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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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noch auf dem Boden der einfachen Cooperation, die ihr Material an Men-
schen und Dingen vorfindet. Indess tritt sehr bald eine wesentliche
Veränderung ein. Der Schneider, Schlosser, Gürtler u. s. w., der nur im
Kutschenmachen beschäftigt ist, verliert nach und nach mit der Gewohn-
heit auch die Fähigkeit, sein altes Handwerk in seiner ganzen Ausdehnung
zu betreiben. Andrerseits erhält sein vereinseitigtes Thun jetzt die zweck-
mässigste Form für die verengte Wirkungssphäre. Ursprünglich erschien
die Kutschenmanufaktur als eine Kombination selbstständiger
Handwerke
. Sie wird allmälig Theilung der Kutschenpro-
duktion in ihre verschiednen Sonderoperationen
, wovon
jede einzelne zur ausschliesslichen Funktion eines Arbeiters krystallisirt
und deren Gesammtheit vom Verein dieser Theilarbeiter ver-
richtet wird. Ebenso entstand die Tuchmanufaktur, und eine ganze
Reihe andrer Manufakturen, aus der Kombination verschiedner Hand-
werke unter dem Kommando desselben Kapitals26).

Die Manufaktur entspringt aber auch auf entgegengesetztem
Wege. Es werden viele Handwerker, die Dasselbe oder Gleich-
artiges
thun, z. B. Papier oder Typen oder Nadeln machen, von dem-
selben
Kapital gleichzeitig in derselben Werkstatt beschäf-
tigt. Es ist diess Cooperation in der einfachsten Form. Jeder dieser
Handwerker (vielleicht mit einem oder zwei Gesellen) macht die ganze
Waare und vollbringt also die verschiednen zu ihrer Herstellung erheisch-
ten Operationen der Reihe nach. Er arbeitet in seiner alten handwerks-
mässigen Weise fort. Indess veranlassen bald äussere Umstände die Kon-

26) Um ein mehr modernes Beispiel dieser Bildungsart der Manufaktur anzu-
führen, folgendes Citat: Die Seidenspinnerei und Weberei von Lyon und Nimes
"est toute patriarcale; elle emploie beaucoup de femmes et d'enfants, mais sans
les epuiser ni les corrompre; elle les laisse dans leurs belles vallees de la Drome,
du Var, de l'Isere, de Vaucluse, pour y elever des vers et divider leurs cocons;
jamais elle n'entre dans une veritable fabrique. Pour etre aussi bien observe ...
le principe de la division du travail, s'y revet d'un caractere special. Il y a bien
des divideuses, des moulineurs, des teinturieurs, des encolleurs, puis des tisse-
rands; mais ils ne sont pas reunis dans un meme etablissement, ne dependent pas
d'un meme maeitre; tous ils sont independants." (A. Blanqui: "Cours
d'Econ. Industrielle. Recueilli par A. Blaise. Paris
(1838--39)",
p. 44--80 passim.) Seit Blanqui diess schrieb, sind die verschiednen unab-
hängigen Arbeiter zum Theil in Fabriken vereinigt worden.

noch auf dem Boden der einfachen Cooperation, die ihr Material an Men-
schen und Dingen vorfindet. Indess tritt sehr bald eine wesentliche
Veränderung ein. Der Schneider, Schlosser, Gürtler u. s. w., der nur im
Kutschenmachen beschäftigt ist, verliert nach und nach mit der Gewohn-
heit auch die Fähigkeit, sein altes Handwerk in seiner ganzen Ausdehnung
zu betreiben. Andrerseits erhält sein vereinseitigtes Thun jetzt die zweck-
mässigste Form für die verengte Wirkungssphäre. Ursprünglich erschien
die Kutschenmanufaktur als eine Kombination selbstständiger
Handwerke
. Sie wird allmälig Theilung der Kutschenpro-
duktion in ihre verschiednen Sonderoperationen
, wovon
jede einzelne zur ausschliesslichen Funktion eines Arbeiters krystallisirt
und deren Gesammtheit vom Verein dieser Theilarbeiter ver-
richtet wird. Ebenso entstand die Tuchmanufaktur, und eine ganze
Reihe andrer Manufakturen, aus der Kombination verschiedner Hand-
werke unter dem Kommando desselben Kapitals26).

Die Manufaktur entspringt aber auch auf entgegengesetztem
Wege. Es werden viele Handwerker, die Dasselbe oder Gleich-
artiges
thun, z. B. Papier oder Typen oder Nadeln machen, von dem-
selben
Kapital gleichzeitig in derselben Werkstatt beschäf-
tigt. Es ist diess Cooperation in der einfachsten Form. Jeder dieser
Handwerker (vielleicht mit einem oder zwei Gesellen) macht die ganze
Waare und vollbringt also die verschiednen zu ihrer Herstellung erheisch-
ten Operationen der Reihe nach. Er arbeitet in seiner alten handwerks-
mässigen Weise fort. Indess veranlassen bald äussere Umstände die Kon-

26) Um ein mehr modernes Beispiel dieser Bildungsart der Manufaktur anzu-
führen, folgendes Citat: Die Seidenspinnerei und Weberei von Lyon und Nimes
„est toute patriarcale; elle emploie beaucoup de femmes et d’enfants, mais sans
les épuiser ni les corrompre; elle les laisse dans leurs belles vallées de la Drôme,
du Var, de l’Isère, de Vaucluse, pour y élever des vers et divider leurs cocons;
jamais elle n’entre dans une véritable fabrique. Pour être aussi bien observé …
le principe de la division du travail, s’y revêt d’un caractère spécial. Il y a bien
des divideuses, des moulineurs, des teinturieurs, des encolleurs, puis des tisse-
rands; mais ils ne sont pas réunis dans un même établissement, ne dépendent pas
d’un même maître; tous ils sont indépendants.“ (A. Blanqui: „Cours
d’Econ. Industrielle. Recueilli par A. Blaise. Paris
(1838—39)“,
p. 44—80 passim.) Seit Blanqui diess schrieb, sind die verschiednen unab-
hängigen Arbeiter zum Theil in Fabriken vereinigt worden.
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[319/0338] noch auf dem Boden der einfachen Cooperation, die ihr Material an Men- schen und Dingen vorfindet. Indess tritt sehr bald eine wesentliche Veränderung ein. Der Schneider, Schlosser, Gürtler u. s. w., der nur im Kutschenmachen beschäftigt ist, verliert nach und nach mit der Gewohn- heit auch die Fähigkeit, sein altes Handwerk in seiner ganzen Ausdehnung zu betreiben. Andrerseits erhält sein vereinseitigtes Thun jetzt die zweck- mässigste Form für die verengte Wirkungssphäre. Ursprünglich erschien die Kutschenmanufaktur als eine Kombination selbstständiger Handwerke. Sie wird allmälig Theilung der Kutschenpro- duktion in ihre verschiednen Sonderoperationen, wovon jede einzelne zur ausschliesslichen Funktion eines Arbeiters krystallisirt und deren Gesammtheit vom Verein dieser Theilarbeiter ver- richtet wird. Ebenso entstand die Tuchmanufaktur, und eine ganze Reihe andrer Manufakturen, aus der Kombination verschiedner Hand- werke unter dem Kommando desselben Kapitals 26). Die Manufaktur entspringt aber auch auf entgegengesetztem Wege. Es werden viele Handwerker, die Dasselbe oder Gleich- artiges thun, z. B. Papier oder Typen oder Nadeln machen, von dem- selben Kapital gleichzeitig in derselben Werkstatt beschäf- tigt. Es ist diess Cooperation in der einfachsten Form. Jeder dieser Handwerker (vielleicht mit einem oder zwei Gesellen) macht die ganze Waare und vollbringt also die verschiednen zu ihrer Herstellung erheisch- ten Operationen der Reihe nach. Er arbeitet in seiner alten handwerks- mässigen Weise fort. Indess veranlassen bald äussere Umstände die Kon- 26) Um ein mehr modernes Beispiel dieser Bildungsart der Manufaktur anzu- führen, folgendes Citat: Die Seidenspinnerei und Weberei von Lyon und Nimes „est toute patriarcale; elle emploie beaucoup de femmes et d’enfants, mais sans les épuiser ni les corrompre; elle les laisse dans leurs belles vallées de la Drôme, du Var, de l’Isère, de Vaucluse, pour y élever des vers et divider leurs cocons; jamais elle n’entre dans une véritable fabrique. Pour être aussi bien observé … le principe de la division du travail, s’y revêt d’un caractère spécial. Il y a bien des divideuses, des moulineurs, des teinturieurs, des encolleurs, puis des tisse- rands; mais ils ne sont pas réunis dans un même établissement, ne dépendent pas d’un même maître; tous ils sont indépendants.“ (A. Blanqui: „Cours d’Econ. Industrielle. Recueilli par A. Blaise. Paris (1838—39)“, p. 44—80 passim.) Seit Blanqui diess schrieb, sind die verschiednen unab- hängigen Arbeiter zum Theil in Fabriken vereinigt worden.

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/338>, abgerufen am 26.04.2024.