat/ die wir gar nicht zur Nothdurfft anwenden koͤnnen/ und die uns nur zur Luſt und zum Vergnuͤgen dienen? Darauf mercke folgendes: 1) Daß GOtt allerdings ſo viel hun- derterley Arten von wohlriechenden Blu- men; ſo eine groſſe Menge von lieblichen Singe-Voͤgeln; ſo viel Gattungen ſuͤſ- ſes Obſtes deswegen erſchaffen/ daß der Menſch ein heiliges Vergnuͤgen daran haben moͤge/ da er dergleichen zur Noth- durfft wohl entbehren koͤnnte. Du darfſt alſo eine wohlſchmeckende Speiſe mit Vergnuͤgen genieſſen/ eine angenehme Blume gerne riechen/ einem Singe- Vogel mit Vergnuͤgen zuhoͤren/ weil GOtt eben deswegen ſo viel tauſend An- nehmlichkeiten in die Creaturen geleget. 2) Bedencke aber/ daß GOTT ſolche Gaben vornemlich zu ſeiner Verherrli- chung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/381
Zitationshilfe: Lutz, Samuel: Warnung An Die liebe Jugend. Schaffhausen, 1747, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lucius_warnung_1747/381>, abgerufen am 26.04.2024.