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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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Personen aber gewählt werden. -- Die einzigen Ausnahmen
sind folgende:

1. In großen Staaten mögen untergeordnete Aemter
von näher gerückten höheren Behörden besetzt werden, damit
das Staatsoberhaupt nicht bedeutenderen Geschäften dadurch
entzogen werde, wohl auch zur Vermeidung von Verschleppung.
In sehr ausgedehnten Reichen, oder wo ganze Provinzen ent-
fernt von dem Mutterlande durch Statthalter regiert werden,
muß diese Uebertragung der Ernennung bis zu hohen Posten
heraufgehen. Ebenso ist in Kriegszeiten das Recht, Beförde-
rungen augenblicklich vorzunehmen, für den Befehlshaber eines
entfernt von dem Staatsoberhaupte gegen den Feind stehenden
Heeres wo nicht unerläßlich, doch wenigstens höchst räthlich,
sowohl zur Erweckung höchsten Eifers, als zu beständiger
Instandhaltung der Organisation der Truppen 3).

2. Wo die Verwaltung eines Geschäftes unter der allei-
nigen Verantwortlichkeit des vorgesetzten Beamten geschieht, (wie
z. B. bei einem Kassenamte), ist es gerecht, diesem einen wesent-
lichen Einfluß auf die Ernennung der ihm untergeordneten
Gehülfen einzuräumen.

3. Zuweilen mag auch die Besetzung von Stellen den Un-
terthanen überlassen sein, entweder um einem demokratischen
oder aristokratischen Bestandtheile einige Rechnung zu tragen,
oder im Vertrauen auf den Geist bestimmter Klassen. Letzteres
mag dann selbst in ganz unbeschränkten Fürstenherrschaften vor-
kommen, wie z. B. in Rußland bei den Adelswahlen 4).

II. Gewinnung der Beamten.

Die Besetzung der einzelnen Stellen kann, ohne Rechts-
beeinträchtigung, auf mehr als Eine Weise geschehen.

1. Durch Reihedienst, so also, daß die Versehung
bestimmter Geschäfte nach einer bestimmten Reihenfolge unter

Perſonen aber gewählt werden. — Die einzigen Ausnahmen
ſind folgende:

1. In großen Staaten mögen untergeordnete Aemter
von näher gerückten höheren Behörden beſetzt werden, damit
das Staatsoberhaupt nicht bedeutenderen Geſchäften dadurch
entzogen werde, wohl auch zur Vermeidung von Verſchleppung.
In ſehr ausgedehnten Reichen, oder wo ganze Provinzen ent-
fernt von dem Mutterlande durch Statthalter regiert werden,
muß dieſe Uebertragung der Ernennung bis zu hohen Poſten
heraufgehen. Ebenſo iſt in Kriegszeiten das Recht, Beförde-
rungen augenblicklich vorzunehmen, für den Befehlshaber eines
entfernt von dem Staatsoberhaupte gegen den Feind ſtehenden
Heeres wo nicht unerläßlich, doch wenigſtens höchſt räthlich,
ſowohl zur Erweckung höchſten Eifers, als zu beſtändiger
Inſtandhaltung der Organiſation der Truppen 3).

2. Wo die Verwaltung eines Geſchäftes unter der allei-
nigen Verantwortlichkeit des vorgeſetzten Beamten geſchieht, (wie
z. B. bei einem Kaſſenamte), iſt es gerecht, dieſem einen weſent-
lichen Einfluß auf die Ernennung der ihm untergeordneten
Gehülfen einzuräumen.

3. Zuweilen mag auch die Beſetzung von Stellen den Un-
terthanen überlaſſen ſein, entweder um einem demokratiſchen
oder ariſtokratiſchen Beſtandtheile einige Rechnung zu tragen,
oder im Vertrauen auf den Geiſt beſtimmter Klaſſen. Letzteres
mag dann ſelbſt in ganz unbeſchränkten Fürſtenherrſchaften vor-
kommen, wie z. B. in Rußland bei den Adelswahlen 4).

II. Gewinnung der Beamten.

Die Beſetzung der einzelnen Stellen kann, ohne Rechts-
beeinträchtigung, auf mehr als Eine Weiſe geſchehen.

1. Durch Reihedienſt, ſo alſo, daß die Verſehung
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[251/0265] Perſonen aber gewählt werden. — Die einzigen Ausnahmen ſind folgende: 1. In großen Staaten mögen untergeordnete Aemter von näher gerückten höheren Behörden beſetzt werden, damit das Staatsoberhaupt nicht bedeutenderen Geſchäften dadurch entzogen werde, wohl auch zur Vermeidung von Verſchleppung. In ſehr ausgedehnten Reichen, oder wo ganze Provinzen ent- fernt von dem Mutterlande durch Statthalter regiert werden, muß dieſe Uebertragung der Ernennung bis zu hohen Poſten heraufgehen. Ebenſo iſt in Kriegszeiten das Recht, Beförde- rungen augenblicklich vorzunehmen, für den Befehlshaber eines entfernt von dem Staatsoberhaupte gegen den Feind ſtehenden Heeres wo nicht unerläßlich, doch wenigſtens höchſt räthlich, ſowohl zur Erweckung höchſten Eifers, als zu beſtändiger Inſtandhaltung der Organiſation der Truppen 3). 2. Wo die Verwaltung eines Geſchäftes unter der allei- nigen Verantwortlichkeit des vorgeſetzten Beamten geſchieht, (wie z. B. bei einem Kaſſenamte), iſt es gerecht, dieſem einen weſent- lichen Einfluß auf die Ernennung der ihm untergeordneten Gehülfen einzuräumen. 3. Zuweilen mag auch die Beſetzung von Stellen den Un- terthanen überlaſſen ſein, entweder um einem demokratiſchen oder ariſtokratiſchen Beſtandtheile einige Rechnung zu tragen, oder im Vertrauen auf den Geiſt beſtimmter Klaſſen. Letzteres mag dann ſelbſt in ganz unbeſchränkten Fürſtenherrſchaften vor- kommen, wie z. B. in Rußland bei den Adelswahlen 4). II. Gewinnung der Beamten. Die Beſetzung der einzelnen Stellen kann, ohne Rechts- beeinträchtigung, auf mehr als Eine Weiſe geſchehen. 1. Durch Reihedienſt, ſo alſo, daß die Verſehung beſtimmter Geſchäfte nach einer beſtimmten Reihenfolge unter

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/265>, abgerufen am 26.04.2024.