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Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768.

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erster Abschnitt.
dige Reuterey erfordert; um die Römische Cavallerie
ad certamen ambiguum zu bringen. TAC. Ann. II. 21.
Zu Rom waren equites kat exokhen; und ein gemeiner
equitatus, oder ein Bürger-Bann zu Pferde. Diesen
Unterscheid nehme ich auch in Deutschland an, und ver-
pflichte mich ihn zu erweisen. Hier aber ist der Ort
dazu nicht.
(b) Mit dem Worte Soldat ist es fast eben so. Wenn
jetzt in einem verzweifelten Falle der Arrier-Bann auf-
geboten würde: so müßten ohnstreitig alle Bauren, wel-
che nach einen gemeinen Vogel schiessen oder ehedem
geschossen haben, d. i. die ganze Amts- oder Gografen-
Folge gegen den Feind ziehen. Man würde aber diese
sehr uneigentlich Soldaten oder Besoldete nennen. Der
Adel mogte in der ersten Periode der eigentliche be-
ständige
Soldat zu Pferde seyn; in der zweyten waren
es die Lehn-Leute; und in der dritten die Geworbenen.
Jn allen dreyen Perioden aber ist der Heer-Bann bald
mehr bald weniger gebraucht, geübt, verachtet, und auf-
geboten worden; so wie es Noth und Umstände erfordert
haben. Das onus defensionis liegt von Natur den Land-
Eigenthümern auf, ob sie gleich bald mit Ausweisungen
einiger Alloden; bald mit einigen Koru-Früchten; und
zuletzt mit Gelde andre für sich gedungen und in den Be-
sitz eines beständigen Ehren-Standes gesetzet haben.
§. 32.
Und seinen Rechten.

Vermuthlich war zuerst nur ein Adel; (a) und
dieser nothwendig mit dem Eigenthume einer Allode
verknüpft. Da er aus der gemeinen Reihe gesetzt
war: so erschien er daheim in keiner Versamlung der
gemeinen Männer; (b) nahm und gab daselbst kein
Recht, sondern schied sich von andern mit Krieg und
Frieden. So lange man keinen besondern Gottes-

oder
erſter Abſchnitt.
dige Reuterey erfordert; um die Roͤmiſche Cavallerie
ad certamen ambiguum zu bringen. TAC. Ann. II. 21.
Zu Rom waren equites ϰατ̕ ἐξοχην; und ein gemeiner
equitatus, oder ein Buͤrger-Bann zu Pferde. Dieſen
Unterſcheid nehme ich auch in Deutſchland an, und ver-
pflichte mich ihn zu erweiſen. Hier aber iſt der Ort
dazu nicht.
(b) Mit dem Worte Soldat iſt es faſt eben ſo. Wenn
jetzt in einem verzweifelten Falle der Arrier-Bann auf-
geboten wuͤrde: ſo muͤßten ohnſtreitig alle Bauren, wel-
che nach einen gemeinen Vogel ſchieſſen oder ehedem
geſchoſſen haben, d. i. die ganze Amts- oder Gografen-
Folge gegen den Feind ziehen. Man wuͤrde aber dieſe
ſehr uneigentlich Soldaten oder Beſoldete nennen. Der
Adel mogte in der erſten Periode der eigentliche be-
ſtaͤndige
Soldat zu Pferde ſeyn; in der zweyten waren
es die Lehn-Leute; und in der dritten die Geworbenen.
Jn allen dreyen Perioden aber iſt der Heer-Bann bald
mehr bald weniger gebraucht, geuͤbt, verachtet, und auf-
geboten worden; ſo wie es Noth und Umſtaͤnde erfordert
haben. Das onus defenſionis liegt von Natur den Land-
Eigenthuͤmern auf, ob ſie gleich bald mit Ausweiſungen
einiger Alloden; bald mit einigen Koru-Fruͤchten; und
zuletzt mit Gelde andre fuͤr ſich gedungen und in den Be-
ſitz eines beſtaͤndigen Ehren-Standes geſetzet haben.
§. 32.
Und ſeinen Rechten.

Vermuthlich war zuerſt nur ein Adel; (a) und
dieſer nothwendig mit dem Eigenthume einer Allode
verknuͤpft. Da er aus der gemeinen Reihe geſetzt
war: ſo erſchien er daheim in keiner Verſamlung der
gemeinen Maͤnner; (b) nahm und gab daſelbſt kein
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oder
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[59/0089] erſter Abſchnitt. ⁽a⁾ dige Reuterey erfordert; um die Roͤmiſche Cavallerie ad certamen ambiguum zu bringen. TAC. Ann. II. 21. Zu Rom waren equites ϰατ̕ ἐξοχην; und ein gemeiner equitatus, oder ein Buͤrger-Bann zu Pferde. Dieſen Unterſcheid nehme ich auch in Deutſchland an, und ver- pflichte mich ihn zu erweiſen. Hier aber iſt der Ort dazu nicht. ⁽b⁾ Mit dem Worte Soldat iſt es faſt eben ſo. Wenn jetzt in einem verzweifelten Falle der Arrier-Bann auf- geboten wuͤrde: ſo muͤßten ohnſtreitig alle Bauren, wel- che nach einen gemeinen Vogel ſchieſſen oder ehedem geſchoſſen haben, d. i. die ganze Amts- oder Gografen- Folge gegen den Feind ziehen. Man wuͤrde aber dieſe ſehr uneigentlich Soldaten oder Beſoldete nennen. Der Adel mogte in der erſten Periode der eigentliche be- ſtaͤndige Soldat zu Pferde ſeyn; in der zweyten waren es die Lehn-Leute; und in der dritten die Geworbenen. Jn allen dreyen Perioden aber iſt der Heer-Bann bald mehr bald weniger gebraucht, geuͤbt, verachtet, und auf- geboten worden; ſo wie es Noth und Umſtaͤnde erfordert haben. Das onus defenſionis liegt von Natur den Land- Eigenthuͤmern auf, ob ſie gleich bald mit Ausweiſungen einiger Alloden; bald mit einigen Koru-Fruͤchten; und zuletzt mit Gelde andre fuͤr ſich gedungen und in den Be- ſitz eines beſtaͤndigen Ehren-Standes geſetzet haben. §. 32. Und ſeinen Rechten. Vermuthlich war zuerſt nur ein Adel; ⁽a⁾ und dieſer nothwendig mit dem Eigenthume einer Allode verknuͤpft. Da er aus der gemeinen Reihe geſetzt war: ſo erſchien er daheim in keiner Verſamlung der gemeinen Maͤnner; ⁽b⁾ nahm und gab daſelbſt kein Recht, ſondern ſchied ſich von andern mit Krieg und Frieden. So lange man keinen beſondern Gottes- oder

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Zitationshilfe: Möser, Justus: Osnabrückische Geschichte. Osnabrück, 1768, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/moeser_osnabrueck_1768/89>, abgerufen am 26.04.2024.