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Allgemeine Zeitung, Nr. 159, 7. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] gethan, als auch für das Versprechen, daß Sie Meine Negierung, so lange dieselbe
in Meinen Händen ist, in ihren Bestrebungen nach Kräften naterstützen werden.
Ich nehme Act von letzterem Versprechen; Ich nehme Act auch von dem Ver-
sprechen daß ihre Söhne, wenn etwa die Zeit kommen sollte das schwarzweiße
Banner zu entsalten, sich alle um das elbe schaaren werden. Das weiß Ich daß,
wenn der König oder Ich rufen sollte, sie kommen würden um mit Gut und Blut
für das Vaterland und Unsern Thron einzustehen. Ich hoffe aber, der Himmel
wird uns davor bewahren; Ich hoffe der Friede wird erhalten und alle Werke
des Friedens gefördert werden und gedeihen. Angesichts dieser Gesinnung der Stadt
und in der Hoffnung auf Erfüllung Ihrer Gelübde, sowohl im Frieden Mich und
Meine Regierung zu unterstützen, als auch im Kriege fest zu unserer Fahne zu
halten, bringe Ich das Wohl auf die Stadt Danzig aus. Es möge ihr stets
wohlergehn! Es lebe die Stadt Danzig, es lebe die Provinz, es lebe das Vater-
land."

In Dirschau hatte der Prinz-Regent am Sonnabend die Eisenbahnbrücke
besichtigt. Auf die Ergebenheitsadresse des Danziger Regierungsbezirks er-
wiederte der Prinz-Regent:

"Ich bin überzeugt daß Ihr Ausdruck der Ausfluß der Gesinnungen der
ganzen Provinz ist, und danke Ihnen dafür, indem Ich das feste Vertrauen aus-
spreche daß die hier versammelten Herren in guten und schlechten Tagen zu mir
halten werden. Es lebe die Provinz Preußen."

Am Sonntag Vormittag setzte der Prinz-Regent nach abgehaltener Pa-
rade die Reise nach "Königsberg" fort, wo der Festzug um 91/2 Uhr eintraf,
Nach der Vorstellung der auf dem Perron versammelten Herrschaften, und
nachdem der Prinz-Regent die Begrüßung der seitens der russischen Regie-
rung gesandten Deputation, bestehend aus den Herren: Generalgouverneur
von Wilna, Generaladjutant Nasimoff, Gouverneur von Kowno, Chanimski,
Gouverneur von Suwalken, Baron v. Fersen, u. s. w. entgegengenommen
hatte, setzte sich der Zug nach dem Schloß in Bewegung, worauf ein Diner
stattfand, dann das städtische Fest, schließlich allgemeine Illumination.


In Bezug auf die Denunciation Dr. v. Niego-
lewsk's gegen die hiesige Polizei und mehrere hohe Civilbeamte, die hier noch
immer alles in zwei Lager spaltet und zu fortgesetzten gegenseitigen Anklagen
in den Zeitungen Anlaß gibt, verlautet heute daß die Staatsanwaltschaft --
wie es heißt in Folge höherer Aufforderung -- eine gerichtliche Untersuchung
eingeleitet hat, die auch um so nothwendiger ist als die öffentliche Meinung
rectisicirt werden, und das Publicum erfahren muß ob die Polizei sich ver-
werflicher Mittel bedient hat um hinter die vorausgesetzten politischen Ver-
bindungen unserer tonangebenden Polen zu kommen, in Folge deren ein aus
London herübergekommener Emissär hier verhaftet und zu zwei Jahren Zucht-
haus verurtheilt worden ist. Man ist hier geneigt alle dießfällige Schuld auf
den bereits von hier entfernten Polizeirath Niederstetter zu schieben, der seine
Vorgesetzten getäuscht haben soll. Indessen verlautet heute auch daß der in
der Niegolewski'schen Denunciation der Mitwissenschaft beschuldigte hiesige
Regierungspräsident Frhr. v. Mirbach -- der jedoch die Beschuldigung als
unwahr zurückgewiesen -- als Director in die Oberrechenkammer zu Potsdam
versetzt werden würde. Ob der Polizeipräsident v. Bärensprung bleiben kann,
wird wohl von dem Resultat der Untersuchung abhängen.

Oesterreich.

Aus Konstantinopel erhält die Oestr. Z.
auf außerordentlichem Wege folgende Mittheilung über die günstige Wendung
der von Rußland aufs Tapet gebrachten orientalischen Frage: "In Folge der
von der Pforte getroffenen Anordnung daß der neuernannte Großwesir Kiprisli
Mehemed Pascha sich persönlich zur Vornahme der Enquete über die Lage der
christlichen Unterthanen an Ort und Stelle begeben solle, haben die Repräsen-
tanten Rußlands, Frankreichs und Englands in Konstantinopel Namens ihrer
Regierungen ihre Befriedigung mit dieser Maßregel ausgesprochen, welcher
Erklärung sich auch sofort der k. k. österreichische Internuntius, so wie der
Vertreter Preußens angeschlossen haben. Zugleich wird uns gemeldet daß
Kiprisli Mehemed Pascha zu diesem Behuf mehrere höhere Beamte christ-
licher Religion mit sich genommen hat um die betreffenden Erhebungen vor-
zunehmen. Wie wir bereits in unserm letzten Blatt gemeldet haben, hat
Kiprisli Mehemed Pascha sofort seine Reise nach Rumelien angetreten, und
war bereits am 31 Mai in Varna angekommen um in der Provinz Bulgarien
die ihm gewordene Aufgabe zu beginnen."

Wie der Wanderer vernimmt, wurde vom Proceß Richter die Unter-
suchung wider die übrigen im Unterschleifsproceß verwickelten Triester Kauf-
leute getrennt, und die Führung der letztern dem Landesgerichtsrath Höfler
übertragen. Die Verfolgung Jungs und Basevi's blieb resultatlos.

Der Fortschritt hat folgende zweite Verwarnung erhalten:

"Das Journal "Der Fortschritt" bringt in Nr. 151 einen "Garibaldi in
Palermo" überschriebenen Artikel, in welchem der gewaltsamen Umwälzung welche
dermalen im Königreich beider Sicilien stattfindet mit Wärme das Wort geführt
und der Auffland der Sicilianer als gerechtfertigt erklärt wird." "Da eine solche --
die Sympathien mit der Revolution offen zur Schau tragende, den Grundlagen
der Staatsgesellschast seindselige Haltung eines Journals nicht geduldet werden kann,
so wird der Redaction des "Fortschritt" in Folge hohen Erlasses des Statthalters
in Niederösterreich vom 1 Jun. 1. J. auf Grund des §. 22 der Preßordnung die
zweite Verwarnung ertheilt."

Das große conservative Organ von welchem schon mehrfach die Rede
war, wird, wie die Neuesten Nachr. vernehmen, vom 1 Jul. an hier er-
[Spaltenumbruch] scheinen. Als Redacteur wird ein Hr. Dr. Brühl aus Westfalen genannt.
Demselben wird ein Comite, gebildet aus einigen Herren der Adelspartei,
zur Seite stehen.

Aus Littau, 1 Jun., wird der N. Ztg. geschrieben: "Der zuletzt in
unserer Mitte weilende katholische Priester und ehemalige zweite Seelsorger
im Invalidenhause zu Wien, Johann Hirschberger, der bekannte Sprecher im
Wiener Odeonsaal 1848, der in dem darauf folgenden Jahr 1849 excom-
municirt, später jedoch wieder in die Kirche aufgenommen wurde -- hat sich
heute früh in einem Anfall von Wahnsinn erhenkt."


Im Amtsblatt der Wiener Zeitung stand vor-
gestern ein von dem hiesigen Handelsgericht erlassenes Edict, durch welches Hr.
Moriz v. Haber, der Vicepräsident des Verwaltungsraths der Theißeisen-
bahngesellschast, über eine von der Creditanstalt gegen ihn gerichtete Klage
auf Zahlung einer Contocorrent-Forderung von 55,860 fl. 12 kr. vorgela-
den, und ihm, da er unbekannten Ausenthaltes sey, ein Curator in der Per-
son des Advocaten Dr. Schönpflug bestellt wird. Diese Edictalvorladung
hat hier ungeheures Aufsehen gemacht, einerseits weil man Hrn. v. Haber
allgemein für einen reichen Mann hält, andrerseits weil aller Welt sein
jetziger Aufenthalt St. Petersburg, und nicht weniger die Veranlassung be-
kannt ist aus welcher er sich in die russische Hauptstadt begeben hat. Das
Räthsel wird nun heute in sehr einfacher Weise gelöst. Hr. v. Haber stellt
der Contocorrent-Forderung der Creditanstalt einen Compensationsanspruch
in gleicher Höhe entgegen, welchen letztere nicht anerkennt. Da die Parteien
sich über den Streitfall nicht zu vergleichen vermochten, so wurde die Sache
der richterlichen Entscheidung anheimgestellt. So weit wäre alles ganz na-
türlich, bis auf die Edictalvorladung. Diese ist damit nicht begreiflich ge-
macht, denn heute läßt die Creditanstalt öffentlich erklären daß weder sie
noch ihr Vertreter Dr. Joh. N. Berger in der Klage behauptet hätten daß
der Aufenthalt des Geklagten unbekannt sey, und daß daher weder sie noch
Dr. Berger bei dem Gericht ein auf Edictalvorladung des Geklagten gerich-
tetes Begehren gestellt hätten.

Oesterreichische Monarchie.

"Caveant consules!" So schließt in der
außerordentlichen Beilage zu Nr. 145 der "Allg. Ztg." ein von magyari-
scher
Hand geschriebener Aufsatz über den "Szechenyi-Cultus in Ungarn."
Caveant consules, rufen auch wir, und mit uns alle die es ehrlich mit der
Einheit Oesterreichs und dem Wohl Ungarns meinen. Man schelte uns
deßhalb nicht Schwarzseher, und lasse sich nicht von der scheinbar ruhigen
Oberfläche täuschen, welche die Lage der Dinge hierzuland seit kurzem ange-
nommen: in der Tiefe gährt es ja doch fort und fort. Die Modification
des Protestantenpatents hat allerdings die Gemüther beruhigt, aber nicht
darum weil der Monarch damit den Beweis geliefert daß er die "confessio-
nelle Ueberzeugung" achte und den vorgeblichen "Gewissensbedenklichkeiten
keinerlei Zwang angethan" sehen wolle, sondern darum weil dieser neuer-
liche Act der "landesväterlichen Huld" seiner Zeit als ein wohlzugerichteter
Präcedenzfall ausgenutzt und, wie man ohne Scheu öffentlich sich ausspricht,
zur Basis weitergehender Forderungen gemacht werden wird. Wie sehn-
suchtsvoll sind nicht jetzt die Blicke der Ultras nach Serbien, wo der alte
Milosch mit dem Tode ringt, und nach der Moldau und Walachei gekehrt,
in deren Nähe ein kosakischer Lanzenwald starren soll! Selbst die kleinen
Jungen plaudern davon daß in nicht gar langer Zeit von dort unten die
Unabhängigkeit Ungarns im Gefolge eines neuen Königs heraufziehen, und
alle "Schwaben" zum mindesten fortjagen werde. Weil man aber, wenn
diese Hoffnungen in Erfüllung gehen sollen, die Walachen in der türkischen
Donauniederung schon jetzt für sich gewinnen muß, so bedient man sich hiezu
der "magyarischen" Kunst, und läßt demnächst -- relata refero -- einige
Koryphäen des hiesigen Nationaltheaters nach Bucharest abgehen und auf den
Brettern, die auch dort die Welt bedeuten sollen, Propaganda machen.
Daß Schauspieler anderer Art in jenen Gegenden bereits seit längerer Zeit
gastiren, darüber liegen uns Nachrichten vor die allen Glauben verdienen.
Kürzlich erst erhielt das österreichische Generalconsulat in Bucharest aus
Fokschani die Meldung daß in dem letztgenannten Orte eine Anzahl ma-
gyarischer Flüchtlinge -- etwa vierzig -- sich herumtreibe, um den ihrer
Meinung nach sehr nahe bevorstehenden Umschwung der Dinge, bei dem
auch ihnen eine Rolle zugedacht sey, abzuwarten, und zugleich dafür zu sor-
gen daß ihre nach Ungarn reichenden Agitationsfäden weiter und weiter über
das Land gesponnen werden. Der Magyare der Ihnen über die Szeche-
nyi Apotheose so treffende Bemerkungen geschrieben, hat Recht wenn er auf
die eiserne Regierung eines Matthias Corvinus hindeutet; nur ein solches
Regiment, verbunden mit einer das ganze Reich umfassenden Verwaltungs-
sorgfalt, ist im Stande den Stürmen zu begegnen die vom Osten und Westen
in Verbindung mit unsern innern Feinden über Oesterreich heraufbeschworen
werden. Ihr hiesiger ** Correspondent faßt daher die Verhältnisse viel zu
naiv auf, wenn er, wie dieß in seinem Bericht d. d. 19 Mai geschieht, der
Magyarisirung der hiesigen Universität das Wort redet. Weiß er nicht

[Spaltenumbruch] gethan, als auch für das Verſprechen, daß Sie Meine Negierung, ſo lange dieſelbe
in Meinen Händen iſt, in ihren Beſtrebungen nach Kräften naterſtützen werden.
Ich nehme Act von letzterem Verſprechen; Ich nehme Act auch von dem Ver-
ſprechen daß ihre Söhne, wenn etwa die Zeit kommen ſollte das ſchwarzweiße
Banner zu entſalten, ſich alle um das elbe ſchaaren werden. Das weiß Ich daß,
wenn der König oder Ich rufen ſollte, ſie kommen würden um mit Gut und Blut
für das Vaterland und Unſern Thron einzuſtehen. Ich hoffe aber, der Himmel
wird uns davor bewahren; Ich hoffe der Friede wird erhalten und alle Werke
des Friedens gefördert werden und gedeihen. Angeſichts dieſer Geſinnung der Stadt
und in der Hoffnung auf Erfüllung Ihrer Gelübde, ſowohl im Frieden Mich und
Meine Regierung zu unterſtützen, als auch im Kriege feſt zu unſerer Fahne zu
halten, bringe Ich das Wohl auf die Stadt Danzig aus. Es möge ihr ſtets
wohlergehn! Es lebe die Stadt Danzig, es lebe die Provinz, es lebe das Vater-
land.“

In Dirſchau hatte der Prinz-Regent am Sonnabend die Eiſenbahnbrücke
beſichtigt. Auf die Ergebenheitsadreſſe des Danziger Regierungsbezirks er-
wiederte der Prinz-Regent:

„Ich bin überzeugt daß Ihr Ausdruck der Ausfluß der Geſinnungen der
ganzen Provinz iſt, und danke Ihnen dafür, indem Ich das feſte Vertrauen aus-
ſpreche daß die hier verſammelten Herren in guten und ſchlechten Tagen zu mir
halten werden. Es lebe die Provinz Preußen.“

Am Sonntag Vormittag ſetzte der Prinz-Regent nach abgehaltener Pa-
rade die Reiſe nach „Königsberg“ fort, wo der Feſtzug um 9½ Uhr eintraf,
Nach der Vorſtellung der auf dem Perron verſammelten Herrſchaften, und
nachdem der Prinz-Regent die Begrüßung der ſeitens der ruſſiſchen Regie-
rung geſandten Deputation, beſtehend aus den Herren: Generalgouverneur
von Wilna, Generaladjutant Naſimoff, Gouverneur von Kowno, Chanimski,
Gouverneur von Suwalken, Baron v. Ferſen, u. ſ. w. entgegengenommen
hatte, ſetzte ſich der Zug nach dem Schloß in Bewegung, worauf ein Diner
ſtattfand, dann das ſtädtiſche Feſt, ſchließlich allgemeine Illumination.


In Bezug auf die Denunciation Dr. v. Niego-
lewsk’s gegen die hieſige Polizei und mehrere hohe Civilbeamte, die hier noch
immer alles in zwei Lager ſpaltet und zu fortgeſetzten gegenſeitigen Anklagen
in den Zeitungen Anlaß gibt, verlautet heute daß die Staatsanwaltſchaft —
wie es heißt in Folge höherer Aufforderung — eine gerichtliche Unterſuchung
eingeleitet hat, die auch um ſo nothwendiger iſt als die öffentliche Meinung
rectiſicirt werden, und das Publicum erfahren muß ob die Polizei ſich ver-
werflicher Mittel bedient hat um hinter die vorausgeſetzten politiſchen Ver-
bindungen unſerer tonangebenden Polen zu kommen, in Folge deren ein aus
London herübergekommener Emiſſär hier verhaftet und zu zwei Jahren Zucht-
haus verurtheilt worden iſt. Man iſt hier geneigt alle dießfällige Schuld auf
den bereits von hier entfernten Polizeirath Niederſtetter zu ſchieben, der ſeine
Vorgeſetzten getäuſcht haben ſoll. Indeſſen verlautet heute auch daß der in
der Niegolewski’ſchen Denunciation der Mitwiſſenſchaft beſchuldigte hieſige
Regierungspräſident Frhr. v. Mirbach — der jedoch die Beſchuldigung als
unwahr zurückgewieſen — als Director in die Oberrechenkammer zu Potsdam
verſetzt werden würde. Ob der Polizeipräſident v. Bärenſprung bleiben kann,
wird wohl von dem Reſultat der Unterſuchung abhängen.

Oeſterreich.

Aus Konſtantinopel erhält die Oeſtr. Z.
auf außerordentlichem Wege folgende Mittheilung über die günſtige Wendung
der von Rußland aufs Tapet gebrachten orientaliſchen Frage: „In Folge der
von der Pforte getroffenen Anordnung daß der neuernannte Großweſir Kiprisli
Mehemed Paſcha ſich perſönlich zur Vornahme der Enquête über die Lage der
chriſtlichen Unterthanen an Ort und Stelle begeben ſolle, haben die Repräſen-
tanten Rußlands, Frankreichs und Englands in Konſtantinopel Namens ihrer
Regierungen ihre Befriedigung mit dieſer Maßregel ausgeſprochen, welcher
Erklärung ſich auch ſofort der k. k. öſterreichiſche Internuntius, ſo wie der
Vertreter Preußens angeſchloſſen haben. Zugleich wird uns gemeldet daß
Kiprisli Mehemed Paſcha zu dieſem Behuf mehrere höhere Beamte chriſt-
licher Religion mit ſich genommen hat um die betreffenden Erhebungen vor-
zunehmen. Wie wir bereits in unſerm letzten Blatt gemeldet haben, hat
Kiprisli Mehemed Paſcha ſofort ſeine Reiſe nach Rumelien angetreten, und
war bereits am 31 Mai in Varna angekommen um in der Provinz Bulgarien
die ihm gewordene Aufgabe zu beginnen.“

Wie der Wanderer vernimmt, wurde vom Proceß Richter die Unter-
ſuchung wider die übrigen im Unterſchleifsproceß verwickelten Trieſter Kauf-
leute getrennt, und die Führung der letztern dem Landesgerichtsrath Höfler
übertragen. Die Verfolgung Jungs und Baſevi’s blieb reſultatlos.

Der Fortſchritt hat folgende zweite Verwarnung erhalten:

„Das Journal „Der Fortſchritt“ bringt in Nr. 151 einen „Garibaldi in
Palermo“ überſchriebenen Artikel, in welchem der gewaltſamen Umwälzung welche
dermalen im Königreich beider Sicilien ſtattfindet mit Wärme das Wort geführt
und der Auffland der Sicilianer als gerechtfertigt erklärt wird.“ „Da eine ſolche —
die Sympathien mit der Revolution offen zur Schau tragende, den Grundlagen
der Staatsgeſellſchaſt ſeindſelige Haltung eines Journals nicht geduldet werden kann,
ſo wird der Redaction des „Fortſchritt“ in Folge hohen Erlaſſes des Statthalters
in Niederöſterreich vom 1 Jun. 1. J. auf Grund des §. 22 der Preßordnung die
zweite Verwarnung ertheilt.“

Das große conſervative Organ von welchem ſchon mehrfach die Rede
war, wird, wie die Neueſten Nachr. vernehmen, vom 1 Jul. an hier er-
[Spaltenumbruch] ſcheinen. Als Redacteur wird ein Hr. Dr. Brühl aus Weſtfalen genannt.
Demſelben wird ein Comité, gebildet aus einigen Herren der Adelspartei,
zur Seite ſtehen.

Aus Littau, 1 Jun., wird der N. Ztg. geſchrieben: „Der zuletzt in
unſerer Mitte weilende katholiſche Prieſter und ehemalige zweite Seelſorger
im Invalidenhauſe zu Wien, Johann Hirſchberger, der bekannte Sprecher im
Wiener Odeonſaal 1848, der in dem darauf folgenden Jahr 1849 excom-
municirt, ſpäter jedoch wieder in die Kirche aufgenommen wurde — hat ſich
heute früh in einem Anfall von Wahnſinn erhenkt.“


Im Amtsblatt der Wiener Zeitung ſtand vor-
geſtern ein von dem hieſigen Handelsgericht erlaſſenes Edict, durch welches Hr.
Moriz v. Haber, der Vicepräſident des Verwaltungsraths der Theißeiſen-
bahngeſellſchaſt, über eine von der Creditanſtalt gegen ihn gerichtete Klage
auf Zahlung einer Contocorrent-Forderung von 55,860 fl. 12 kr. vorgela-
den, und ihm, da er unbekannten Auſenthaltes ſey, ein Curator in der Per-
ſon des Advocaten Dr. Schönpflug beſtellt wird. Dieſe Edictalvorladung
hat hier ungeheures Aufſehen gemacht, einerſeits weil man Hrn. v. Haber
allgemein für einen reichen Mann hält, andrerſeits weil aller Welt ſein
jetziger Aufenthalt St. Petersburg, und nicht weniger die Veranlaſſung be-
kannt iſt aus welcher er ſich in die ruſſiſche Hauptſtadt begeben hat. Das
Räthſel wird nun heute in ſehr einfacher Weiſe gelöst. Hr. v. Haber ſtellt
der Contocorrent-Forderung der Creditanſtalt einen Compenſationsanſpruch
in gleicher Höhe entgegen, welchen letztere nicht anerkennt. Da die Parteien
ſich über den Streitfall nicht zu vergleichen vermochten, ſo wurde die Sache
der richterlichen Entſcheidung anheimgeſtellt. So weit wäre alles ganz na-
türlich, bis auf die Edictalvorladung. Dieſe iſt damit nicht begreiflich ge-
macht, denn heute läßt die Creditanſtalt öffentlich erklären daß weder ſie
noch ihr Vertreter Dr. Joh. N. Berger in der Klage behauptet hätten daß
der Aufenthalt des Geklagten unbekannt ſey, und daß daher weder ſie noch
Dr. Berger bei dem Gericht ein auf Edictalvorladung des Geklagten gerich-
tetes Begehren geſtellt hätten.

Oeſterreichiſche Monarchie.

Caveant consules!“ So ſchließt in der
außerordentlichen Beilage zu Nr. 145 der „Allg. Ztg.“ ein von magyari-
ſcher
Hand geſchriebener Aufſatz über den „Széchenyi-Cultus in Ungarn.“
Caveant consules, rufen auch wir, und mit uns alle die es ehrlich mit der
Einheit Oeſterreichs und dem Wohl Ungarns meinen. Man ſchelte uns
deßhalb nicht Schwarzſeher, und laſſe ſich nicht von der ſcheinbar ruhigen
Oberfläche täuſchen, welche die Lage der Dinge hierzuland ſeit kurzem ange-
nommen: in der Tiefe gährt es ja doch fort und fort. Die Modification
des Proteſtantenpatents hat allerdings die Gemüther beruhigt, aber nicht
darum weil der Monarch damit den Beweis geliefert daß er die „confeſſio-
nelle Ueberzeugung“ achte und den vorgeblichen „Gewiſſensbedenklichkeiten
keinerlei Zwang angethan“ ſehen wolle, ſondern darum weil dieſer neuer-
liche Act der „landesväterlichen Huld“ ſeiner Zeit als ein wohlzugerichteter
Präcedenzfall ausgenutzt und, wie man ohne Scheu öffentlich ſich ausſpricht,
zur Baſis weitergehender Forderungen gemacht werden wird. Wie ſehn-
ſuchtsvoll ſind nicht jetzt die Blicke der Ultras nach Serbien, wo der alte
Miloſch mit dem Tode ringt, und nach der Moldau und Walachei gekehrt,
in deren Nähe ein koſakiſcher Lanzenwald ſtarren ſoll! Selbſt die kleinen
Jungen plaudern davon daß in nicht gar langer Zeit von dort unten die
Unabhängigkeit Ungarns im Gefolge eines neuen Königs heraufziehen, und
alle „Schwaben“ zum mindeſten fortjagen werde. Weil man aber, wenn
dieſe Hoffnungen in Erfüllung gehen ſollen, die Walachen in der türkiſchen
Donauniederung ſchon jetzt für ſich gewinnen muß, ſo bedient man ſich hiezu
der „magyariſchen“ Kunſt, und läßt demnächſt — relata refero — einige
Koryphäen des hieſigen Nationaltheaters nach Buchareſt abgehen und auf den
Brettern, die auch dort die Welt bedeuten ſollen, Propaganda machen.
Daß Schauſpieler anderer Art in jenen Gegenden bereits ſeit längerer Zeit
gaſtiren, darüber liegen uns Nachrichten vor die allen Glauben verdienen.
Kürzlich erſt erhielt das öſterreichiſche Generalconſulat in Buchareſt aus
Fokſchani die Meldung daß in dem letztgenannten Orte eine Anzahl ma-
gyariſcher Flüchtlinge — etwa vierzig — ſich herumtreibe, um den ihrer
Meinung nach ſehr nahe bevorſtehenden Umſchwung der Dinge, bei dem
auch ihnen eine Rolle zugedacht ſey, abzuwarten, und zugleich dafür zu ſor-
gen daß ihre nach Ungarn reichenden Agitationsfäden weiter und weiter über
das Land geſponnen werden. Der Magyare der Ihnen über die Széche-
nyi Apotheoſe ſo treffende Bemerkungen geſchrieben, hat Recht wenn er auf
die eiſerne Regierung eines Matthias Corvinus hindeutet; nur ein ſolches
Regiment, verbunden mit einer das ganze Reich umfaſſenden Verwaltungs-
ſorgfalt, iſt im Stande den Stürmen zu begegnen die vom Oſten und Weſten
in Verbindung mit unſern innern Feinden über Oeſterreich heraufbeſchworen
werden. Ihr hieſiger ** Correſpondent faßt daher die Verhältniſſe viel zu
naiv auf, wenn er, wie dieß in ſeinem Bericht d. d. 19 Mai geſchieht, der
Magyariſirung der hieſigen Univerſität das Wort redet. Weiß er nicht

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[2648/0004] gethan, als auch für das Verſprechen, daß Sie Meine Negierung, ſo lange dieſelbe in Meinen Händen iſt, in ihren Beſtrebungen nach Kräften naterſtützen werden. Ich nehme Act von letzterem Verſprechen; Ich nehme Act auch von dem Ver- ſprechen daß ihre Söhne, wenn etwa die Zeit kommen ſollte das ſchwarzweiße Banner zu entſalten, ſich alle um das elbe ſchaaren werden. Das weiß Ich daß, wenn der König oder Ich rufen ſollte, ſie kommen würden um mit Gut und Blut für das Vaterland und Unſern Thron einzuſtehen. Ich hoffe aber, der Himmel wird uns davor bewahren; Ich hoffe der Friede wird erhalten und alle Werke des Friedens gefördert werden und gedeihen. Angeſichts dieſer Geſinnung der Stadt und in der Hoffnung auf Erfüllung Ihrer Gelübde, ſowohl im Frieden Mich und Meine Regierung zu unterſtützen, als auch im Kriege feſt zu unſerer Fahne zu halten, bringe Ich das Wohl auf die Stadt Danzig aus. Es möge ihr ſtets wohlergehn! Es lebe die Stadt Danzig, es lebe die Provinz, es lebe das Vater- land.“ In Dirſchau hatte der Prinz-Regent am Sonnabend die Eiſenbahnbrücke beſichtigt. Auf die Ergebenheitsadreſſe des Danziger Regierungsbezirks er- wiederte der Prinz-Regent: „Ich bin überzeugt daß Ihr Ausdruck der Ausfluß der Geſinnungen der ganzen Provinz iſt, und danke Ihnen dafür, indem Ich das feſte Vertrauen aus- ſpreche daß die hier verſammelten Herren in guten und ſchlechten Tagen zu mir halten werden. Es lebe die Provinz Preußen.“ Am Sonntag Vormittag ſetzte der Prinz-Regent nach abgehaltener Pa- rade die Reiſe nach „Königsberg“ fort, wo der Feſtzug um 9½ Uhr eintraf, Nach der Vorſtellung der auf dem Perron verſammelten Herrſchaften, und nachdem der Prinz-Regent die Begrüßung der ſeitens der ruſſiſchen Regie- rung geſandten Deputation, beſtehend aus den Herren: Generalgouverneur von Wilna, Generaladjutant Naſimoff, Gouverneur von Kowno, Chanimski, Gouverneur von Suwalken, Baron v. Ferſen, u. ſ. w. entgegengenommen hatte, ſetzte ſich der Zug nach dem Schloß in Bewegung, worauf ein Diner ſtattfand, dann das ſtädtiſche Feſt, ſchließlich allgemeine Illumination. -m- Poſen, 2 Jun. In Bezug auf die Denunciation Dr. v. Niego- lewsk’s gegen die hieſige Polizei und mehrere hohe Civilbeamte, die hier noch immer alles in zwei Lager ſpaltet und zu fortgeſetzten gegenſeitigen Anklagen in den Zeitungen Anlaß gibt, verlautet heute daß die Staatsanwaltſchaft — wie es heißt in Folge höherer Aufforderung — eine gerichtliche Unterſuchung eingeleitet hat, die auch um ſo nothwendiger iſt als die öffentliche Meinung rectiſicirt werden, und das Publicum erfahren muß ob die Polizei ſich ver- werflicher Mittel bedient hat um hinter die vorausgeſetzten politiſchen Ver- bindungen unſerer tonangebenden Polen zu kommen, in Folge deren ein aus London herübergekommener Emiſſär hier verhaftet und zu zwei Jahren Zucht- haus verurtheilt worden iſt. Man iſt hier geneigt alle dießfällige Schuld auf den bereits von hier entfernten Polizeirath Niederſtetter zu ſchieben, der ſeine Vorgeſetzten getäuſcht haben ſoll. Indeſſen verlautet heute auch daß der in der Niegolewski’ſchen Denunciation der Mitwiſſenſchaft beſchuldigte hieſige Regierungspräſident Frhr. v. Mirbach — der jedoch die Beſchuldigung als unwahr zurückgewieſen — als Director in die Oberrechenkammer zu Potsdam verſetzt werden würde. Ob der Polizeipräſident v. Bärenſprung bleiben kann, wird wohl von dem Reſultat der Unterſuchung abhängen. Oeſterreich. Wien, 4 Jun. Aus Konſtantinopel erhält die Oeſtr. 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Wie wir bereits in unſerm letzten Blatt gemeldet haben, hat Kiprisli Mehemed Paſcha ſofort ſeine Reiſe nach Rumelien angetreten, und war bereits am 31 Mai in Varna angekommen um in der Provinz Bulgarien die ihm gewordene Aufgabe zu beginnen.“ Wie der Wanderer vernimmt, wurde vom Proceß Richter die Unter- ſuchung wider die übrigen im Unterſchleifsproceß verwickelten Trieſter Kauf- leute getrennt, und die Führung der letztern dem Landesgerichtsrath Höfler übertragen. Die Verfolgung Jungs und Baſevi’s blieb reſultatlos. Der Fortſchritt hat folgende zweite Verwarnung erhalten: „Das Journal „Der Fortſchritt“ bringt in Nr. 151 einen „Garibaldi in Palermo“ überſchriebenen Artikel, in welchem der gewaltſamen Umwälzung welche dermalen im Königreich beider Sicilien ſtattfindet mit Wärme das Wort geführt und der Auffland der Sicilianer als gerechtfertigt erklärt wird.“ „Da eine ſolche — die Sympathien mit der Revolution offen zur Schau tragende, den Grundlagen der Staatsgeſellſchaſt ſeindſelige Haltung eines Journals nicht geduldet werden kann, ſo wird der Redaction des „Fortſchritt“ in Folge hohen Erlaſſes des Statthalters in Niederöſterreich vom 1 Jun. 1. J. auf Grund des §. 22 der Preßordnung die zweite Verwarnung ertheilt.“ Das große conſervative Organ von welchem ſchon mehrfach die Rede war, wird, wie die Neueſten Nachr. vernehmen, vom 1 Jul. an hier er- ſcheinen. Als Redacteur wird ein Hr. Dr. Brühl aus Weſtfalen genannt. Demſelben wird ein Comité, gebildet aus einigen Herren der Adelspartei, zur Seite ſtehen. Aus Littau, 1 Jun., wird der N. Ztg. geſchrieben: „Der zuletzt in unſerer Mitte weilende katholiſche Prieſter und ehemalige zweite Seelſorger im Invalidenhauſe zu Wien, Johann Hirſchberger, der bekannte Sprecher im Wiener Odeonſaal 1848, der in dem darauf folgenden Jahr 1849 excom- municirt, ſpäter jedoch wieder in die Kirche aufgenommen wurde — hat ſich heute früh in einem Anfall von Wahnſinn erhenkt.“ † Wien, 4 Jun. Im Amtsblatt der Wiener Zeitung ſtand vor- geſtern ein von dem hieſigen Handelsgericht erlaſſenes Edict, durch welches Hr. Moriz v. Haber, der Vicepräſident des Verwaltungsraths der Theißeiſen- bahngeſellſchaſt, über eine von der Creditanſtalt gegen ihn gerichtete Klage auf Zahlung einer Contocorrent-Forderung von 55,860 fl. 12 kr. vorgela- den, und ihm, da er unbekannten Auſenthaltes ſey, ein Curator in der Per- ſon des Advocaten Dr. Schönpflug beſtellt wird. Dieſe Edictalvorladung hat hier ungeheures Aufſehen gemacht, einerſeits weil man Hrn. v. Haber allgemein für einen reichen Mann hält, andrerſeits weil aller Welt ſein jetziger Aufenthalt St. Petersburg, und nicht weniger die Veranlaſſung be- kannt iſt aus welcher er ſich in die ruſſiſche Hauptſtadt begeben hat. Das Räthſel wird nun heute in ſehr einfacher Weiſe gelöst. Hr. v. Haber ſtellt der Contocorrent-Forderung der Creditanſtalt einen Compenſationsanſpruch in gleicher Höhe entgegen, welchen letztere nicht anerkennt. Da die Parteien ſich über den Streitfall nicht zu vergleichen vermochten, ſo wurde die Sache der richterlichen Entſcheidung anheimgeſtellt. So weit wäre alles ganz na- türlich, bis auf die Edictalvorladung. Dieſe iſt damit nicht begreiflich ge- macht, denn heute läßt die Creditanſtalt öffentlich erklären daß weder ſie noch ihr Vertreter Dr. Joh. N. 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Die Modification des Proteſtantenpatents hat allerdings die Gemüther beruhigt, aber nicht darum weil der Monarch damit den Beweis geliefert daß er die „confeſſio- nelle Ueberzeugung“ achte und den vorgeblichen „Gewiſſensbedenklichkeiten keinerlei Zwang angethan“ ſehen wolle, ſondern darum weil dieſer neuer- liche Act der „landesväterlichen Huld“ ſeiner Zeit als ein wohlzugerichteter Präcedenzfall ausgenutzt und, wie man ohne Scheu öffentlich ſich ausſpricht, zur Baſis weitergehender Forderungen gemacht werden wird. Wie ſehn- ſuchtsvoll ſind nicht jetzt die Blicke der Ultras nach Serbien, wo der alte Miloſch mit dem Tode ringt, und nach der Moldau und Walachei gekehrt, in deren Nähe ein koſakiſcher Lanzenwald ſtarren ſoll! Selbſt die kleinen Jungen plaudern davon daß in nicht gar langer Zeit von dort unten die Unabhängigkeit Ungarns im Gefolge eines neuen Königs heraufziehen, und alle „Schwaben“ zum mindeſten fortjagen werde. Weil man aber, wenn dieſe Hoffnungen in Erfüllung gehen ſollen, die Walachen in der türkiſchen Donauniederung ſchon jetzt für ſich gewinnen muß, ſo bedient man ſich hiezu der „magyariſchen“ Kunſt, und läßt demnächſt — relata refero — einige Koryphäen des hieſigen Nationaltheaters nach Buchareſt abgehen und auf den Brettern, die auch dort die Welt bedeuten ſollen, Propaganda machen. Daß Schauſpieler anderer Art in jenen Gegenden bereits ſeit längerer Zeit gaſtiren, darüber liegen uns Nachrichten vor die allen Glauben verdienen. Kürzlich erſt erhielt das öſterreichiſche Generalconſulat in Buchareſt aus Fokſchani die Meldung daß in dem letztgenannten Orte eine Anzahl ma- gyariſcher Flüchtlinge — etwa vierzig — ſich herumtreibe, um den ihrer Meinung nach ſehr nahe bevorſtehenden Umſchwung der Dinge, bei dem auch ihnen eine Rolle zugedacht ſey, abzuwarten, und zugleich dafür zu ſor- gen daß ihre nach Ungarn reichenden Agitationsfäden weiter und weiter über das Land geſponnen werden. Der Magyare der Ihnen über die Széche- nyi Apotheoſe ſo treffende Bemerkungen geſchrieben, hat Recht wenn er auf die eiſerne Regierung eines Matthias Corvinus hindeutet; nur ein ſolches Regiment, verbunden mit einer das ganze Reich umfaſſenden Verwaltungs- ſorgfalt, iſt im Stande den Stürmen zu begegnen die vom Oſten und Weſten in Verbindung mit unſern innern Feinden über Oeſterreich heraufbeſchworen werden. Ihr hieſiger ** Correſpondent faßt daher die Verhältniſſe viel zu naiv auf, wenn er, wie dieß in ſeinem Bericht d. d. 19 Mai geſchieht, der Magyariſirung der hieſigen Univerſität das Wort redet. Weiß er nicht

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-01-12T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 159, 7. Juni 1860, S. 2648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine159_1860/4>, abgerufen am 15.05.2024.