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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
ters, oder die evidente Ungerechtigkeit seines Verfahrens
einen fremden Staat berechtigen könnte, sich des Angeklag-
ten, zumahl wenn dieser als Unterthan oder sonst auf sei-
nen Schutz einen Anspruch zu machen hat a), selbst mit
den Waffen in der Hand anzunehmen.

a) Wiefern kann ein Regent sich der in einem andren Lande pein-
lich verfolgten Prinzen und Prinzessinnen seines Hauses anneh-
men? Daß er dieß gar nicht könne, läßt sich nach dem Völker-
recht nicht behaupten. S. unten das 5te Buch.
§. 105.
Münze, Papiergeld.

Die Beförderung des Handels macht die Einführung
der Münze, und ihre Verwandlung in ein Hoheitsrecht
rathsam. Der Staat kann das Schrot und Korn der
Münze und den äußeren Zahlwerth derselben bestimmen.
So lange hiemit nicht offenbarer Mißbrauch getrieben wird,
kann der Ausländer und fremde Einwohner sich nicht be-
schweren, wenn er den Eingebohrnen gleich die Zahlungen
in der Landesmünze zu leisten a) und zu empfangen ange-
halten wird. Daß in Nothfällen der Staat zu Münzzei-
chen und Papiergeld, z. B. Banco-Noten, Steuerscheine,
Assignaten u. s. f. seine Zuflucht nehmen könne, ist nicht zu
läugnen; auch in Ansehung dieser kann der Fremde sich
nicht beschweren, wenn er den Unterthanen gleich zur An-
nahme derselben genöthiget wird, sofern der Staat sich zu
künftiger Einlösung derselben verpflichtet. Wenn aber durch
gewaltsame Finanzoperationen b) der Staat sich dieser na-
türlichen Verpflichtung ganz oder zum Theil entziehn will,
so entsteht daraus eine so augenfällige Kränkung der Ei-
genthumsrechte des Besitzers, daß ein fremder Staat sich
desfalls seiner Unterthanen annehmen, und durch alle zwi-
schen freyen Völkern eintretende Mittel ihnen zu ihrer vol-
len Zahlung zu verhelfen berechtiget ist c).

Da auch das Münzrecht jedem Staat nur innerhalb
der Grenzen seines Gebiets zusteht, so ist kein fremder
Souverain vollkommen verbunden fremden Münzen oder

Papier-

Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
ters, oder die evidente Ungerechtigkeit ſeines Verfahrens
einen fremden Staat berechtigen koͤnnte, ſich des Angeklag-
ten, zumahl wenn dieſer als Unterthan oder ſonſt auf ſei-
nen Schutz einen Anſpruch zu machen hat a), ſelbſt mit
den Waffen in der Hand anzunehmen.

a) Wiefern kann ein Regent ſich der in einem andren Lande pein-
lich verfolgten Prinzen und Prinzeſſinnen ſeines Hauſes anneh-
men? Daß er dieß gar nicht koͤnne, laͤßt ſich nach dem Voͤlker-
recht nicht behaupten. S. unten das 5te Buch.
§. 105.
Muͤnze, Papiergeld.

Die Befoͤrderung des Handels macht die Einfuͤhrung
der Muͤnze, und ihre Verwandlung in ein Hoheitsrecht
rathſam. Der Staat kann das Schrot und Korn der
Muͤnze und den aͤußeren Zahlwerth derſelben beſtimmen.
So lange hiemit nicht offenbarer Mißbrauch getrieben wird,
kann der Auslaͤnder und fremde Einwohner ſich nicht be-
ſchweren, wenn er den Eingebohrnen gleich die Zahlungen
in der Landesmuͤnze zu leiſten a) und zu empfangen ange-
halten wird. Daß in Nothfaͤllen der Staat zu Muͤnzzei-
chen und Papiergeld, z. B. Banco-Noten, Steuerſcheine,
Aſſignaten u. ſ. f. ſeine Zuflucht nehmen koͤnne, iſt nicht zu
laͤugnen; auch in Anſehung dieſer kann der Fremde ſich
nicht beſchweren, wenn er den Unterthanen gleich zur An-
nahme derſelben genoͤthiget wird, ſofern der Staat ſich zu
kuͤnftiger Einloͤſung derſelben verpflichtet. Wenn aber durch
gewaltſame Finanzoperationen b) der Staat ſich dieſer na-
tuͤrlichen Verpflichtung ganz oder zum Theil entziehn will,
ſo entſteht daraus eine ſo augenfaͤllige Kraͤnkung der Ei-
genthumsrechte des Beſitzers, daß ein fremder Staat ſich
desfalls ſeiner Unterthanen annehmen, und durch alle zwi-
ſchen freyen Voͤlkern eintretende Mittel ihnen zu ihrer vol-
len Zahlung zu verhelfen berechtiget iſt c).

Da auch das Muͤnzrecht jedem Staat nur innerhalb
der Grenzen ſeines Gebiets zuſteht, ſo iſt kein fremder
Souverain vollkommen verbunden fremden Muͤnzen oder

Papier-
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[128/0156] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. ters, oder die evidente Ungerechtigkeit ſeines Verfahrens einen fremden Staat berechtigen koͤnnte, ſich des Angeklag- ten, zumahl wenn dieſer als Unterthan oder ſonſt auf ſei- nen Schutz einen Anſpruch zu machen hat a), ſelbſt mit den Waffen in der Hand anzunehmen. a⁾ Wiefern kann ein Regent ſich der in einem andren Lande pein- lich verfolgten Prinzen und Prinzeſſinnen ſeines Hauſes anneh- men? Daß er dieß gar nicht koͤnne, laͤßt ſich nach dem Voͤlker- recht nicht behaupten. S. unten das 5te Buch. §. 105. Muͤnze, Papiergeld. Die Befoͤrderung des Handels macht die Einfuͤhrung der Muͤnze, und ihre Verwandlung in ein Hoheitsrecht rathſam. Der Staat kann das Schrot und Korn der Muͤnze und den aͤußeren Zahlwerth derſelben beſtimmen. So lange hiemit nicht offenbarer Mißbrauch getrieben wird, kann der Auslaͤnder und fremde Einwohner ſich nicht be- ſchweren, wenn er den Eingebohrnen gleich die Zahlungen in der Landesmuͤnze zu leiſten a) und zu empfangen ange- halten wird. Daß in Nothfaͤllen der Staat zu Muͤnzzei- chen und Papiergeld, z. B. Banco-Noten, Steuerſcheine, Aſſignaten u. ſ. f. ſeine Zuflucht nehmen koͤnne, iſt nicht zu laͤugnen; auch in Anſehung dieſer kann der Fremde ſich nicht beſchweren, wenn er den Unterthanen gleich zur An- nahme derſelben genoͤthiget wird, ſofern der Staat ſich zu kuͤnftiger Einloͤſung derſelben verpflichtet. Wenn aber durch gewaltſame Finanzoperationen b) der Staat ſich dieſer na- tuͤrlichen Verpflichtung ganz oder zum Theil entziehn will, ſo entſteht daraus eine ſo augenfaͤllige Kraͤnkung der Ei- genthumsrechte des Beſitzers, daß ein fremder Staat ſich desfalls ſeiner Unterthanen annehmen, und durch alle zwi- ſchen freyen Voͤlkern eintretende Mittel ihnen zu ihrer vol- len Zahlung zu verhelfen berechtiget iſt c). Da auch das Muͤnzrecht jedem Staat nur innerhalb der Grenzen ſeines Gebiets zuſteht, ſo iſt kein fremder Souverain vollkommen verbunden fremden Muͤnzen oder Papier-

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/156>, abgerufen am 27.04.2024.