Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816.

Bild:
<< vorherige Seite

Credit bey der bürgerlichen Gesellschaft. Was er von seinen
Einkünften nicht selbst consumirt, muß immer wieder bey
der bürgerlichen Gesellschaft angelegt, das heißt: von ihr
consumirt werden. Es ergibt sich also für den Eigenthümer
nie und an keiner Stelle ein absoluter Ueberschuß, welcher
Gegenstand des ausschließenden Privateigenthums für ihn
werden könnte: es ergibt sich für ihn nichts, als ein unsicht-
bares aber immer festeres zuverläßigeres Band an die bür-
gerliche Gesellschaft. Anstatt des vermeintlichen Ueberschusses
wird er nur tiefer und tiefer in die Haushaltung, und zu-
gleich in die Gesetze der bürgerlichen Gesellschaft verwoben,
und weil er in größere Wechselwirkung mit dem Ganzen
tritt, und den Credit des Ganzen mehr empfindet und deut-
licher repräsentirt, als die Uebrigen -- fühlt er sich reicher,
nennen wir ihn reicher als die Uebrigen.

Dem aufmerksamen Leser kann es unmöglich entgangen
seyn, daß wir, indem durch das Bisherige der Wahn eines
absoluten handgreiflichen Ueberschusses der Produktion über
die Consumtion, des Ertrages über den Aufwand zerstört
worden, zugleich in einer ganz andern Manier, als es in
einem früheren Kapitel geschehen, die Unmöglichkeit eines
absoluten Privateigenthums erwiesen haben: denn nur das
der Consumtion der bürgerlichen Gesellschaft oder ihrem Mit-
genuß Entzogene; das in dem Staat, in der Gemeinschaft
mit den Uebrigen Erworbene, hernach aber aus dem Staat
Herausgestellte, wäre wahrhaftiges Object des absoluten und
ausschließenden Privateigenthums. Da aber, wie hinreichend
erwiesen, was aus der großen Wechselwirkung der Produktion

Credit bey der buͤrgerlichen Geſellſchaft. Was er von ſeinen
Einkuͤnften nicht ſelbſt conſumirt, muß immer wieder bey
der buͤrgerlichen Geſellſchaft angelegt, das heißt: von ihr
conſumirt werden. Es ergibt ſich alſo fuͤr den Eigenthuͤmer
nie und an keiner Stelle ein abſoluter Ueberſchuß, welcher
Gegenſtand des ausſchließenden Privateigenthums fuͤr ihn
werden koͤnnte: es ergibt ſich fuͤr ihn nichts, als ein unſicht-
bares aber immer feſteres zuverlaͤßigeres Band an die buͤr-
gerliche Geſellſchaft. Anſtatt des vermeintlichen Ueberſchuſſes
wird er nur tiefer und tiefer in die Haushaltung, und zu-
gleich in die Geſetze der buͤrgerlichen Geſellſchaft verwoben,
und weil er in groͤßere Wechſelwirkung mit dem Ganzen
tritt, und den Credit des Ganzen mehr empfindet und deut-
licher repraͤſentirt, als die Uebrigen — fuͤhlt er ſich reicher,
nennen wir ihn reicher als die Uebrigen.

Dem aufmerkſamen Leſer kann es unmoͤglich entgangen
ſeyn, daß wir, indem durch das Bisherige der Wahn eines
abſoluten handgreiflichen Ueberſchuſſes der Produktion uͤber
die Conſumtion, des Ertrages uͤber den Aufwand zerſtoͤrt
worden, zugleich in einer ganz andern Manier, als es in
einem fruͤheren Kapitel geſchehen, die Unmoͤglichkeit eines
abſoluten Privateigenthums erwieſen haben: denn nur das
der Conſumtion der buͤrgerlichen Geſellſchaft oder ihrem Mit-
genuß Entzogene; das in dem Staat, in der Gemeinſchaft
mit den Uebrigen Erworbene, hernach aber aus dem Staat
Herausgeſtellte, waͤre wahrhaftiges Object des abſoluten und
ausſchließenden Privateigenthums. Da aber, wie hinreichend
erwieſen, was aus der großen Wechſelwirkung der Produktion

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0100" n="86"/>
Credit bey der bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft. Was er von &#x017F;einen<lb/>
Einku&#x0364;nften nicht &#x017F;elb&#x017F;t con&#x017F;umirt, muß immer wieder bey<lb/>
der bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft angelegt, das heißt: von ihr<lb/>
con&#x017F;umirt werden. Es ergibt &#x017F;ich al&#x017F;o fu&#x0364;r den Eigenthu&#x0364;mer<lb/>
nie und an keiner Stelle ein ab&#x017F;oluter Ueber&#x017F;chuß, welcher<lb/>
Gegen&#x017F;tand des aus&#x017F;chließenden Privateigenthums fu&#x0364;r ihn<lb/>
werden ko&#x0364;nnte: es ergibt &#x017F;ich fu&#x0364;r ihn nichts, als ein un&#x017F;icht-<lb/>
bares aber immer fe&#x017F;teres zuverla&#x0364;ßigeres Band an die bu&#x0364;r-<lb/>
gerliche Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft. An&#x017F;tatt des vermeintlichen Ueber&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;es<lb/>
wird er nur tiefer und tiefer in die Haushaltung, und zu-<lb/>
gleich in die Ge&#x017F;etze der bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft verwoben,<lb/>
und weil er in gro&#x0364;ßere Wech&#x017F;elwirkung mit dem Ganzen<lb/>
tritt, und den Credit des Ganzen mehr empfindet und deut-<lb/>
licher repra&#x0364;&#x017F;entirt, als die Uebrigen &#x2014; fu&#x0364;hlt er &#x017F;ich reicher,<lb/>
nennen wir ihn reicher als die Uebrigen.</p><lb/>
          <p>Dem aufmerk&#x017F;amen Le&#x017F;er kann es unmo&#x0364;glich entgangen<lb/>
&#x017F;eyn, daß wir, indem durch das Bisherige der Wahn eines<lb/>
ab&#x017F;oluten handgreiflichen Ueber&#x017F;chu&#x017F;&#x017F;es der Produktion u&#x0364;ber<lb/>
die Con&#x017F;umtion, des Ertrages u&#x0364;ber den Aufwand zer&#x017F;to&#x0364;rt<lb/>
worden, zugleich in einer ganz andern Manier, als es in<lb/>
einem fru&#x0364;heren Kapitel ge&#x017F;chehen, die Unmo&#x0364;glichkeit eines<lb/>
ab&#x017F;oluten Privateigenthums erwie&#x017F;en haben: denn nur das<lb/>
der Con&#x017F;umtion der bu&#x0364;rgerlichen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft oder ihrem Mit-<lb/>
genuß Entzogene; das in dem Staat, in der Gemein&#x017F;chaft<lb/>
mit den Uebrigen Erworbene, hernach aber aus dem Staat<lb/>
Herausge&#x017F;tellte, wa&#x0364;re wahrhaftiges Object des ab&#x017F;oluten und<lb/>
aus&#x017F;chließenden Privateigenthums. Da aber, wie hinreichend<lb/>
erwie&#x017F;en, was aus der großen Wech&#x017F;elwirkung der Produktion<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[86/0100] Credit bey der buͤrgerlichen Geſellſchaft. Was er von ſeinen Einkuͤnften nicht ſelbſt conſumirt, muß immer wieder bey der buͤrgerlichen Geſellſchaft angelegt, das heißt: von ihr conſumirt werden. Es ergibt ſich alſo fuͤr den Eigenthuͤmer nie und an keiner Stelle ein abſoluter Ueberſchuß, welcher Gegenſtand des ausſchließenden Privateigenthums fuͤr ihn werden koͤnnte: es ergibt ſich fuͤr ihn nichts, als ein unſicht- bares aber immer feſteres zuverlaͤßigeres Band an die buͤr- gerliche Geſellſchaft. Anſtatt des vermeintlichen Ueberſchuſſes wird er nur tiefer und tiefer in die Haushaltung, und zu- gleich in die Geſetze der buͤrgerlichen Geſellſchaft verwoben, und weil er in groͤßere Wechſelwirkung mit dem Ganzen tritt, und den Credit des Ganzen mehr empfindet und deut- licher repraͤſentirt, als die Uebrigen — fuͤhlt er ſich reicher, nennen wir ihn reicher als die Uebrigen. Dem aufmerkſamen Leſer kann es unmoͤglich entgangen ſeyn, daß wir, indem durch das Bisherige der Wahn eines abſoluten handgreiflichen Ueberſchuſſes der Produktion uͤber die Conſumtion, des Ertrages uͤber den Aufwand zerſtoͤrt worden, zugleich in einer ganz andern Manier, als es in einem fruͤheren Kapitel geſchehen, die Unmoͤglichkeit eines abſoluten Privateigenthums erwieſen haben: denn nur das der Conſumtion der buͤrgerlichen Geſellſchaft oder ihrem Mit- genuß Entzogene; das in dem Staat, in der Gemeinſchaft mit den Uebrigen Erworbene, hernach aber aus dem Staat Herausgeſtellte, waͤre wahrhaftiges Object des abſoluten und ausſchließenden Privateigenthums. Da aber, wie hinreichend erwieſen, was aus der großen Wechſelwirkung der Produktion

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/100
Zitationshilfe: Müller, Adam Heinrich: Versuche einer neuen Theorie des Geldes mit besonderer Rücksicht auf Großbritannien. Leipzig u. a., 1816. , S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_geld_1816/100>, abgerufen am 26.04.2024.