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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Drittes Buch. Drittes Hauptstück.
§. 106.
Recht der Posten.

Auch das Recht der Posten steht außer dem Fall
der Staatsdienstbarkeiten jedem Staat nur bis an seiner
Grenze a) zu. Daher könnte jeder Staat Posten angelegt
haben, und doch keine allgemeine Verbindung vorhanden
seyn. Wenn aber, wie insonderheit in Europa, nach dem
Muster Frankreichs, seit dem 15ten Jahrhunderte nach und
nach in einzelnen Landen Posten angelegt worden b), so
bedarf es nur der Verträge benachbarter Staaten wegen
Uebernehmung und Verrechnung der Briefe, Paquete u. s. f.
an der Grenze, um die Vortheile dieses Instituts auf meh-
rere Lande zu erstrecken c); und durch solche in zahlloser
Menge getroffene, und nach und nach vervollkommte Ver-
abredungen sind jetzt die Posten das allgemeine Band der
Vereinigung des Handels und der Cultur, fast für alle Win-
kel des Erdbodens geworden.

In einem jeden Lande stehn sie unter dem besondren
Schutze d) des Völkerrechts und die auf die ersten Grund-
sätze des Eigenthums gestützte Unverletzlichkeit der ihnen an-
vertraueten Briefe und Effecten, muß von allen Souve-
rainen zum Besten der Ausländer, wie der eigenen Unter-
thanen, anerkannt werden e). Nur Fälle einer Collision
können in dringenden Umständen eine Ausnahme rechtfer-
tigen; da aber jeder Regent über die Existenz dieser Colli-
sionen zu urtheilen sich erlaubt, und Mißbräuche gedenkbar
sind f), so hat dies die Nothwendigkeit der Geheim-Schrei-
berey (Chifriren) in allen erheblichen Staatscorresponden-
zen nach sich gezogen.

Da zwischen kriegführenden Mächten der Lauf und
die Unverletzlichkeit der Posten ganz, oder doch größesten-
theils, gehemmt zu werden pflegt, so wird oft die Wieder-
herstellung derselben in Friedensschlüssen ausdrücklich be-
dungen g).


a) So-
Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck.
§. 106.
Recht der Poſten.

Auch das Recht der Poſten ſteht außer dem Fall
der Staatsdienſtbarkeiten jedem Staat nur bis an ſeiner
Grenze a) zu. Daher koͤnnte jeder Staat Poſten angelegt
haben, und doch keine allgemeine Verbindung vorhanden
ſeyn. Wenn aber, wie inſonderheit in Europa, nach dem
Muſter Frankreichs, ſeit dem 15ten Jahrhunderte nach und
nach in einzelnen Landen Poſten angelegt worden b), ſo
bedarf es nur der Vertraͤge benachbarter Staaten wegen
Uebernehmung und Verrechnung der Briefe, Paquete u. ſ. f.
an der Grenze, um die Vortheile dieſes Inſtituts auf meh-
rere Lande zu erſtrecken c); und durch ſolche in zahlloſer
Menge getroffene, und nach und nach vervollkommte Ver-
abredungen ſind jetzt die Poſten das allgemeine Band der
Vereinigung des Handels und der Cultur, faſt fuͤr alle Win-
kel des Erdbodens geworden.

In einem jeden Lande ſtehn ſie unter dem beſondren
Schutze d) des Voͤlkerrechts und die auf die erſten Grund-
ſaͤtze des Eigenthums geſtuͤtzte Unverletzlichkeit der ihnen an-
vertraueten Briefe und Effecten, muß von allen Souve-
rainen zum Beſten der Auslaͤnder, wie der eigenen Unter-
thanen, anerkannt werden e). Nur Faͤlle einer Colliſion
koͤnnen in dringenden Umſtaͤnden eine Ausnahme rechtfer-
tigen; da aber jeder Regent uͤber die Exiſtenz dieſer Colli-
ſionen zu urtheilen ſich erlaubt, und Mißbraͤuche gedenkbar
ſind f), ſo hat dies die Nothwendigkeit der Geheim-Schrei-
berey (Chifriren) in allen erheblichen Staatscorreſponden-
zen nach ſich gezogen.

Da zwiſchen kriegfuͤhrenden Maͤchten der Lauf und
die Unverletzlichkeit der Poſten ganz, oder doch groͤßeſten-
theils, gehemmt zu werden pflegt, ſo wird oft die Wieder-
herſtellung derſelben in Friedensſchluͤſſen ausdruͤcklich be-
dungen g).


a) So-
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[130/0158] Drittes Buch. Drittes Hauptſtuͤck. §. 106. Recht der Poſten. Auch das Recht der Poſten ſteht außer dem Fall der Staatsdienſtbarkeiten jedem Staat nur bis an ſeiner Grenze a) zu. Daher koͤnnte jeder Staat Poſten angelegt haben, und doch keine allgemeine Verbindung vorhanden ſeyn. Wenn aber, wie inſonderheit in Europa, nach dem Muſter Frankreichs, ſeit dem 15ten Jahrhunderte nach und nach in einzelnen Landen Poſten angelegt worden b), ſo bedarf es nur der Vertraͤge benachbarter Staaten wegen Uebernehmung und Verrechnung der Briefe, Paquete u. ſ. f. an der Grenze, um die Vortheile dieſes Inſtituts auf meh- rere Lande zu erſtrecken c); und durch ſolche in zahlloſer Menge getroffene, und nach und nach vervollkommte Ver- abredungen ſind jetzt die Poſten das allgemeine Band der Vereinigung des Handels und der Cultur, faſt fuͤr alle Win- kel des Erdbodens geworden. In einem jeden Lande ſtehn ſie unter dem beſondren Schutze d) des Voͤlkerrechts und die auf die erſten Grund- ſaͤtze des Eigenthums geſtuͤtzte Unverletzlichkeit der ihnen an- vertraueten Briefe und Effecten, muß von allen Souve- rainen zum Beſten der Auslaͤnder, wie der eigenen Unter- thanen, anerkannt werden e). Nur Faͤlle einer Colliſion koͤnnen in dringenden Umſtaͤnden eine Ausnahme rechtfer- tigen; da aber jeder Regent uͤber die Exiſtenz dieſer Colli- ſionen zu urtheilen ſich erlaubt, und Mißbraͤuche gedenkbar ſind f), ſo hat dies die Nothwendigkeit der Geheim-Schrei- berey (Chifriren) in allen erheblichen Staatscorreſponden- zen nach ſich gezogen. Da zwiſchen kriegfuͤhrenden Maͤchten der Lauf und die Unverletzlichkeit der Poſten ganz, oder doch groͤßeſten- theils, gehemmt zu werden pflegt, ſo wird oft die Wieder- herſtellung derſelben in Friedensſchluͤſſen ausdruͤcklich be- dungen g). a) So-

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/158>, abgerufen am 26.04.2024.