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Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859.

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stattfinden, wenn sämmtliche verfassungsmäßige Faktoren des
Staatswillens ihre Zustimmung gegeben haben.

2. Die Bestellung von Unterpfändern. Die Ueber-
gabe von werthvollen Sachen an den zu einer Leistung Berech-
tigten mit der Befugniß, dieselben bis zur völligen Erfüllung
seiner Forderung in Besitz zu behalten, ist ein sehr geeignetes
Mittel die Einhaltung und wo möglich die Beschleunigung der
Leistung zu sichern, weil erst dann die volle Verfügung über
das eigene Gut zurückkehrt. Doppelt groß ist die Sicherheits-
leistung, wenn der von dem Fordernden eingenommene Besitz
militärische Vortheile gegenüber dem zur Leistung Verpflichteten
gewährt, dieser also im äußersten Falle um so leichter mit
Waffengewalt zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit angehalten
werden kann. Die rechtliche Dauer des Besitzes eines Unter-
pfandes erstreckt sich bis zur vollständig erfolgten Leistung der
in Frage stehenden Verbindlichkeit; auf die Erzwingung ander-
weitiger Rechtsverhältnisse darf sie nicht ausgedehnt werden.
Eine blos theilweise Erfüllung der Verpflichtung berechtigt zu
einer entsprechend theilweisen Zurückforderung des Pfandgegen-
standes nur in dem Falle, wenn hierüber ausdrücklich etwas
verabredet ist. Im Uebrigen kann eine Verpfändung nur im
Wege des Vertrages zwischen dem Verpflichteten und dem Be-
rechtigten zu Stande kommen, nicht aber etwa durch ein ein-
seitiges Zugreifen des Berechtigten; wenigstens so lange es sich
von friedlichen Mitteln und nicht von Selbsthülfe handelt.

3. Die Stellung von Geißeln. Wenn Personen von
Einfluß und an deren unbeschädigtem Dasein dem Staate und
seinem Oberhaupte viel gelegen sein muß, einem andern Staate
in Gewahrsam übergeben werden bis zur Erfüllung einer
bestimmten Verbindlichkeit, so mag hierin eine große sittliche
Nöthigung zur möglichst vollständigen und schleunigen Erfüllung
der Leistung liegen. In solchem Falle hat der zur Forderung

ſtattfinden, wenn ſämmtliche verfaſſungsmäßige Faktoren des
Staatswillens ihre Zuſtimmung gegeben haben.

2. Die Beſtellung von Unterpfändern. Die Ueber-
gabe von werthvollen Sachen an den zu einer Leiſtung Berech-
tigten mit der Befugniß, dieſelben bis zur völligen Erfüllung
ſeiner Forderung in Beſitz zu behalten, iſt ein ſehr geeignetes
Mittel die Einhaltung und wo möglich die Beſchleunigung der
Leiſtung zu ſichern, weil erſt dann die volle Verfügung über
das eigene Gut zurückkehrt. Doppelt groß iſt die Sicherheits-
leiſtung, wenn der von dem Fordernden eingenommene Beſitz
militäriſche Vortheile gegenüber dem zur Leiſtung Verpflichteten
gewährt, dieſer alſo im äußerſten Falle um ſo leichter mit
Waffengewalt zur Erfüllung ſeiner Verbindlichkeit angehalten
werden kann. Die rechtliche Dauer des Beſitzes eines Unter-
pfandes erſtreckt ſich bis zur vollſtändig erfolgten Leiſtung der
in Frage ſtehenden Verbindlichkeit; auf die Erzwingung ander-
weitiger Rechtsverhältniſſe darf ſie nicht ausgedehnt werden.
Eine blos theilweiſe Erfüllung der Verpflichtung berechtigt zu
einer entſprechend theilweiſen Zurückforderung des Pfandgegen-
ſtandes nur in dem Falle, wenn hierüber ausdrücklich etwas
verabredet iſt. Im Uebrigen kann eine Verpfändung nur im
Wege des Vertrages zwiſchen dem Verpflichteten und dem Be-
rechtigten zu Stande kommen, nicht aber etwa durch ein ein-
ſeitiges Zugreifen des Berechtigten; wenigſtens ſo lange es ſich
von friedlichen Mitteln und nicht von Selbſthülfe handelt.

3. Die Stellung von Geißeln. Wenn Perſonen von
Einfluß und an deren unbeſchädigtem Daſein dem Staate und
ſeinem Oberhaupte viel gelegen ſein muß, einem andern Staate
in Gewahrſam übergeben werden bis zur Erfüllung einer
beſtimmten Verbindlichkeit, ſo mag hierin eine große ſittliche
Nöthigung zur möglichſt vollſtändigen und ſchleunigen Erfüllung
der Leiſtung liegen. In ſolchem Falle hat der zur Forderung

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[445/0459] ſtattfinden, wenn ſämmtliche verfaſſungsmäßige Faktoren des Staatswillens ihre Zuſtimmung gegeben haben. 2. Die Beſtellung von Unterpfändern. Die Ueber- gabe von werthvollen Sachen an den zu einer Leiſtung Berech- tigten mit der Befugniß, dieſelben bis zur völligen Erfüllung ſeiner Forderung in Beſitz zu behalten, iſt ein ſehr geeignetes Mittel die Einhaltung und wo möglich die Beſchleunigung der Leiſtung zu ſichern, weil erſt dann die volle Verfügung über das eigene Gut zurückkehrt. Doppelt groß iſt die Sicherheits- leiſtung, wenn der von dem Fordernden eingenommene Beſitz militäriſche Vortheile gegenüber dem zur Leiſtung Verpflichteten gewährt, dieſer alſo im äußerſten Falle um ſo leichter mit Waffengewalt zur Erfüllung ſeiner Verbindlichkeit angehalten werden kann. Die rechtliche Dauer des Beſitzes eines Unter- pfandes erſtreckt ſich bis zur vollſtändig erfolgten Leiſtung der in Frage ſtehenden Verbindlichkeit; auf die Erzwingung ander- weitiger Rechtsverhältniſſe darf ſie nicht ausgedehnt werden. Eine blos theilweiſe Erfüllung der Verpflichtung berechtigt zu einer entſprechend theilweiſen Zurückforderung des Pfandgegen- ſtandes nur in dem Falle, wenn hierüber ausdrücklich etwas verabredet iſt. Im Uebrigen kann eine Verpfändung nur im Wege des Vertrages zwiſchen dem Verpflichteten und dem Be- rechtigten zu Stande kommen, nicht aber etwa durch ein ein- ſeitiges Zugreifen des Berechtigten; wenigſtens ſo lange es ſich von friedlichen Mitteln und nicht von Selbſthülfe handelt. 3. Die Stellung von Geißeln. Wenn Perſonen von Einfluß und an deren unbeſchädigtem Daſein dem Staate und ſeinem Oberhaupte viel gelegen ſein muß, einem andern Staate in Gewahrſam übergeben werden bis zur Erfüllung einer beſtimmten Verbindlichkeit, ſo mag hierin eine große ſittliche Nöthigung zur möglichſt vollſtändigen und ſchleunigen Erfüllung der Leiſtung liegen. In ſolchem Falle hat der zur Forderung

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Zitationshilfe: Mohl, Robert von: Encyklopädie der Staatswissenschaften. Tübingen, 1859, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mohl_staatswissenschaften_1859/459>, abgerufen am 26.04.2024.