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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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der geneldete/ als der Neider zu seyn; die-
ser kan die Schande/ die solchem Laster auff
dem Fuß nachfolget/ nicht entgehen/ jener
aber befindet sich in einer ehrlichen Gefahr/
und dabey ein Ruhm zu erlangen ist.

LXIV.

Ein Mensch kan keinen erschrecklichern
Feind haben/ als einen andern; Und wann
der Neid sein Gifft in das Hertz dieses Fein-
des hat fliessen lassen/ so ist kein Gegen-Gifft
starck genug/ daß es dessen Würckung ver-
hindern könne. Diejenige Eiffersucht ver-
ursachet vielmehr Unordnungen/ und brin-
get grössere Feindschafft hervor/ als alle
Unbillichkeit/ so man von den aller-unver-
söhnlichsten Feinden empfangen kan. Der
Neid findet sich niemals in der genauen
Maaß/ welche wir die Mittel-Maaß nen-
nen; er ist allezeit gar schädlich/ außgenom-
men/ wann er wider die Tugend streitet/
dann alsdann ist er gar nützlich.

LXV.

Man muß demjenigen/ was ein passio-
nir
ter Mensch sagt/ nicht leichtlich Glauben
stellen; derjenige von welchem man weiß/
daß er warhafftig unpartheyisch ist/ ist wol
wehrt daß man ihm glaube/ aber dem Nei-
der muß man nicht glauben.

LXVI.

der geneldete/ als der Neider zu ſeyn; die-
ſer kan die Schande/ die ſolchem Laſter auff
dem Fuß nachfolget/ nicht entgehen/ jener
aber befindet ſich in einer ehrlichen Gefahr/
und dabey ein Ruhm zu erlangen iſt.

LXIV.

Ein Menſch kan keinen erſchrecklichern
Feind haben/ als einen andern; Und wann
der Neid ſein Gifft in das Hertz dieſes Fein-
des hat flieſſen laſſen/ ſo iſt kein Gegen-Gifft
ſtarck genug/ daß es deſſen Wuͤrckung ver-
hindern koͤnne. Diejenige Eifferſucht ver-
urſachet vielmehr Unordnungen/ und brin-
get groͤſſere Feindſchafft hervor/ als alle
Unbillichkeit/ ſo man von den aller-unver-
ſoͤhnlichſten Feinden empfangen kan. Der
Neid findet ſich niemals in der genauen
Maaß/ welche wir die Mittel-Maaß nen-
nen; er iſt allezeit gar ſchaͤdlich/ außgenom-
men/ wann er wider die Tugend ſtreitet/
dann alsdann iſt er gar nuͤtzlich.

LXV.

Man muß demjenigen/ was ein paſſio-
nir
ter Menſch ſagt/ nicht leichtlich Glauben
ſtellen; derjenige von welchem man weiß/
daß er warhafftig unpartheyiſch iſt/ iſt wol
wehrt daß man ihm glaube/ aber dem Nei-
der muß man nicht glauben.

LXVI.
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[30/0041] der geneldete/ als der Neider zu ſeyn; die- ſer kan die Schande/ die ſolchem Laſter auff dem Fuß nachfolget/ nicht entgehen/ jener aber befindet ſich in einer ehrlichen Gefahr/ und dabey ein Ruhm zu erlangen iſt. LXIV. Ein Menſch kan keinen erſchrecklichern Feind haben/ als einen andern; Und wann der Neid ſein Gifft in das Hertz dieſes Fein- des hat flieſſen laſſen/ ſo iſt kein Gegen-Gifft ſtarck genug/ daß es deſſen Wuͤrckung ver- hindern koͤnne. Diejenige Eifferſucht ver- urſachet vielmehr Unordnungen/ und brin- get groͤſſere Feindſchafft hervor/ als alle Unbillichkeit/ ſo man von den aller-unver- ſoͤhnlichſten Feinden empfangen kan. Der Neid findet ſich niemals in der genauen Maaß/ welche wir die Mittel-Maaß nen- nen; er iſt allezeit gar ſchaͤdlich/ außgenom- men/ wann er wider die Tugend ſtreitet/ dann alsdann iſt er gar nuͤtzlich. LXV. Man muß demjenigen/ was ein paſſio- nirter Menſch ſagt/ nicht leichtlich Glauben ſtellen; derjenige von welchem man weiß/ daß er warhafftig unpartheyiſch iſt/ iſt wol wehrt daß man ihm glaube/ aber dem Nei- der muß man nicht glauben. LXVI.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/41>, abgerufen am 27.04.2024.