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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Von schriftlichen Verhandlungen der Völker.
richter b) einen auf Rechtsgründe beruhenden Ausspruch thun
soll, dem beide Theile Folge zu leisten sich verpflichtet haben.

Alle diese Verhandlungen können theils mündlich,
es sey von den Regenten in Person, oder von deren Bevoll-
mächtigten, theils schri[f]tlich betrieben werden. Und außer-
halb der eigentlichen Verhandlungen giebt es zwischen Völ-
kern mannigfaltige Veranlassungen zu schriftlichen Aufsätzen,
sofern es bald darauf ankommt das ganze Publicum von der
Rechtmäßigkeit unserer Sache, von unsren getroffenen Maaß-
regeln u. s. f. zu unterrichten, theils durch schriftliche Abfas-
sung mündlich geschlossenen Verträge sie der Vergessenheit
und dem Zweifel zu entreissen.

a) Zwischen der Verwendung guter Dienste und der Vermittelung
ist ein erheblicher Unterschied. Letztere setzt die Einwilligung bey-
der Theile voraus und ihr erstes Gesetz ist Unpartheylichkeit.
Der Vermitteler hat ein Recht den Conferenzen bey zu wohnen.
Dieß läßt sich nicht in eben dem Maaße von dem behaupten der
bloß bona officia verwendet. Man kann daher letztere von einem
Hofe annehmen und gleichwohl seine Vermittelung verwerfen,
wie dieß 1742 von Rußland in seinem Kriege mit Schweden in
Hinsicht Frankreichs geschahe. S. überhaupt Bielefeld institu-
tions politiques
T. II. cap. 8. §. 17. Treuer de prudentia circa offi-
cium pacificationis inter gentes
.
b) A. G. S. Haldimand diss. de modo componendi controuersias inter
aequales et potissimum arbitris compromissariis
. Lugd. B. p
. 1738. 4.
Die mittlere Geschichte ist voll von Beyspielen solcher Entschei-
dungen durch Schiedsrichter s. Kluit hist. federum T. II p. 500.
Da aber ihre Sprüche selten befolget und vielmehr oft der Schieds-
richter selbst in die Händel mit verwickelt worden die er schlichten
sollte, so ist in neueren Zeiten der Antrag und noch mehr die Ue-
beruehmung einer schiedsrichterlichen Entscheidung selten geworden.
§. 173.
Gattungen von Staatsschriften.

Man kann daher alle Schriften welche in den Ver-
hältnissen der Völker vorkommen und die allgemein mit dem

Nahmen

Von ſchriftlichen Verhandlungen der Voͤlker.
richter b) einen auf Rechtsgruͤnde beruhenden Ausſpruch thun
ſoll, dem beide Theile Folge zu leiſten ſich verpflichtet haben.

Alle dieſe Verhandlungen koͤnnen theils muͤndlich,
es ſey von den Regenten in Perſon, oder von deren Bevoll-
maͤchtigten, theils ſchri[f]tlich betrieben werden. Und außer-
halb der eigentlichen Verhandlungen giebt es zwiſchen Voͤl-
kern mannigfaltige Veranlaſſungen zu ſchriftlichen Aufſaͤtzen,
ſofern es bald darauf ankommt das ganze Publicum von der
Rechtmaͤßigkeit unſerer Sache, von unſren getroffenen Maaß-
regeln u. ſ. f. zu unterrichten, theils durch ſchriftliche Abfaſ-
ſung muͤndlich geſchloſſenen Vertraͤge ſie der Vergeſſenheit
und dem Zweifel zu entreiſſen.

a) Zwiſchen der Verwendung guter Dienſte und der Vermittelung
iſt ein erheblicher Unterſchied. Letztere ſetzt die Einwilligung bey-
der Theile voraus und ihr erſtes Geſetz iſt Unpartheylichkeit.
Der Vermitteler hat ein Recht den Conferenzen bey zu wohnen.
Dieß laͤßt ſich nicht in eben dem Maaße von dem behaupten der
bloß bona officia verwendet. Man kann daher letztere von einem
Hofe annehmen und gleichwohl ſeine Vermittelung verwerfen,
wie dieß 1742 von Rußland in ſeinem Kriege mit Schweden in
Hinſicht Frankreichs geſchahe. S. uͤberhaupt Bielefeld inſtitu-
tions politiques
T. II. cap. 8. §. 17. Treuer de prudentia circa offi-
cium pacificationis inter gentes
.
b) A. G. S. Haldimand diſſ. de modo componendi controuerſias inter
aequales et potiſſimum arbitris compromiſſariis
. Lugd. B. p
. 1738. 4.
Die mittlere Geſchichte iſt voll von Beyſpielen ſolcher Entſchei-
dungen durch Schiedsrichter ſ. Kluit hiſt. federum T. II p. 500.
Da aber ihre Spruͤche ſelten befolget und vielmehr oft der Schieds-
richter ſelbſt in die Haͤndel mit verwickelt worden die er ſchlichten
ſollte, ſo iſt in neueren Zeiten der Antrag und noch mehr die Ue-
beruehmung einer ſchiedsrichterlichen Entſcheidung ſelten geworden.
§. 173.
Gattungen von Staatsſchriften.

Man kann daher alle Schriften welche in den Ver-
haͤltniſſen der Voͤlker vorkommen und die allgemein mit dem

Nahmen
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[207/0235] Von ſchriftlichen Verhandlungen der Voͤlker. richter b) einen auf Rechtsgruͤnde beruhenden Ausſpruch thun ſoll, dem beide Theile Folge zu leiſten ſich verpflichtet haben. Alle dieſe Verhandlungen koͤnnen theils muͤndlich, es ſey von den Regenten in Perſon, oder von deren Bevoll- maͤchtigten, theils ſchriftlich betrieben werden. Und außer- halb der eigentlichen Verhandlungen giebt es zwiſchen Voͤl- kern mannigfaltige Veranlaſſungen zu ſchriftlichen Aufſaͤtzen, ſofern es bald darauf ankommt das ganze Publicum von der Rechtmaͤßigkeit unſerer Sache, von unſren getroffenen Maaß- regeln u. ſ. f. zu unterrichten, theils durch ſchriftliche Abfaſ- ſung muͤndlich geſchloſſenen Vertraͤge ſie der Vergeſſenheit und dem Zweifel zu entreiſſen. a⁾ Zwiſchen der Verwendung guter Dienſte und der Vermittelung iſt ein erheblicher Unterſchied. Letztere ſetzt die Einwilligung bey- der Theile voraus und ihr erſtes Geſetz iſt Unpartheylichkeit. Der Vermitteler hat ein Recht den Conferenzen bey zu wohnen. Dieß laͤßt ſich nicht in eben dem Maaße von dem behaupten der bloß bona officia verwendet. Man kann daher letztere von einem Hofe annehmen und gleichwohl ſeine Vermittelung verwerfen, wie dieß 1742 von Rußland in ſeinem Kriege mit Schweden in Hinſicht Frankreichs geſchahe. S. uͤberhaupt Bielefeld inſtitu- tions politiques T. II. cap. 8. §. 17. Treuer de prudentia circa offi- cium pacificationis inter gentes. b⁾ A. G. S. Haldimand diſſ. de modo componendi controuerſias inter aequales et potiſſimum arbitris compromiſſariis. Lugd. B. p. 1738. 4. Die mittlere Geſchichte iſt voll von Beyſpielen ſolcher Entſchei- dungen durch Schiedsrichter ſ. Kluit hiſt. federum T. II p. 500. Da aber ihre Spruͤche ſelten befolget und vielmehr oft der Schieds- richter ſelbſt in die Haͤndel mit verwickelt worden die er ſchlichten ſollte, ſo iſt in neueren Zeiten der Antrag und noch mehr die Ue- beruehmung einer ſchiedsrichterlichen Entſcheidung ſelten geworden. §. 173. Gattungen von Staatsſchriften. Man kann daher alle Schriften welche in den Ver- haͤltniſſen der Voͤlker vorkommen und die allgemein mit dem Nahmen

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/235>, abgerufen am 26.04.2024.