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[N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692.

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nen schönen Praetensionen von demjeni-
gen/ was er mit solchem Eyffer begehret.
Wie solte ein Laster an demjenigen seyn
können/ welches nur in der Willkühr der
Tugend bestehet/ und sie niemand anders
als dem Verdienst vergönnet.

XLIII.

Traue dem Zorn nicht/ denn er wird sich
befleissen dich zu bewegen/ daß du einen bö-
sen Anschlag gut heissest/ als wann es der
beste Raht wäre. Ja indem er dich treibt
andern leids zu thun/ so nöthiget er dich/ dir
selber zu schaden. Wie viel Leute haben
wir gesehen/ die man des Landes verwiesen/
weil sie nicht haben dissimuliren, noch ein
Wort/ welches schiene sie vor dem Kopff zu
stossen/ nicht haben ertragen können.

XLIV.

Nichts ist dem guten Raht so zu wider
als der Zorn/ und die Ubernehmung der
Gall/ derowegen ist ein Mann/ der dem
Zorn unterworffen ist/ meines Bedünckens/
mehr schuldig/ die Klugheit um Rath zu
fragen/ ehe er redet. Gestehest du mir nicht/
daß man starcke Gründe haben muß/ wann
man ihm will des Verstands-Urtheil neh-
men lassen? Also hat man gewißlich auch

wenig

nen ſchoͤnen Prætenſionen von demjeni-
gen/ was er mit ſolchem Eyffer begehret.
Wie ſolte ein Laſter an demjenigen ſeyn
koͤnnen/ welches nur in der Willkuͤhr der
Tugend beſtehet/ und ſie niemand anders
als dem Verdienſt vergoͤnnet.

XLIII.

Traue dem Zorn nicht/ denn er wird ſich
befleiſſen dich zu bewegen/ daß du einen boͤ-
ſen Anſchlag gut heiſſeſt/ als wann es der
beſte Raht waͤre. Ja indem er dich treibt
andern leids zu thun/ ſo noͤthiget er dich/ dir
ſelber zu ſchaden. Wie viel Leute haben
wir geſehen/ die man des Landes verwieſen/
weil ſie nicht haben diſſimuliren, noch ein
Wort/ welches ſchiene ſie vor dem Kopff zu
ſtoſſen/ nicht haben ertragen koͤnnen.

XLIV.

Nichts iſt dem guten Raht ſo zu wider
als der Zorn/ und die Ubernehmung der
Gall/ derowegen iſt ein Mann/ der dem
Zorn unterworffen iſt/ meines Beduͤnckens/
mehr ſchuldig/ die Klugheit um Rath zu
fragen/ ehe er redet. Geſteheſt du mir nicht/
daß man ſtarcke Gruͤnde haben muß/ wann
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[76[66]/0077] nen ſchoͤnen Prætenſionen von demjeni- gen/ was er mit ſolchem Eyffer begehret. Wie ſolte ein Laſter an demjenigen ſeyn koͤnnen/ welches nur in der Willkuͤhr der Tugend beſtehet/ und ſie niemand anders als dem Verdienſt vergoͤnnet. XLIII. Traue dem Zorn nicht/ denn er wird ſich befleiſſen dich zu bewegen/ daß du einen boͤ- ſen Anſchlag gut heiſſeſt/ als wann es der beſte Raht waͤre. Ja indem er dich treibt andern leids zu thun/ ſo noͤthiget er dich/ dir ſelber zu ſchaden. Wie viel Leute haben wir geſehen/ die man des Landes verwieſen/ weil ſie nicht haben diſſimuliren, noch ein Wort/ welches ſchiene ſie vor dem Kopff zu ſtoſſen/ nicht haben ertragen koͤnnen. XLIV. Nichts iſt dem guten Raht ſo zu wider als der Zorn/ und die Ubernehmung der Gall/ derowegen iſt ein Mann/ der dem Zorn unterworffen iſt/ meines Beduͤnckens/ mehr ſchuldig/ die Klugheit um Rath zu fragen/ ehe er redet. Geſteheſt du mir nicht/ daß man ſtarcke Gruͤnde haben muß/ wann man ihm will des Verſtands-Urtheil neh- men laſſen? Alſo hat man gewißlich auch wenig

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Zitationshilfe: [N. N.]: Hofzimmer der Klugen. Übers. v. Georg Martzi. Frankfurt (Main), 1692, S. 76[66]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/martzi_klugen_1692/77>, abgerufen am 26.04.2024.