Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Karyatischer Jungfrauen wie in den Tempeltänzen zu
Ephesos verehrt wurde", in ihrer Einheit zu fassen:
ist es nöthig, ein festes historisch gegebenes Kri-
terion aufzustellen, wornach ein Artemisdienst vom an-
dern zu scheiden sein wird, und das außer den Sym-
bolen und Ideen des Cultus liegen muß, weil deren
mögliche oder nicht mögliche Verknüpfung ja eben pro-
blematisch ist.

2.

Als ein solches giebt sich sogleich der einfache
Satz: Nur die mit Apollon verbundene Arte-
mis
gehört demselben Systeme religiöser Ideen an --
also nicht die Ephesische Göttin, nicht die Orthische
Artemis; nicht die Tauropolos, als in deren Diensten
nie Apollon als Brudergott vorkommt. Doch davon
später. Hier zuerst davon, daß in allen Haupttem-
peln Apollons Artemis als seine Schwester, als Theil-
haberin seines Wesens und seiner Thätigkeit, als eine
andere Seite des Gottes angebetet wurde. So sind
beide Kinder der Lato 1 "der hohen Pytho gleichwal-
tende Beherrscher", der Sieg über Python, die Flucht,
die Sühnung betrifft beide 2; beide verehrte man auch
zu Sikyon in den Pythien nebst der Mutter 3; auf
Kreta 4, Delos, Lesbos 5, zu Karthäa 6, im Didy-
mäon 7, auf der Troischen Burg 8, im Lykischen Dien-

1 Pind. N. 6, 42. 9, 4. vgl. Hymn. Hom. 27, 14. die
ara Amphiktuonon bei Aeschin. geg. Ktesiph. 70, 36. Apollonos
tou Puthiou kai tas Latos kai tas Artami[tos] (sic) in der
großen Delphischen Inschr. der Choiseul. Samml. Auch im T. zu
Kirrha war die ganze Familie, Paus. 10, 36, 7.
2 Oben
S. 315.
3 Pind. N. 9, 4. Auch zu Sp. Ap. Pythaeus mit
Leto u. Art. zusammen, Paus. 3, 11.
4 Chishull Ant. Asiatt.
p.
133. Die Art. Knagia zu Sparta aus Kreta nach Paus. 3, 18.
3. Amnisische Nymphen der Art. Kallim. 15. vgl. oben S. 206.
5 S. 335, 1.
6 Antonin. Lib. 1.
7 Inschr. bei
Walpole Trav. p. 578. udrophoros artemidos puthies.
8 S. 219.

Karyatiſcher Jungfrauen wie in den Tempeltaͤnzen zu
Epheſos verehrt wurde”, in ihrer Einheit zu faſſen:
iſt es noͤthig, ein feſtes hiſtoriſch gegebenes Kri-
terion aufzuſtellen, wornach ein Artemisdienſt vom an-
dern zu ſcheiden ſein wird, und das außer den Sym-
bolen und Ideen des Cultus liegen muß, weil deren
moͤgliche oder nicht moͤgliche Verknuͤpfung ja eben pro-
blematiſch iſt.

2.

Als ein ſolches giebt ſich ſogleich der einfache
Satz: Nur die mit Apollon verbundene Arte-
mis
gehoͤrt demſelben Syſteme religioͤſer Ideen an —
alſo nicht die Epheſiſche Goͤttin, nicht die Orthiſche
Artemis; nicht die Tauropolos, als in deren Dienſten
nie Apollon als Brudergott vorkommt. Doch davon
ſpaͤter. Hier zuerſt davon, daß in allen Haupttem-
peln Apollons Artemis als ſeine Schweſter, als Theil-
haberin ſeines Weſens und ſeiner Thaͤtigkeit, als eine
andere Seite des Gottes angebetet wurde. So ſind
beide Kinder der Lato 1 “der hohen Pytho gleichwal-
tende Beherrſcher”, der Sieg uͤber Python, die Flucht,
die Suͤhnung betrifft beide 2; beide verehrte man auch
zu Sikyon in den Pythien nebſt der Mutter 3; auf
Kreta 4, Delos, Lesbos 5, zu Karthaͤa 6, im Didy-
maͤon 7, auf der Troiſchen Burg 8, im Lykiſchen Dien-

1 Pind. N. 6, 42. 9, 4. vgl. Hymn. Hom. 27, 14. die
ἀϱὰ Ἀμφικτυόνων bei Aeſchin. geg. Kteſiph. 70, 36. Απολλωνος
του Πυθιου και τας Λατος και τας Αϱταμι[τος] (sic) in der
großen Delphiſchen Inſchr. der Choiſeul. Samml. Auch im T. zu
Kirrha war die ganze Familie, Pauſ. 10, 36, 7.
2 Oben
S. 315.
3 Pind. N. 9, 4. Auch zu Sp. Ap. Pythaeus mit
Leto u. Art. zuſammen, Pauſ. 3, 11.
4 Chishull Ant. Asiatt.
p.
133. Die Art. Knagia zu Sparta aus Kreta nach Pauſ. 3, 18.
3. Amniſiſche Nymphen der Art. Kallim. 15. vgl. oben S. 206.
5 S. 335, 1.
6 Antonin. Lib. 1.
7 Inſchr. bei
Walpole Trav. p. 578. ὑδϱοφοϱος αϱτεμιδος πυθιης.
8 S. 219.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0398" n="368"/>
Karyati&#x017F;cher Jungfrauen wie in den Tempelta&#x0364;nzen zu<lb/>
Ephe&#x017F;os verehrt wurde&#x201D;, in ihrer Einheit zu fa&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
i&#x017F;t es no&#x0364;thig, ein fe&#x017F;tes <hi rendition="#g">hi&#x017F;tori&#x017F;ch gegebenes</hi> Kri-<lb/>
terion aufzu&#x017F;tellen, wornach ein Artemisdien&#x017F;t vom an-<lb/>
dern zu &#x017F;cheiden &#x017F;ein wird, und das außer den Sym-<lb/>
bolen und Ideen des Cultus liegen muß, weil deren<lb/>
mo&#x0364;gliche oder nicht mo&#x0364;gliche Verknu&#x0364;pfung ja eben pro-<lb/>
blemati&#x017F;ch i&#x017F;t.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>2.</head><lb/>
              <p>Als ein &#x017F;olches giebt &#x017F;ich &#x017F;ogleich der einfache<lb/>
Satz: Nur die <hi rendition="#g">mit Apollon verbundene Arte-<lb/>
mis</hi> geho&#x0364;rt dem&#x017F;elben Sy&#x017F;teme religio&#x0364;&#x017F;er Ideen an &#x2014;<lb/>
al&#x017F;o nicht die Ephe&#x017F;i&#x017F;che Go&#x0364;ttin, nicht die Orthi&#x017F;che<lb/>
Artemis; nicht die Tauropolos, als in deren Dien&#x017F;ten<lb/>
nie Apollon als Brudergott vorkommt. Doch davon<lb/>
&#x017F;pa&#x0364;ter. Hier zuer&#x017F;t davon, daß in allen Haupttem-<lb/>
peln Apollons Artemis als &#x017F;eine Schwe&#x017F;ter, als Theil-<lb/>
haberin &#x017F;eines We&#x017F;ens und &#x017F;einer Tha&#x0364;tigkeit, als eine<lb/>
andere Seite des Gottes angebetet wurde. So &#x017F;ind<lb/>
beide Kinder der Lato <note place="foot" n="1">Pind. N. 6, 42. 9, 4. vgl. Hymn. Hom. 27, 14. die<lb/>
&#x1F00;&#x03F1;&#x1F70; &#x1F08;&#x03BC;&#x03C6;&#x03B9;&#x03BA;&#x03C4;&#x03C5;&#x03CC;&#x03BD;&#x03C9;&#x03BD; bei Ae&#x017F;chin. geg. Kte&#x017F;iph. 70, 36. &#x0391;&#x03C0;&#x03BF;&#x03BB;&#x03BB;&#x03C9;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;<lb/>
&#x03C4;&#x03BF;&#x03C5; &#x03A0;&#x03C5;&#x03B8;&#x03B9;&#x03BF;&#x03C5; &#x03BA;&#x03B1;&#x03B9; &#x03C4;&#x03B1;&#x03C2; &#x039B;&#x03B1;&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2; &#x03BA;&#x03B1;&#x03B9; &#x03C4;&#x03B1;&#x03C2; &#x0391;&#x03F1;&#x03C4;&#x03B1;&#x03BC;&#x03B9;[&#x03C4;&#x03BF;&#x03C2;] <hi rendition="#aq">(sic)</hi> in der<lb/>
großen Delphi&#x017F;chen In&#x017F;chr. der Choi&#x017F;eul. Samml. Auch im T. zu<lb/>
Kirrha war die ganze Familie, Pau&#x017F;. 10, 36, 7.</note> &#x201C;der hohen Pytho gleichwal-<lb/>
tende Beherr&#x017F;cher&#x201D;, der Sieg u&#x0364;ber Python, die Flucht,<lb/>
die Su&#x0364;hnung betrifft beide <note place="foot" n="2">Oben<lb/>
S. 315.</note>; beide verehrte man auch<lb/>
zu Sikyon in den Pythien neb&#x017F;t der Mutter <note place="foot" n="3">Pind. N. 9, 4. Auch zu Sp. Ap. Pythaeus mit<lb/>
Leto u. Art. zu&#x017F;ammen, Pau&#x017F;. 3, 11.</note>; auf<lb/>
Kreta <note place="foot" n="4">Chishull <hi rendition="#aq">Ant. Asiatt.<lb/>
p.</hi> 133. Die Art. Knagia zu Sparta aus Kreta nach Pau&#x017F;. 3, 18.<lb/>
3. Amni&#x017F;i&#x017F;che Nymphen der Art. Kallim. 15. vgl. oben S. 206.</note>, Delos, Lesbos <note place="foot" n="5">S. 335, 1.</note>, zu Kartha&#x0364;a <note place="foot" n="6">Antonin. Lib. 1.</note>, im Didy-<lb/>
ma&#x0364;on <note place="foot" n="7">In&#x017F;chr. bei<lb/>
Walpole <hi rendition="#aq">Trav. p.</hi> 578. &#x1F51;&#x03B4;&#x03F1;&#x03BF;&#x03C6;&#x03BF;&#x03F1;&#x03BF;&#x03C2; &#x03B1;&#x03F1;&#x03C4;&#x03B5;&#x03BC;&#x03B9;&#x03B4;&#x03BF;&#x03C2; &#x03C0;&#x03C5;&#x03B8;&#x03B9;&#x03B7;&#x03C2;.</note>, auf der Troi&#x017F;chen Burg <note place="foot" n="8">S. 219.</note>, im Lyki&#x017F;chen Dien-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[368/0398] Karyatiſcher Jungfrauen wie in den Tempeltaͤnzen zu Epheſos verehrt wurde”, in ihrer Einheit zu faſſen: iſt es noͤthig, ein feſtes hiſtoriſch gegebenes Kri- terion aufzuſtellen, wornach ein Artemisdienſt vom an- dern zu ſcheiden ſein wird, und das außer den Sym- bolen und Ideen des Cultus liegen muß, weil deren moͤgliche oder nicht moͤgliche Verknuͤpfung ja eben pro- blematiſch iſt. 2. Als ein ſolches giebt ſich ſogleich der einfache Satz: Nur die mit Apollon verbundene Arte- mis gehoͤrt demſelben Syſteme religioͤſer Ideen an — alſo nicht die Epheſiſche Goͤttin, nicht die Orthiſche Artemis; nicht die Tauropolos, als in deren Dienſten nie Apollon als Brudergott vorkommt. Doch davon ſpaͤter. Hier zuerſt davon, daß in allen Haupttem- peln Apollons Artemis als ſeine Schweſter, als Theil- haberin ſeines Weſens und ſeiner Thaͤtigkeit, als eine andere Seite des Gottes angebetet wurde. So ſind beide Kinder der Lato 1 “der hohen Pytho gleichwal- tende Beherrſcher”, der Sieg uͤber Python, die Flucht, die Suͤhnung betrifft beide 2; beide verehrte man auch zu Sikyon in den Pythien nebſt der Mutter 3; auf Kreta 4, Delos, Lesbos 5, zu Karthaͤa 6, im Didy- maͤon 7, auf der Troiſchen Burg 8, im Lykiſchen Dien- 1 Pind. N. 6, 42. 9, 4. vgl. Hymn. Hom. 27, 14. die ἀϱὰ Ἀμφικτυόνων bei Aeſchin. geg. Kteſiph. 70, 36. Απολλωνος του Πυθιου και τας Λατος και τας Αϱταμι[τος] (sic) in der großen Delphiſchen Inſchr. der Choiſeul. Samml. Auch im T. zu Kirrha war die ganze Familie, Pauſ. 10, 36, 7. 2 Oben S. 315. 3 Pind. N. 9, 4. Auch zu Sp. Ap. Pythaeus mit Leto u. Art. zuſammen, Pauſ. 3, 11. 4 Chishull Ant. Asiatt. p. 133. Die Art. Knagia zu Sparta aus Kreta nach Pauſ. 3, 18. 3. Amniſiſche Nymphen der Art. Kallim. 15. vgl. oben S. 206. 5 S. 335, 1. 6 Antonin. Lib. 1. 7 Inſchr. bei Walpole Trav. p. 578. ὑδϱοφοϱος αϱτεμιδος πυθιης. 8 S. 219.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/398
Zitationshilfe: Müller, Karl Otfried: Die Dorier. Vier Bücher. Bd. 1. Breslau, 1824, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/mueller_hellenische02_1824/398>, abgerufen am 26.04.2024.