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Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796.

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Retorsion und Represalien.
que) ertheilet, deren Gebrauch in Friedenszeiten aber im-
mer seltner geworden b), da nicht nur überhaupt diese Re-
presalien häufig durch Verträge näher beschränkt worden,
sondern überdles in den mehresten Fällen rathsamer scheint,
daß sie auch zum Besten der Unterthanen unmittelbar von
dem Staat geübt werden.

a) Bouchaud theorie des traites de commerce p. 483 u. f. de Real
T. V. p.
401. m. Essai concernant les armateurs Chap. I. § 4.
b) Ein Formular eines solchen englischen Represalienbriefes findet
sich in Laws of the admiralty T. I. p. 220; ein anderes eines fran-
zösischen Represalienbriefes von 1778 in Code des Prifes T. II.
p.
657. und in de Steck essais 1794. p. 42.
§. 256.
Represalien zum Besten dritter Staaten.

Represalien haben nur zum Besten unseres Staats und
dessen Unterthanen a) aber nie auf Anrufen und zum Vor-
theil eines dritten Staats, zumahl in Ansehung solcher Per-
sonen und Güter statt, die in unsrem Gebiet aufgenommen
sind, und daher des Schutzes des Völkerrechts genießen b).

a) Vattel P. II. L. II. §. 348. Grotius L. III. chap. 2. Barbeyrac
in den Noten über Bynkershoek du juge competent des ambassadeurs
cap. 22. §. 5. n. 1. 3. Voet ad D. tit. de iudiciis n.
31. Doch
haben die Schweizer Cantons kraft ihrer Vereinigung es zum
Grundsatz machen können, auch zum Besten eines benachbarten
Cantons Represalien zu üben.
b) Von solchen Represalien sind jedoch Arreste der Güter eines
Schuldners auf Antufen fremder Gläubiger wesentlich verschie-
den; diese arresta iuris sind unstreitig erlaubt.
§. 257.
Allgemeine Represalien.

Das Wesen der Represalien beruhet in einzelnen, be-
stimmten Verletzungen sonst vollkommener Pflichten; sie
verhindern daher nicht im übrigen auf den Fuß einer friedli-

chen
T 4

Retorſion und Repreſalien.
que) ertheilet, deren Gebrauch in Friedenszeiten aber im-
mer ſeltner geworden b), da nicht nur uͤberhaupt dieſe Re-
preſalien haͤufig durch Vertraͤge naͤher beſchraͤnkt worden,
ſondern uͤberdles in den mehreſten Faͤllen rathſamer ſcheint,
daß ſie auch zum Beſten der Unterthanen unmittelbar von
dem Staat geuͤbt werden.

a) Bouchaud théorie des traités de commerce p. 483 u. f. de Real
T. V. p.
401. m. Eſſai concernant les armateurs Chap. I. § 4.
b) Ein Formular eines ſolchen engliſchen Repreſalienbriefes findet
ſich in Laws of the admiralty T. I. p. 220; ein anderes eines fran-
zoͤſiſchen Repreſalienbriefes von 1778 in Code des Prifes T. II.
p.
657. und in de Steck eſſais 1794. p. 42.
§. 256.
Repreſalien zum Beſten dritter Staaten.

Repreſalien haben nur zum Beſten unſeres Staats und
deſſen Unterthanen a) aber nie auf Anrufen und zum Vor-
theil eines dritten Staats, zumahl in Anſehung ſolcher Per-
ſonen und Guͤter ſtatt, die in unſrem Gebiet aufgenommen
ſind, und daher des Schutzes des Voͤlkerrechts genießen b).

a) Vattel P. II. L. II. §. 348. Grotius L. III. chap. 2. Barbeyrac
in den Noten uͤber Bynkershoek du juge competent des ambaſſadeurs
cap. 22. §. 5. n. 1. 3. Voet ad D. tit. de iudiciis n.
31. Doch
haben die Schweizer Cantons kraft ihrer Vereinigung es zum
Grundſatz machen koͤnnen, auch zum Beſten eines benachbarten
Cantons Repreſalien zu uͤben.
b) Von ſolchen Repreſalien ſind jedoch Arreſte der Guͤter eines
Schuldners auf Antufen fremder Glaͤubiger weſentlich verſchie-
den; dieſe arreſta iuris ſind unſtreitig erlaubt.
§. 257.
Allgemeine Repreſalien.

Das Weſen der Repreſalien beruhet in einzelnen, be-
ſtimmten Verletzungen ſonſt vollkommener Pflichten; ſie
verhindern daher nicht im uͤbrigen auf den Fuß einer friedli-

chen
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[295/0323] Retorſion und Repreſalien. que) ertheilet, deren Gebrauch in Friedenszeiten aber im- mer ſeltner geworden b), da nicht nur uͤberhaupt dieſe Re- preſalien haͤufig durch Vertraͤge naͤher beſchraͤnkt worden, ſondern uͤberdles in den mehreſten Faͤllen rathſamer ſcheint, daß ſie auch zum Beſten der Unterthanen unmittelbar von dem Staat geuͤbt werden. a⁾ Bouchaud théorie des traités de commerce p. 483 u. f. de Real T. V. p. 401. m. Eſſai concernant les armateurs Chap. I. § 4. b⁾ Ein Formular eines ſolchen engliſchen Repreſalienbriefes findet ſich in Laws of the admiralty T. I. p. 220; ein anderes eines fran- zoͤſiſchen Repreſalienbriefes von 1778 in Code des Prifes T. II. p. 657. und in de Steck eſſais 1794. p. 42. §. 256. Repreſalien zum Beſten dritter Staaten. Repreſalien haben nur zum Beſten unſeres Staats und deſſen Unterthanen a) aber nie auf Anrufen und zum Vor- theil eines dritten Staats, zumahl in Anſehung ſolcher Per- ſonen und Guͤter ſtatt, die in unſrem Gebiet aufgenommen ſind, und daher des Schutzes des Voͤlkerrechts genießen b). a⁾ Vattel P. II. L. II. §. 348. Grotius L. III. chap. 2. Barbeyrac in den Noten uͤber Bynkershoek du juge competent des ambaſſadeurs cap. 22. §. 5. n. 1. 3. Voet ad D. tit. de iudiciis n. 31. Doch haben die Schweizer Cantons kraft ihrer Vereinigung es zum Grundſatz machen koͤnnen, auch zum Beſten eines benachbarten Cantons Repreſalien zu uͤben. b⁾ Von ſolchen Repreſalien ſind jedoch Arreſte der Guͤter eines Schuldners auf Antufen fremder Glaͤubiger weſentlich verſchie- den; dieſe arreſta iuris ſind unſtreitig erlaubt. §. 257. Allgemeine Repreſalien. Das Weſen der Repreſalien beruhet in einzelnen, be- ſtimmten Verletzungen ſonſt vollkommener Pflichten; ſie verhindern daher nicht im uͤbrigen auf den Fuß einer friedli- chen T 4

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Zitationshilfe: Martens, Georg Friedrich von: Einleitung in das positive Europäische Völkerrecht auf Verträge und Herkommen gegründet. Göttingen, 1796, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martens_voelkerrecht_1796/323>, abgerufen am 27.04.2024.