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Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894.

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schaft eine kolossale Verschwendung statt; in London z. B. weiss
sie mit dem Dünger von 41/2 Millionen Menschen nichts bessres
anzufangen, als ihn mit ungeheuren Kosten zur Verpestung der
Themse zu gebrauchen.

Die Vertheuerung der Rohstoffe bildet natürlich den Antrieb zur
Vernutzung der Abfälle.

Im ganzen sind die Bedingungen dieser Wiederbenutzung: Massen-
haftigkeit solcher Exkremente, die sich nur ergibt bei Arbeit auf
grosser Stufenleiter; Verbesserung der Maschinerie, womit Stoffe,
die in ihrer gegebnen Form früher unbrauchbar, in eine der
Neuproduktion dienstbare Gestalt übergeführt werden; Fortschritt
der Wissenschaft, speciell der Chemie, welche die nutzbaren Eigen-
schaften solcher Abfälle entdeckt. Allerdings findet auch in der
kleinen, gärtnermäßig betriebnen Agrikultur, wie etwa in der
Lombardei, im südlichen China und in Japan, grosse Oekonomie
dieser Art statt. Im ganzen aber ist in diesem System die Pro-
duktivität der Agrikultur erkauft durch grosse Verschwendung
menschlicher Arbeitskraft, die andren Sphären der Produktion
entzogen wird.

Die sog. Abfälle spielen eine bedeutende Rolle in fast jeder
Industrie. So wird im Fabrikbericht Dezember 1863 als einer
der Hauptgründe angegeben, wesshalb sowohl in England wie in
vielen Theilen von Irland die Pächter nur ungern und selten
Flachs bauen: "Der grosse Abfall ... der bei der Bereitung
(des Flachses in den kleinen mit Wasserkraft getriebenen Hechel-
fabriken (scutch mills) stattfindet ... Der Abfall bei Baum-
wolle ist verhältnissmäßig gering, aber bei Flachs sehr gross.
Gute Behandlung beim Wasserrösten und mechanischen Hecheln
kann diesen Nachtheil bedeutend einschränken ... In Irland
wird Flachs oft auf höchst schmähliche Weise gehechelt, sodass
28--30 % verloren gehn," was alles durch Anwendung von
bessrer Maschinerie vermieden werden könnte. Das Werg fiel
dabei so massenhaft ab, dass der Fabrikinspektor sagt: "Von
einigen der Hechelfabriken in Irland ist mir mitgetheilt worden,
dass die Hechler den dort gemachten Abfall oft zu Hause auf
ihren Herden als Brennstoff verwandt haben, und doch ist er sehr
werthvoll." (l. c. p. 140.) Von Baumwollabfall wird weiter unten
die Rede sein, wo wir von den Preisschwankungen des Rohstoffs
handeln.

Die Wollenindustrie war gescheiter als die Flachsbereitung.
"Es war früher gewöhnlich, die Zubereitung von Wollenabfall

schaft eine kolossale Verschwendung statt; in London z. B. weiss
sie mit dem Dünger von 4½ Millionen Menschen nichts bessres
anzufangen, als ihn mit ungeheuren Kosten zur Verpestung der
Themse zu gebrauchen.

Die Vertheuerung der Rohstoffe bildet natürlich den Antrieb zur
Vernutzung der Abfälle.

Im ganzen sind die Bedingungen dieser Wiederbenutzung: Massen-
haftigkeit solcher Exkremente, die sich nur ergibt bei Arbeit auf
grosser Stufenleiter; Verbesserung der Maschinerie, womit Stoffe,
die in ihrer gegebnen Form früher unbrauchbar, in eine der
Neuproduktion dienstbare Gestalt übergeführt werden; Fortschritt
der Wissenschaft, speciell der Chemie, welche die nutzbaren Eigen-
schaften solcher Abfälle entdeckt. Allerdings findet auch in der
kleinen, gärtnermäßig betriebnen Agrikultur, wie etwa in der
Lombardei, im südlichen China und in Japan, grosse Oekonomie
dieser Art statt. Im ganzen aber ist in diesem System die Pro-
duktivität der Agrikultur erkauft durch grosse Verschwendung
menschlicher Arbeitskraft, die andren Sphären der Produktion
entzogen wird.

Die sog. Abfälle spielen eine bedeutende Rolle in fast jeder
Industrie. So wird im Fabrikbericht Dezember 1863 als einer
der Hauptgründe angegeben, wesshalb sowohl in England wie in
vielen Theilen von Irland die Pächter nur ungern und selten
Flachs bauen: „Der grosse Abfall … der bei der Bereitung
(des Flachses in den kleinen mit Wasserkraft getriebenen Hechel-
fabriken (scutch mills) stattfindet … Der Abfall bei Baum-
wolle ist verhältnissmäßig gering, aber bei Flachs sehr gross.
Gute Behandlung beim Wasserrösten und mechanischen Hecheln
kann diesen Nachtheil bedeutend einschränken … In Irland
wird Flachs oft auf höchst schmähliche Weise gehechelt, sodass
28—30 % verloren gehn,“ was alles durch Anwendung von
bessrer Maschinerie vermieden werden könnte. Das Werg fiel
dabei so massenhaft ab, dass der Fabrikinspektor sagt: „Von
einigen der Hechelfabriken in Irland ist mir mitgetheilt worden,
dass die Hechler den dort gemachten Abfall oft zu Hause auf
ihren Herden als Brennstoff verwandt haben, und doch ist er sehr
werthvoll.“ (l. c. p. 140.) Von Baumwollabfall wird weiter unten
die Rede sein, wo wir von den Preisschwankungen des Rohstoffs
handeln.

Die Wollenindustrie war gescheiter als die Flachsbereitung.
„Es war früher gewöhnlich, die Zubereitung von Wollenabfall

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[77/0111] schaft eine kolossale Verschwendung statt; in London z. B. weiss sie mit dem Dünger von 4½ Millionen Menschen nichts bessres anzufangen, als ihn mit ungeheuren Kosten zur Verpestung der Themse zu gebrauchen. Die Vertheuerung der Rohstoffe bildet natürlich den Antrieb zur Vernutzung der Abfälle. Im ganzen sind die Bedingungen dieser Wiederbenutzung: Massen- haftigkeit solcher Exkremente, die sich nur ergibt bei Arbeit auf grosser Stufenleiter; Verbesserung der Maschinerie, womit Stoffe, die in ihrer gegebnen Form früher unbrauchbar, in eine der Neuproduktion dienstbare Gestalt übergeführt werden; Fortschritt der Wissenschaft, speciell der Chemie, welche die nutzbaren Eigen- schaften solcher Abfälle entdeckt. Allerdings findet auch in der kleinen, gärtnermäßig betriebnen Agrikultur, wie etwa in der Lombardei, im südlichen China und in Japan, grosse Oekonomie dieser Art statt. Im ganzen aber ist in diesem System die Pro- duktivität der Agrikultur erkauft durch grosse Verschwendung menschlicher Arbeitskraft, die andren Sphären der Produktion entzogen wird. Die sog. Abfälle spielen eine bedeutende Rolle in fast jeder Industrie. So wird im Fabrikbericht Dezember 1863 als einer der Hauptgründe angegeben, wesshalb sowohl in England wie in vielen Theilen von Irland die Pächter nur ungern und selten Flachs bauen: „Der grosse Abfall … der bei der Bereitung (des Flachses in den kleinen mit Wasserkraft getriebenen Hechel- fabriken (scutch mills) stattfindet … Der Abfall bei Baum- wolle ist verhältnissmäßig gering, aber bei Flachs sehr gross. Gute Behandlung beim Wasserrösten und mechanischen Hecheln kann diesen Nachtheil bedeutend einschränken … In Irland wird Flachs oft auf höchst schmähliche Weise gehechelt, sodass 28—30 % verloren gehn,“ was alles durch Anwendung von bessrer Maschinerie vermieden werden könnte. Das Werg fiel dabei so massenhaft ab, dass der Fabrikinspektor sagt: „Von einigen der Hechelfabriken in Irland ist mir mitgetheilt worden, dass die Hechler den dort gemachten Abfall oft zu Hause auf ihren Herden als Brennstoff verwandt haben, und doch ist er sehr werthvoll.“ (l. c. p. 140.) Von Baumwollabfall wird weiter unten die Rede sein, wo wir von den Preisschwankungen des Rohstoffs handeln. Die Wollenindustrie war gescheiter als die Flachsbereitung. „Es war früher gewöhnlich, die Zubereitung von Wollenabfall

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Zitationshilfe: Marx, Karl: Das Kapital. Buch III: Der Gesammtprocess der kapitalistischen Produktion. Kapitel I bis XXVIII. Hamburg, 1894, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/marx_kapital0301_1894/111>, abgerufen am 26.04.2024.