Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871.

Bild:
<< vorherige Seite
Gebrauchswerth und Tauschwerth.

Der Gebrauchswerth ist demnach die Bedeutung, welche
Güter dadurch für uns erlangen, dass sie uns in directer Weise
die Befriedigung von Bedürfnissen unter Umständen sichern,
unter welchen ohne unsere Verfügung über dieselben für diese
Bedürfnissbefriedigungen nicht vorgesorgt wäre; der Tausch-
werth aber ist die Bedeutung, welche Güter dadurch für uns
erlangen, dass durch den Besitz derselben der gleiche Erfolg
unter gleichen Verhältnissen in indirecter Weise gesichert
wird.

b) Ueber das Verhältniss zwischen dem Gebrauchswerthe und Tauschwerthe
der Güter.

In der isolirten Wirthschaft haben die den wirthschaftenden
Individuen verfügbaren ökonomischen Güter für dieselben ent-

d'econ. pol. I, S. 37 ff.; Lotz: Handbuch, 1837, I, §. 9; Rau: Volkswirth-
schaftslehre, I, §. 57 ff.; Bernhardi: Untersuchung d. Gründe etc., 1849,
S. 69 ff.; Roscher: System, I, §. 4 ff.; Thomas: Theorie d. Verkehrs, I,
S. 11; Stein: System, I, S. 168 ff. -- Nichts zeigt übrigens das Streben
nach philosophischer Vertiefung der Volkswirthschaftslehre bei den Deutschen
und den auf das practische gerichteten Sinn der Engländer besser, als etwa
eine Vergleichung der Bearbeitungen, welche die Lehre vom Werthe bei den
Deutschen und den Engländern gefunden hat. Ricardo: Principles (1817),
Chap. 28; Malthus: Principles, 1820, S. 51 u. Definitions, 1827, Chap. II,
S. 7 der edit. 1853; J. St. Mill: Principles, B. III, Ch. I, §. 2, 6. ed. ge-
brauchen, gleichwie A. Smith "value in use" gleichbedeutend mit "utility."
Torrens: On the production of wealth, S. 8, und Mac Culloch halten sogar
den Ausdruck "utility" anstatt "value in use" fest (Principles, 1864, S. 4),
gleichwie unter den neuern Franzosen Bastiat (Harmonies econ. 1864,
S. 256). Lauderdale (An Inquiry etc., 1804, S. 12) und Senior (Politic.
Economy, 1863, S. 6 ff.) kennzeichnen die Nützlichkeit wohl als eine Bedin-
gung des Tauschwerthes, aber nicht als Gebrauchswerth, welchen letztern
Begriff sie überhaupt zurückweisen. Was man in England aber unter Tausch-
werth versteht, geht wohl am besten aus der nachfolgenden Stelle J. St. Mill's
(Book III, Chap. I, §. 2) hervor: "The words "Value" and "Price" were used
as synonymous by the early political economists and are not always discri-
minated even by Ricardo. But the most accurate modern writers, to avoid
the wasteful expenditure of two good scientific terms on a single idea, have
employed Price to express the value of a thing in relation to money; the
quantity of money for which it will exchange; by the Value, or exchange
value of a thing (we shall understand) its general power of purchasing;
the command which its possession gives over purchaseable commodities in general."
Gebrauchswerth und Tauschwerth.

Der Gebrauchswerth ist demnach die Bedeutung, welche
Güter dadurch für uns erlangen, dass sie uns in directer Weise
die Befriedigung von Bedürfnissen unter Umständen sichern,
unter welchen ohne unsere Verfügung über dieselben für diese
Bedürfnissbefriedigungen nicht vorgesorgt wäre; der Tausch-
werth aber ist die Bedeutung, welche Güter dadurch für uns
erlangen, dass durch den Besitz derselben der gleiche Erfolg
unter gleichen Verhältnissen in indirecter Weise gesichert
wird.

b) Ueber das Verhältniss zwischen dem Gebrauchswerthe und Tauschwerthe
der Güter.

In der isolirten Wirthschaft haben die den wirthschaftenden
Individuen verfügbaren ökonomischen Güter für dieselben ent-

d’écon. pol. I, S. 37 ff.; Lotz: Handbuch, 1837, I, §. 9; Rau: Volkswirth-
schaftslehre, I, §. 57 ff.; Bernhardi: Untersuchung d. Gründe etc., 1849,
S. 69 ff.; Roscher: System, I, §. 4 ff.; Thomas: Theorie d. Verkehrs, I,
S. 11; Stein: System, I, S. 168 ff. — Nichts zeigt übrigens das Streben
nach philosophischer Vertiefung der Volkswirthschaftslehre bei den Deutschen
und den auf das practische gerichteten Sinn der Engländer besser, als etwa
eine Vergleichung der Bearbeitungen, welche die Lehre vom Werthe bei den
Deutschen und den Engländern gefunden hat. Ricardo: Principles (1817),
Chap. 28; Malthus: Principles, 1820, S. 51 u. Definitions, 1827, Chap. II,
S. 7 der edit. 1853; J. St. Mill: Principles, B. III, Ch. I, §. 2, 6. ed. ge-
brauchen, gleichwie A. Smith „value in use“ gleichbedeutend mit „utility.“
Torrens: On the production of wealth, S. 8, und Mac Culloch halten sogar
den Ausdruck „utility“ anstatt „value in use“ fest (Principles, 1864, S. 4),
gleichwie unter den neuern Franzosen Bastiat (Harmonies écon. 1864,
S. 256). Lauderdale (An Inquiry etc., 1804, S. 12) und Senior (Politic.
Economy, 1863, S. 6 ff.) kennzeichnen die Nützlichkeit wohl als eine Bedin-
gung des Tauschwerthes, aber nicht als Gebrauchswerth, welchen letztern
Begriff sie überhaupt zurückweisen. Was man in England aber unter Tausch-
werth versteht, geht wohl am besten aus der nachfolgenden Stelle J. St. Mill’s
(Book III, Chap. I, §. 2) hervor: „The words „Value“ and „Price“ were used
as synonymous by the early political economists and are not always discri-
minated even by Ricardo. But the most accurate modern writers, to avoid
the wasteful expenditure of two good scientific terms on a single idea, have
employed Price to express the value of a thing in relation to money; the
quantity of money for which it will exchange; by the Value, or exchange
value of a thing (we shall understand) its general power of purchasing;
the command which its possession gives over purchaseable commodities in general.“
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0234" n="216"/>
          <fw place="top" type="header">Gebrauchswerth und Tauschwerth.</fw><lb/>
          <p>Der Gebrauchswerth ist demnach die Bedeutung, welche<lb/>
Güter dadurch für uns erlangen, dass sie uns in <hi rendition="#g">directer</hi> Weise<lb/>
die Befriedigung von Bedürfnissen unter Umständen sichern,<lb/>
unter welchen ohne unsere Verfügung über dieselben für diese<lb/>
Bedürfnissbefriedigungen nicht vorgesorgt wäre; der Tausch-<lb/>
werth aber ist die Bedeutung, welche Güter dadurch für uns<lb/>
erlangen, dass durch den Besitz derselben der gleiche Erfolg<lb/>
unter gleichen Verhältnissen in <hi rendition="#g">indirecter</hi> Weise gesichert<lb/>
wird.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>b) Ueber das Verhältniss zwischen dem Gebrauchswerthe und Tauschwerthe<lb/>
der Güter.</head><lb/>
          <p>In der isolirten Wirthschaft haben die den wirthschaftenden<lb/>
Individuen verfügbaren ökonomischen Güter für dieselben ent-<lb/><note xml:id="seg2pn_14_2" prev="#seg2pn_14_1" place="foot" n="*)">d&#x2019;écon. pol. I, S. 37 ff.; <hi rendition="#g">Lotz</hi>: Handbuch, 1837, I, §. 9; <hi rendition="#g">Rau</hi>: Volkswirth-<lb/>
schaftslehre, I, §. 57 ff.; <hi rendition="#g">Bernhardi</hi>: Untersuchung d. Gründe etc., 1849,<lb/>
S. 69 ff.; <hi rendition="#g">Roscher</hi>: System, I, §. 4 ff.; <hi rendition="#g">Thomas</hi>: Theorie d. Verkehrs, I,<lb/>
S. 11; <hi rendition="#g">Stein</hi>: System, I, S. 168 ff. &#x2014; Nichts zeigt übrigens das Streben<lb/>
nach philosophischer Vertiefung der Volkswirthschaftslehre bei den Deutschen<lb/>
und den auf das practische gerichteten Sinn der Engländer besser, als etwa<lb/>
eine Vergleichung der Bearbeitungen, welche die Lehre vom Werthe bei den<lb/>
Deutschen und den Engländern gefunden hat. <hi rendition="#g">Ricardo</hi>: Principles (1817),<lb/>
Chap. 28; <hi rendition="#g">Malthus</hi>: Principles, 1820, S. 51 u. Definitions, 1827, Chap. II,<lb/>
S. 7 der edit. 1853; J. St. <hi rendition="#g">Mill</hi>: Principles, B. III, Ch. I, §. 2, 6. ed. ge-<lb/>
brauchen, gleichwie A. <hi rendition="#g">Smith</hi> &#x201E;value in use&#x201C; gleichbedeutend mit &#x201E;utility.&#x201C;<lb/><hi rendition="#g">Torrens</hi>: On the production of wealth, S. 8, und <hi rendition="#g">Mac Culloch</hi> halten sogar<lb/>
den Ausdruck &#x201E;utility&#x201C; anstatt &#x201E;value in use&#x201C; fest (Principles, 1864, S. 4),<lb/>
gleichwie unter den neuern Franzosen <hi rendition="#g">Bastiat</hi> (Harmonies écon. 1864,<lb/>
S. 256). <hi rendition="#g">Lauderdale</hi> (An Inquiry etc., 1804, S. 12) und <hi rendition="#g">Senior</hi> (Politic.<lb/>
Economy, 1863, S. 6 ff.) kennzeichnen die Nützlichkeit wohl als eine Bedin-<lb/>
gung des Tauschwerthes, aber nicht als Gebrauchswerth, welchen letztern<lb/>
Begriff sie überhaupt zurückweisen. Was man in England aber unter Tausch-<lb/>
werth versteht, geht wohl am besten aus der nachfolgenden Stelle J. St. <hi rendition="#g">Mill</hi>&#x2019;s<lb/>
(Book III, Chap. I, §. 2) hervor: &#x201E;The words &#x201E;Value&#x201C; and &#x201E;Price&#x201C; were used<lb/>
as synonymous by the early political economists and are not always discri-<lb/>
minated even by Ricardo. But the most accurate modern writers, to avoid<lb/>
the wasteful expenditure of two good scientific terms on a single idea, have<lb/>
employed <hi rendition="#g">Price</hi> to express the value of a thing in relation to money; the<lb/>
quantity of money for which it will exchange; by the <hi rendition="#g">Value</hi>, or exchange<lb/>
value of a thing (we shall understand) its general power of purchasing;<lb/>
the command which its possession gives over purchaseable commodities in general.&#x201C;</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0234] Gebrauchswerth und Tauschwerth. Der Gebrauchswerth ist demnach die Bedeutung, welche Güter dadurch für uns erlangen, dass sie uns in directer Weise die Befriedigung von Bedürfnissen unter Umständen sichern, unter welchen ohne unsere Verfügung über dieselben für diese Bedürfnissbefriedigungen nicht vorgesorgt wäre; der Tausch- werth aber ist die Bedeutung, welche Güter dadurch für uns erlangen, dass durch den Besitz derselben der gleiche Erfolg unter gleichen Verhältnissen in indirecter Weise gesichert wird. b) Ueber das Verhältniss zwischen dem Gebrauchswerthe und Tauschwerthe der Güter. In der isolirten Wirthschaft haben die den wirthschaftenden Individuen verfügbaren ökonomischen Güter für dieselben ent- *) *) d’écon. pol. I, S. 37 ff.; Lotz: Handbuch, 1837, I, §. 9; Rau: Volkswirth- schaftslehre, I, §. 57 ff.; Bernhardi: Untersuchung d. Gründe etc., 1849, S. 69 ff.; Roscher: System, I, §. 4 ff.; Thomas: Theorie d. Verkehrs, I, S. 11; Stein: System, I, S. 168 ff. — Nichts zeigt übrigens das Streben nach philosophischer Vertiefung der Volkswirthschaftslehre bei den Deutschen und den auf das practische gerichteten Sinn der Engländer besser, als etwa eine Vergleichung der Bearbeitungen, welche die Lehre vom Werthe bei den Deutschen und den Engländern gefunden hat. Ricardo: Principles (1817), Chap. 28; Malthus: Principles, 1820, S. 51 u. Definitions, 1827, Chap. II, S. 7 der edit. 1853; J. St. Mill: Principles, B. III, Ch. I, §. 2, 6. ed. ge- brauchen, gleichwie A. Smith „value in use“ gleichbedeutend mit „utility.“ Torrens: On the production of wealth, S. 8, und Mac Culloch halten sogar den Ausdruck „utility“ anstatt „value in use“ fest (Principles, 1864, S. 4), gleichwie unter den neuern Franzosen Bastiat (Harmonies écon. 1864, S. 256). Lauderdale (An Inquiry etc., 1804, S. 12) und Senior (Politic. Economy, 1863, S. 6 ff.) kennzeichnen die Nützlichkeit wohl als eine Bedin- gung des Tauschwerthes, aber nicht als Gebrauchswerth, welchen letztern Begriff sie überhaupt zurückweisen. Was man in England aber unter Tausch- werth versteht, geht wohl am besten aus der nachfolgenden Stelle J. St. Mill’s (Book III, Chap. I, §. 2) hervor: „The words „Value“ and „Price“ were used as synonymous by the early political economists and are not always discri- minated even by Ricardo. But the most accurate modern writers, to avoid the wasteful expenditure of two good scientific terms on a single idea, have employed Price to express the value of a thing in relation to money; the quantity of money for which it will exchange; by the Value, or exchange value of a thing (we shall understand) its general power of purchasing; the command which its possession gives over purchaseable commodities in general.“

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/234
Zitationshilfe: Menger, Carl: Grundsätze der Volkswirthschaftslehre. Wien, 1871, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menger_volkswirtschaftslehre_1871/234>, abgerufen am 26.04.2024.