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Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828.

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Kunst, sowohl schnell als schön zu drucken, bei wei¬
tem übertroffen. Nirgends herrscht so viel Trägheit
und Nachlässigkeit, auch im Bücherdrucken, als in
Deutschland. Nirgends findet man so schlechtes Pa¬
pier, so stumpfe Lettern, so viele Druckfehler. Dies
rührt zum Theil daher, daß das Publikum es nicht
so genau nimmt, und in der That, wer zusieht, wie
die meisten Leser mit Büchern umzugehen pflegen,
gibt ihnen nicht gerne eine englische Ausgabe in die
Hand. Der Hauptgrund, warum unsre Bücher so
selten mit äußrer Pracht und Eleganz ausgestattet
sind, liegt aber wohl in der deutschen Kleinkrämerei.
Fast alle unsre Buchhändler treiben nur Kramhandel
für den Hausbedarf des Bürgers. Die hohe Noblesse
versorgt sich aus Paris und London. Die wenigen
großen Buchhändler in Deutschland liefern zuweilen
auch ein typographisches Prachtwerk, aber meist zu
ihrem Schaden. Löschpapier findet bessern Absatz.

Was den Buchhandel betrifft, so leidet er an
zwei Hauptübeln, dem Geldwucher und dem Mode¬
geschmack. Die meisten Buchhändler sind nur Kauf¬
leute und suchen nur mit den Büchern Geld zu ge¬
winnen, gleichviel, ob diese Bücher gut oder schlecht,
heilsam oder verderblich sind. Nur wenige haben sich
in der Geschichte einen Namen und im Vaterlande
warmen Dank erworben durch uneigennützige Beför¬
derung des Guten, Wahren und Schönen, wo es
der Aufmunterung und Unterstützung bedurfte. Der
Buchhändler hat, wenn es ihm an Mitteln nicht ge¬

Kunſt, ſowohl ſchnell als ſchoͤn zu drucken, bei wei¬
tem uͤbertroffen. Nirgends herrſcht ſo viel Traͤgheit
und Nachlaͤſſigkeit, auch im Buͤcherdrucken, als in
Deutſchland. Nirgends findet man ſo ſchlechtes Pa¬
pier, ſo ſtumpfe Lettern, ſo viele Druckfehler. Dies
ruͤhrt zum Theil daher, daß das Publikum es nicht
ſo genau nimmt, und in der That, wer zuſieht, wie
die meiſten Leſer mit Buͤchern umzugehen pflegen,
gibt ihnen nicht gerne eine engliſche Ausgabe in die
Hand. Der Hauptgrund, warum unſre Buͤcher ſo
ſelten mit aͤußrer Pracht und Eleganz ausgeſtattet
ſind, liegt aber wohl in der deutſchen Kleinkraͤmerei.
Faſt alle unſre Buchhaͤndler treiben nur Kramhandel
fuͤr den Hausbedarf des Buͤrgers. Die hohe Nobleſſe
verſorgt ſich aus Paris und London. Die wenigen
großen Buchhaͤndler in Deutſchland liefern zuweilen
auch ein typographiſches Prachtwerk, aber meiſt zu
ihrem Schaden. Loͤſchpapier findet beſſern Abſatz.

Was den Buchhandel betrifft, ſo leidet er an
zwei Hauptuͤbeln, dem Geldwucher und dem Mode¬
geſchmack. Die meiſten Buchhaͤndler ſind nur Kauf¬
leute und ſuchen nur mit den Buͤchern Geld zu ge¬
winnen, gleichviel, ob dieſe Buͤcher gut oder ſchlecht,
heilſam oder verderblich ſind. Nur wenige haben ſich
in der Geſchichte einen Namen und im Vaterlande
warmen Dank erworben durch uneigennuͤtzige Befoͤr¬
derung des Guten, Wahren und Schoͤnen, wo es
der Aufmunterung und Unterſtuͤtzung bedurfte. Der
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[56/0066] Kunſt, ſowohl ſchnell als ſchoͤn zu drucken, bei wei¬ tem uͤbertroffen. Nirgends herrſcht ſo viel Traͤgheit und Nachlaͤſſigkeit, auch im Buͤcherdrucken, als in Deutſchland. Nirgends findet man ſo ſchlechtes Pa¬ pier, ſo ſtumpfe Lettern, ſo viele Druckfehler. Dies ruͤhrt zum Theil daher, daß das Publikum es nicht ſo genau nimmt, und in der That, wer zuſieht, wie die meiſten Leſer mit Buͤchern umzugehen pflegen, gibt ihnen nicht gerne eine engliſche Ausgabe in die Hand. Der Hauptgrund, warum unſre Buͤcher ſo ſelten mit aͤußrer Pracht und Eleganz ausgeſtattet ſind, liegt aber wohl in der deutſchen Kleinkraͤmerei. Faſt alle unſre Buchhaͤndler treiben nur Kramhandel fuͤr den Hausbedarf des Buͤrgers. Die hohe Nobleſſe verſorgt ſich aus Paris und London. Die wenigen großen Buchhaͤndler in Deutſchland liefern zuweilen auch ein typographiſches Prachtwerk, aber meiſt zu ihrem Schaden. Loͤſchpapier findet beſſern Abſatz. Was den Buchhandel betrifft, ſo leidet er an zwei Hauptuͤbeln, dem Geldwucher und dem Mode¬ geſchmack. Die meiſten Buchhaͤndler ſind nur Kauf¬ leute und ſuchen nur mit den Buͤchern Geld zu ge¬ winnen, gleichviel, ob dieſe Buͤcher gut oder ſchlecht, heilſam oder verderblich ſind. Nur wenige haben ſich in der Geſchichte einen Namen und im Vaterlande warmen Dank erworben durch uneigennuͤtzige Befoͤr¬ derung des Guten, Wahren und Schoͤnen, wo es der Aufmunterung und Unterſtuͤtzung bedurfte. Der Buchhaͤndler hat, wenn es ihm an Mitteln nicht ge¬

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Zitationshilfe: Menzel, Wolfgang: Die deutsche Literatur. Bd. 1. Stuttgart, 1828, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/menzel_literatur01_1828/66>, abgerufen am 26.04.2024.