Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

Bild:
<< vorherige Seite

thum hat. Gesetzt/ daß einiger Vortheil
ja auch eine Beständigkeit in den zeitlichen
Gütern wäre/ so bleibt es doch allezeit
wahr/ das man sie nicht hoch achten solle/
weil sie nichts anders seynd/ als die Ursach
alles unsers Ubels und die Quell alles un-
sers Unglücks.

LXIII.

Du würdest keinen Menschen verach-
ten/ oder ihn neiden/ wann du an statt daß
du ihn in dem gegenwärtigen Zustand/
darinn er sich befind/ betrachtest/ wohl be-
dächtest was er gewesen/ oder ins künfftig
werden kan. Ist er nun gar reich? er kan
arm werden. Hat er eines von den grö-
sten Aemtern des Königreichs? man wird
ihn vielleicht bald unter den Ubelthätern in
dem Gefängnüß sehen: Verachte ihn nicht/
wann er in Noht ist/ dann du wirst seiner
von nöthen haben/ wann ihm die Fortun
erhöhet.

LXIV.

Wann du es vor böß befindest/ daß man
dir versagt/ was man einem Schmeichler
leicht vergönnet/ so bist du nicht besser als er/
auffs wenigste ist deine Klage nicht gar
Vernunfftmäßig. Weist du noch nicht/

daß
F 4

thum hat. Geſetzt/ daß einiger Vortheil
ja auch eine Beſtaͤndigkeit in den zeitlichen
Guͤtern waͤre/ ſo bleibt es doch allezeit
wahr/ das man ſie nicht hoch achten ſolle/
weil ſie nichts anders ſeynd/ als die Urſach
alles unſers Ubels und die Quell alles un-
ſers Ungluͤcks.

LXIII.

Du wuͤrdeſt keinen Menſchen verach-
ten/ oder ihn neiden/ wann du an ſtatt daß
du ihn in dem gegenwaͤrtigen Zuſtand/
darinn er ſich befind/ betrachteſt/ wohl be-
daͤchteſt was er geweſen/ oder ins kuͤnfftig
werden kan. Iſt er nun gar reich? er kan
arm werden. Hat er eines von den groͤ-
ſten Aemtern des Koͤnigreichs? man wird
ihn vielleicht bald unter den Ubelthaͤtern in
dem Gefaͤngnuͤß ſehen: Verachte ihn nicht/
wann er in Noht iſt/ dann du wirſt ſeiner
von noͤthen haben/ wann ihm die Fortun
erhoͤhet.

LXIV.

Wann du es vor boͤß befindeſt/ daß man
dir verſagt/ was man einem Schmeichler
leicht vergoͤnnet/ ſo biſt du nicht beſſer als er/
auffs wenigſte iſt deine Klage nicht gar
Vernunfftmaͤßig. Weiſt du noch nicht/

daß
F 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0138" n="137[127]"/>
thum hat. Ge&#x017F;etzt/ daß einiger Vortheil<lb/>
ja auch eine Be&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit in den zeitlichen<lb/>
Gu&#x0364;tern wa&#x0364;re/ &#x017F;o bleibt es doch allezeit<lb/>
wahr/ das man &#x017F;ie nicht hoch achten &#x017F;olle/<lb/>
weil &#x017F;ie nichts anders &#x017F;eynd/ als die Ur&#x017F;ach<lb/>
alles un&#x017F;ers Ubels und die Quell alles un-<lb/>
&#x017F;ers Unglu&#x0364;cks.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXIII.</hi> </head><lb/>
          <p>Du wu&#x0364;rde&#x017F;t keinen Men&#x017F;chen verach-<lb/>
ten/ oder ihn neiden/ wann du an &#x017F;tatt daß<lb/>
du ihn in dem gegenwa&#x0364;rtigen Zu&#x017F;tand/<lb/>
darinn er &#x017F;ich befind/ betrachte&#x017F;t/ wohl be-<lb/>
da&#x0364;chte&#x017F;t was er gewe&#x017F;en/ oder ins ku&#x0364;nfftig<lb/>
werden kan. I&#x017F;t er nun gar reich? er kan<lb/>
arm werden. Hat er eines von den gro&#x0364;-<lb/>
&#x017F;ten Aemtern des Ko&#x0364;nigreichs? man wird<lb/>
ihn vielleicht bald unter den Ubeltha&#x0364;tern in<lb/>
dem Gefa&#x0364;ngnu&#x0364;ß &#x017F;ehen: Verachte ihn nicht/<lb/>
wann er in Noht i&#x017F;t/ dann du wir&#x017F;t &#x017F;einer<lb/>
von no&#x0364;then haben/ wann ihm die Fortun<lb/>
erho&#x0364;het.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">LXIV.</hi> </head><lb/>
          <p>Wann du es vor bo&#x0364;ß befinde&#x017F;t/ daß man<lb/>
dir ver&#x017F;agt/ was man einem Schmeichler<lb/>
leicht vergo&#x0364;nnet/ &#x017F;o bi&#x017F;t du nicht be&#x017F;&#x017F;er als er/<lb/>
auffs wenig&#x017F;te i&#x017F;t deine Klage nicht gar<lb/>
Vernunfftma&#x0364;ßig. Wei&#x017F;t du noch nicht/<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 4</fw><fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[137[127]/0138] thum hat. Geſetzt/ daß einiger Vortheil ja auch eine Beſtaͤndigkeit in den zeitlichen Guͤtern waͤre/ ſo bleibt es doch allezeit wahr/ das man ſie nicht hoch achten ſolle/ weil ſie nichts anders ſeynd/ als die Urſach alles unſers Ubels und die Quell alles un- ſers Ungluͤcks. LXIII. Du wuͤrdeſt keinen Menſchen verach- ten/ oder ihn neiden/ wann du an ſtatt daß du ihn in dem gegenwaͤrtigen Zuſtand/ darinn er ſich befind/ betrachteſt/ wohl be- daͤchteſt was er geweſen/ oder ins kuͤnfftig werden kan. Iſt er nun gar reich? er kan arm werden. Hat er eines von den groͤ- ſten Aemtern des Koͤnigreichs? man wird ihn vielleicht bald unter den Ubelthaͤtern in dem Gefaͤngnuͤß ſehen: Verachte ihn nicht/ wann er in Noht iſt/ dann du wirſt ſeiner von noͤthen haben/ wann ihm die Fortun erhoͤhet. LXIV. Wann du es vor boͤß befindeſt/ daß man dir verſagt/ was man einem Schmeichler leicht vergoͤnnet/ ſo biſt du nicht beſſer als er/ auffs wenigſte iſt deine Klage nicht gar Vernunfftmaͤßig. Weiſt du noch nicht/ daß F 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/138
Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 137[127]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/138>, abgerufen am 26.04.2024.