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Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882.

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Und wieder sprengt er in den Kampf.
"Du hast dich lange nicht geletzt,
Schwert Etzel's, an des Blutes Dampf!
Drum freue dich und trinke jetzt!"
Er schwingt es weit, er mäht und mäht
Und Etzel's Schwert, es schwelgt und trinkt,
Bis müd die Sonne niedergeht
Und hinter rothe Wolken sinkt.
Als längst er schon im Mondlicht braust,
Wird ihm der Arm vom Schlagen matt.
Er frägt das Schwert in seiner Faust:
"Schwert Etzel's, bist noch nicht du satt?
Laß ab! Heut ist genug gethan!"
Doch weh, es weiß von keiner Rast,
Es hebt ein neues Morden an
Und trifft und frißt was es erfaßt.
"Laß ab!" Es zuckt in grauser Lust,
Der Ritter stürzt mit seinem Pferd
Und jubelnd sticht ihn durch die Brust
Des Hunnen unersättlich Schwert.

Und wieder ſprengt er in den Kampf.
„Du haſt dich lange nicht geletzt,
Schwert Etzel's, an des Blutes Dampf!
Drum freue dich und trinke jetzt!“
Er ſchwingt es weit, er mäht und mäht
Und Etzel's Schwert, es ſchwelgt und trinkt,
Bis müd die Sonne niedergeht
Und hinter rothe Wolken ſinkt.
Als längſt er ſchon im Mondlicht brauſt,
Wird ihm der Arm vom Schlagen matt.
Er frägt das Schwert in ſeiner Fauſt:
„Schwert Etzel's, biſt noch nicht du ſatt?
Laß ab! Heut iſt genug gethan!“
Doch weh, es weiß von keiner Raſt,
Es hebt ein neues Morden an
Und trifft und frißt was es erfaßt.
„Laß ab!“ Es zuckt in grauſer Luſt,
Der Ritter ſtürzt mit ſeinem Pferd
Und jubelnd ſticht ihn durch die Bruſt
Des Hunnen unerſättlich Schwert.

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[220/0234] Und wieder ſprengt er in den Kampf. „Du haſt dich lange nicht geletzt, Schwert Etzel's, an des Blutes Dampf! Drum freue dich und trinke jetzt!“ Er ſchwingt es weit, er mäht und mäht Und Etzel's Schwert, es ſchwelgt und trinkt, Bis müd die Sonne niedergeht Und hinter rothe Wolken ſinkt. Als längſt er ſchon im Mondlicht brauſt, Wird ihm der Arm vom Schlagen matt. Er frägt das Schwert in ſeiner Fauſt: „Schwert Etzel's, biſt noch nicht du ſatt? Laß ab! Heut iſt genug gethan!“ Doch weh, es weiß von keiner Raſt, Es hebt ein neues Morden an Und trifft und frißt was es erfaßt. „Laß ab!“ Es zuckt in grauſer Luſt, Der Ritter ſtürzt mit ſeinem Pferd Und jubelnd ſticht ihn durch die Bruſt Des Hunnen unerſättlich Schwert.

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Zitationshilfe: Meyer, Conrad Ferdinand: Gedichte. Leipzig, 1882, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/meyer_gedichte_1882/234>, abgerufen am 26.04.2024.