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Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 2. Mai 1920.

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2. Mai 1920 Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] Schlagen des Hagels, ein ganz feines Rauschen wie von einem
großen Seidengewande erfüllt den Raum und das Heulen des
Sturmes um Felsen wird gedämpft durch die Masse, die alles
erfüllt.

Und nun wo die Erde und ihre Gestalten besiegt, gebannt
unter der weißen Hülle liegt, nun schmückt der Sieger sie, nun
gibt er ihr seine Phantasie, die ihres Wesens edelste Form trägt
wie das Märchen der Wahrheit Form und Stil verleiht und sie
so dem Schaffenden wie dem Schauenden versöhnt, die Besiegte.
So zeigt die Natur, die gewaltige Schöpferin dem menschlichen
Schöpfer seine Wege, die doch nur ihre sind. Denn nichts, nicht
der höchste erhabenste Gedanke gehört ihm, der doch selbst Schöp-
fung ist, aber es wird ihm, so er nur schauen kann, alles ge-
schenkt, in reicher Fülle geschenkt, ohne daß er nur ahnt, wo
er zu suchen hat, wohin er seinen Blick wenden soll in der stür-
menden Flucht des werdenden, wachsenden, quellenden Lebens.

Und im Tale wird es stiller: der Sturm schläft ein bei dem
Rhythmus seines einfachen Liedes; schwer sinkt die weiße schim-
mernde Masse, häuft über Hügeln und Matten hohe Polster,
macht des Waldes Tannen zu seltsamen Märchengestalten, und
unter seiner Fülle wird der weiche Boden hart, Bäche rinnen
unter einer Decke von Eis mit leisem Plätschern dahin. Das
Leben scheint besiegt, die Nacht tritt ihre Herrschaft an. Und
doch ist das Leben unbesiegbar, schlägst du es zu Boden, so sprießt
es aus tausend Knospen wieder hervor. Auch die Sonne kehrt
wieder; wie ihr Auge das Grauen des Morgens durchdringt,
bietet sich ihr ein unerwartetes Bild dar. Die grauen, finsteren
Wogen der Wolken sind gewichen, es liegt nur noch ein stiller
kalter Nebel um Bergesspitzen; wie aber der Morgenwind sich
erhebt, da zerreißt die graue Hülle, und nur einzelne Nebel-
streifen schmiegen sich um Felstürme. Ein reiner tiefblauer
Himmel aber schaut hinab ins Tal, über das veränderte und doch
ewig gleiche Antlitz des Gebirges. Auf Felstürmen sind feine
Schneehauben haftengeblieben, um ihre Scharten aber haben
sich dicke hochgewölbte Schneekrausen gelegt. Ueber Felsenkäm-
men drohen überhängende Schneewächten, aus deren Grat Eis-
zapfen niederhangen. Zwischen Legföhren spannen Schneedünen
ihre Kämme, und tief unten der Wald schaut aus wie große
Scharen von vermummten Schneegestalten mit spitzer Haube;
schwer hängen ihre Zweige bis auf die Schneewehen des Bodens
hinab. Leise und schüchtern klingt das Plätschern des Bächleins
in den Höhlungen der Eisdecken, über welche der Schnee hohe,
leichte Polster gehäuft hat. Und eine unendliche Flut des Lichtes
ergießt sich über das Antlitz der Erde; kein Wölkchen, kein noch
so zarter Schleier trübt die Reinheit des weiten Himmelsraumes.
Und blendender Lichtschein wieder strahlt zurück in den freien
Raum. Des Menschen Auge, welches diese Lichtflut trinken will,
mußte ersterben; nur denken, nur ahnen darf er sie, die Herrlich-
keit der göttlichen Macht.

Das Tiefland ist nicht in den Bannkreis des Schnees ge-
treten; da, wo die Berge aus der Ebene emporwachsen, dort
hat auch der Schnee seine Grenze. Draußen hat der Sturm wohl
schwere Massen des Schnees über das Land getragen, aber keine
Spur des Eises ist geblieben. Nun aber spiegelt sich der Son-
nenschein in zahllosen kleinen und großen Tümpeln und Bäche
fließen über Wiesen, Wege zum geschwollenen Gebirgsbach und
trüben seine gelben Wasser. Es sind zwei Welten, einander so
fremd und unverstanden, als könnten sie nie durch gleiches Schick-
sal versöhnt werden. Und doch gebietet mit gleichen Gesetzen die
Natur der große Schöpfer; ihnen beiden, der Welt der Tiefe und
der Höhe.

Der späte Herbsttag neigt sich zum Abend und die Sonne
taucht hinab in das Reich des Traumes und des Vergessens. Und
je mehr das Grauen der Nacht aus den Tiefen der Erde zum
Himmel emporstrahlt, um so mehr schwinden die Grenzen; eine
große unendliche Klarheit löst alle Fesseln, bis in unermeßliche
Weiten schweift der Blick des Betrachtenden; dort wo das Ant-
litz der Sonne hinabgetaucht ist, dort schweben Schleier von
düsterer Glut, so fein und leicht, als seien sie von Phantasie und
Sehnsucht gewoben. Es ist der Atem des Föhn, welcher der ge-
bannten Erde den Traum von Freiheit und vom fernen, unend-
lichen Glück herabträgt aus weiter ferner Höhe. Und die Nacht
kommt und die ewigen Lichter des Himmels schauen herab auf
verhüllte Berge und Täler.

[Spaltenumbruch]

Aus der Tiefe aber steigt empor die warme dunkle Sehn-
sucht des Lebens, es atmet die schlummernde Erde Wärme und
Leidenschaft hinaus in den unendlichen Raum. Aus der Höhe
aber sinkt Kälte hinab und auf den Körper der Ruhenden legt
sich die Fessel des Eises. Wo Bäche rauschten, wo trübe Tümpel
blinkten, da spannt sich spröde Eisdecke, und wo tiefer Schlamm
um Wagenräder schwere Massen haftete, da splittert dürrer Bo-
den unter dem Schritt des nächtlichen Wanderers.

Und wieder erwacht die Erde aus einem schweren Winter-
traum. Das Licht des Morgens strömt scheinbar aus dem Nichts
heraus, nichts verrät, woher es kommt; es ist da, wie im An-
sang der Schöpfung, ohne daß nur eine Ahnung sein Erscheinen
verkündet hätte. Im weiten Raume liegt ein dichtgewobener
Schleier; nur wie ein schwach leuchtender Punkt schaut die Sonne
hindurch auf die kalte Erde. Drunten aber trübt kein Wölk-
chen, kein Nebelstreif die Luft; frei schweift der Blick des Ein-
samen über Bergesgipfel, über Täler hin bis in unermessene
Fernen. Tiefste Stille liegt über dem weiten Gebirge, alles
Fließende ist erstarrt; es glitzern Felswände von unzähligen
Kristallen, darüber stäubt hin und wieder eine Schneewehe. In
der Höhe aber trägt der feine breite Strom der Luft neue Massen
des Schnees und der Kälte heran.

Und doch ist der Kältebann der Tiefe nur Täuschung; still
liegt die Schneedecke über Berg und Tal ausgebreitet, und die
weite Ebene ist grau und starr. Aber weich und warm umspielen
die Lüfte des Morgens den Wanderer. Der Strom der Luft fällt
herab aus der Höhe und je mehr ihre Massen sich stauen, in der
Tiefe zusammenzufließen, um so mehr kehrt die Sehnsuch[t] nach
freier, leichter Höhe in ihr Inneres zurück, und Wärme zittert
aus ihrem Hauch. Und sie verschlingen jede Gestaltung des
Nebels, den sie trugen, sie trinken das fließende Wasser, sie
trinken den Schnee, wo sie ihn lösen aus starrer Fessel. Und
dürr und grau bleibt die Erde trotz der Wärme.

Hoch droben aber unter dem dichten Schleier der Wolken
schwärmen flache Stromgebilde heran, Ballen, Fetzen, Streifen
fließen im breiten Strom und verdecken das dichte Gewebe des
Schleiers, verdecken das suchende, trübe Antlitz der Sonne zu
drohender Gebärde, bis es endlich ganz verschwindet. Und nun
ruhet auch der fallende Strom, es füllt der Raum sich mit Ge-
stalten von grauem Nebel, großen kleinen sturmzerrissenen und
Gipfelgekrönten, bis endlich wieder das grare dunkle Wolken-
meer Berg und Tal verhüllt. Und nun schwebt aus der Höhe die
leichte, weiße Wolkensaat, es decken Berge und Täler und weit-
hin die Ebene sich zu, und der Wind gestaltet und bereitet der
Erde ein Gewand, welches den Betrachtenden vergessen läßt
manche Qual, manchen Schmerz des Drohenden und des Fließen-
den, des Erdenschmutzes.

Von unseren Hochschulen

Der außerordentliche Professor an der Universität Mün-
chen,
Hofrat Dr. Otto Walkhoff, Leiter der Abteilung für
konservierende Zahnheilkunde im zahnärztlichen Institut, wo
er seit nahezu 20 Jahren als Lehrer wirkt, beging am 23. April
seinen 60. Geburtstag.

Die bayerische Unterrichtsverwaltung hat verfügt, daß aus-
ländische Studierende
die an die Hochschulen zu ent-
richtenden Gebühren in Goldmark oder in dem dem
Goldbetrag entsprechenden deutschen Papier-
geld
nach dem Kurse des ersten Tages des jeweiligen Semesters
zu entrichten haben. Deutsch-Oesterreicher werden unter Voraus-
setzung der Gegenseitigkeit hinsichtlich der Gebührenentrichtung,
als Inländer betrachtet. Angehörigen der vom deutschen Reiche
und der früheren österreichischen Monarchie abgetrennten Gebiete
und baltischen Studierenden kann unter Voraussetzung deutscher
Abstammung, deutscher Muttersprache und deutschfreundlicher Ge-
sinnung, durch das Ministerium für Unterricht und Kultus auf
Ansuchen im Einzelfali gleiche Vergünstigung gewährt werden.
Ausländischen Studierenden, deren Familien im Inland wohnen
und hier mit ihrem Vermögen und Einkommen steuerpflichtig
sind, kann auf Ansuchen eine günstigere Regelung hinsichtlich der
Gebühren vom Ministerium bewilligt werden, wie sie sonst nach
vorstehendem für Ausländer getroffen worden ist.

In Hannover ist der emerit. ordentliche Professor der
systematischen Theologie, Geh. Konsistorialrat D. Dr. August
Dorner
gestorben. Er wurde am 13. Mai 1846 zu Schiltach
in Baden geboren. Seine wichtigsten Werke sind: "De Baconis
philosophia"
(1867): "Augustinus" (1873): "Ueber die Prinzipien

2. Mai 1920 Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] Schlagen des Hagels, ein ganz feines Rauſchen wie von einem
großen Seidengewande erfüllt den Raum und das Heulen des
Sturmes um Felſen wird gedämpft durch die Maſſe, die alles
erfüllt.

Und nun wo die Erde und ihre Geſtalten beſiegt, gebannt
unter der weißen Hülle liegt, nun ſchmückt der Sieger ſie, nun
gibt er ihr ſeine Phantaſie, die ihres Weſens edelſte Form trägt
wie das Märchen der Wahrheit Form und Stil verleiht und ſie
ſo dem Schaffenden wie dem Schauenden verſöhnt, die Beſiegte.
So zeigt die Natur, die gewaltige Schöpferin dem menſchlichen
Schöpfer ſeine Wege, die doch nur ihre ſind. Denn nichts, nicht
der höchſte erhabenſte Gedanke gehört ihm, der doch ſelbſt Schöp-
fung iſt, aber es wird ihm, ſo er nur ſchauen kann, alles ge-
ſchenkt, in reicher Fülle geſchenkt, ohne daß er nur ahnt, wo
er zu ſuchen hat, wohin er ſeinen Blick wenden ſoll in der ſtür-
menden Flucht des werdenden, wachſenden, quellenden Lebens.

Und im Tale wird es ſtiller: der Sturm ſchläft ein bei dem
Rhythmus ſeines einfachen Liedes; ſchwer ſinkt die weiße ſchim-
mernde Maſſe, häuft über Hügeln und Matten hohe Polſter,
macht des Waldes Tannen zu ſeltſamen Märchengeſtalten, und
unter ſeiner Fülle wird der weiche Boden hart, Bäche rinnen
unter einer Decke von Eis mit leiſem Plätſchern dahin. Das
Leben ſcheint beſiegt, die Nacht tritt ihre Herrſchaft an. Und
doch iſt das Leben unbeſiegbar, ſchlägſt du es zu Boden, ſo ſprießt
es aus tauſend Knoſpen wieder hervor. Auch die Sonne kehrt
wieder; wie ihr Auge das Grauen des Morgens durchdringt,
bietet ſich ihr ein unerwartetes Bild dar. Die grauen, finſteren
Wogen der Wolken ſind gewichen, es liegt nur noch ein ſtiller
kalter Nebel um Bergesſpitzen; wie aber der Morgenwind ſich
erhebt, da zerreißt die graue Hülle, und nur einzelne Nebel-
ſtreifen ſchmiegen ſich um Felstürme. Ein reiner tiefblauer
Himmel aber ſchaut hinab ins Tal, über das veränderte und doch
ewig gleiche Antlitz des Gebirges. Auf Felstürmen ſind feine
Schneehauben haftengeblieben, um ihre Scharten aber haben
ſich dicke hochgewölbte Schneekrauſen gelegt. Ueber Felſenkäm-
men drohen überhängende Schneewächten, aus deren Grat Eis-
zapfen niederhangen. Zwiſchen Legföhren ſpannen Schneedünen
ihre Kämme, und tief unten der Wald ſchaut aus wie große
Scharen von vermummten Schneegeſtalten mit ſpitzer Haube;
ſchwer hängen ihre Zweige bis auf die Schneewehen des Bodens
hinab. Leiſe und ſchüchtern klingt das Plätſchern des Bächleins
in den Höhlungen der Eisdecken, über welche der Schnee hohe,
leichte Polſter gehäuft hat. Und eine unendliche Flut des Lichtes
ergießt ſich über das Antlitz der Erde; kein Wölkchen, kein noch
ſo zarter Schleier trübt die Reinheit des weiten Himmelsraumes.
Und blendender Lichtſchein wieder ſtrahlt zurück in den freien
Raum. Des Menſchen Auge, welches dieſe Lichtflut trinken will,
mußte erſterben; nur denken, nur ahnen darf er ſie, die Herrlich-
keit der göttlichen Macht.

Das Tiefland iſt nicht in den Bannkreis des Schnees ge-
treten; da, wo die Berge aus der Ebene emporwachſen, dort
hat auch der Schnee ſeine Grenze. Draußen hat der Sturm wohl
ſchwere Maſſen des Schnees über das Land getragen, aber keine
Spur des Eiſes iſt geblieben. Nun aber ſpiegelt ſich der Son-
nenſchein in zahlloſen kleinen und großen Tümpeln und Bäche
fließen über Wieſen, Wege zum geſchwollenen Gebirgsbach und
trüben ſeine gelben Waſſer. Es ſind zwei Welten, einander ſo
fremd und unverſtanden, als könnten ſie nie durch gleiches Schick-
ſal verſöhnt werden. Und doch gebietet mit gleichen Geſetzen die
Natur der große Schöpfer; ihnen beiden, der Welt der Tiefe und
der Höhe.

Der ſpäte Herbſttag neigt ſich zum Abend und die Sonne
taucht hinab in das Reich des Traumes und des Vergeſſens. Und
je mehr das Grauen der Nacht aus den Tiefen der Erde zum
Himmel emporſtrahlt, um ſo mehr ſchwinden die Grenzen; eine
große unendliche Klarheit löſt alle Feſſeln, bis in unermeßliche
Weiten ſchweift der Blick des Betrachtenden; dort wo das Ant-
litz der Sonne hinabgetaucht iſt, dort ſchweben Schleier von
düſterer Glut, ſo fein und leicht, als ſeien ſie von Phantaſie und
Sehnſucht gewoben. Es iſt der Atem des Föhn, welcher der ge-
bannten Erde den Traum von Freiheit und vom fernen, unend-
lichen Glück herabträgt aus weiter ferner Höhe. Und die Nacht
kommt und die ewigen Lichter des Himmels ſchauen herab auf
verhüllte Berge und Täler.

[Spaltenumbruch]

Aus der Tiefe aber ſteigt empor die warme dunkle Sehn-
ſucht des Lebens, es atmet die ſchlummernde Erde Wärme und
Leidenſchaft hinaus in den unendlichen Raum. Aus der Höhe
aber ſinkt Kälte hinab und auf den Körper der Ruhenden legt
ſich die Feſſel des Eiſes. Wo Bäche rauſchten, wo trübe Tümpel
blinkten, da ſpannt ſich ſpröde Eisdecke, und wo tiefer Schlamm
um Wagenräder ſchwere Maſſen haftete, da ſplittert dürrer Bo-
den unter dem Schritt des nächtlichen Wanderers.

Und wieder erwacht die Erde aus einem ſchweren Winter-
traum. Das Licht des Morgens ſtrömt ſcheinbar aus dem Nichts
heraus, nichts verrät, woher es kommt; es iſt da, wie im An-
ſang der Schöpfung, ohne daß nur eine Ahnung ſein Erſcheinen
verkündet hätte. Im weiten Raume liegt ein dichtgewobener
Schleier; nur wie ein ſchwach leuchtender Punkt ſchaut die Sonne
hindurch auf die kalte Erde. Drunten aber trübt kein Wölk-
chen, kein Nebelſtreif die Luft; frei ſchweift der Blick des Ein-
ſamen über Bergesgipfel, über Täler hin bis in unermeſſene
Fernen. Tiefſte Stille liegt über dem weiten Gebirge, alles
Fließende iſt erſtarrt; es glitzern Felswände von unzähligen
Kriſtallen, darüber ſtäubt hin und wieder eine Schneewehe. In
der Höhe aber trägt der feine breite Strom der Luft neue Maſſen
des Schnees und der Kälte heran.

Und doch iſt der Kältebann der Tiefe nur Täuſchung; ſtill
liegt die Schneedecke über Berg und Tal ausgebreitet, und die
weite Ebene iſt grau und ſtarr. Aber weich und warm umſpielen
die Lüfte des Morgens den Wanderer. Der Strom der Luft fällt
herab aus der Höhe und je mehr ihre Maſſen ſich ſtauen, in der
Tiefe zuſammenzufließen, um ſo mehr kehrt die Sehnſuch[t] nach
freier, leichter Höhe in ihr Inneres zurück, und Wärme zittert
aus ihrem Hauch. Und ſie verſchlingen jede Geſtaltung des
Nebels, den ſie trugen, ſie trinken das fließende Waſſer, ſie
trinken den Schnee, wo ſie ihn löſen aus ſtarrer Feſſel. Und
dürr und grau bleibt die Erde trotz der Wärme.

Hoch droben aber unter dem dichten Schleier der Wolken
ſchwärmen flache Stromgebilde heran, Ballen, Fetzen, Streifen
fließen im breiten Strom und verdecken das dichte Gewebe des
Schleiers, verdecken das ſuchende, trübe Antlitz der Sonne zu
drohender Gebärde, bis es endlich ganz verſchwindet. Und nun
ruhet auch der fallende Strom, es füllt der Raum ſich mit Ge-
ſtalten von grauem Nebel, großen kleinen ſturmzerriſſenen und
Gipfelgekrönten, bis endlich wieder das grare dunkle Wolken-
meer Berg und Tal verhüllt. Und nun ſchwebt aus der Höhe die
leichte, weiße Wolkenſaat, es decken Berge und Täler und weit-
hin die Ebene ſich zu, und der Wind geſtaltet und bereitet der
Erde ein Gewand, welches den Betrachtenden vergeſſen läßt
manche Qual, manchen Schmerz des Drohenden und des Fließen-
den, des Erdenſchmutzes.

Von unſeren Hochſchulen

Der außerordentliche Profeſſor an der Univerſität Mün-
chen,
Hofrat Dr. Otto Walkhoff, Leiter der Abteilung für
konſervierende Zahnheilkunde im zahnärztlichen Inſtitut, wo
er ſeit nahezu 20 Jahren als Lehrer wirkt, beging am 23. April
ſeinen 60. Geburtstag.

Die bayeriſche Unterrichtsverwaltung hat verfügt, daß aus-
ländiſche Studierende
die an die Hochſchulen zu ent-
richtenden Gebühren in Goldmark oder in dem dem
Goldbetrag entſprechenden deutſchen Papier-
geld
nach dem Kurſe des erſten Tages des jeweiligen Semeſters
zu entrichten haben. Deutſch-Oeſterreicher werden unter Voraus-
ſetzung der Gegenſeitigkeit hinſichtlich der Gebührenentrichtung,
als Inländer betrachtet. Angehörigen der vom deutſchen Reiche
und der früheren öſterreichiſchen Monarchie abgetrennten Gebiete
und baltiſchen Studierenden kann unter Vorausſetzung deutſcher
Abſtammung, deutſcher Mutterſprache und deutſchfreundlicher Ge-
ſinnung, durch das Miniſterium für Unterricht und Kultus auf
Anſuchen im Einzelfali gleiche Vergünſtigung gewährt werden.
Ausländiſchen Studierenden, deren Familien im Inland wohnen
und hier mit ihrem Vermögen und Einkommen ſteuerpflichtig
ſind, kann auf Anſuchen eine günſtigere Regelung hinſichtlich der
Gebühren vom Miniſterium bewilligt werden, wie ſie ſonſt nach
vorſtehendem für Ausländer getroffen worden iſt.

In Hannover iſt der emerit. ordentliche Profeſſor der
ſyſtematiſchen Theologie, Geh. Konſiſtorialrat D. Dr. Auguſt
Dorner
geſtorben. Er wurde am 13. Mai 1846 zu Schiltach
in Baden geboren. Seine wichtigſten Werke ſind: „De Baconis
philosophia“
(1867): „Auguſtinus“ (1873): „Ueber die Prinzipien

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[Seite 171[171]/0013] 2. Mai 1920 Allgemeine Zeitung Schlagen des Hagels, ein ganz feines Rauſchen wie von einem großen Seidengewande erfüllt den Raum und das Heulen des Sturmes um Felſen wird gedämpft durch die Maſſe, die alles erfüllt. Und nun wo die Erde und ihre Geſtalten beſiegt, gebannt unter der weißen Hülle liegt, nun ſchmückt der Sieger ſie, nun gibt er ihr ſeine Phantaſie, die ihres Weſens edelſte Form trägt wie das Märchen der Wahrheit Form und Stil verleiht und ſie ſo dem Schaffenden wie dem Schauenden verſöhnt, die Beſiegte. So zeigt die Natur, die gewaltige Schöpferin dem menſchlichen Schöpfer ſeine Wege, die doch nur ihre ſind. Denn nichts, nicht der höchſte erhabenſte Gedanke gehört ihm, der doch ſelbſt Schöp- fung iſt, aber es wird ihm, ſo er nur ſchauen kann, alles ge- ſchenkt, in reicher Fülle geſchenkt, ohne daß er nur ahnt, wo er zu ſuchen hat, wohin er ſeinen Blick wenden ſoll in der ſtür- menden Flucht des werdenden, wachſenden, quellenden Lebens. Und im Tale wird es ſtiller: der Sturm ſchläft ein bei dem Rhythmus ſeines einfachen Liedes; ſchwer ſinkt die weiße ſchim- mernde Maſſe, häuft über Hügeln und Matten hohe Polſter, macht des Waldes Tannen zu ſeltſamen Märchengeſtalten, und unter ſeiner Fülle wird der weiche Boden hart, Bäche rinnen unter einer Decke von Eis mit leiſem Plätſchern dahin. Das Leben ſcheint beſiegt, die Nacht tritt ihre Herrſchaft an. Und doch iſt das Leben unbeſiegbar, ſchlägſt du es zu Boden, ſo ſprießt es aus tauſend Knoſpen wieder hervor. Auch die Sonne kehrt wieder; wie ihr Auge das Grauen des Morgens durchdringt, bietet ſich ihr ein unerwartetes Bild dar. Die grauen, finſteren Wogen der Wolken ſind gewichen, es liegt nur noch ein ſtiller kalter Nebel um Bergesſpitzen; wie aber der Morgenwind ſich erhebt, da zerreißt die graue Hülle, und nur einzelne Nebel- ſtreifen ſchmiegen ſich um Felstürme. Ein reiner tiefblauer Himmel aber ſchaut hinab ins Tal, über das veränderte und doch ewig gleiche Antlitz des Gebirges. Auf Felstürmen ſind feine Schneehauben haftengeblieben, um ihre Scharten aber haben ſich dicke hochgewölbte Schneekrauſen gelegt. Ueber Felſenkäm- men drohen überhängende Schneewächten, aus deren Grat Eis- zapfen niederhangen. Zwiſchen Legföhren ſpannen Schneedünen ihre Kämme, und tief unten der Wald ſchaut aus wie große Scharen von vermummten Schneegeſtalten mit ſpitzer Haube; ſchwer hängen ihre Zweige bis auf die Schneewehen des Bodens hinab. Leiſe und ſchüchtern klingt das Plätſchern des Bächleins in den Höhlungen der Eisdecken, über welche der Schnee hohe, leichte Polſter gehäuft hat. Und eine unendliche Flut des Lichtes ergießt ſich über das Antlitz der Erde; kein Wölkchen, kein noch ſo zarter Schleier trübt die Reinheit des weiten Himmelsraumes. Und blendender Lichtſchein wieder ſtrahlt zurück in den freien Raum. Des Menſchen Auge, welches dieſe Lichtflut trinken will, mußte erſterben; nur denken, nur ahnen darf er ſie, die Herrlich- keit der göttlichen Macht. Das Tiefland iſt nicht in den Bannkreis des Schnees ge- treten; da, wo die Berge aus der Ebene emporwachſen, dort hat auch der Schnee ſeine Grenze. Draußen hat der Sturm wohl ſchwere Maſſen des Schnees über das Land getragen, aber keine Spur des Eiſes iſt geblieben. Nun aber ſpiegelt ſich der Son- nenſchein in zahlloſen kleinen und großen Tümpeln und Bäche fließen über Wieſen, Wege zum geſchwollenen Gebirgsbach und trüben ſeine gelben Waſſer. Es ſind zwei Welten, einander ſo fremd und unverſtanden, als könnten ſie nie durch gleiches Schick- ſal verſöhnt werden. Und doch gebietet mit gleichen Geſetzen die Natur der große Schöpfer; ihnen beiden, der Welt der Tiefe und der Höhe. Der ſpäte Herbſttag neigt ſich zum Abend und die Sonne taucht hinab in das Reich des Traumes und des Vergeſſens. Und je mehr das Grauen der Nacht aus den Tiefen der Erde zum Himmel emporſtrahlt, um ſo mehr ſchwinden die Grenzen; eine große unendliche Klarheit löſt alle Feſſeln, bis in unermeßliche Weiten ſchweift der Blick des Betrachtenden; dort wo das Ant- litz der Sonne hinabgetaucht iſt, dort ſchweben Schleier von düſterer Glut, ſo fein und leicht, als ſeien ſie von Phantaſie und Sehnſucht gewoben. Es iſt der Atem des Föhn, welcher der ge- bannten Erde den Traum von Freiheit und vom fernen, unend- lichen Glück herabträgt aus weiter ferner Höhe. Und die Nacht kommt und die ewigen Lichter des Himmels ſchauen herab auf verhüllte Berge und Täler. Aus der Tiefe aber ſteigt empor die warme dunkle Sehn- ſucht des Lebens, es atmet die ſchlummernde Erde Wärme und Leidenſchaft hinaus in den unendlichen Raum. Aus der Höhe aber ſinkt Kälte hinab und auf den Körper der Ruhenden legt ſich die Feſſel des Eiſes. Wo Bäche rauſchten, wo trübe Tümpel blinkten, da ſpannt ſich ſpröde Eisdecke, und wo tiefer Schlamm um Wagenräder ſchwere Maſſen haftete, da ſplittert dürrer Bo- den unter dem Schritt des nächtlichen Wanderers. Und wieder erwacht die Erde aus einem ſchweren Winter- traum. Das Licht des Morgens ſtrömt ſcheinbar aus dem Nichts heraus, nichts verrät, woher es kommt; es iſt da, wie im An- ſang der Schöpfung, ohne daß nur eine Ahnung ſein Erſcheinen verkündet hätte. Im weiten Raume liegt ein dichtgewobener Schleier; nur wie ein ſchwach leuchtender Punkt ſchaut die Sonne hindurch auf die kalte Erde. Drunten aber trübt kein Wölk- chen, kein Nebelſtreif die Luft; frei ſchweift der Blick des Ein- ſamen über Bergesgipfel, über Täler hin bis in unermeſſene Fernen. Tiefſte Stille liegt über dem weiten Gebirge, alles Fließende iſt erſtarrt; es glitzern Felswände von unzähligen Kriſtallen, darüber ſtäubt hin und wieder eine Schneewehe. In der Höhe aber trägt der feine breite Strom der Luft neue Maſſen des Schnees und der Kälte heran. Und doch iſt der Kältebann der Tiefe nur Täuſchung; ſtill liegt die Schneedecke über Berg und Tal ausgebreitet, und die weite Ebene iſt grau und ſtarr. Aber weich und warm umſpielen die Lüfte des Morgens den Wanderer. Der Strom der Luft fällt herab aus der Höhe und je mehr ihre Maſſen ſich ſtauen, in der Tiefe zuſammenzufließen, um ſo mehr kehrt die Sehnſucht nach freier, leichter Höhe in ihr Inneres zurück, und Wärme zittert aus ihrem Hauch. Und ſie verſchlingen jede Geſtaltung des Nebels, den ſie trugen, ſie trinken das fließende Waſſer, ſie trinken den Schnee, wo ſie ihn löſen aus ſtarrer Feſſel. Und dürr und grau bleibt die Erde trotz der Wärme. Hoch droben aber unter dem dichten Schleier der Wolken ſchwärmen flache Stromgebilde heran, Ballen, Fetzen, Streifen fließen im breiten Strom und verdecken das dichte Gewebe des Schleiers, verdecken das ſuchende, trübe Antlitz der Sonne zu drohender Gebärde, bis es endlich ganz verſchwindet. Und nun ruhet auch der fallende Strom, es füllt der Raum ſich mit Ge- ſtalten von grauem Nebel, großen kleinen ſturmzerriſſenen und Gipfelgekrönten, bis endlich wieder das grare dunkle Wolken- meer Berg und Tal verhüllt. Und nun ſchwebt aus der Höhe die leichte, weiße Wolkenſaat, es decken Berge und Täler und weit- hin die Ebene ſich zu, und der Wind geſtaltet und bereitet der Erde ein Gewand, welches den Betrachtenden vergeſſen läßt manche Qual, manchen Schmerz des Drohenden und des Fließen- den, des Erdenſchmutzes. Von unſeren Hochſchulen Der außerordentliche Profeſſor an der Univerſität Mün- chen, Hofrat Dr. Otto Walkhoff, Leiter der Abteilung für konſervierende Zahnheilkunde im zahnärztlichen Inſtitut, wo er ſeit nahezu 20 Jahren als Lehrer wirkt, beging am 23. April ſeinen 60. Geburtstag. Die bayeriſche Unterrichtsverwaltung hat verfügt, daß aus- ländiſche Studierende die an die Hochſchulen zu ent- richtenden Gebühren in Goldmark oder in dem dem Goldbetrag entſprechenden deutſchen Papier- geld nach dem Kurſe des erſten Tages des jeweiligen Semeſters zu entrichten haben. Deutſch-Oeſterreicher werden unter Voraus- ſetzung der Gegenſeitigkeit hinſichtlich der Gebührenentrichtung, als Inländer betrachtet. Angehörigen der vom deutſchen Reiche und der früheren öſterreichiſchen Monarchie abgetrennten Gebiete und baltiſchen Studierenden kann unter Vorausſetzung deutſcher Abſtammung, deutſcher Mutterſprache und deutſchfreundlicher Ge- ſinnung, durch das Miniſterium für Unterricht und Kultus auf Anſuchen im Einzelfali gleiche Vergünſtigung gewährt werden. Ausländiſchen Studierenden, deren Familien im Inland wohnen und hier mit ihrem Vermögen und Einkommen ſteuerpflichtig ſind, kann auf Anſuchen eine günſtigere Regelung hinſichtlich der Gebühren vom Miniſterium bewilligt werden, wie ſie ſonſt nach vorſtehendem für Ausländer getroffen worden iſt. In Hannover iſt der emerit. ordentliche Profeſſor der ſyſtematiſchen Theologie, Geh. Konſiſtorialrat D. Dr. Auguſt Dorner geſtorben. Er wurde am 13. Mai 1846 zu Schiltach in Baden geboren. Seine wichtigſten Werke ſind: „De Baconis philosophia“ (1867): „Auguſtinus“ (1873): „Ueber die Prinzipien

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2020-10-02T09:49:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 17, 2. Mai 1920, S. Seite 171[171]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine17_1920/13>, abgerufen am 15.05.2024.