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Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867.

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falls nur vorübergehend kann kleiner Betrieb sich verbinden mit mecha-
nischer Triebkraft durch Miethe des Dampfs, wie in einigen Manufakturen
Birmingham's, durch Gebrauch kleiner kalorischer Maschinen, wie in ge-
wissen Zweigen der Weberei u. s. w.247). In der Seidenweberei zu Coven-
try entwickelte sich naturwüchsig das Experiment der "Cottage-Fa-
briken
". In der Mitte von Cottage-Reihen, quadratmässig gebaut,
wurde ein s. g. Engine House errichtet für die Dampfmaschine und diese
durch Schäfte mit den Webstühlen in den cottages verbunden. In allen
Fällen war der Dampf gemiethet, z. B. zu 21/2 sh. per Webstuhl. Diese
Dampfrente war wöchentlich zahlbar, die Webstühle mochten laufen oder
nicht. Jede cottage enthielt 2--6 Webstühle, den Arbeitern gehörig,
oder auf Kredit gekauft, oder gemiethet. Der Kampf zwischen der
Cottage-Fabrik und der Fabrik per se währte über 12 Jahre. Er hat ge-
endet mit dem gänzlichen Ruin der 300 cottage factories248). Wo die
Natur des Prozesses nicht von vorn herein Produktion auf grosser Stufen-
leiter bedang, durchliefen in der Regel die in den letzten Decennien neu
aufkommenden Industrieen, wie z. B. Enveloppe-, Stahlfedermachen u. s. w.,
erst den Handwerksbetrieb und dann den Manufakturbetrieb als kurzlebige
Uebergangsphasen zum Fabrikbetrieb. Diese Metamorphose bleibt dort am
schwierigsten, wo die manufakturmässige Produktion des Machwerks
keine Stufenfolge von Entwicklungsprozessen, sondern eine Vielheit disparater
Prozesse einschliesst. Diess bildete z. B. ein grosses Hinderniss der Stahl-
federfabrik. Jedoch wurde schon vor ungefähr anderthalb Decennien ein
Automat erfunden, der 6 disparate Prozesse auf einen Schlag verrichtet.
Das Handwerk lieferte die ersten 12 Dutzend Stahlfedern 1820 zu
7 Pfd. St. 4 sh., die Manufaktur lieferte sie 1830 zu 8 sh., und die
Fabrik liefert sie heute dem Grosshandel zu 2 bis 6 d.249)


247) In den Vereinigten Staaten ist derartige Reproduktion des Handwerks auf
technologischer Grundlage der Maschinerie häufig. Die Koncentration, bei dem un-
vermeidlichen Uebergang in den Fabrikbetrieb, wird eben desswegen, im Vergleich
zu Europa und selbst zu England, mit Siebenmeilenstiefeln marschiren.
248) Vgl. "Reports of Insp. of Fact. 31st Oct. 1865", p. 64.
249) Herr Gillot errichtete zu Birmingham die erste Stahlfedermanufaktur auf
grosser Stufenleiter. Sie lieferte schon 1851 über 180 Millionen Federn und verzehrte
jährlich 120 Tonnen Stahlblech. Birmingham, das diese Industrie im Vereinigten
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falls nur vorübergehend kann kleiner Betrieb sich verbinden mit mecha-
nischer Triebkraft durch Miethe des Dampfs, wie in einigen Manufakturen
Birmingham’s, durch Gebrauch kleiner kalorischer Maschinen, wie in ge-
wissen Zweigen der Weberei u. s. w.247). In der Seidenweberei zu Coven-
try entwickelte sich naturwüchsig das Experiment der „Cottage-Fa-
briken
“. In der Mitte von Cottage-Reihen, quadratmässig gebaut,
wurde ein s. g. Engine House errichtet für die Dampfmaschine und diese
durch Schäfte mit den Webstühlen in den cottages verbunden. In allen
Fällen war der Dampf gemiethet, z. B. zu 2½ sh. per Webstuhl. Diese
Dampfrente war wöchentlich zahlbar, die Webstühle mochten laufen oder
nicht. Jede cottage enthielt 2—6 Webstühle, den Arbeitern gehörig,
oder auf Kredit gekauft, oder gemiethet. Der Kampf zwischen der
Cottage-Fabrik und der Fabrik per se währte über 12 Jahre. Er hat ge-
endet mit dem gänzlichen Ruin der 300 cottage factories248). Wo die
Natur des Prozesses nicht von vorn herein Produktion auf grosser Stufen-
leiter bedang, durchliefen in der Regel die in den letzten Decennien neu
aufkommenden Industrieen, wie z. B. Enveloppe-, Stahlfedermachen u. s. w.,
erst den Handwerksbetrieb und dann den Manufakturbetrieb als kurzlebige
Uebergangsphasen zum Fabrikbetrieb. Diese Metamorphose bleibt dort am
schwierigsten, wo die manufakturmässige Produktion des Machwerks
keine Stufenfolge von Entwicklungsprozessen, sondern eine Vielheit disparater
Prozesse einschliesst. Diess bildete z. B. ein grosses Hinderniss der Stahl-
federfabrik. Jedoch wurde schon vor ungefähr anderthalb Decennien ein
Automat erfunden, der 6 disparate Prozesse auf einen Schlag verrichtet.
Das Handwerk lieferte die ersten 12 Dutzend Stahlfedern 1820 zu
7 Pfd. St. 4 sh., die Manufaktur lieferte sie 1830 zu 8 sh., und die
Fabrik liefert sie heute dem Grosshandel zu 2 bis 6 d.249)


247) In den Vereinigten Staaten ist derartige Reproduktion des Handwerks auf
technologischer Grundlage der Maschinerie häufig. Die Koncentration, bei dem un-
vermeidlichen Uebergang in den Fabrikbetrieb, wird eben desswegen, im Vergleich
zu Europa und selbst zu England, mit Siebenmeilenstiefeln marschiren.
248) Vgl. „Reports of Insp. of Fact. 31st Oct. 1865“, p. 64.
249) Herr Gillot errichtete zu Birmingham die erste Stahlfedermanufaktur auf
grosser Stufenleiter. Sie lieferte schon 1851 über 180 Millionen Federn und verzehrte
jährlich 120 Tonnen Stahlblech. Birmingham, das diese Industrie im Vereinigten
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[451/0470] falls nur vorübergehend kann kleiner Betrieb sich verbinden mit mecha- nischer Triebkraft durch Miethe des Dampfs, wie in einigen Manufakturen Birmingham’s, durch Gebrauch kleiner kalorischer Maschinen, wie in ge- wissen Zweigen der Weberei u. s. w. 247). In der Seidenweberei zu Coven- try entwickelte sich naturwüchsig das Experiment der „Cottage-Fa- briken“. In der Mitte von Cottage-Reihen, quadratmässig gebaut, wurde ein s. g. Engine House errichtet für die Dampfmaschine und diese durch Schäfte mit den Webstühlen in den cottages verbunden. In allen Fällen war der Dampf gemiethet, z. B. zu 2½ sh. per Webstuhl. Diese Dampfrente war wöchentlich zahlbar, die Webstühle mochten laufen oder nicht. Jede cottage enthielt 2—6 Webstühle, den Arbeitern gehörig, oder auf Kredit gekauft, oder gemiethet. Der Kampf zwischen der Cottage-Fabrik und der Fabrik per se währte über 12 Jahre. Er hat ge- endet mit dem gänzlichen Ruin der 300 cottage factories 248). Wo die Natur des Prozesses nicht von vorn herein Produktion auf grosser Stufen- leiter bedang, durchliefen in der Regel die in den letzten Decennien neu aufkommenden Industrieen, wie z. B. Enveloppe-, Stahlfedermachen u. s. w., erst den Handwerksbetrieb und dann den Manufakturbetrieb als kurzlebige Uebergangsphasen zum Fabrikbetrieb. Diese Metamorphose bleibt dort am schwierigsten, wo die manufakturmässige Produktion des Machwerks keine Stufenfolge von Entwicklungsprozessen, sondern eine Vielheit disparater Prozesse einschliesst. Diess bildete z. B. ein grosses Hinderniss der Stahl- federfabrik. Jedoch wurde schon vor ungefähr anderthalb Decennien ein Automat erfunden, der 6 disparate Prozesse auf einen Schlag verrichtet. Das Handwerk lieferte die ersten 12 Dutzend Stahlfedern 1820 zu 7 Pfd. St. 4 sh., die Manufaktur lieferte sie 1830 zu 8 sh., und die Fabrik liefert sie heute dem Grosshandel zu 2 bis 6 d. 249) 247) In den Vereinigten Staaten ist derartige Reproduktion des Handwerks auf technologischer Grundlage der Maschinerie häufig. Die Koncentration, bei dem un- vermeidlichen Uebergang in den Fabrikbetrieb, wird eben desswegen, im Vergleich zu Europa und selbst zu England, mit Siebenmeilenstiefeln marschiren. 248) Vgl. „Reports of Insp. of Fact. 31st Oct. 1865“, p. 64. 249) Herr Gillot errichtete zu Birmingham die erste Stahlfedermanufaktur auf grosser Stufenleiter. Sie lieferte schon 1851 über 180 Millionen Federn und verzehrte jährlich 120 Tonnen Stahlblech. Birmingham, das diese Industrie im Vereinigten 29*

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch I: Der Produktionsprocess des Kapitals. Hamburg, 1867, S. 451. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital01_1867/470>, abgerufen am 26.04.2024.