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Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 7. November 1914.

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7. November 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] Mukthar Pascha, Rauchstraße 20, zu großen Kundgebungen.
Es war abends 1/29 Uhr. Mehrere Droschken passierten den Pots-
damer Platz. In der ersten saß ein Führer der hiesigen türkischen
Kolonie, Jussuf Ivio Bey. Er hatte seinen Wagen mit einer
deutschen und einer türkischen Fahne geschmückt. Dieser Ausdruck
deutsch-türkischer Ideengemeinschaft versetzte die Menge in Be-
geisterung. Als der Wagen im Gedränge nicht mehr vorwärts
konnte, erhob sich Jussuf in seinem Wagen und hielt an seine Zu-
hörer eine Ansprache etwa folgenden Inhalts:

Meine Herren, gestatten Sie, daß ich in einer weihevollen
Stunde das Wort an Sie richte. Eine große Stunde ist für
das Osmanentum, ja für die ganze islamitische Welt gekom-
men. Auch wir Türken kämpfen nunmehr für die Rechte der
Menschheit. Wir sind nicht so undankbare Schüler, daß wir
uns nicht dessen, was wir Deutschland zu verdanken haben,
erinnerten. Wir Anhänger Mohammeds erinnern uns des
Wortes Kaiser Wilhelms, das er am Grabe unsere großen
Sultans Saladin sprach, und worin er bekannte, der Freund
der dreihundert Millionen Mohammedaner zu sein. Wir
Osmanen wissen, was Deutschland für die Kultur der Welt be-
deutet. Wir wissen aber auch, wie uns seine Gegner unter-
drückt und beraubt haben. Wir Türken, die wir nichts als
Ungerechtigkeit zu spüren Gelegenheit hatten, treten heute her-
vor nach 200jähriger Knechtung durch das Moskowitertum und
diese verdammten Engländer (brausende Zustimmungsrufe), um
menschliche Lebensbedingungen zu erringen. Wir tun es in
Dankbarkeit gegen das große Deutsche Reich
für die uns erwiesenen Wohltaten, die uns eine Quelle des
Segens in militärischen Dingen und in den Wissenschaften wur-
den. Heute, da Deutschland im Kampfe steht gegen eine Welt
des Neides, erinnern wir uns der Niederträchtigkeiten der-
selben Feinde, die Deutschland jetzt bekämpfen muß, und so
treten wir an die Seite eurer ruhmreichen Heere.
Ich möchte wünschen, daß noch unsere Enkel diese Verwirk-
lichung einer deutsch-türkischen Freundschaft auf ihre Fahnen
schreiben und sie stets brüderlich aufrecht erhalten, wie es Ihr
großer Kaiser, der Friedenskaiser, für den man nur das Wort
"Der Einzige" gebrauchen kann, ausgesprochen hat. Der Sieg
sei den deutschen Waffen hold! Wir wollen an Ihrer Seite
bis zum äußersten kämpfen. Der Ruf unseres Padischah wird
in die fernsten Länder ergehen und er wird die Anhänger des
Islam aufrufen, wo immer sie wohnen, mitzuhelfen in diesem
Kampf, daß der von Deutschland vertretenen Gerechtigkeit und
Kultur der Sieg werde. 25 Millionen Türken, 300 Millionen
Mohammedaner, der ganze Islam wird sich erheben wie ein
Mann, um an der Seite Deutschlands zu streiten. Hoch Kaiser
Wilhelm II.! Hoch Kaiser Franz Josef! Hoch Sultan Mehemed
Reschad V.! Hoch die deutsch-österreichisch-türkischen Waffen!

Begeistert stimmte die Menge in die Hochrufe ein und for-
mierte sich dann zu einem Zug, der die Droschke nach dem Palais
der türkischen Botschaft in der Rauchstraße begleitete. Vor der
Botschaft riefen die immer erneuten Hochrufe den Botschafter
Mukthar Pascha an ein Fenster der ersten Etage. Nachdem sich
die Begeisterung etwas gelegt und ein Begleiter Ivio Beys mit
einigen Worten den Zweck der Kundgebung auseinandergesetzt
hatte, nahm der Botschafter selbst zu einer Ansprache das Wort,
aus der die folgenden Worte wiedergegeben seien:

"Ich danke herzlich für diese Kundgebung, welche beweist,
wie groß die gegenseitige Sympathie und Hochachtung sind,
welche unsere beiden Nationen vereinen. Ihre Worte werden
den herzlichsten Widerhall in meiner Heimat finden. Ihrem
Herrscher rufe ich zu: Heil Dir im Siegerkranz!"

Die Menge stimmte die Nationalhymne an, worauf der Rück-
weg angetreten wurde. Die Kundgebung endete im Kaffeehaus
"Vaterland". Alles erhob sich, und unter den Fanfarenklängen
der Musik hieß man die beiden vereinigten Fahnen willkommen.
Wieder folgten Ansprachen, Hochrufe, vaterländische Lieder. Und
so gab sich auch hier das Bewußtsein von der weittragenden Be-
deutung dessen kund, was sich soeben am Schwarzen Meere abspielt.

Italien.

Durch königliches Dekret wurde Salan-
dra
mit der Bildung des Kabinetts betraut. Wie
"Agenzia Stefani" aus zuverlässiger Quelle erfährt, setzt sich das
neue Kabinett folgendermaßen zusammen: Salandra: Vorsitz
und Inneres, Sonnino: Ministerium des Aeußeren, Martini:
Kolonialministerium, Orlando: Justizministerium, Carcano:
Schatz, Danco: Finanzministerium, Ciuffeli: Ministerium für
öffentliche Arbeiten, Grippo: Unterrichtsministerium, Cava-
sola:
Ackerbauministerium, Zupelli: Kriegsministerium,
Viala: Marineministerium, Riccio: Post.

*

[Spaltenumbruch]
England.

Die "Morningpost" erfährt, daß bei dem Zusammentritt des
Parlaments am 11. November die Regierung wieder
100 Millionen Pfund Sterling für den Krieg for-
dern wird.

*

Der erste Seelord der englischen Admiralität Prinz Louis
von Battenberg
ist infolge der Preßhetze des "Globe"
zurückgetreten. Admiral Lord Fisher wurde als Nach-
folger des Prinzen Battenberg zum ersten Seelord ernannt.

Prinz Louis von Battenberg schreibt in einem Briefe
an Churchill, worin er das Amt als erster Seelord niederlegt, daß
er in der letzten Zeit zu dem schmerzlichen Schluß gelangt sei,
daß unter den herrschenden Umständen seine Geburt und Herkunft
die Wirkung hätten, in gewisser Hinsicht seine Nützlichkeit in der
Admiralität zu beeinträchtigen. Die "Times" führen zu dem
Rücktritt des Prinzen von Battenberg aus, der Rücktritt sei fraglos
das Ergebnis einer Kampagne gewesen, in der der Prinz einer-
seits der Schwäche gegenüber Churchill beschuldigt, andrerseits
wegen seiner deutschen Herkunft angegriffen worden sei. Das
Blatt fährt fort: Die Ernennung Lord Fishers versetzt diesen
in die wichtige Stellung eines ersten Seelords, der mehr als jeder
andere der Schöpfer der britischen Schlachtflotte sei, der zu der
Flotte in einem ähnlichen Verhältnis steht, wie Kitchener zur
Armee.

*

Aus London wird amtlich unterm 31. Oktober gemeldet:

Ein deutsches Unterseeboot hat heute im englischen
Kanal den alten Kreuzer "Hermes", der von Dünkirchen zurück-
kam, durch einen Torpedoschuß zum Sinken gebracht. Bei-
nahe alle Offiziere und Mannschaften sind gerettet.

Die nichtamtliche Meldung über die Vernichtung des engli-
schen Kreuzers "Hermes" durch ein deutsches Unterseeboot wird
später amtlich bestätigt. Das Unterseeboot ist wohlbehalten zurück-
gekehrt.

*


Ueber die weiteren glänzenden Kriegstaten unserer "Emden"
liegen neue Meldungen vor:

Nach einer amtlichen Petersburger Meldung aus Tokio
wurde der russische Kreuzer "Schemtschug" und ein französi-
scher Torpedojäger auf der Reede von Pulo Penang durch
Torpedoschüsse des deutschen Kreuzers "Emden" zum Sinken
gebracht. Der Kreuzer hatte sich durch Anbringen eines vierten
falschen Schornsteins unkenntlich gemacht und konnte sich auf diese
Weise den vernichteten Schiffen unerkannt nähern.

Aus dem großen Hauptquartier ist in Emden nachfolgendes
Telegramm des Kaisers eingetroffen:

Oberbürgermeister Emden. Ich beglückwünsche die Stadt
Emden zu ihrem Patenkinde im Indischen Ozean, dessen kühne
Kreuzerstückchen ein jedes deutsche Herz mit Stolz und Freude
erfüllen. Wilhelm I. R.

Bekanntlich hat sich die "Emden" durch Anbringung eines
vierten falschen Schornsteins unkenntlich gemacht, um
sich auf diese Weise zu nähern. Die "Neue Freie Presse" sagt dazu:
Der tapfere Kommandant des auf allen Meeren Schrecken ver-
breitenden fliegenden Holländers "Emden" scheint Rudyard
Kipling mit Nutzen gelesen zu haben. In einer seiner Novellen
erzählt Kipling von dem Befehlshaber eines englischen Kriegs-
schiffes, der bei einer im Frieden vorgenommenen Uebung der
britischen Seemacht die List anwandte, zu den drei vorhandenen
Schornsteinen seines Schiffes einen vierten, falschen zu impro-
visieren, um sein Fahrzeug unkenntlich zu machen. Dadurch gelang
es ihm, die ihm gestellte schwierige Aufgabe zu lösen, da er bei dem
angenommenen Gegner Verwirrung hervorbrachte. Kipling hat,
als er die Novelle schrieb, sicherlich nicht geahnt, daß ein deutscher
Schiffskommandant von dieser List im frischen Seekrieg Gebrauch
machen wird, um mit einem Schlage zwei feindliche Kriegsschiffe
in den Grund zu bohren.

*


Ueber den Heldenkampf, den Tsingtau gegen seine
Bedränger führt, veröffentlicht die Frankfurter Zeitung folgende
Havasmeldung aus Tokio: "Die Festung Tsingtau wurde
zerstört
. Die Operationen werden mit allgemeinem Erfolge
fortgesetzt."

7. November 1914. Allgemeine Zeitung
[Spaltenumbruch] Mukthar Paſcha, Rauchſtraße 20, zu großen Kundgebungen.
Es war abends ½9 Uhr. Mehrere Droſchken paſſierten den Pots-
damer Platz. In der erſten ſaß ein Führer der hieſigen türkiſchen
Kolonie, Juſſuf Ivio Bey. Er hatte ſeinen Wagen mit einer
deutſchen und einer türkiſchen Fahne geſchmückt. Dieſer Ausdruck
deutſch-türkiſcher Ideengemeinſchaft verſetzte die Menge in Be-
geiſterung. Als der Wagen im Gedränge nicht mehr vorwärts
konnte, erhob ſich Juſſuf in ſeinem Wagen und hielt an ſeine Zu-
hörer eine Anſprache etwa folgenden Inhalts:

Meine Herren, geſtatten Sie, daß ich in einer weihevollen
Stunde das Wort an Sie richte. Eine große Stunde iſt für
das Osmanentum, ja für die ganze islamitiſche Welt gekom-
men. Auch wir Türken kämpfen nunmehr für die Rechte der
Menſchheit. Wir ſind nicht ſo undankbare Schüler, daß wir
uns nicht deſſen, was wir Deutſchland zu verdanken haben,
erinnerten. Wir Anhänger Mohammeds erinnern uns des
Wortes Kaiſer Wilhelms, das er am Grabe unſere großen
Sultans Saladin ſprach, und worin er bekannte, der Freund
der dreihundert Millionen Mohammedaner zu ſein. Wir
Osmanen wiſſen, was Deutſchland für die Kultur der Welt be-
deutet. Wir wiſſen aber auch, wie uns ſeine Gegner unter-
drückt und beraubt haben. Wir Türken, die wir nichts als
Ungerechtigkeit zu ſpüren Gelegenheit hatten, treten heute her-
vor nach 200jähriger Knechtung durch das Moskowitertum und
dieſe verdammten Engländer (brauſende Zuſtimmungsrufe), um
menſchliche Lebensbedingungen zu erringen. Wir tun es in
Dankbarkeit gegen das große Deutſche Reich
für die uns erwieſenen Wohltaten, die uns eine Quelle des
Segens in militäriſchen Dingen und in den Wiſſenſchaften wur-
den. Heute, da Deutſchland im Kampfe ſteht gegen eine Welt
des Neides, erinnern wir uns der Niederträchtigkeiten der-
ſelben Feinde, die Deutſchland jetzt bekämpfen muß, und ſo
treten wir an die Seite eurer ruhmreichen Heere.
Ich möchte wünſchen, daß noch unſere Enkel dieſe Verwirk-
lichung einer deutſch-türkiſchen Freundſchaft auf ihre Fahnen
ſchreiben und ſie ſtets brüderlich aufrecht erhalten, wie es Ihr
großer Kaiſer, der Friedenskaiſer, für den man nur das Wort
„Der Einzige“ gebrauchen kann, ausgeſprochen hat. Der Sieg
ſei den deutſchen Waffen hold! Wir wollen an Ihrer Seite
bis zum äußerſten kämpfen. Der Ruf unſeres Padiſchah wird
in die fernſten Länder ergehen und er wird die Anhänger des
Islam aufrufen, wo immer ſie wohnen, mitzuhelfen in dieſem
Kampf, daß der von Deutſchland vertretenen Gerechtigkeit und
Kultur der Sieg werde. 25 Millionen Türken, 300 Millionen
Mohammedaner, der ganze Islam wird ſich erheben wie ein
Mann, um an der Seite Deutſchlands zu ſtreiten. Hoch Kaiſer
Wilhelm II.! Hoch Kaiſer Franz Joſef! Hoch Sultan Mehemed
Reſchad V.! Hoch die deutſch-öſterreichiſch-türkiſchen Waffen!

Begeiſtert ſtimmte die Menge in die Hochrufe ein und for-
mierte ſich dann zu einem Zug, der die Droſchke nach dem Palais
der türkiſchen Botſchaft in der Rauchſtraße begleitete. Vor der
Botſchaft riefen die immer erneuten Hochrufe den Botſchafter
Mukthar Paſcha an ein Fenſter der erſten Etage. Nachdem ſich
die Begeiſterung etwas gelegt und ein Begleiter Ivio Beys mit
einigen Worten den Zweck der Kundgebung auseinandergeſetzt
hatte, nahm der Botſchafter ſelbſt zu einer Anſprache das Wort,
aus der die folgenden Worte wiedergegeben ſeien:

„Ich danke herzlich für dieſe Kundgebung, welche beweiſt,
wie groß die gegenſeitige Sympathie und Hochachtung ſind,
welche unſere beiden Nationen vereinen. Ihre Worte werden
den herzlichſten Widerhall in meiner Heimat finden. Ihrem
Herrſcher rufe ich zu: Heil Dir im Siegerkranz!“

Die Menge ſtimmte die Nationalhymne an, worauf der Rück-
weg angetreten wurde. Die Kundgebung endete im Kaffeehaus
„Vaterland“. Alles erhob ſich, und unter den Fanfarenklängen
der Muſik hieß man die beiden vereinigten Fahnen willkommen.
Wieder folgten Anſprachen, Hochrufe, vaterländiſche Lieder. Und
ſo gab ſich auch hier das Bewußtſein von der weittragenden Be-
deutung deſſen kund, was ſich ſoeben am Schwarzen Meere abſpielt.

Italien.

Durch königliches Dekret wurde Salan-
dra
mit der Bildung des Kabinetts betraut. Wie
„Agenzia Stefani“ aus zuverläſſiger Quelle erfährt, ſetzt ſich das
neue Kabinett folgendermaßen zuſammen: Salandra: Vorſitz
und Inneres, Sonnino: Miniſterium des Aeußeren, Martini:
Kolonialminiſterium, Orlando: Juſtizminiſterium, Carcano:
Schatz, Danco: Finanzminiſterium, Ciuffeli: Miniſterium für
öffentliche Arbeiten, Grippo: Unterrichtsminiſterium, Cava-
ſola:
Ackerbauminiſterium, Zupelli: Kriegsminiſterium,
Viala: Marineminiſterium, Riccio: Poſt.

*

[Spaltenumbruch]
England.

Die „Morningpoſt“ erfährt, daß bei dem Zuſammentritt des
Parlaments am 11. November die Regierung wieder
100 Millionen Pfund Sterling für den Krieg for-
dern wird.

*

Der erſte Seelord der engliſchen Admiralität Prinz Louis
von Battenberg
iſt infolge der Preßhetze des „Globe“
zurückgetreten. Admiral Lord Fiſher wurde als Nach-
folger des Prinzen Battenberg zum erſten Seelord ernannt.

Prinz Louis von Battenberg ſchreibt in einem Briefe
an Churchill, worin er das Amt als erſter Seelord niederlegt, daß
er in der letzten Zeit zu dem ſchmerzlichen Schluß gelangt ſei,
daß unter den herrſchenden Umſtänden ſeine Geburt und Herkunft
die Wirkung hätten, in gewiſſer Hinſicht ſeine Nützlichkeit in der
Admiralität zu beeinträchtigen. Die „Times“ führen zu dem
Rücktritt des Prinzen von Battenberg aus, der Rücktritt ſei fraglos
das Ergebnis einer Kampagne geweſen, in der der Prinz einer-
ſeits der Schwäche gegenüber Churchill beſchuldigt, andrerſeits
wegen ſeiner deutſchen Herkunft angegriffen worden ſei. Das
Blatt fährt fort: Die Ernennung Lord Fiſhers verſetzt dieſen
in die wichtige Stellung eines erſten Seelords, der mehr als jeder
andere der Schöpfer der britiſchen Schlachtflotte ſei, der zu der
Flotte in einem ähnlichen Verhältnis ſteht, wie Kitchener zur
Armee.

*

Aus London wird amtlich unterm 31. Oktober gemeldet:

Ein deutſches Unterſeeboot hat heute im engliſchen
Kanal den alten Kreuzer „Hermes“, der von Dünkirchen zurück-
kam, durch einen Torpedoſchuß zum Sinken gebracht. Bei-
nahe alle Offiziere und Mannſchaften ſind gerettet.

Die nichtamtliche Meldung über die Vernichtung des engli-
ſchen Kreuzers „Hermes“ durch ein deutſches Unterſeeboot wird
ſpäter amtlich beſtätigt. Das Unterſeeboot iſt wohlbehalten zurück-
gekehrt.

*


Ueber die weiteren glänzenden Kriegstaten unſerer „Emden
liegen neue Meldungen vor:

Nach einer amtlichen Petersburger Meldung aus Tokio
wurde der ruſſiſche Kreuzer „Schemtſchug“ und ein franzöſi-
ſcher Torpedojäger auf der Reede von Pulo Penang durch
Torpedoſchüſſe des deutſchen Kreuzers „Emden“ zum Sinken
gebracht. Der Kreuzer hatte ſich durch Anbringen eines vierten
falſchen Schornſteins unkenntlich gemacht und konnte ſich auf dieſe
Weiſe den vernichteten Schiffen unerkannt nähern.

Aus dem großen Hauptquartier iſt in Emden nachfolgendes
Telegramm des Kaiſers eingetroffen:

Oberbürgermeiſter Emden. Ich beglückwünſche die Stadt
Emden zu ihrem Patenkinde im Indiſchen Ozean, deſſen kühne
Kreuzerſtückchen ein jedes deutſche Herz mit Stolz und Freude
erfüllen. Wilhelm I. R.

Bekanntlich hat ſich die „Emden“ durch Anbringung eines
vierten falſchen Schornſteins unkenntlich gemacht, um
ſich auf dieſe Weiſe zu nähern. Die „Neue Freie Preſſe“ ſagt dazu:
Der tapfere Kommandant des auf allen Meeren Schrecken ver-
breitenden fliegenden Holländers „Emden“ ſcheint Rudyard
Kipling mit Nutzen geleſen zu haben. In einer ſeiner Novellen
erzählt Kipling von dem Befehlshaber eines engliſchen Kriegs-
ſchiffes, der bei einer im Frieden vorgenommenen Uebung der
britiſchen Seemacht die Liſt anwandte, zu den drei vorhandenen
Schornſteinen ſeines Schiffes einen vierten, falſchen zu impro-
viſieren, um ſein Fahrzeug unkenntlich zu machen. Dadurch gelang
es ihm, die ihm geſtellte ſchwierige Aufgabe zu löſen, da er bei dem
angenommenen Gegner Verwirrung hervorbrachte. Kipling hat,
als er die Novelle ſchrieb, ſicherlich nicht geahnt, daß ein deutſcher
Schiffskommandant von dieſer Liſt im friſchen Seekrieg Gebrauch
machen wird, um mit einem Schlage zwei feindliche Kriegsſchiffe
in den Grund zu bohren.

*


Ueber den Heldenkampf, den Tſingtau gegen ſeine
Bedränger führt, veröffentlicht die Frankfurter Zeitung folgende
Havasmeldung aus Tokio: „Die Feſtung Tſingtau wurde
zerſtört
. Die Operationen werden mit allgemeinem Erfolge
fortgeſetzt.“

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[649/0005] 7. November 1914. Allgemeine Zeitung Mukthar Paſcha, Rauchſtraße 20, zu großen Kundgebungen. Es war abends ½9 Uhr. Mehrere Droſchken paſſierten den Pots- damer Platz. In der erſten ſaß ein Führer der hieſigen türkiſchen Kolonie, Juſſuf Ivio Bey. Er hatte ſeinen Wagen mit einer deutſchen und einer türkiſchen Fahne geſchmückt. Dieſer Ausdruck deutſch-türkiſcher Ideengemeinſchaft verſetzte die Menge in Be- geiſterung. Als der Wagen im Gedränge nicht mehr vorwärts konnte, erhob ſich Juſſuf in ſeinem Wagen und hielt an ſeine Zu- hörer eine Anſprache etwa folgenden Inhalts: Meine Herren, geſtatten Sie, daß ich in einer weihevollen Stunde das Wort an Sie richte. Eine große Stunde iſt für das Osmanentum, ja für die ganze islamitiſche Welt gekom- men. Auch wir Türken kämpfen nunmehr für die Rechte der Menſchheit. Wir ſind nicht ſo undankbare Schüler, daß wir uns nicht deſſen, was wir Deutſchland zu verdanken haben, erinnerten. Wir Anhänger Mohammeds erinnern uns des Wortes Kaiſer Wilhelms, das er am Grabe unſere großen Sultans Saladin ſprach, und worin er bekannte, der Freund der dreihundert Millionen Mohammedaner zu ſein. Wir Osmanen wiſſen, was Deutſchland für die Kultur der Welt be- deutet. Wir wiſſen aber auch, wie uns ſeine Gegner unter- drückt und beraubt haben. Wir Türken, die wir nichts als Ungerechtigkeit zu ſpüren Gelegenheit hatten, treten heute her- vor nach 200jähriger Knechtung durch das Moskowitertum und dieſe verdammten Engländer (brauſende Zuſtimmungsrufe), um menſchliche Lebensbedingungen zu erringen. Wir tun es in Dankbarkeit gegen das große Deutſche Reich für die uns erwieſenen Wohltaten, die uns eine Quelle des Segens in militäriſchen Dingen und in den Wiſſenſchaften wur- den. Heute, da Deutſchland im Kampfe ſteht gegen eine Welt des Neides, erinnern wir uns der Niederträchtigkeiten der- ſelben Feinde, die Deutſchland jetzt bekämpfen muß, und ſo treten wir an die Seite eurer ruhmreichen Heere. Ich möchte wünſchen, daß noch unſere Enkel dieſe Verwirk- lichung einer deutſch-türkiſchen Freundſchaft auf ihre Fahnen ſchreiben und ſie ſtets brüderlich aufrecht erhalten, wie es Ihr großer Kaiſer, der Friedenskaiſer, für den man nur das Wort „Der Einzige“ gebrauchen kann, ausgeſprochen hat. Der Sieg ſei den deutſchen Waffen hold! Wir wollen an Ihrer Seite bis zum äußerſten kämpfen. Der Ruf unſeres Padiſchah wird in die fernſten Länder ergehen und er wird die Anhänger des Islam aufrufen, wo immer ſie wohnen, mitzuhelfen in dieſem Kampf, daß der von Deutſchland vertretenen Gerechtigkeit und Kultur der Sieg werde. 25 Millionen Türken, 300 Millionen Mohammedaner, der ganze Islam wird ſich erheben wie ein Mann, um an der Seite Deutſchlands zu ſtreiten. Hoch Kaiſer Wilhelm II.! Hoch Kaiſer Franz Joſef! Hoch Sultan Mehemed Reſchad V.! Hoch die deutſch-öſterreichiſch-türkiſchen Waffen! Begeiſtert ſtimmte die Menge in die Hochrufe ein und for- mierte ſich dann zu einem Zug, der die Droſchke nach dem Palais der türkiſchen Botſchaft in der Rauchſtraße begleitete. Vor der Botſchaft riefen die immer erneuten Hochrufe den Botſchafter Mukthar Paſcha an ein Fenſter der erſten Etage. Nachdem ſich die Begeiſterung etwas gelegt und ein Begleiter Ivio Beys mit einigen Worten den Zweck der Kundgebung auseinandergeſetzt hatte, nahm der Botſchafter ſelbſt zu einer Anſprache das Wort, aus der die folgenden Worte wiedergegeben ſeien: „Ich danke herzlich für dieſe Kundgebung, welche beweiſt, wie groß die gegenſeitige Sympathie und Hochachtung ſind, welche unſere beiden Nationen vereinen. Ihre Worte werden den herzlichſten Widerhall in meiner Heimat finden. Ihrem Herrſcher rufe ich zu: Heil Dir im Siegerkranz!“ Die Menge ſtimmte die Nationalhymne an, worauf der Rück- weg angetreten wurde. Die Kundgebung endete im Kaffeehaus „Vaterland“. Alles erhob ſich, und unter den Fanfarenklängen der Muſik hieß man die beiden vereinigten Fahnen willkommen. Wieder folgten Anſprachen, Hochrufe, vaterländiſche Lieder. Und ſo gab ſich auch hier das Bewußtſein von der weittragenden Be- deutung deſſen kund, was ſich ſoeben am Schwarzen Meere abſpielt. Italien. Rom, 5. November. Durch königliches Dekret wurde Salan- dra mit der Bildung des Kabinetts betraut. Wie „Agenzia Stefani“ aus zuverläſſiger Quelle erfährt, ſetzt ſich das neue Kabinett folgendermaßen zuſammen: Salandra: Vorſitz und Inneres, Sonnino: Miniſterium des Aeußeren, Martini: Kolonialminiſterium, Orlando: Juſtizminiſterium, Carcano: Schatz, Danco: Finanzminiſterium, Ciuffeli: Miniſterium für öffentliche Arbeiten, Grippo: Unterrichtsminiſterium, Cava- ſola: Ackerbauminiſterium, Zupelli: Kriegsminiſterium, Viala: Marineminiſterium, Riccio: Poſt. * England. Die „Morningpoſt“ erfährt, daß bei dem Zuſammentritt des Parlaments am 11. November die Regierung wieder 100 Millionen Pfund Sterling für den Krieg for- dern wird. * Der erſte Seelord der engliſchen Admiralität Prinz Louis von Battenberg iſt infolge der Preßhetze des „Globe“ zurückgetreten. Admiral Lord Fiſher wurde als Nach- folger des Prinzen Battenberg zum erſten Seelord ernannt. Prinz Louis von Battenberg ſchreibt in einem Briefe an Churchill, worin er das Amt als erſter Seelord niederlegt, daß er in der letzten Zeit zu dem ſchmerzlichen Schluß gelangt ſei, daß unter den herrſchenden Umſtänden ſeine Geburt und Herkunft die Wirkung hätten, in gewiſſer Hinſicht ſeine Nützlichkeit in der Admiralität zu beeinträchtigen. Die „Times“ führen zu dem Rücktritt des Prinzen von Battenberg aus, der Rücktritt ſei fraglos das Ergebnis einer Kampagne geweſen, in der der Prinz einer- ſeits der Schwäche gegenüber Churchill beſchuldigt, andrerſeits wegen ſeiner deutſchen Herkunft angegriffen worden ſei. Das Blatt fährt fort: Die Ernennung Lord Fiſhers verſetzt dieſen in die wichtige Stellung eines erſten Seelords, der mehr als jeder andere der Schöpfer der britiſchen Schlachtflotte ſei, der zu der Flotte in einem ähnlichen Verhältnis ſteht, wie Kitchener zur Armee. * Aus London wird amtlich unterm 31. Oktober gemeldet: Ein deutſches Unterſeeboot hat heute im engliſchen Kanal den alten Kreuzer „Hermes“, der von Dünkirchen zurück- kam, durch einen Torpedoſchuß zum Sinken gebracht. Bei- nahe alle Offiziere und Mannſchaften ſind gerettet. Die nichtamtliche Meldung über die Vernichtung des engli- ſchen Kreuzers „Hermes“ durch ein deutſches Unterſeeboot wird ſpäter amtlich beſtätigt. Das Unterſeeboot iſt wohlbehalten zurück- gekehrt. * Ueber die weiteren glänzenden Kriegstaten unſerer „Emden“ liegen neue Meldungen vor: Nach einer amtlichen Petersburger Meldung aus Tokio wurde der ruſſiſche Kreuzer „Schemtſchug“ und ein franzöſi- ſcher Torpedojäger auf der Reede von Pulo Penang durch Torpedoſchüſſe des deutſchen Kreuzers „Emden“ zum Sinken gebracht. Der Kreuzer hatte ſich durch Anbringen eines vierten falſchen Schornſteins unkenntlich gemacht und konnte ſich auf dieſe Weiſe den vernichteten Schiffen unerkannt nähern. Aus dem großen Hauptquartier iſt in Emden nachfolgendes Telegramm des Kaiſers eingetroffen: Oberbürgermeiſter Emden. Ich beglückwünſche die Stadt Emden zu ihrem Patenkinde im Indiſchen Ozean, deſſen kühne Kreuzerſtückchen ein jedes deutſche Herz mit Stolz und Freude erfüllen. Wilhelm I. R. Bekanntlich hat ſich die „Emden“ durch Anbringung eines vierten falſchen Schornſteins unkenntlich gemacht, um ſich auf dieſe Weiſe zu nähern. Die „Neue Freie Preſſe“ ſagt dazu: Der tapfere Kommandant des auf allen Meeren Schrecken ver- breitenden fliegenden Holländers „Emden“ ſcheint Rudyard Kipling mit Nutzen geleſen zu haben. In einer ſeiner Novellen erzählt Kipling von dem Befehlshaber eines engliſchen Kriegs- ſchiffes, der bei einer im Frieden vorgenommenen Uebung der britiſchen Seemacht die Liſt anwandte, zu den drei vorhandenen Schornſteinen ſeines Schiffes einen vierten, falſchen zu impro- viſieren, um ſein Fahrzeug unkenntlich zu machen. Dadurch gelang es ihm, die ihm geſtellte ſchwierige Aufgabe zu löſen, da er bei dem angenommenen Gegner Verwirrung hervorbrachte. Kipling hat, als er die Novelle ſchrieb, ſicherlich nicht geahnt, daß ein deutſcher Schiffskommandant von dieſer Liſt im friſchen Seekrieg Gebrauch machen wird, um mit einem Schlage zwei feindliche Kriegsſchiffe in den Grund zu bohren. * Ueber den Heldenkampf, den Tſingtau gegen ſeine Bedränger führt, veröffentlicht die Frankfurter Zeitung folgende Havasmeldung aus Tokio: „Die Feſtung Tſingtau wurde zerſtört. Die Operationen werden mit allgemeinem Erfolge fortgeſetzt.“

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 45, 7. November 1914, S. 649. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine45_1914/5>, abgerufen am 15.05.2024.