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Allgemeine Zeitung, Nr. 159, 7. Juni 1860.

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der Rebellion! Um die Sache glaublich zu machen, müssen die Mitglieder
der Gesellschaft Jesu ins Spiel gezogen werden; denn bei den Massen ge-
nügt die bloße Nennung dieses viel angegriffenen Ordens, um ihnen auf
die wohlfeilste Weise Angst in die Knochen zu jagen. "Die Staaten," fährt
die Opinione fort, "glauben sich zu vertheidigen und die innere Ruhe zu
schützen indem sie die Jesuiten ausweisen; allein diese kehren als Geistliche
oder als Private verkleidet zurück, und constituiren sich als geheime Gesell-
schaft in den Provinzen. So haben wir es unter Louis Philipp gefehen,
so sehen wir es gegenwärtig bei uns." Die Opinione verspricht daß die Re-
gierung nichts versäumen werde dieser vielköpfigen Hydra den Garaus zu
machen, doch auf gesetzlichem Weg und nur auf gesetzlichem Weg! -- In der
gestrigen Senatssitzung ergriff Senator Ricci das Wort, um vom Mini-
sterpräsidenten Auskunft zu erhalten ob man von Oesterreich eine Vergü-
tung der im vorjährigen Krieg in den alten Provinzen des Königreichs erho-
benen bedeutenden Requisitionen verlangt habe. Im Jahr 1849 habe Oester-
reich nach dem Krieg unter dem Titel "Kriegsentschädigung" die Summe von
75 Millionen verlangt. Dort sey Oesterreich allerdings Sieger gewesen,
und konnte Gesetze dictiren. Allein 1859 habe es, als besiegt, die Billigkeit
desselben Princips ebenfalls anzuerkennen. Uebrigens hätte man den Be-
trag an der Uebernahmssumme der lombardischen Schuld in Abzug bringen
sollen. Graf Cavour erwiedert, die sardinischen Commissäre hätten nicht ver-
säumt in diesem Betreff ihre Anträge zu stellen, allein sie seyen von den fran-
zösischen Commissären nicht unterstützt worden. Was die Zusammenstellung
der Jahre 1848 und 1859 betreffe, so könne hier kein Vergleich stattfinden.
Im Jahr 1849 erhielt Oesterreich keine Territorialcompensation, wohl aber
eine Kriegsentschädigung. Im Jahr 1859 dagegen mußte Oesterreich eine
seiner schönsten Provinzen abtreken; hierin liegt der Unterschied. "Ich bin
überzeugt," sagt Cavour "daß, wenn man von Oesterreich bloß eine Kriegsent-
schädigung verlangt hätte, dieses die schwersten Verbindlichkeiten eingegangen
hätte; allein wir müssen gestehen daß Oesterreich auch nach Villafranca kei-
neswegs in so schlimmer Lage war daß es zu der Abtretung der Lombardei
sich auch noch eine Kriegsentschädigung hätte gefallen lassen. Uebrigens ist
man bei diplomatischen Unterhandlungen oft gezwungen billige Forderungen
aufzugeben. Sollten wir aber künftighin uns wieder unter bessern Verhält-
nissen Oesterreich gegenüber befinden, so möge der Hr. Senator sicher seyn
daß wir es einzubringen suchen werden, und ich bin sehr zufrieden daß der-
selbe mir Gelegenheit gab diesen Vorbehalt zu machen." Die HH. Sena-
toren fanden diese hochfahrende Sprache sehr ergötzlich.


Von Sicilien tausend widersprechende Berichte.
Immerhin ist Garibaldi Herr von Palermo, Dictator der provisorischen Re-
gierung, täglich neue Proclamationen. Hier eine solche von Vinc. Fusca:

Ich übersende euch den General Garibaldi, den
Dictator des provisorischen Rgierung von Sicilien, dessen Name "Sieg" ist, um
eine Regierung im Namen Sr. Maj. Bictor Emmanuels herzustellen, und deßhalb
setzen sich in Marschbewegung jene Tapfern deren Leben ein Gegengewicht der
Schande der Sklaverei ist. Ihr habt es vorbereitet, und dafür unsern und unsers
Vaterlandes Dank. Das von euch gewählte Comite wache über das Land und
dessen Verwaltung. Brüder! In der Einheit ist Kraft. Fluch allem Privathaß,
Er entnervt die Kräfte, macht uns schwach. Europa steht auf uns -- daß daher
keine schlechte Idee den Glanz unserer Sache trübe! Wir werden siegen! Es
lebe Victor Emmanuel! es lebe Garibaldi! Gez.

Die Geldsammlungen dauern fort. Der Stadtrath der Vorstädte Mai-
lands votirte 20,000 Lire, der von Casale 2000, der von Brescia sandte
schon zum drittenmal 11,005 L. Die Sammlung der "Perseveranza" betrug
gestern 72,975 L. 46 Cent., die k. Ingenieure von Mailand lieferten 1421,
und das politische Commissariat von Trevillio 100 L. Und von all diesem
weiß die Regierung nichts! Die Direction des Fonds für eine Million
Waffen, die unter der Leitung der Regierung steht, erhielt von Garibaldi
selbst einen Brief, in welchem man unter anderm liest: "Ich muß geste-
hen, die Neapolitaner kämpfen wie Löwen, und nie habe ich so
verzweifelten Kampf gekämpft in Italien, und nie hatte ich so
verwegene Gegner. Diese Soldaten, gut geleitet, würden
kämpfen wie die ersten Soldaten der Welt.
" Da sehe man wie
schamlos die Lüge aller jener Proclamationen die das neapolitanische Heer als
demoralisirt und feig darstellten! Hier liegt der Beweis aus Garibaldi's eige-
ner Feder vor. Woher und wozu nun jene Märchen der erbärmlichsten Art,
die jedes officielle oder officiöse Piemonteser Blatt bringen mußte, vom Schre-
cken vor dem Namen Garibaldi's, von Fliehen, von Waffenstrecken, von
massenhafter Desertion u. s. w.? Lüge ist es und Aufschneiderei, die sich
freilich hinter Thür und Wänden leicht machen lassen. Und doch mußten die
Königlichen weichen. Es liegt da ein Räthsel vor, das erst noch gelöst
werden muß. Der General schreibt noch weiter: "Ich kann den Punkt
nicht bestimmen wohin ihr mir Waffen und Munition schicken
sollt, haltet aber viel in Bereitschaft, bald werdet ihr ihr Ziel
erfahren.
" Es würde schwierig seyn dieses Document abläugnen zu wollen,
es existirt, und ist publicirt in den Blättern der Regierung. Man glaubt
die Leute seyen so weit gediehen, daß sie auch mit grobem Sand geblendet
werden können!

Rußland und Polen.

Aus unserm Nachbarlande
berichtet man uns heute daß sämmtliche beurlaubte Militärs plötzlich einberu-
fen sind, und daß das zweite russische Armeecorps Befehl erhalten hat sich zum
Vorrücken nach dem Pruth in Bereitschaft zu setzen. *) Der "Czas" will wissen
daß das in Bessarabien zusammengezogene fünste Armeecorps nicht 60, son-
dern nur 30,000 Mann stark sey -- eine Behauptung die mit der Wahrheit
wohl übereinstimmen dürfte, da auch das zweite Armeecorps gewiß nicht viel
über die Hälfte seiner Nominalzahl stark ist. Den polnischen Zeitungen zu-
folge ist der Panslavismus überall in großer Bewegung, und drängt zur Her-
stellung des verheißenen Leuchtenberg'schen neuen Königreichs. Indessen
wollen die Blätter auch wissen daß zwischen dem Kaiser und Gortschakoff
wiederum einige Verstimmung herrsche, weil letzterer entschieden die Ansicht
geltend gemacht daß der französische Kaiser Rußland in Beziehung auf den
Orient ganz freie Hand lassen werde, L. Napoleon nenerdings aber doch aller-
lei Bedenken geltend gemacht habe. Behauptet wird auch daß dem König von
Dänemark gegen Aggression des deutschen Bundes russische Sympathien zu-
gesagt seyen.

Handels- und Börsennachrichten.

(Handelsübersicht der Woche.)

Die Specnlations-
thätigkeit bleibt noch immer durch die Ungewißheit der politischen Aussichten gelähmt,
und diesem Umstand ist es zuzuschreiben daß der Geldmarkt wieder flotter war, daß
Wechsel erster Häuser ohne Schwierigkeit zu 33/4 Proc. begeben werden konnten.
In der Bank häufen sich die Capitalien, und sie wird demuächst wohl wieder ihre
gewöhnlichen Quartalerhöhungen aufnehmen. In den continentalen Wechselcursen
hat sich kaum etwas geäudert, und die Comptanteneinsuhr betrug im ganzen nicht
über 209,000 Pf. St., davon der bei weitem größte Theil aus New-York. Die
Börse, zu Anfang der Woche günstiger gestimmt, konnte sich dem Eindruck un-
günstiger Gerüchte nicht entziehen, und englische Fonds haben sich allmählich wieder
unter 95 gedrückt. Englische Bahnen haben dagegen abermals um 1/2 bis 1 Proc.
angezogen. Auf der Kornbörse war das Geschäft limitirt, die Preise schließen wie
Anfangs der Woche. -- Bankansweis. Staatsdepositen 7,489,290 Pf. St.
(Abnahme 177,243 Pf. St.); andere Depositen 12,551,247 Pf. St. (Abnahme
18,601 Pf. St.); Rest 3,218,848 Pf. St. (Abnahme 59,178 Pf. St.); Regie-
rungssicherheiten 9,748,943 Pf. St. (unverändert); andere Sicherheiten 19,833,341
Pf. St. (Abnahme 103,243 Pf. St.); unverwendete Noten 8,173,055 Pf. St.
(Abnahme 173,045 Pf. St.). Es befinden sich Noten im Umlauf 21,447,495
Pf. St. (Zuwachs 224,205 Pf. St.); Metallvorrath 15,892,112 Pf. St. (Zu-
nahme 47,917 Pf. St.).



Neueste Posten.

Gestern Abend um 8 Uhr kam Se. Maj.
König Ludwig wieder von Wien mit dem gewöhnlichen Zug, der eine Menge
Landvolks aus dem Hochland und dem Chiemseegebiet brachte, über Rosenheim
im besten Wohlseyn hier an, am Bahnhof von Prinz und Prinzessin Adalbert
empfangen. -- Regensburger Blätter bringen an ihrer Spitze das aus
Darmstadt datirte Handschreiben Sr. Maj. des Königs Mar an den Regie-
rungsprästdenten Frhrn. v. Künsberg: "Es hat mich sehr gefreut Meine treue
Stadt Regensburg bei dem jüngsten schönen Fest wiederzusehen. Zu Meinem
Bedauern wollte Mir die Ungunst der Witterung nicht gestatten dem Zug
Meines Herzens genugsam zu folgen, und die Freude des Festes in noch
höherm Maße zu theilen. Dennoch habe Ich mit inniger Befriedigung die
warme Kundgebung treuer Anhänglichkeit wahrgenommen. Ich beauftrage
Sie daher der Stadt Meinen freundlichen Dank auszudrücken, und bin mit
wohlwollenden Gesinnungen Ihr wohlgewogener König Max." -- Während
es heißt: Ihre Maj. die Königin wolle wahrscheinlich schon nächsten Sonntag
hieher aus Darmstadt zurückkehren, bringt der B. K. die Rachricht daß der
König und die Königin nächste Woche von Darmstadt aus die Rheinpfalz be-
suchen wollen. -- Der Geheime und Ministerialrath v. Kleinschrod wurde
pensionirt. -- Wenn jüngst in der Allg. Ztg. von hier aus die Vermuthung
ausgesprochen wurde daß die Pfälzer bald genug Wünsche auf Gleichstellung
mit den übrigen Provinzen Bayerns hinsichtlich der Gesetzgebung, besonders
in Bezug auf Gemeindeversassung und Schwurgericht, stellen werden, so ist
dieß durch den Antrag Jordans im pfälzischen Landrath, der jetzt auch
dem Wortlaut nach bekannt ist, buchstäblich erfüllt. Wenn früher die
Pfalz Ursache hatte an ihren französischen Gesetzen zu halten, meint der
Antragsteller, so sey dieß anders geworden, besonders da in kurzer Zeit
die gesetzgeberischen Arbeiten in Bayern in drei großen Gesetzesvorlagen ihrem
glücklichen Abschluß entgegensehen. Man will nun auch der Wohlthaten des
diesseitigen Bayerns theilhaftig werden. "Ein Vergleich der Gesetze über das
Schwurgericht und ganz besonders der Gemeindeverfassung (des diesseitigen
Bayerns) mit den in der Pfalz noch bestehenden Institutionen wird diese
Wünsche rechtfertigen." Dann charaktersirt der Antrag das bekannte und
seiner Zeit stark gehandhabte Gesetz vom 28. Pluviose VIII. -- Während
unsere Künstler vergebens sich um ein Genossenhaus bestreben, ist nun dem
Düsseldorfer Künstlerverein, welcher das Haus und den Garten des bekann-
ten Philosophen und früheren Präsidenten der k. bayerischen Akademie der
Wissenschasten, Fr. Heinr. Jacobi, zu Pempelfort bei Düsseldorf käuslich er-
werben will, officiell gestattet, "unter gleichzeitiger Umganguahme von der
gesetzlichen Stempelpflicht" Loose (für die Verloosung von Oelgemälden und
andern Kunstwerken) zur Beschaffung der Mittel in Bayern abzusetzen.

Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta' schen Buchhandlung.
[irrelevantes Material]
*) Brgl. die Wiener Correspondenz der Times in der vorgestrigen Allg. Z.

der Rebellion! Um die Sache glaublich zu machen, müſſen die Mitglieder
der Geſellſchaft Jeſu ins Spiel gezogen werden; denn bei den Maſſen ge-
nügt die bloße Nennung dieſes viel angegriffenen Ordens, um ihnen auf
die wohlfeilſte Weiſe Angſt in die Knochen zu jagen. „Die Staaten,“ fährt
die Opinione fort, „glauben ſich zu vertheidigen und die innere Ruhe zu
ſchützen indem ſie die Jeſuiten ausweiſen; allein dieſe kehren als Geiſtliche
oder als Private verkleidet zurück, und conſtituiren ſich als geheime Geſell-
ſchaft in den Provinzen. So haben wir es unter Louis Philipp gefehen,
ſo ſehen wir es gegenwärtig bei uns.“ Die Opinione verſpricht daß die Re-
gierung nichts verſäumen werde dieſer vielköpfigen Hydra den Garaus zu
machen, doch auf geſetzlichem Weg und nur auf geſetzlichem Weg! — In der
geſtrigen Senatsſitzung ergriff Senator Ricci das Wort, um vom Mini-
ſterpräſidenten Auskunft zu erhalten ob man von Oeſterreich eine Vergü-
tung der im vorjährigen Krieg in den alten Provinzen des Königreichs erho-
benen bedeutenden Requiſitionen verlangt habe. Im Jahr 1849 habe Oeſter-
reich nach dem Krieg unter dem Titel „Kriegsentſchädigung“ die Summe von
75 Millionen verlangt. Dort ſey Oeſterreich allerdings Sieger geweſen,
und konnte Geſetze dictiren. Allein 1859 habe es, als beſiegt, die Billigkeit
desſelben Princips ebenfalls anzuerkennen. Uebrigens hätte man den Be-
trag an der Uebernahmsſumme der lombardiſchen Schuld in Abzug bringen
ſollen. Graf Cavour erwiedert, die ſardiniſchen Commiſſäre hätten nicht ver-
ſäumt in dieſem Betreff ihre Anträge zu ſtellen, allein ſie ſeyen von den fran-
zöſiſchen Commiſſären nicht unterſtützt worden. Was die Zuſammenſtellung
der Jahre 1848 und 1859 betreffe, ſo könne hier kein Vergleich ſtattfinden.
Im Jahr 1849 erhielt Oeſterreich keine Territorialcompenſation, wohl aber
eine Kriegsentſchädigung. Im Jahr 1859 dagegen mußte Oeſterreich eine
ſeiner ſchönſten Provinzen abtreken; hierin liegt der Unterſchied. „Ich bin
überzeugt,“ ſagt Cavour „daß, wenn man von Oeſterreich bloß eine Kriegsent-
ſchädigung verlangt hätte, dieſes die ſchwerſten Verbindlichkeiten eingegangen
hätte; allein wir müſſen geſtehen daß Oeſterreich auch nach Villafranca kei-
neswegs in ſo ſchlimmer Lage war daß es zu der Abtretung der Lombardei
ſich auch noch eine Kriegsentſchädigung hätte gefallen laſſen. Uebrigens iſt
man bei diplomatiſchen Unterhandlungen oft gezwungen billige Forderungen
aufzugeben. Sollten wir aber künftighin uns wieder unter beſſern Verhält-
niſſen Oeſterreich gegenüber befinden, ſo möge der Hr. Senator ſicher ſeyn
daß wir es einzubringen ſuchen werden, und ich bin ſehr zufrieden daß der-
ſelbe mir Gelegenheit gab dieſen Vorbehalt zu machen.“ Die HH. Sena-
toren fanden dieſe hochfahrende Sprache ſehr ergötzlich.


Von Sicilien tauſend widerſprechende Berichte.
Immerhin iſt Garibaldi Herr von Palermo, Dictator der proviſoriſchen Re-
gierung, täglich neue Proclamationen. Hier eine ſolche von Vinc. Fusca:

Ich überſende euch den General Garibaldi, den
Dictator des proviſoriſchen Rgierung von Sicilien, deſſen Name „Sieg“ iſt, um
eine Regierung im Namen Sr. Maj. Bictor Emmanuels herzuſtellen, und deßhalb
ſetzen ſich in Marſchbewegung jene Tapfern deren Leben ein Gegengewicht der
Schande der Sklaverei iſt. Ihr habt es vorbereitet, und dafür unſern und unſers
Vaterlandes Dank. Das von euch gewählte Comité wache über das Land und
deſſen Verwaltung. Brüder! In der Einheit iſt Kraft. Fluch allem Privathaß,
Er entnervt die Kräfte, macht uns ſchwach. Europa ſteht auf uns — daß daher
keine ſchlechte Idee den Glanz unſerer Sache trübe! Wir werden ſiegen! Es
lebe Victor Emmanuel! es lebe Garibaldi! Gez.

Die Geldſammlungen dauern fort. Der Stadtrath der Vorſtädte Mai-
lands votirte 20,000 Lire, der von Caſale 2000, der von Breſcia ſandte
ſchon zum drittenmal 11,005 L. Die Sammlung der „Perſeveranza“ betrug
geſtern 72,975 L. 46 Cent., die k. Ingenieure von Mailand lieferten 1421,
und das politiſche Commiſſariat von Trevillio 100 L. Und von all dieſem
weiß die Regierung nichts! Die Direction des Fonds für eine Million
Waffen, die unter der Leitung der Regierung ſteht, erhielt von Garibaldi
ſelbſt einen Brief, in welchem man unter anderm liest: „Ich muß geſte-
hen, die Neapolitaner kämpfen wie Löwen, und nie habe ich ſo
verzweifelten Kampf gekämpft in Italien, und nie hatte ich ſo
verwegene Gegner. Dieſe Soldaten, gut geleitet, würden
kämpfen wie die erſten Soldaten der Welt.
“ Da ſehe man wie
ſchamlos die Lüge aller jener Proclamationen die das neapolitaniſche Heer als
demoraliſirt und feig darſtellten! Hier liegt der Beweis aus Garibaldi’s eige-
ner Feder vor. Woher und wozu nun jene Märchen der erbärmlichſten Art,
die jedes officielle oder officiöſe Piemonteſer Blatt bringen mußte, vom Schre-
cken vor dem Namen Garibaldi’s, von Fliehen, von Waffenſtrecken, von
maſſenhafter Deſertion u. ſ. w.? Lüge iſt es und Aufſchneiderei, die ſich
freilich hinter Thür und Wänden leicht machen laſſen. Und doch mußten die
Königlichen weichen. Es liegt da ein Räthſel vor, das erſt noch gelöst
werden muß. Der General ſchreibt noch weiter: „Ich kann den Punkt
nicht beſtimmen wohin ihr mir Waffen und Munition ſchicken
ſollt, haltet aber viel in Bereitſchaft, bald werdet ihr ihr Ziel
erfahren.
“ Es würde ſchwierig ſeyn dieſes Document abläugnen zu wollen,
es exiſtirt, und iſt publicirt in den Blättern der Regierung. Man glaubt
die Leute ſeyen ſo weit gediehen, daß ſie auch mit grobem Sand geblendet
werden können!

Rußland und Polen.

Aus unſerm Nachbarlande
berichtet man uns heute daß ſämmtliche beurlaubte Militärs plötzlich einberu-
fen ſind, und daß das zweite ruſſiſche Armeecorps Befehl erhalten hat ſich zum
Vorrücken nach dem Pruth in Bereitſchaft zu ſetzen. *) Der „Czas“ will wiſſen
daß das in Beſſarabien zuſammengezogene fünſte Armeecorps nicht 60, ſon-
dern nur 30,000 Mann ſtark ſey — eine Behauptung die mit der Wahrheit
wohl übereinſtimmen dürfte, da auch das zweite Armeecorps gewiß nicht viel
über die Hälfte ſeiner Nominalzahl ſtark iſt. Den polniſchen Zeitungen zu-
folge iſt der Panſlavismus überall in großer Bewegung, und drängt zur Her-
ſtellung des verheißenen Leuchtenberg’ſchen neuen Königreichs. Indeſſen
wollen die Blätter auch wiſſen daß zwiſchen dem Kaiſer und Gortſchakoff
wiederum einige Verſtimmung herrſche, weil letzterer entſchieden die Anſicht
geltend gemacht daß der franzöſiſche Kaiſer Rußland in Beziehung auf den
Orient ganz freie Hand laſſen werde, L. Napoleon nenerdings aber doch aller-
lei Bedenken geltend gemacht habe. Behauptet wird auch daß dem König von
Dänemark gegen Aggreſſion des deutſchen Bundes ruſſiſche Sympathien zu-
geſagt ſeyen.

Handels- und Börſennachrichten.

(Handelsüberſicht der Woche.)

Die Specnlations-
thätigkeit bleibt noch immer durch die Ungewißheit der politiſchen Ausſichten gelähmt,
und dieſem Umſtand iſt es zuzuſchreiben daß der Geldmarkt wieder flotter war, daß
Wechſel erſter Häuſer ohne Schwierigkeit zu 3¾ Proc. begeben werden konnten.
In der Bank häufen ſich die Capitalien, und ſie wird demuächſt wohl wieder ihre
gewöhnlichen Quartalerhöhungen aufnehmen. In den continentalen Wechſelcurſen
hat ſich kaum etwas geäudert, und die Comptanteneinſuhr betrug im ganzen nicht
über 209,000 Pf. St., davon der bei weitem größte Theil aus New-York. Die
Börſe, zu Anfang der Woche günſtiger geſtimmt, konnte ſich dem Eindruck un-
günſtiger Gerüchte nicht entziehen, und engliſche Fonds haben ſich allmählich wieder
unter 95 gedrückt. Engliſche Bahnen haben dagegen abermals um ½ bis 1 Proc.
angezogen. Auf der Kornbörſe war das Geſchäft limitirt, die Preiſe ſchließen wie
Anfangs der Woche. — Bankansweis. Staatsdepoſiten 7,489,290 Pf. St.
(Abnahme 177,243 Pf. St.); andere Depoſiten 12,551,247 Pf. St. (Abnahme
18,601 Pf. St.); Reſt 3,218,848 Pf. St. (Abnahme 59,178 Pf. St.); Regie-
rungsſicherheiten 9,748,943 Pf. St. (unverändert); andere Sicherheiten 19,833,341
Pf. St. (Abnahme 103,243 Pf. St.); unverwendete Noten 8,173,055 Pf. St.
(Abnahme 173,045 Pf. St.). Es befinden ſich Noten im Umlauf 21,447,495
Pf. St. (Zuwachs 224,205 Pf. St.); Metallvorrath 15,892,112 Pf. St. (Zu-
nahme 47,917 Pf. St.).



Neueſte Poſten.

Geſtern Abend um 8 Uhr kam Se. Maj.
König Ludwig wieder von Wien mit dem gewöhnlichen Zug, der eine Menge
Landvolks aus dem Hochland und dem Chiemſeegebiet brachte, über Roſenheim
im beſten Wohlſeyn hier an, am Bahnhof von Prinz und Prinzeſſin Adalbert
empfangen. — Regensburger Blätter bringen an ihrer Spitze das aus
Darmſtadt datirte Handſchreiben Sr. Maj. des Königs Mar an den Regie-
rungspräſtdenten Frhrn. v. Künsberg: „Es hat mich ſehr gefreut Meine treue
Stadt Regensburg bei dem jüngſten ſchönen Feſt wiederzuſehen. Zu Meinem
Bedauern wollte Mir die Ungunſt der Witterung nicht geſtatten dem Zug
Meines Herzens genugſam zu folgen, und die Freude des Feſtes in noch
höherm Maße zu theilen. Dennoch habe Ich mit inniger Befriedigung die
warme Kundgebung treuer Anhänglichkeit wahrgenommen. Ich beauftrage
Sie daher der Stadt Meinen freundlichen Dank auszudrücken, und bin mit
wohlwollenden Geſinnungen Ihr wohlgewogener König Max.“ — Während
es heißt: Ihre Maj. die Königin wolle wahrſcheinlich ſchon nächſten Sonntag
hieher aus Darmſtadt zurückkehren, bringt der B. K. die Rachricht daß der
König und die Königin nächſte Woche von Darmſtadt aus die Rheinpfalz be-
ſuchen wollen. — Der Geheime und Miniſterialrath v. Kleinſchrod wurde
penſionirt. — Wenn jüngſt in der Allg. Ztg. von hier aus die Vermuthung
ausgeſprochen wurde daß die Pfälzer bald genug Wünſche auf Gleichſtellung
mit den übrigen Provinzen Bayerns hinſichtlich der Geſetzgebung, beſonders
in Bezug auf Gemeindeverſaſſung und Schwurgericht, ſtellen werden, ſo iſt
dieß durch den Antrag Jordans im pfälziſchen Landrath, der jetzt auch
dem Wortlaut nach bekannt iſt, buchſtäblich erfüllt. Wenn früher die
Pfalz Urſache hatte an ihren franzöſiſchen Geſetzen zu halten, meint der
Antragſteller, ſo ſey dieß anders geworden, beſonders da in kurzer Zeit
die geſetzgeberiſchen Arbeiten in Bayern in drei großen Geſetzesvorlagen ihrem
glücklichen Abſchluß entgegenſehen. Man will nun auch der Wohlthaten des
dieſſeitigen Bayerns theilhaftig werden. „Ein Vergleich der Geſetze über das
Schwurgericht und ganz beſonders der Gemeindeverfaſſung (des dieſſeitigen
Bayerns) mit den in der Pfalz noch beſtehenden Inſtitutionen wird dieſe
Wünſche rechtfertigen.“ Dann charakterſirt der Antrag das bekannte und
ſeiner Zeit ſtark gehandhabte Geſetz vom 28. Pluviose VIII. — Während
unſere Künſtler vergebens ſich um ein Genoſſenhaus beſtreben, iſt nun dem
Düſſeldorfer Künſtlerverein, welcher das Haus und den Garten des bekann-
ten Philoſophen und früheren Präſidenten der k. bayeriſchen Akademie der
Wiſſenſchaſten, Fr. Heinr. Jacobi, zu Pempelfort bei Düſſeldorf käuſlich er-
werben will, officiell geſtattet, „unter gleichzeitiger Umganguahme von der
geſetzlichen Stempelpflicht“ Looſe (für die Verlooſung von Oelgemälden und
andern Kunſtwerken) zur Beſchaffung der Mittel in Bayern abzuſetzen.

Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.
Verlag der J. G. Cotta’ ſchen Buchhandlung.
[irrelevantes Material]
*) Brgl. die Wiener Correſpondenz der Times in der vorgeſtrigen Allg. Z.
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[2652/0008] der Rebellion! Um die Sache glaublich zu machen, müſſen die Mitglieder der Geſellſchaft Jeſu ins Spiel gezogen werden; denn bei den Maſſen ge- nügt die bloße Nennung dieſes viel angegriffenen Ordens, um ihnen auf die wohlfeilſte Weiſe Angſt in die Knochen zu jagen. „Die Staaten,“ fährt die Opinione fort, „glauben ſich zu vertheidigen und die innere Ruhe zu ſchützen indem ſie die Jeſuiten ausweiſen; allein dieſe kehren als Geiſtliche oder als Private verkleidet zurück, und conſtituiren ſich als geheime Geſell- ſchaft in den Provinzen. So haben wir es unter Louis Philipp gefehen, ſo ſehen wir es gegenwärtig bei uns.“ Die Opinione verſpricht daß die Re- gierung nichts verſäumen werde dieſer vielköpfigen Hydra den Garaus zu machen, doch auf geſetzlichem Weg und nur auf geſetzlichem Weg! — In der geſtrigen Senatsſitzung ergriff Senator Ricci das Wort, um vom Mini- ſterpräſidenten Auskunft zu erhalten ob man von Oeſterreich eine Vergü- tung der im vorjährigen Krieg in den alten Provinzen des Königreichs erho- benen bedeutenden Requiſitionen verlangt habe. Im Jahr 1849 habe Oeſter- reich nach dem Krieg unter dem Titel „Kriegsentſchädigung“ die Summe von 75 Millionen verlangt. Dort ſey Oeſterreich allerdings Sieger geweſen, und konnte Geſetze dictiren. Allein 1859 habe es, als beſiegt, die Billigkeit desſelben Princips ebenfalls anzuerkennen. Uebrigens hätte man den Be- trag an der Uebernahmsſumme der lombardiſchen Schuld in Abzug bringen ſollen. Graf Cavour erwiedert, die ſardiniſchen Commiſſäre hätten nicht ver- ſäumt in dieſem Betreff ihre Anträge zu ſtellen, allein ſie ſeyen von den fran- zöſiſchen Commiſſären nicht unterſtützt worden. Was die Zuſammenſtellung der Jahre 1848 und 1859 betreffe, ſo könne hier kein Vergleich ſtattfinden. Im Jahr 1849 erhielt Oeſterreich keine Territorialcompenſation, wohl aber eine Kriegsentſchädigung. Im Jahr 1859 dagegen mußte Oeſterreich eine ſeiner ſchönſten Provinzen abtreken; hierin liegt der Unterſchied. „Ich bin überzeugt,“ ſagt Cavour „daß, wenn man von Oeſterreich bloß eine Kriegsent- ſchädigung verlangt hätte, dieſes die ſchwerſten Verbindlichkeiten eingegangen hätte; allein wir müſſen geſtehen daß Oeſterreich auch nach Villafranca kei- neswegs in ſo ſchlimmer Lage war daß es zu der Abtretung der Lombardei ſich auch noch eine Kriegsentſchädigung hätte gefallen laſſen. Uebrigens iſt man bei diplomatiſchen Unterhandlungen oft gezwungen billige Forderungen aufzugeben. Sollten wir aber künftighin uns wieder unter beſſern Verhält- niſſen Oeſterreich gegenüber befinden, ſo möge der Hr. Senator ſicher ſeyn daß wir es einzubringen ſuchen werden, und ich bin ſehr zufrieden daß der- ſelbe mir Gelegenheit gab dieſen Vorbehalt zu machen.“ Die HH. Sena- toren fanden dieſe hochfahrende Sprache ſehr ergötzlich. ✕ Turin, 4 Jun. Von Sicilien tauſend widerſprechende Berichte. Immerhin iſt Garibaldi Herr von Palermo, Dictator der proviſoriſchen Re- gierung, täglich neue Proclamationen. Hier eine ſolche von Vinc. Fusca: „Bagheria, 24 Mai. Ich überſende euch den General Garibaldi, den Dictator des proviſoriſchen Rgierung von Sicilien, deſſen Name „Sieg“ iſt, um eine Regierung im Namen Sr. Maj. Bictor Emmanuels herzuſtellen, und deßhalb ſetzen ſich in Marſchbewegung jene Tapfern deren Leben ein Gegengewicht der Schande der Sklaverei iſt. Ihr habt es vorbereitet, und dafür unſern und unſers Vaterlandes Dank. Das von euch gewählte Comité wache über das Land und deſſen Verwaltung. Brüder! In der Einheit iſt Kraft. Fluch allem Privathaß, Er entnervt die Kräfte, macht uns ſchwach. Europa ſteht auf uns — daß daher keine ſchlechte Idee den Glanz unſerer Sache trübe! Wir werden ſiegen! Es lebe Victor Emmanuel! es lebe Garibaldi! Gez. B. Fusca.“ Die Geldſammlungen dauern fort. Der Stadtrath der Vorſtädte Mai- lands votirte 20,000 Lire, der von Caſale 2000, der von Breſcia ſandte ſchon zum drittenmal 11,005 L. Die Sammlung der „Perſeveranza“ betrug geſtern 72,975 L. 46 Cent., die k. Ingenieure von Mailand lieferten 1421, und das politiſche Commiſſariat von Trevillio 100 L. Und von all dieſem weiß die Regierung nichts! Die Direction des Fonds für eine Million Waffen, die unter der Leitung der Regierung ſteht, erhielt von Garibaldi ſelbſt einen Brief, in welchem man unter anderm liest: „Ich muß geſte- hen, die Neapolitaner kämpfen wie Löwen, und nie habe ich ſo verzweifelten Kampf gekämpft in Italien, und nie hatte ich ſo verwegene Gegner. Dieſe Soldaten, gut geleitet, würden kämpfen wie die erſten Soldaten der Welt.“ Da ſehe man wie ſchamlos die Lüge aller jener Proclamationen die das neapolitaniſche Heer als demoraliſirt und feig darſtellten! Hier liegt der Beweis aus Garibaldi’s eige- ner Feder vor. Woher und wozu nun jene Märchen der erbärmlichſten Art, die jedes officielle oder officiöſe Piemonteſer Blatt bringen mußte, vom Schre- cken vor dem Namen Garibaldi’s, von Fliehen, von Waffenſtrecken, von maſſenhafter Deſertion u. ſ. w.? Lüge iſt es und Aufſchneiderei, die ſich freilich hinter Thür und Wänden leicht machen laſſen. Und doch mußten die Königlichen weichen. Es liegt da ein Räthſel vor, das erſt noch gelöst werden muß. Der General ſchreibt noch weiter: „Ich kann den Punkt nicht beſtimmen wohin ihr mir Waffen und Munition ſchicken ſollt, haltet aber viel in Bereitſchaft, bald werdet ihr ihr Ziel erfahren.“ Es würde ſchwierig ſeyn dieſes Document abläugnen zu wollen, es exiſtirt, und iſt publicirt in den Blättern der Regierung. Man glaubt die Leute ſeyen ſo weit gediehen, daß ſie auch mit grobem Sand geblendet werden können! Rußland und Polen. -m- Von der polniſchen Gränze, 2 Jun. Aus unſerm Nachbarlande berichtet man uns heute daß ſämmtliche beurlaubte Militärs plötzlich einberu- fen ſind, und daß das zweite ruſſiſche Armeecorps Befehl erhalten hat ſich zum Vorrücken nach dem Pruth in Bereitſchaft zu ſetzen. *) Der „Czas“ will wiſſen daß das in Beſſarabien zuſammengezogene fünſte Armeecorps nicht 60, ſon- dern nur 30,000 Mann ſtark ſey — eine Behauptung die mit der Wahrheit wohl übereinſtimmen dürfte, da auch das zweite Armeecorps gewiß nicht viel über die Hälfte ſeiner Nominalzahl ſtark iſt. Den polniſchen Zeitungen zu- folge iſt der Panſlavismus überall in großer Bewegung, und drängt zur Her- ſtellung des verheißenen Leuchtenberg’ſchen neuen Königreichs. Indeſſen wollen die Blätter auch wiſſen daß zwiſchen dem Kaiſer und Gortſchakoff wiederum einige Verſtimmung herrſche, weil letzterer entſchieden die Anſicht geltend gemacht daß der franzöſiſche Kaiſer Rußland in Beziehung auf den Orient ganz freie Hand laſſen werde, L. Napoleon nenerdings aber doch aller- lei Bedenken geltend gemacht habe. Behauptet wird auch daß dem König von Dänemark gegen Aggreſſion des deutſchen Bundes ruſſiſche Sympathien zu- geſagt ſeyen. Handels- und Börſennachrichten. London, 3 Jun. (Handelsüberſicht der Woche.) Die Specnlations- thätigkeit bleibt noch immer durch die Ungewißheit der politiſchen Ausſichten gelähmt, und dieſem Umſtand iſt es zuzuſchreiben daß der Geldmarkt wieder flotter war, daß Wechſel erſter Häuſer ohne Schwierigkeit zu 3¾ Proc. begeben werden konnten. In der Bank häufen ſich die Capitalien, und ſie wird demuächſt wohl wieder ihre gewöhnlichen Quartalerhöhungen aufnehmen. In den continentalen Wechſelcurſen hat ſich kaum etwas geäudert, und die Comptanteneinſuhr betrug im ganzen nicht über 209,000 Pf. St., davon der bei weitem größte Theil aus New-York. Die Börſe, zu Anfang der Woche günſtiger geſtimmt, konnte ſich dem Eindruck un- günſtiger Gerüchte nicht entziehen, und engliſche Fonds haben ſich allmählich wieder unter 95 gedrückt. Engliſche Bahnen haben dagegen abermals um ½ bis 1 Proc. angezogen. Auf der Kornbörſe war das Geſchäft limitirt, die Preiſe ſchließen wie Anfangs der Woche. — Bankansweis. Staatsdepoſiten 7,489,290 Pf. St. (Abnahme 177,243 Pf. St.); andere Depoſiten 12,551,247 Pf. St. (Abnahme 18,601 Pf. St.); Reſt 3,218,848 Pf. St. (Abnahme 59,178 Pf. St.); Regie- rungsſicherheiten 9,748,943 Pf. St. (unverändert); andere Sicherheiten 19,833,341 Pf. St. (Abnahme 103,243 Pf. St.); unverwendete Noten 8,173,055 Pf. St. (Abnahme 173,045 Pf. St.). Es befinden ſich Noten im Umlauf 21,447,495 Pf. St. (Zuwachs 224,205 Pf. St.); Metallvorrath 15,892,112 Pf. St. (Zu- nahme 47,917 Pf. St.). Neueſte Poſten. ꘉ München, 7 Jun. Geſtern Abend um 8 Uhr kam Se. Maj. König Ludwig wieder von Wien mit dem gewöhnlichen Zug, der eine Menge Landvolks aus dem Hochland und dem Chiemſeegebiet brachte, über Roſenheim im beſten Wohlſeyn hier an, am Bahnhof von Prinz und Prinzeſſin Adalbert empfangen. — Regensburger Blätter bringen an ihrer Spitze das aus Darmſtadt datirte Handſchreiben Sr. Maj. des Königs Mar an den Regie- rungspräſtdenten Frhrn. v. Künsberg: „Es hat mich ſehr gefreut Meine treue Stadt Regensburg bei dem jüngſten ſchönen Feſt wiederzuſehen. Zu Meinem Bedauern wollte Mir die Ungunſt der Witterung nicht geſtatten dem Zug Meines Herzens genugſam zu folgen, und die Freude des Feſtes in noch höherm Maße zu theilen. Dennoch habe Ich mit inniger Befriedigung die warme Kundgebung treuer Anhänglichkeit wahrgenommen. Ich beauftrage Sie daher der Stadt Meinen freundlichen Dank auszudrücken, und bin mit wohlwollenden Geſinnungen Ihr wohlgewogener König Max.“ — Während es heißt: Ihre Maj. die Königin wolle wahrſcheinlich ſchon nächſten Sonntag hieher aus Darmſtadt zurückkehren, bringt der B. K. die Rachricht daß der König und die Königin nächſte Woche von Darmſtadt aus die Rheinpfalz be- ſuchen wollen. — Der Geheime und Miniſterialrath v. Kleinſchrod wurde penſionirt. — Wenn jüngſt in der Allg. Ztg. von hier aus die Vermuthung ausgeſprochen wurde daß die Pfälzer bald genug Wünſche auf Gleichſtellung mit den übrigen Provinzen Bayerns hinſichtlich der Geſetzgebung, beſonders in Bezug auf Gemeindeverſaſſung und Schwurgericht, ſtellen werden, ſo iſt dieß durch den Antrag Jordans im pfälziſchen Landrath, der jetzt auch dem Wortlaut nach bekannt iſt, buchſtäblich erfüllt. Wenn früher die Pfalz Urſache hatte an ihren franzöſiſchen Geſetzen zu halten, meint der Antragſteller, ſo ſey dieß anders geworden, beſonders da in kurzer Zeit die geſetzgeberiſchen Arbeiten in Bayern in drei großen Geſetzesvorlagen ihrem glücklichen Abſchluß entgegenſehen. Man will nun auch der Wohlthaten des dieſſeitigen Bayerns theilhaftig werden. „Ein Vergleich der Geſetze über das Schwurgericht und ganz beſonders der Gemeindeverfaſſung (des dieſſeitigen Bayerns) mit den in der Pfalz noch beſtehenden Inſtitutionen wird dieſe Wünſche rechtfertigen.“ Dann charakterſirt der Antrag das bekannte und ſeiner Zeit ſtark gehandhabte Geſetz vom 28. Pluviose VIII. — Während unſere Künſtler vergebens ſich um ein Genoſſenhaus beſtreben, iſt nun dem Düſſeldorfer Künſtlerverein, welcher das Haus und den Garten des bekann- ten Philoſophen und früheren Präſidenten der k. bayeriſchen Akademie der Wiſſenſchaſten, Fr. Heinr. Jacobi, zu Pempelfort bei Düſſeldorf käuſlich er- werben will, officiell geſtattet, „unter gleichzeitiger Umganguahme von der geſetzlichen Stempelpflicht“ Looſe (für die Verlooſung von Oelgemälden und andern Kunſtwerken) zur Beſchaffung der Mittel in Bayern abzuſetzen. Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ ſchen Buchhandlung. _ *) Brgl. die Wiener Correſpondenz der Times in der vorgeſtrigen Allg. Z.

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 159, 7. Juni 1860, S. 2652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine159_1860/8>, abgerufen am 16.05.2024.