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Allgemeine Zeitung, Nr. 90, 2. April 1900.

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München, Montag Allgemeine Zeitung 2. April 1900. Nr. 90.
[Spaltenumbruch]
Deutsches Reich.
Hof- und Personalnachrichten.

das Amtsblatt des Regierungsbezirks Münster bekannt gibt,
sind die Freiherren Dietrich (geboren 1867) und Wolf-
gang
(geboren 1877) v. Boeselager, Söhne des während
des Kulturkampfes nach England übergesiedelten und naturali-
sirten Frhrn. Maximilian v. Boeselager, durch Verfügung des
Regierungspräsidenten aus dem preußischen Staatsgebiet aus-
gewiesen worden, weil sie sich als Ausländer läftig gemacht
haben.

Auszeichnung.

Vom Kaiser ging dem Ober-
baudirektor Franzius, dem Schöpfer der Korrektion der
Unterweser, zu seinem heutigen 25 jährigen Dienstjubiläum
ein Glückwunschtelegramm zu. Sonst wurden dem
Jubilar von Behörden, Korporationen und Privaten reiche
Ehrungen zutheil.

Reuß j. L.: Bestrafung des Kontraktbruchs ländlicher Arbeiter.

Dem Landtag ist ein Gesetzent-
wurf über den Kontraktbruch ländlicher Arbeiter
zugegangen, der folgende Bestimmungen enthält:

"§ 1. Landwirthschaftliche Arbeiter, welche widerrechtlich den
Antritt der Arbeit verweigern oder die Arbeit verlassen, werden
auf Antrag des Arbeitgebers, nach dessen Wahl, mit Geldstrafe
bis zu 30 M. bestraft oder von dem Gemeindevorstand des Arbeits-
ortes dem Arbeitgeber zwangsweise zugeführt. § 2. Wer land-
wirthschaftliche Arbeiter zur widerrechtlichen Verweigerung des
Antritts der Arbeit oder zum widerrechtlichen Verlassen der Arbeit
verleitet, wird mit Geldstrafe bis zu 150 M. bestraft. Derselbe
ist dem Arbeitgeber für den daraus entstandenen Schaden ver-
antwortlich; er haftet neben dem Arbeiter als Gesammtschuldner.
§ 3. Durch wissentliche Annahme kontraktbrüchiger Arbeiter zieht
sich der Arbeitgeber eine Geldstrafe bis zu 150 M. zu. § 4.
Landwirthschaftliche Arbeiter, welche die Arbeitgeber zu gewissen
Handlungen oder Zugeständnissen dadurch zu bestimmen suchen,
daß sie eine kontraktwidrige Einstellung der Arbeit oder eine Ver-
hinderung derselben bei einzelnen oder mehreren Arbeitgebern
untereinander verabreden, werden mit Gefängniß bis zu einem
Jahre bestraft. Die Anstifter unterliegen der gleichen Strafe, auch
wenn sie keine landwirthschaftlichen Arbeiter sind."

Württemberg: Minister v. Sarwey +.

Der Kultusminister Dr.
v. Sarwey ist an einem Schlaganfall plötzlich gestorben.

Oesterreich-Ungarn.
Die Bank unter polnisch-magyarischer Leitung.

Durch die staatlichen Goldkäufe
der letzten Jahre ist eine allmähliche Gesundung derlb/> österreichisch-ungarischen Währungsverhältnisse
angebahnt. Wenn die Regierungen von Wien und Budapest
noch immer zögern, der Bank Baarzahlungen vorzuschreiben,
so geschieht dies nicht in erster Linie wegen Mangels an Gold,
sondern weil man befürchtet, angesichts der starken Ver-
schuldung Oesterreich-Ungarns an das Ausland könnte bei
irgendeiner politischen oder wirthschaftlichen Krisis des Welt-
theils ein starkes Zurückströmen von Werthpapieren nach
Oesterreich-Ungarn und ein übermäßiger Abfluß von Edel-
metall ins Ausland eintreten. Der ungarische Finanzminister
Lukacs sprach denn jüngst im Abgeordnetenhaus die
Meinung aus, man werde einige Jahre vergehen lassen müssen,
bis sich die Verhältnisse konsolidirt haben; dann könne mit
der Einlösung der Banknoten durch Gold begonnen werden.
Angesichts der günstigeren Lage der Bank erregt es in Oester-
reich doppelte Verstimmung, daß die Leitung der Bank immer
mehr in die Hände von Magyaren und Polen übergeht.
Hr. v. Bilinski ist Gouverneur der Bank und soeben
kündigt man an, daß der jetzige Generalsekretär infolge seines
vorgeschrittenen Alters zurücktreten und daß an seiner Stelle
Hr. Julius Pranger, ein Ungar, dieses Amt übernehmen
werde. Da nach dem jetzt eingeführten Bankstatute, dessen
Urheber Hr. v. Bilinski als Finanzminister war, die
Hälfte aller Generalräthe der Bank Magyaren sein müssen,
da der Gouverneur ein Pole, der Generalsekretär ein Ungar
ist, so ist thatsächlich der Einfluß des deutschen Elements,
welches in Oesterreich eigentlich das einzige kapitalkräftige ist
und nach den Wandlungen der letzten Jahre noch immer
Handel und Industrie der Monarchie beherrscht, ungebührlich
in den Hintergrund gedrängt. Diese Erscheinung schließt eine
Entwicklung ab, in der die Entdeutschung eines Theils des
Adels, der Aemter, der Gerichte und des Schulwesens die
einzelnen Stufen bilden. Die Erbitterung, mit der die
Obstruktionskämpfe seitens der deutschen Abgeordneten geführt
[Spaltenumbruch] wurden, hat im Ausland vielfach befremdet; wer aber Zeuge
ist, wie rücksichtslos sich die nichtdeutschen Elemente in alle
Aemter drängen und selbst in die Leitung der Bank, deren
Kapital nahezu ganz in deutschen Händen ist, begreift, daß
sich der Unmuth einmal in elementarer Weise Luft macht.
Bei der Bank kommt noch der Umstand dazu, daß man an-
nimmt, ihre Geldmittel werden unter polnisch-magyarischer
Leitung vielfach zugunsten der Agrarier in Ungarn und
Galizien
verwendet werden, was übrigens Hr. v. Bilinski
in seiner Antrittsrede auch ziemlich deutlich in Aussicht stellte.
Diese Verhältnisse erweisen sich allgemach als unhaltbar.

Pflichtvergessene Aerzte.

* Man schreibt uns aus Wien vom 31. v. M.: Peinliches
Aufsehen erregt ein Prozeß, der soeben in Wien geführt
wird, um festzustellen, ob schwere Beschuldigungen, die gegen
die Aerzte des St. Joseph-Kinderspitals in Wien
erhoben wurden, gerechtfertigt sind. Der Schriftsetzer Stell-
bogen,
dessen Kind im Spital gestorben war, veröffentlichte
eine Broschüre, in der er den Aerzten vorwarf, daß sie Eltern
und Kinder roh behandelten und durch Vernachlässigung ihrer
Pflichten die kleinen Patienten auf das schwerste schädigten.
Die beschuldigten Aerzte erhoben die Klage wegen Ehren-
beleidigung, aber das Zeugenverhör bewies leider, daß die
Beschuldigungen mehr als begründet sind. Es wurde von
einer Mutter ausgefagt, daß ein Arzt einem 21/2 jährigen
Kinde, das im Spital später an Diphtheritis starb, eine Ohr-
feige gegeben hatte. Eine andere Mutter hatte den Arzt zur
Rede stellen müssen, weil er ihren zwölfjährigen Knaben, der
sich nicht seinen Anordnungen fügte, schlug; viele Mütter be-
zeugten, daß sie ihre Kinder in unreinem Zustande, mit Ungeziefer
bedeckt, aus dem Spital erhalten hatten. Einer anderen Mutter
rief der behandelnde Arzt zu: "Holen Sie sich Ihren Bankert,
ich kann nichts mit ihm machen"; Kinder, die mit dem Zeugniß
"gesund entlassen" ihren Eltern zurückgegeben waren, mußten
monatelang noch unter ärztlicher Behandlung gehalten werden.
Eine barmherzige Schwester im Spital quälte die schwerkranken
und sterbenden Kinder mit dem Gedanken des nahen Todes
und eine protestantische Mutter wurde eindringlich über die
Konfession ihres Kindes verhört mit der Begründung, es
geschehe dies, damit das Kind, wenn es sterbe, in den Himmel
komme. Eltern, die an das Todtenbett ihrer Kinder treten
wollten, wurden schroff weggewiesen, und die rohe Mittheilung
"Nehmen Sie Ihr Kind mit, es ist ohnedies bald hin"
wiederholt sich fast stereotyp. Noch bevor der Spruch der
Geschworenen in dem Prozeß gefällt ist, macht sich steigende
Erregung, zumal in den ärmeren Volksschichten, welche ihre
Kinder diesem Spital anvertrauen, bemerkbar, und von Seiten
der Behörden werden wohl Maßregeln getroffen werden
müssen, um die Schuld der Aerzte näher festzustellen und dem
unwürdigen Zustand in dem Spital ein Ende zu machen.

Die Lage der ungarischen Staatsbediensteten.

Die reichstäglichen Budget-
verhandlungen
haben einen unerwartet raschen Ab-
schluß
genommen. Das Budget des Landesvertheidigungs-
ministers wurde in anderthalb, das des Finanzministeriums
in etwas über zwei Stunden "im allgemeinen" und "im be-
sonderen" vom Abgeordnetenhause erledigt. Dieses Entgegen-
kommen gegenüber den Trägern dieser beiden Portefeuilles
erscheint sehr auffallend im Hinblick auf die Thatsache, daß
die übrigen Minister, namentlich auch der Ministerpräsident
und Minister des Innern wochenlangen Angriffen und Be-
mängelungen ausgesetzt waren, und zwar nicht nur von
oppositioneller Seite her, sondern auch aus der Mitte der
Regierungspartei. Die kurze Verhandlung über das Budget
des Finanzministeriums bot nichtsdestoweniger manches inter-
essante Moment. Unter den Rednern für das Budget befand
sich diesmal auch der Abg. Dr. F. v. Horaußky, der, so-
lange er in den Reihen der ehemaligen "Nationalpartei" saß,
zu den zwar sachlichsten, aber auch schärfsten und gefürchtetsten
Kritikern des Staatshaushalts gehörte. Diesmal stimmte er
für das Budget, dessen Reellität er nachdrücklich betonte,
gleichwohl verschwieg er seine Bedenken und Besorgnisse nicht,
welche er hinsichtlich des ungarischen Staatshaushalts hegt.
Vor allem wies er darauf hin, daß bei etwaiger Befriedigung
der im Verlauf der Debatte an den Staatssäckel gestellten Forde-
ungen das schwer erkämpfte Gleichgewicht im Staatshaus-
halt
zerstört werden würde. Allerdings könnten nicht alle An-
sprüche zurückgewiesen werden, nur möchte man sie der
strengsten Prüfung unterziehen; "denn," so meint der Redner,

[Spaltenumbruch] "es war von Anbeginn ein Hauptfehler unsrer Finanzwirth-
schaft, daß wir ins Blaue hinein Ausgaben machten, ohne
den materiellen Kräften des Landes Rechnung zu tragen."

Auch befolgte man in der Reihenfolge nicht jene gesunde
Politik, welche in die Befriedigung der Ansprüche ein gewisses
System gebracht hätte. Ungarns einseitiges Wirthschaftsleben
kann ein Budget von 1000 Millionen Kronen für die Dauer
nicht ertragen. Wesentliche Schuld an dieser schweren Belastung
trägt der Regierungsmechanismus, den Ungarn seit
1867 geschaffen hat und der heute mit riesiger Wucht auf den
Lebenskräften des Staates lastet. Da müßte eine Aenderung
herbeigeführt werden. Wandelt man auf den bisherigen
Wegen weiter, so werde man selbst die dringenden Bedürfnisse
nicht mehr befriedigen können. Darum sei große Vorsicht,
strenge Sparsamkeit und unerbittliche Zurückweisung selbst
nützlicher Mehransprüche an den Staatssäckel vonnöthen; zu-
gleich aber auch die Aufschließung neuer Hülfsquellen, sowie
die bessere Ausnützung der vorhandenen. Trotz dieser nicht
ganz unbedenklichen Lage des Staatshaushalts ist der Abg.
Horaußky nichtsdestoweniger der Ueberzeugung, daß die
Aufbesserung der Bezüge der Staats- und
Komitatsbeamten
nicht weiter hinausgeschoben werden
könne, umsoweniger, als man erst jüngstens die Gage der
Offiziere und Militärbeamten in der gemeinsamen Armee und
bei der Landwehr beträchtlich erhöht habe und Oesterreich
schon vor einem Jahre mit gutem Beispiel vorangegangen sei.
"Der Bureaukratismus," bemerkt Horanßky, "ist leider
in Ungarn in hohem Maße, in zu hohem Maße entwickelt. Die Zahl
der Staatsbediensteten ist riesig groß, so daß dies heute
sozusagen eine soziale Frage ist. Die materielle Lage der
staatlichen Angestellten ist heute eine sehr problematische,
man kann sagen, eine sehr traurige...." Der Staats-
beamte ist nicht in der Lage des Offiziers, der bei seiner
Verheirathung durch die Kaution seiner Frau vor drückender
Noth geschützt ist, auch in anderer Hinsicht, z. B. betreffs der
Erziehung der Kinder, erhebliche Begünstigungen genießt. Es
sei offenkundig, daß eine große Anzahl der Staatsbeamten
verschuldet sei. Wie soll man von diesen eine befriedigende
Arbeit erwarten? Es müssen deßhalb ohne Verzug die Staats-
beamten in die Lage gesetzt werden, daß sie wenigstens jenes
Minimum erhalten, um ihre Existenzsorgen zu befriedigen.
Diese entschiedene Befürwortung der Aufbesserung der Gehalts-
bezüge für die Staatsbediensteten fand bei allen Parteien des
Hauses lebhafte Zustimmung; auch die Regierung gab die
Erklärung ab, sie habe gleichfalls die Ueberzeugung, daß sie
sich der Verbesserung der Lage der Staatsbeamten nicht ver-
schließen könne und daß die Frage früher oder später gelöst
werden müsse. Allein der Finanzminister erklärte auch,
daß er sich mit dieser Angelegenheit unablässig beschäftige,
und seine Studien haben ihn zu der Ueberzeugung
gebracht, daß man da einer außerordentlich ernsten und
schwierigen Frage gegenüberstehe. "Wenn wir," sagte Hr.
v. Lukacs, "unsre Beamten in die Lage bringen wollen,
in welcher die Zivilbeamten Oesterreichs sich befinden,
und selbst wenn wir die Quartiergelder so belassen
wollen, wie sie sind, so involvirt dies eine jährliche
Ausgabe von 35 Millionen Kronen,
eine so riesige
Summe, welche wir nicht auf einmal herbeizuschaffen ver-
mögen. Wollte man auch nur die untersten Stufen der öster-
reichischen Beamtenbezüge annehmen, so würde die neue
Belastung noch immer ungesähr 30 Millionen Kronen be-
tragen, wobei die Finanzwache, die Polizei, die Gendarmerie
und noch einige andere Kategorien nicht in Betracht gezogen
sind .... Die Staatsbediensteten in Ungarn haben demnach
keine Aussicht, daß ihre bedrängte materielle Lage in
naher Zukunft verbessert wird. An gelegentlicher Aushülfe,
Subvention, Zulage u. a. Palliativmitteln wird es wohl nicht
fehlen, allein diese sind nicht imstande, die allgemeine Noth
zu beseitigen und den ungarischen Beamtenstand materiell so
zu stellen, daß er in voller Hingebung, Treue und Pflicht-
erfüllung dem Staate dienen kann.

Frankreich
Vom französischen Congo.

Tel. Ein Telegramm des General-
kommissärs des französischen Congo-Gebiets gibt über die
Lage in der Gegend des Schari-Flusses Aufklärungen. Leut-
naut Meynier und Hauptmann Joailland sind nach einer
Umkreisung des Tschad-Sees am Schari-Fluß einge-
troffen. Meynier steht im Fort Archambault und Hauptmann



[Spaltenumbruch]

Erzählung hat die Verfasserin dahin abgeändert, daß Mar-
garethe diese Verhandlungen hinter dem Rücken ihres Gatten
betreibt und daß dadurch eine intriguante Hofdame, welche
dessen Herz an sich zu fesseln weiß, die Mittel zum Sturz ihrer
legitimen Nebenbuhlerin erhält. Diese Hofdame, eine jener
dämonischen Teuselinnen, die stets auf der Bühne von be-
sonderer Wirkung sind, wenn deren Charakterausgestaltung so
fein ziselirt ist, wie das Maria Witilo in der psychologischen
Motivirung der Kunigunde von Eisenstein verstanden hat,
besticht, um ihre verruchten Pläne auszuführen, den Hof-
narren und einen Eseltreiber Simon, Margarethe von
Hohenstaufen zu ermorden. Der Letztere jedoch wird,
da es zur That kommt, von seinem Gewissen gerührt, er er-
sticht seinen Komplizen und rettet danach die Herrin. (Das
Fenster der von diesem Eselstreiber ehemals in der Wart-
burg bewohnten Kemenate, durch welches mittelst eines
Korbes diese Flucht bewerkstelligt worden sein soll, wird noch
heute den Besuchern der sagenreichen Feste gezeigt.) Durch
all diese Leiden einem frühen Tod dennoch unrettbar ver-
fallen, nimmt im letzten Akt die unschuldige Dulderin auf
ihrem Todtenbett im Katharina-Kloster zu Frankfurt a. M.,
wohin sie von Fulda aus ihre Flucht gewendet hatte, Ab-
schied von ihren beiden Söhnen, von denen der Aeltere
(Friederich "mit der gebissenen Wange") der Sterbenden die
eidliche Versicherung gibt, daß er Konradins Erbe antreten
und die Rolle der Hohenstaufen an der Spitze der Ghibellinen
fortführen werde. So gestaltet sich denn das mit echter
Bühnenplastik erfüllte, von allen rein äußeren Theateressekten sich
freihaltende Stück zu einem Epilog der Hohenstaufen-Dramen
und hinterläßt durch die Logik seiner Charakterentwicklung,
durch die hochpoetische Diktion und die geschickt auf- und aus-
gebaute Handlung einen tiesen Eindruck, welchen es sicher auch
auf noch vielen anderen deutschen Bühnen ausüben dürfte.
Der Beifall bei der Erstaufführung an der hiesigen Hofbühne
war ein von Akt zu Akt sich steigernder. Spielleitung und
Darstellung wurden den ihr gestellten Aufgaben durchaus ge-
recht und die Lassen'schen Lieder und Kompositionen fanden
eine geradezu enthusiastische Aufnahme.

H. Eine studentische Erinnerung.

Vor wenigen
Tagen hat eine schlichte Frau aus dem Volke das Zeitliche
gesegnet, die sich einst in den Kreisen unsrer akademischen
[Spaltenumbruch] Jugend einer außerordentlichen Berühmtheit und Beliebtheit
erfreute und deren Name gewiß auch heute noch in tausend
alten Studentenherzen im deutschen Vaterlande sympathisch
wiederklingt. Es ist das ehrsame Fräulein Felicitas
Brunner,
die langjährige Wirthin "zum Rothen Ochsen"
in Handschuchsheim bei Heidelberg. Kein Heidelberger Musen-
sohn -- sei es Korpsstudent oder Burschenschafter oder
Bummler --, der nicht einmal oder öfters zu ihr hinaus-
gepilgert wäre, um sich an Maiwein oder Himbeerbowle und
am prächtigen, echt pfälzischen Humor der biederen, klugen
"Felix" zu erquicken und vielleicht auch -- sie anzupumpen.
Die gute Felix war eines jener Wesen, die nie jung waren
und nie alt werden. In verhältnißmäßig jungen Jahren war
sie schon die Studentenmutter, und ihre tiefe, treuherzige
Stimme, ihre behäbige Gestalt, ihre sich stets gleichbleibende
überlegene heitere Ruhe und ihre fürsorgliche Freundlichkeit
gaben ihr in der That etwas Mütterliches. Sie war die
Vertraute, die Rathgeberin und Trösterin ihrer jugendlichen
Gäste, die ihr mit warmer, wahrhaft kindlicher Anhänglichkeit
lohnten. In ihrem einfachen Gärtchen, in der schmucklosen
kleinen Stube, deren Wände mit unzähligen Studentenbildnissen
geschmückt waren, fühlten sie sich wohl. Ein Stück gemüth-
licher Poesie, wie es nur im deutschen Studentenleben mög-
lich ist, ist mit der alten "Felix" zu Grabe gegangen.

+ Kunstauktion.

In Rudolf Lepke's Kunstauktions-
Haus zu Berlin findet am 10. bis 12. April eine bedeutende
Nachlaßversteigerung von Oelgemälden, Aquarellen, Pastellen
und Zeichnungen erster neuerer Künstler statt. In der Kollektion
sind u. a. folgende berühmte Meister gut vertreten: Andreas
und Oswald Achenbach, L. Douzette, W. Firle, W. Gentz,
K. Hasch, Ed. Grützner, Ch. und L. Hoguet, Th. Hosemann,
L. Knaus, J. Koppay, F. v. Lenbach, W. Leistikow, Ad.
v. Menzel, Ed. und P. Meyerheim, Munkacsy, Ed. Schleich,
Skarbina, Fr. Voltz, Vautier, Wenglein, Anton v. Werner.
Hervorzuheben ist noch das Künstler-Album des verstorbenen
Hrn. Professors Hermann Weiß, Berlin, welches hervorragend
schöne Kunstblätter umfaßt.

Trotz der gegenwärtigen Span-
nung der Gemüther zwischen den beiden blutsverwandten
Völkern Deutschlands und Englands, die gerade in den letzten
[Spaltenumbruch] Tagen hüben wie drüben zu Explosionen geführt hat, denken
nicht alle Engländer so stürmisch, wie die Glasgower Stu-
denten. Soeben ist eine Einigung zustande gekommen, die
wohl beweist, daß der gebildete Theil des englischen Volkes
den Deutschenhetzern keineswegs beipflichtet. Die "Musical
Association
in London", die bedeutendste musikalische Ver-
einigung Englands, der ausnahmslos alle hervorragenden
Musiker und Musikschriftsteller angehören, an der Spitze
Sullivan, Parry, Goldschmidt, Fuller, Maitland, Mackenzie,
Stainer, Stanford, Cummings u. s. w., hat sich der vor kurzem
von deutscher Seite gegründeten und von Berlin aus geleiteten
"Internationalen Musikgesellschaft" nicht nur an-
geschlossen, sondern auch als Ortsgruppe eingeordnet. Außer-
dem hat sich in London ein Ausschuß der angesehensten
Musikfreunde gebildet, der die Bestrebungen der "Internatio-
nalen Musikgesellschaft" im britischen Reiche nach Kräften zu
fördern sich verpflichtet hat. Daß gerade Großbritannien das
erste Land ist, das in offizieller Weise für diese junge deutsche
Schöpfung eintritt, scheint als Zeichen der politischen Stim-
mung hochgebildeter Kreise in England beachtenswerth. (?)

Am 11./24. März
feierte Alexander Münster in St. Petersburg seine
60 jährige Thätigkeit als Lithograph. Als er sich vor 50 Jahren
etablirte, war eine seiner ersten großen künstlerischen Arbeiten
das von dem bekannten russischen Schlachtenmaler W. Thimm
herausgegebene "Russische Kunstblatt", das während des Krim-
Krieges eine hervorragende Bedeutung erlangte und von den
Kaisern Nikolaus I. und Alexander II. protegirt wurde. Später
gab Münster eine Portraitgalerie heraus, die über 200
künstlerisch ausgeführte Bildnisse russischer Berühmtheiten nebst
deren Biographien enthielt. Der Jubilar ist seit 1864 Litho-
graph der kais. Akademie der Wissenschaften, Mitglied mehrerer
gelehrten Gesellschaften und Ritter des St. Stanislaus- und
St. Anna-Ordens. Zur Gratulation erschienen der Präsident
der kaiserl. Russischen geographischen Gesellschaft, Mitglied
des Reichsraths P. P. Ssemjonow, Abgeordnete der Gesell-
schaft zur Aufmunterung der Künste, der Gesellschaft für das
Druckereigewerbe, der Entomologischen Gesellschaft, der Ex-
pedition zur Anfertigung von Staatspapieren u. s. w. Viele
hochgestellte Personen, Künstler und Repräsentanten von Be-
hörden und Gesellschaften gratulirten schriftlich.

München, Montag Allgemeine Zeitung 2. April 1900. Nr. 90.
[Spaltenumbruch]
Deutſches Reich.
Hof- und Perſonalnachrichten.

das Amtsblatt des Regierungsbezirks Münſter bekannt gibt,
ſind die Freiherren Dietrich (geboren 1867) und Wolf-
gang
(geboren 1877) v. Boeſelager, Söhne des während
des Kulturkampfes nach England übergeſiedelten und naturali-
ſirten Frhrn. Maximilian v. Boeſelager, durch Verfügung des
Regierungspräſidenten aus dem preußiſchen Staatsgebiet aus-
gewieſen worden, weil ſie ſich als Ausländer läftig gemacht
haben.

Auszeichnung.

Vom Kaiſer ging dem Ober-
baudirektor Franzius, dem Schöpfer der Korrektion der
Unterweſer, zu ſeinem heutigen 25 jährigen Dienſtjubiläum
ein Glückwunſchtelegramm zu. Sonſt wurden dem
Jubilar von Behörden, Korporationen und Privaten reiche
Ehrungen zutheil.

Reuß j. L.: Beſtrafung des Kontraktbruchs ländlicher Arbeiter.

Dem Landtag iſt ein Geſetzent-
wurf über den Kontraktbruch ländlicher Arbeiter
zugegangen, der folgende Beſtimmungen enthält:

„§ 1. Landwirthſchaftliche Arbeiter, welche widerrechtlich den
Antritt der Arbeit verweigern oder die Arbeit verlaſſen, werden
auf Antrag des Arbeitgebers, nach deſſen Wahl, mit Geldſtrafe
bis zu 30 M. beſtraft oder von dem Gemeindevorſtand des Arbeits-
ortes dem Arbeitgeber zwangsweiſe zugeführt. § 2. Wer land-
wirthſchaftliche Arbeiter zur widerrechtlichen Verweigerung des
Antritts der Arbeit oder zum widerrechtlichen Verlaſſen der Arbeit
verleitet, wird mit Geldſtrafe bis zu 150 M. beſtraft. Derſelbe
iſt dem Arbeitgeber für den daraus entſtandenen Schaden ver-
antwortlich; er haftet neben dem Arbeiter als Geſammtſchuldner.
§ 3. Durch wiſſentliche Annahme kontraktbrüchiger Arbeiter zieht
ſich der Arbeitgeber eine Geldſtrafe bis zu 150 M. zu. § 4.
Landwirthſchaftliche Arbeiter, welche die Arbeitgeber zu gewiſſen
Handlungen oder Zugeſtändniſſen dadurch zu beſtimmen ſuchen,
daß ſie eine kontraktwidrige Einſtellung der Arbeit oder eine Ver-
hinderung derſelben bei einzelnen oder mehreren Arbeitgebern
untereinander verabreden, werden mit Gefängniß bis zu einem
Jahre beſtraft. Die Anſtifter unterliegen der gleichen Strafe, auch
wenn ſie keine landwirthſchaftlichen Arbeiter ſind.“

Württemberg: Miniſter v. Sarwey †.

Der Kultusminiſter Dr.
v. Sarwey iſt an einem Schlaganfall plötzlich geſtorben.

Oeſterreich-Ungarn.
Die Bank unter polniſch-magyariſcher Leitung.

Durch die ſtaatlichen Goldkäufe
der letzten Jahre iſt eine allmähliche Geſundung derlb/> öſterreichiſch-ungariſchen Währungsverhältniſſe
angebahnt. Wenn die Regierungen von Wien und Budapeſt
noch immer zögern, der Bank Baarzahlungen vorzuſchreiben,
ſo geſchieht dies nicht in erſter Linie wegen Mangels an Gold,
ſondern weil man befürchtet, angeſichts der ſtarken Ver-
ſchuldung Oeſterreich-Ungarns an das Ausland könnte bei
irgendeiner politiſchen oder wirthſchaftlichen Kriſis des Welt-
theils ein ſtarkes Zurückſtrömen von Werthpapieren nach
Oeſterreich-Ungarn und ein übermäßiger Abfluß von Edel-
metall ins Ausland eintreten. Der ungariſche Finanzminiſter
Lukacs ſprach denn jüngſt im Abgeordnetenhaus die
Meinung aus, man werde einige Jahre vergehen laſſen müſſen,
bis ſich die Verhältniſſe konſolidirt haben; dann könne mit
der Einlöſung der Banknoten durch Gold begonnen werden.
Angeſichts der günſtigeren Lage der Bank erregt es in Oeſter-
reich doppelte Verſtimmung, daß die Leitung der Bank immer
mehr in die Hände von Magyaren und Polen übergeht.
Hr. v. Bilinski iſt Gouverneur der Bank und ſoeben
kündigt man an, daß der jetzige Generalſekretär infolge ſeines
vorgeſchrittenen Alters zurücktreten und daß an ſeiner Stelle
Hr. Julius Pranger, ein Ungar, dieſes Amt übernehmen
werde. Da nach dem jetzt eingeführten Bankſtatute, deſſen
Urheber Hr. v. Bilinski als Finanzminiſter war, die
Hälfte aller Generalräthe der Bank Magyaren ſein müſſen,
da der Gouverneur ein Pole, der Generalſekretär ein Ungar
iſt, ſo iſt thatſächlich der Einfluß des deutſchen Elements,
welches in Oeſterreich eigentlich das einzige kapitalkräftige iſt
und nach den Wandlungen der letzten Jahre noch immer
Handel und Induſtrie der Monarchie beherrſcht, ungebührlich
in den Hintergrund gedrängt. Dieſe Erſcheinung ſchließt eine
Entwicklung ab, in der die Entdeutſchung eines Theils des
Adels, der Aemter, der Gerichte und des Schulweſens die
einzelnen Stufen bilden. Die Erbitterung, mit der die
Obſtruktionskämpfe ſeitens der deutſchen Abgeordneten geführt
[Spaltenumbruch] wurden, hat im Ausland vielfach befremdet; wer aber Zeuge
iſt, wie rückſichtslos ſich die nichtdeutſchen Elemente in alle
Aemter drängen und ſelbſt in die Leitung der Bank, deren
Kapital nahezu ganz in deutſchen Händen iſt, begreift, daß
ſich der Unmuth einmal in elementarer Weiſe Luft macht.
Bei der Bank kommt noch der Umſtand dazu, daß man an-
nimmt, ihre Geldmittel werden unter polniſch-magyariſcher
Leitung vielfach zugunſten der Agrarier in Ungarn und
Galizien
verwendet werden, was übrigens Hr. v. Bilinski
in ſeiner Antrittsrede auch ziemlich deutlich in Ausſicht ſtellte.
Dieſe Verhältniſſe erweiſen ſich allgemach als unhaltbar.

Pflichtvergeſſene Aerzte.

* Man ſchreibt uns aus Wien vom 31. v. M.: Peinliches
Aufſehen erregt ein Prozeß, der ſoeben in Wien geführt
wird, um feſtzuſtellen, ob ſchwere Beſchuldigungen, die gegen
die Aerzte des St. Joſeph-Kinderſpitals in Wien
erhoben wurden, gerechtfertigt ſind. Der Schriftſetzer Stell-
bogen,
deſſen Kind im Spital geſtorben war, veröffentlichte
eine Broſchüre, in der er den Aerzten vorwarf, daß ſie Eltern
und Kinder roh behandelten und durch Vernachläſſigung ihrer
Pflichten die kleinen Patienten auf das ſchwerſte ſchädigten.
Die beſchuldigten Aerzte erhoben die Klage wegen Ehren-
beleidigung, aber das Zeugenverhör bewies leider, daß die
Beſchuldigungen mehr als begründet ſind. Es wurde von
einer Mutter ausgefagt, daß ein Arzt einem 2½ jährigen
Kinde, das im Spital ſpäter an Diphtheritis ſtarb, eine Ohr-
feige gegeben hatte. Eine andere Mutter hatte den Arzt zur
Rede ſtellen müſſen, weil er ihren zwölfjährigen Knaben, der
ſich nicht ſeinen Anordnungen fügte, ſchlug; viele Mütter be-
zeugten, daß ſie ihre Kinder in unreinem Zuſtande, mit Ungeziefer
bedeckt, aus dem Spital erhalten hatten. Einer anderen Mutter
rief der behandelnde Arzt zu: „Holen Sie ſich Ihren Bankert,
ich kann nichts mit ihm machen“; Kinder, die mit dem Zeugniß
„geſund entlaſſen“ ihren Eltern zurückgegeben waren, mußten
monatelang noch unter ärztlicher Behandlung gehalten werden.
Eine barmherzige Schweſter im Spital quälte die ſchwerkranken
und ſterbenden Kinder mit dem Gedanken des nahen Todes
und eine proteſtantiſche Mutter wurde eindringlich über die
Konfeſſion ihres Kindes verhört mit der Begründung, es
geſchehe dies, damit das Kind, wenn es ſterbe, in den Himmel
komme. Eltern, die an das Todtenbett ihrer Kinder treten
wollten, wurden ſchroff weggewieſen, und die rohe Mittheilung
„Nehmen Sie Ihr Kind mit, es iſt ohnedies bald hin“
wiederholt ſich faſt ſtereotyp. Noch bevor der Spruch der
Geſchworenen in dem Prozeß gefällt iſt, macht ſich ſteigende
Erregung, zumal in den ärmeren Volksſchichten, welche ihre
Kinder dieſem Spital anvertrauen, bemerkbar, und von Seiten
der Behörden werden wohl Maßregeln getroffen werden
müſſen, um die Schuld der Aerzte näher feſtzuſtellen und dem
unwürdigen Zuſtand in dem Spital ein Ende zu machen.

Die Lage der ungariſchen Staatsbedienſteten.

Die reichstäglichen Budget-
verhandlungen
haben einen unerwartet raſchen Ab-
ſchluß
genommen. Das Budget des Landesvertheidigungs-
miniſters wurde in anderthalb, das des Finanzminiſteriums
in etwas über zwei Stunden „im allgemeinen“ und „im be-
ſonderen“ vom Abgeordnetenhauſe erledigt. Dieſes Entgegen-
kommen gegenüber den Trägern dieſer beiden Portefeuilles
erſcheint ſehr auffallend im Hinblick auf die Thatſache, daß
die übrigen Miniſter, namentlich auch der Miniſterpräſident
und Miniſter des Innern wochenlangen Angriffen und Be-
mängelungen ausgeſetzt waren, und zwar nicht nur von
oppoſitioneller Seite her, ſondern auch aus der Mitte der
Regierungspartei. Die kurze Verhandlung über das Budget
des Finanzminiſteriums bot nichtsdeſtoweniger manches inter-
eſſante Moment. Unter den Rednern für das Budget befand
ſich diesmal auch der Abg. Dr. F. v. Horaußky, der, ſo-
lange er in den Reihen der ehemaligen „Nationalpartei“ ſaß,
zu den zwar ſachlichſten, aber auch ſchärfſten und gefürchtetſten
Kritikern des Staatshaushalts gehörte. Diesmal ſtimmte er
für das Budget, deſſen Reellität er nachdrücklich betonte,
gleichwohl verſchwieg er ſeine Bedenken und Beſorgniſſe nicht,
welche er hinſichtlich des ungariſchen Staatshaushalts hegt.
Vor allem wies er darauf hin, daß bei etwaiger Befriedigung
der im Verlauf der Debatte an den Staatsſäckel geſtellten Forde-
ungen das ſchwer erkämpfte Gleichgewicht im Staatshaus-
halt
zerſtört werden würde. Allerdings könnten nicht alle An-
ſprüche zurückgewieſen werden, nur möchte man ſie der
ſtrengſten Prüfung unterziehen; „denn,“ ſo meint der Redner,

[Spaltenumbruch] „es war von Anbeginn ein Hauptfehler unſrer Finanzwirth-
ſchaft, daß wir ins Blaue hinein Ausgaben machten, ohne
den materiellen Kräften des Landes Rechnung zu tragen.“

Auch befolgte man in der Reihenfolge nicht jene geſunde
Politik, welche in die Befriedigung der Anſprüche ein gewiſſes
Syſtem gebracht hätte. Ungarns einſeitiges Wirthſchaftsleben
kann ein Budget von 1000 Millionen Kronen für die Dauer
nicht ertragen. Weſentliche Schuld an dieſer ſchweren Belaſtung
trägt der Regierungsmechanismus, den Ungarn ſeit
1867 geſchaffen hat und der heute mit rieſiger Wucht auf den
Lebenskräften des Staates laſtet. Da müßte eine Aenderung
herbeigeführt werden. Wandelt man auf den bisherigen
Wegen weiter, ſo werde man ſelbſt die dringenden Bedürfniſſe
nicht mehr befriedigen können. Darum ſei große Vorſicht,
ſtrenge Sparſamkeit und unerbittliche Zurückweiſung ſelbſt
nützlicher Mehranſprüche an den Staatsſäckel vonnöthen; zu-
gleich aber auch die Aufſchließung neuer Hülfsquellen, ſowie
die beſſere Ausnützung der vorhandenen. Trotz dieſer nicht
ganz unbedenklichen Lage des Staatshaushalts iſt der Abg.
Horaußky nichtsdeſtoweniger der Ueberzeugung, daß die
Aufbeſſerung der Bezüge der Staats- und
Komitatsbeamten
nicht weiter hinausgeſchoben werden
könne, umſoweniger, als man erſt jüngſtens die Gage der
Offiziere und Militärbeamten in der gemeinſamen Armee und
bei der Landwehr beträchtlich erhöht habe und Oeſterreich
ſchon vor einem Jahre mit gutem Beiſpiel vorangegangen ſei.
„Der Bureaukratismus,“ bemerkt Horanßky, „iſt leider
in Ungarn in hohem Maße, in zu hohem Maße entwickelt. Die Zahl
der Staatsbedienſteten iſt rieſig groß, ſo daß dies heute
ſozuſagen eine ſoziale Frage iſt. Die materielle Lage der
ſtaatlichen Angeſtellten iſt heute eine ſehr problematiſche,
man kann ſagen, eine ſehr traurige....“ Der Staats-
beamte iſt nicht in der Lage des Offiziers, der bei ſeiner
Verheirathung durch die Kaution ſeiner Frau vor drückender
Noth geſchützt iſt, auch in anderer Hinſicht, z. B. betreffs der
Erziehung der Kinder, erhebliche Begünſtigungen genießt. Es
ſei offenkundig, daß eine große Anzahl der Staatsbeamten
verſchuldet ſei. Wie ſoll man von dieſen eine befriedigende
Arbeit erwarten? Es müſſen deßhalb ohne Verzug die Staats-
beamten in die Lage geſetzt werden, daß ſie wenigſtens jenes
Minimum erhalten, um ihre Exiſtenzſorgen zu befriedigen.
Dieſe entſchiedene Befürwortung der Aufbeſſerung der Gehalts-
bezüge für die Staatsbedienſteten fand bei allen Parteien des
Hauſes lebhafte Zuſtimmung; auch die Regierung gab die
Erklärung ab, ſie habe gleichfalls die Ueberzeugung, daß ſie
ſich der Verbeſſerung der Lage der Staatsbeamten nicht ver-
ſchließen könne und daß die Frage früher oder ſpäter gelöst
werden müſſe. Allein der Finanzminiſter erklärte auch,
daß er ſich mit dieſer Angelegenheit unabläſſig beſchäftige,
und ſeine Studien haben ihn zu der Ueberzeugung
gebracht, daß man da einer außerordentlich ernſten und
ſchwierigen Frage gegenüberſtehe. „Wenn wir,“ ſagte Hr.
v. Lukacs, „unſre Beamten in die Lage bringen wollen,
in welcher die Zivilbeamten Oeſterreichs ſich befinden,
und ſelbſt wenn wir die Quartiergelder ſo belaſſen
wollen, wie ſie ſind, ſo involvirt dies eine jährliche
Ausgabe von 35 Millionen Kronen,
eine ſo rieſige
Summe, welche wir nicht auf einmal herbeizuſchaffen ver-
mögen. Wollte man auch nur die unterſten Stufen der öſter-
reichiſchen Beamtenbezüge annehmen, ſo würde die neue
Belaſtung noch immer ungeſähr 30 Millionen Kronen be-
tragen, wobei die Finanzwache, die Polizei, die Gendarmerie
und noch einige andere Kategorien nicht in Betracht gezogen
ſind .... Die Staatsbedienſteten in Ungarn haben demnach
keine Ausſicht, daß ihre bedrängte materielle Lage in
naher Zukunft verbeſſert wird. An gelegentlicher Aushülfe,
Subvention, Zulage u. a. Palliativmitteln wird es wohl nicht
fehlen, allein dieſe ſind nicht imſtande, die allgemeine Noth
zu beſeitigen und den ungariſchen Beamtenſtand materiell ſo
zu ſtellen, daß er in voller Hingebung, Treue und Pflicht-
erfüllung dem Staate dienen kann.

Frankreich
Vom franzöſiſchen Congo.

Tel. Ein Telegramm des General-
kommiſſärs des franzöſiſchen Congo-Gebiets gibt über die
Lage in der Gegend des Schari-Fluſſes Aufklärungen. Leut-
naut Meynier und Hauptmann Joailland ſind nach einer
Umkreiſung des Tſchad-Sees am Schari-Fluß einge-
troffen. Meynier ſteht im Fort Archambault und Hauptmann



[Spaltenumbruch]

Erzählung hat die Verfaſſerin dahin abgeändert, daß Mar-
garethe dieſe Verhandlungen hinter dem Rücken ihres Gatten
betreibt und daß dadurch eine intriguante Hofdame, welche
deſſen Herz an ſich zu feſſeln weiß, die Mittel zum Sturz ihrer
legitimen Nebenbuhlerin erhält. Dieſe Hofdame, eine jener
dämoniſchen Teuſelinnen, die ſtets auf der Bühne von be-
ſonderer Wirkung ſind, wenn deren Charakterausgeſtaltung ſo
fein ziſelirt iſt, wie das Maria Witilo in der pſychologiſchen
Motivirung der Kunigunde von Eiſenſtein verſtanden hat,
beſticht, um ihre verruchten Pläne auszuführen, den Hof-
narren und einen Eſeltreiber Simon, Margarethe von
Hohenſtaufen zu ermorden. Der Letztere jedoch wird,
da es zur That kommt, von ſeinem Gewiſſen gerührt, er er-
ſticht ſeinen Komplizen und rettet danach die Herrin. (Das
Fenſter der von dieſem Eſelstreiber ehemals in der Wart-
burg bewohnten Kemenate, durch welches mittelſt eines
Korbes dieſe Flucht bewerkſtelligt worden ſein ſoll, wird noch
heute den Beſuchern der ſagenreichen Feſte gezeigt.) Durch
all dieſe Leiden einem frühen Tod dennoch unrettbar ver-
fallen, nimmt im letzten Akt die unſchuldige Dulderin auf
ihrem Todtenbett im Katharina-Kloſter zu Frankfurt a. M.,
wohin ſie von Fulda aus ihre Flucht gewendet hatte, Ab-
ſchied von ihren beiden Söhnen, von denen der Aeltere
(Friederich „mit der gebiſſenen Wange“) der Sterbenden die
eidliche Verſicherung gibt, daß er Konradins Erbe antreten
und die Rolle der Hohenſtaufen an der Spitze der Ghibellinen
fortführen werde. So geſtaltet ſich denn das mit echter
Bühnenplaſtik erfüllte, von allen rein äußeren Theatereſſekten ſich
freihaltende Stück zu einem Epilog der Hohenſtaufen-Dramen
und hinterläßt durch die Logik ſeiner Charakterentwicklung,
durch die hochpoetiſche Diktion und die geſchickt auf- und aus-
gebaute Handlung einen tieſen Eindruck, welchen es ſicher auch
auf noch vielen anderen deutſchen Bühnen ausüben dürfte.
Der Beifall bei der Erſtaufführung an der hieſigen Hofbühne
war ein von Akt zu Akt ſich ſteigernder. Spielleitung und
Darſtellung wurden den ihr geſtellten Aufgaben durchaus ge-
recht und die Laſſen’ſchen Lieder und Kompoſitionen fanden
eine geradezu enthuſiaſtiſche Aufnahme.

H. Eine ſtudentiſche Erinnerung.

Vor wenigen
Tagen hat eine ſchlichte Frau aus dem Volke das Zeitliche
geſegnet, die ſich einſt in den Kreiſen unſrer akademiſchen
[Spaltenumbruch] Jugend einer außerordentlichen Berühmtheit und Beliebtheit
erfreute und deren Name gewiß auch heute noch in tauſend
alten Studentenherzen im deutſchen Vaterlande ſympathiſch
wiederklingt. Es iſt das ehrſame Fräulein Felicitas
Brunner,
die langjährige Wirthin „zum Rothen Ochſen“
in Handſchuchsheim bei Heidelberg. Kein Heidelberger Muſen-
ſohn — ſei es Korpsſtudent oder Burſchenſchafter oder
Bummler —, der nicht einmal oder öfters zu ihr hinaus-
gepilgert wäre, um ſich an Maiwein oder Himbeerbowle und
am prächtigen, echt pfälziſchen Humor der biederen, klugen
„Felix“ zu erquicken und vielleicht auch — ſie anzupumpen.
Die gute Felix war eines jener Weſen, die nie jung waren
und nie alt werden. In verhältnißmäßig jungen Jahren war
ſie ſchon die Studentenmutter, und ihre tiefe, treuherzige
Stimme, ihre behäbige Geſtalt, ihre ſich ſtets gleichbleibende
überlegene heitere Ruhe und ihre fürſorgliche Freundlichkeit
gaben ihr in der That etwas Mütterliches. Sie war die
Vertraute, die Rathgeberin und Tröſterin ihrer jugendlichen
Gäſte, die ihr mit warmer, wahrhaft kindlicher Anhänglichkeit
lohnten. In ihrem einfachen Gärtchen, in der ſchmuckloſen
kleinen Stube, deren Wände mit unzähligen Studentenbildniſſen
geſchmückt waren, fühlten ſie ſich wohl. Ein Stück gemüth-
licher Poeſie, wie es nur im deutſchen Studentenleben mög-
lich iſt, iſt mit der alten „Felix“ zu Grabe gegangen.

Kunſtauktion.

In Rudolf Lepke’s Kunſtauktions-
Haus zu Berlin findet am 10. bis 12. April eine bedeutende
Nachlaßverſteigerung von Oelgemälden, Aquarellen, Paſtellen
und Zeichnungen erſter neuerer Künſtler ſtatt. In der Kollektion
ſind u. a. folgende berühmte Meiſter gut vertreten: Andreas
und Oswald Achenbach, L. Douzette, W. Firle, W. Gentz,
K. Haſch, Ed. Grützner, Ch. und L. Hoguet, Th. Hoſemann,
L. Knaus, J. Koppay, F. v. Lenbach, W. Leiſtikow, Ad.
v. Menzel, Ed. und P. Meyerheim, Munkácſy, Ed. Schleich,
Skarbina, Fr. Voltz, Vautier, Wenglein, Anton v. Werner.
Hervorzuheben iſt noch das Künſtler-Album des verſtorbenen
Hrn. Profeſſors Hermann Weiß, Berlin, welches hervorragend
ſchöne Kunſtblätter umfaßt.

Trotz der gegenwärtigen Span-
nung der Gemüther zwiſchen den beiden blutsverwandten
Völkern Deutſchlands und Englands, die gerade in den letzten
[Spaltenumbruch] Tagen hüben wie drüben zu Exploſionen geführt hat, denken
nicht alle Engländer ſo ſtürmiſch, wie die Glasgower Stu-
denten. Soeben iſt eine Einigung zuſtande gekommen, die
wohl beweist, daß der gebildete Theil des engliſchen Volkes
den Deutſchenhetzern keineswegs beipflichtet. Die „Musical
Association
in London“, die bedeutendſte muſikaliſche Ver-
einigung Englands, der ausnahmslos alle hervorragenden
Muſiker und Muſikſchriftſteller angehören, an der Spitze
Sullivan, Parry, Goldſchmidt, Fuller, Maitland, Mackenzie,
Stainer, Stanford, Cummings u. ſ. w., hat ſich der vor kurzem
von deutſcher Seite gegründeten und von Berlin aus geleiteten
„Internationalen Muſikgeſellſchaft“ nicht nur an-
geſchloſſen, ſondern auch als Ortsgruppe eingeordnet. Außer-
dem hat ſich in London ein Ausſchuß der angeſehenſten
Muſikfreunde gebildet, der die Beſtrebungen der „Internatio-
nalen Muſikgeſellſchaft“ im britiſchen Reiche nach Kräften zu
fördern ſich verpflichtet hat. Daß gerade Großbritannien das
erſte Land iſt, das in offizieller Weiſe für dieſe junge deutſche
Schöpfung eintritt, ſcheint als Zeichen der politiſchen Stim-
mung hochgebildeter Kreiſe in England beachtenswerth. (?)

Am 11./24. März
feierte Alexander Münſter in St. Petersburg ſeine
60 jährige Thätigkeit als Lithograph. Als er ſich vor 50 Jahren
etablirte, war eine ſeiner erſten großen künſtleriſchen Arbeiten
das von dem bekannten ruſſiſchen Schlachtenmaler W. Thimm
herausgegebene „Ruſſiſche Kunſtblatt“, das während des Krim-
Krieges eine hervorragende Bedeutung erlangte und von den
Kaiſern Nikolaus I. und Alexander II. protegirt wurde. Später
gab Münſter eine Portraitgalerie heraus, die über 200
künſtleriſch ausgeführte Bildniſſe ruſſiſcher Berühmtheiten nebſt
deren Biographien enthielt. Der Jubilar iſt ſeit 1864 Litho-
graph der kaiſ. Akademie der Wiſſenſchaften, Mitglied mehrerer
gelehrten Geſellſchaften und Ritter des St. Stanislaus- und
St. Anna-Ordens. Zur Gratulation erſchienen der Präſident
der kaiſerl. Ruſſiſchen geographiſchen Geſellſchaft, Mitglied
des Reichsraths P. P. Sſemjonow, Abgeordnete der Geſell-
ſchaft zur Aufmunterung der Künſte, der Geſellſchaft für das
Druckereigewerbe, der Entomologiſchen Geſellſchaft, der Ex-
pedition zur Anfertigung von Staatspapieren u. ſ. w. Viele
hochgeſtellte Perſonen, Künſtler und Repräſentanten von Be-
hörden und Geſellſchaften gratulirten ſchriftlich.

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Eine barmherzige Schwe&#x017F;ter im Spital quälte die &#x017F;chwerkranken<lb/>
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Ge&#x017F;chworenen in dem Prozeß gefällt i&#x017F;t, macht &#x017F;ich &#x017F;teigende<lb/>
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[Seite 2.[2]/0002] München, Montag Allgemeine Zeitung 2. April 1900. Nr. 90. Deutſches Reich.Hof- und Perſonalnachrichten. das Amtsblatt des Regierungsbezirks Münſter bekannt gibt, ſind die Freiherren Dietrich (geboren 1867) und Wolf- gang (geboren 1877) v. Boeſelager, Söhne des während des Kulturkampfes nach England übergeſiedelten und naturali- ſirten Frhrn. Maximilian v. Boeſelager, durch Verfügung des Regierungspräſidenten aus dem preußiſchen Staatsgebiet aus- gewieſen worden, weil ſie ſich als Ausländer läftig gemacht haben. Auszeichnung. * Bremen, 1. April.Vom Kaiſer ging dem Ober- baudirektor Franzius, dem Schöpfer der Korrektion der Unterweſer, zu ſeinem heutigen 25 jährigen Dienſtjubiläum ein Glückwunſchtelegramm zu. Sonſt wurden dem Jubilar von Behörden, Korporationen und Privaten reiche Ehrungen zutheil. Reuß j. L.: Beſtrafung des Kontraktbruchs ländlicher Arbeiter. * Gera, 31. März.Dem Landtag iſt ein Geſetzent- wurf über den Kontraktbruch ländlicher Arbeiter zugegangen, der folgende Beſtimmungen enthält: „§ 1. Landwirthſchaftliche Arbeiter, welche widerrechtlich den Antritt der Arbeit verweigern oder die Arbeit verlaſſen, werden auf Antrag des Arbeitgebers, nach deſſen Wahl, mit Geldſtrafe bis zu 30 M. beſtraft oder von dem Gemeindevorſtand des Arbeits- ortes dem Arbeitgeber zwangsweiſe zugeführt. § 2. Wer land- wirthſchaftliche Arbeiter zur widerrechtlichen Verweigerung des Antritts der Arbeit oder zum widerrechtlichen Verlaſſen der Arbeit verleitet, wird mit Geldſtrafe bis zu 150 M. beſtraft. Derſelbe iſt dem Arbeitgeber für den daraus entſtandenen Schaden ver- antwortlich; er haftet neben dem Arbeiter als Geſammtſchuldner. § 3. Durch wiſſentliche Annahme kontraktbrüchiger Arbeiter zieht ſich der Arbeitgeber eine Geldſtrafe bis zu 150 M. zu. § 4. Landwirthſchaftliche Arbeiter, welche die Arbeitgeber zu gewiſſen Handlungen oder Zugeſtändniſſen dadurch zu beſtimmen ſuchen, daß ſie eine kontraktwidrige Einſtellung der Arbeit oder eine Ver- hinderung derſelben bei einzelnen oder mehreren Arbeitgebern untereinander verabreden, werden mit Gefängniß bis zu einem Jahre beſtraft. Die Anſtifter unterliegen der gleichen Strafe, auch wenn ſie keine landwirthſchaftlichen Arbeiter ſind.“ Württemberg: Miniſter v. Sarwey †. * Stuttgart, 1. April.Der Kultusminiſter Dr. v. Sarwey iſt an einem Schlaganfall plötzlich geſtorben. Oeſterreich-Ungarn. Die Bank unter polniſch-magyariſcher Leitung. F. Wien, 30. März.Durch die ſtaatlichen Goldkäufe der letzten Jahre iſt eine allmähliche Geſundung derlb/> öſterreichiſch-ungariſchen Währungsverhältniſſe angebahnt. Wenn die Regierungen von Wien und Budapeſt noch immer zögern, der Bank Baarzahlungen vorzuſchreiben, ſo geſchieht dies nicht in erſter Linie wegen Mangels an Gold, ſondern weil man befürchtet, angeſichts der ſtarken Ver- ſchuldung Oeſterreich-Ungarns an das Ausland könnte bei irgendeiner politiſchen oder wirthſchaftlichen Kriſis des Welt- theils ein ſtarkes Zurückſtrömen von Werthpapieren nach Oeſterreich-Ungarn und ein übermäßiger Abfluß von Edel- metall ins Ausland eintreten. Der ungariſche Finanzminiſter Lukacs ſprach denn jüngſt im Abgeordnetenhaus die Meinung aus, man werde einige Jahre vergehen laſſen müſſen, bis ſich die Verhältniſſe konſolidirt haben; dann könne mit der Einlöſung der Banknoten durch Gold begonnen werden. Angeſichts der günſtigeren Lage der Bank erregt es in Oeſter- reich doppelte Verſtimmung, daß die Leitung der Bank immer mehr in die Hände von Magyaren und Polen übergeht. Hr. v. Bilinski iſt Gouverneur der Bank und ſoeben kündigt man an, daß der jetzige Generalſekretär infolge ſeines vorgeſchrittenen Alters zurücktreten und daß an ſeiner Stelle Hr. Julius Pranger, ein Ungar, dieſes Amt übernehmen werde. Da nach dem jetzt eingeführten Bankſtatute, deſſen Urheber Hr. v. Bilinski als Finanzminiſter war, die Hälfte aller Generalräthe der Bank Magyaren ſein müſſen, da der Gouverneur ein Pole, der Generalſekretär ein Ungar iſt, ſo iſt thatſächlich der Einfluß des deutſchen Elements, welches in Oeſterreich eigentlich das einzige kapitalkräftige iſt und nach den Wandlungen der letzten Jahre noch immer Handel und Induſtrie der Monarchie beherrſcht, ungebührlich in den Hintergrund gedrängt. Dieſe Erſcheinung ſchließt eine Entwicklung ab, in der die Entdeutſchung eines Theils des Adels, der Aemter, der Gerichte und des Schulweſens die einzelnen Stufen bilden. Die Erbitterung, mit der die Obſtruktionskämpfe ſeitens der deutſchen Abgeordneten geführt wurden, hat im Ausland vielfach befremdet; wer aber Zeuge iſt, wie rückſichtslos ſich die nichtdeutſchen Elemente in alle Aemter drängen und ſelbſt in die Leitung der Bank, deren Kapital nahezu ganz in deutſchen Händen iſt, begreift, daß ſich der Unmuth einmal in elementarer Weiſe Luft macht. Bei der Bank kommt noch der Umſtand dazu, daß man an- nimmt, ihre Geldmittel werden unter polniſch-magyariſcher Leitung vielfach zugunſten der Agrarier in Ungarn und Galizien verwendet werden, was übrigens Hr. v. Bilinski in ſeiner Antrittsrede auch ziemlich deutlich in Ausſicht ſtellte. Dieſe Verhältniſſe erweiſen ſich allgemach als unhaltbar. Pflichtvergeſſene Aerzte. * Man ſchreibt uns aus Wien vom 31. v. M.: Peinliches Aufſehen erregt ein Prozeß, der ſoeben in Wien geführt wird, um feſtzuſtellen, ob ſchwere Beſchuldigungen, die gegen die Aerzte des St. Joſeph-Kinderſpitals in Wien erhoben wurden, gerechtfertigt ſind. Der Schriftſetzer Stell- bogen, deſſen Kind im Spital geſtorben war, veröffentlichte eine Broſchüre, in der er den Aerzten vorwarf, daß ſie Eltern und Kinder roh behandelten und durch Vernachläſſigung ihrer Pflichten die kleinen Patienten auf das ſchwerſte ſchädigten. Die beſchuldigten Aerzte erhoben die Klage wegen Ehren- beleidigung, aber das Zeugenverhör bewies leider, daß die Beſchuldigungen mehr als begründet ſind. Es wurde von einer Mutter ausgefagt, daß ein Arzt einem 2½ jährigen Kinde, das im Spital ſpäter an Diphtheritis ſtarb, eine Ohr- feige gegeben hatte. Eine andere Mutter hatte den Arzt zur Rede ſtellen müſſen, weil er ihren zwölfjährigen Knaben, der ſich nicht ſeinen Anordnungen fügte, ſchlug; viele Mütter be- zeugten, daß ſie ihre Kinder in unreinem Zuſtande, mit Ungeziefer bedeckt, aus dem Spital erhalten hatten. Einer anderen Mutter rief der behandelnde Arzt zu: „Holen Sie ſich Ihren Bankert, ich kann nichts mit ihm machen“; Kinder, die mit dem Zeugniß „geſund entlaſſen“ ihren Eltern zurückgegeben waren, mußten monatelang noch unter ärztlicher Behandlung gehalten werden. Eine barmherzige Schweſter im Spital quälte die ſchwerkranken und ſterbenden Kinder mit dem Gedanken des nahen Todes und eine proteſtantiſche Mutter wurde eindringlich über die Konfeſſion ihres Kindes verhört mit der Begründung, es geſchehe dies, damit das Kind, wenn es ſterbe, in den Himmel komme. Eltern, die an das Todtenbett ihrer Kinder treten wollten, wurden ſchroff weggewieſen, und die rohe Mittheilung „Nehmen Sie Ihr Kind mit, es iſt ohnedies bald hin“ wiederholt ſich faſt ſtereotyp. Noch bevor der Spruch der Geſchworenen in dem Prozeß gefällt iſt, macht ſich ſteigende Erregung, zumal in den ärmeren Volksſchichten, welche ihre Kinder dieſem Spital anvertrauen, bemerkbar, und von Seiten der Behörden werden wohl Maßregeln getroffen werden müſſen, um die Schuld der Aerzte näher feſtzuſtellen und dem unwürdigen Zuſtand in dem Spital ein Ende zu machen. Die Lage der ungariſchen Staatsbedienſteten. ♐ Budapeſt, 29. März.Die reichstäglichen Budget- verhandlungen haben einen unerwartet raſchen Ab- ſchluß genommen. Das Budget des Landesvertheidigungs- miniſters wurde in anderthalb, das des Finanzminiſteriums in etwas über zwei Stunden „im allgemeinen“ und „im be- ſonderen“ vom Abgeordnetenhauſe erledigt. Dieſes Entgegen- kommen gegenüber den Trägern dieſer beiden Portefeuilles erſcheint ſehr auffallend im Hinblick auf die Thatſache, daß die übrigen Miniſter, namentlich auch der Miniſterpräſident und Miniſter des Innern wochenlangen Angriffen und Be- mängelungen ausgeſetzt waren, und zwar nicht nur von oppoſitioneller Seite her, ſondern auch aus der Mitte der Regierungspartei. Die kurze Verhandlung über das Budget des Finanzminiſteriums bot nichtsdeſtoweniger manches inter- eſſante Moment. Unter den Rednern für das Budget befand ſich diesmal auch der Abg. Dr. F. v. Horaußky, der, ſo- lange er in den Reihen der ehemaligen „Nationalpartei“ ſaß, zu den zwar ſachlichſten, aber auch ſchärfſten und gefürchtetſten Kritikern des Staatshaushalts gehörte. Diesmal ſtimmte er für das Budget, deſſen Reellität er nachdrücklich betonte, gleichwohl verſchwieg er ſeine Bedenken und Beſorgniſſe nicht, welche er hinſichtlich des ungariſchen Staatshaushalts hegt. Vor allem wies er darauf hin, daß bei etwaiger Befriedigung der im Verlauf der Debatte an den Staatsſäckel geſtellten Forde- ungen das ſchwer erkämpfte Gleichgewicht im Staatshaus- halt zerſtört werden würde. Allerdings könnten nicht alle An- ſprüche zurückgewieſen werden, nur möchte man ſie der ſtrengſten Prüfung unterziehen; „denn,“ ſo meint der Redner, „es war von Anbeginn ein Hauptfehler unſrer Finanzwirth- ſchaft, daß wir ins Blaue hinein Ausgaben machten, ohne den materiellen Kräften des Landes Rechnung zu tragen.“ Auch befolgte man in der Reihenfolge nicht jene geſunde Politik, welche in die Befriedigung der Anſprüche ein gewiſſes Syſtem gebracht hätte. Ungarns einſeitiges Wirthſchaftsleben kann ein Budget von 1000 Millionen Kronen für die Dauer nicht ertragen. Weſentliche Schuld an dieſer ſchweren Belaſtung trägt der Regierungsmechanismus, den Ungarn ſeit 1867 geſchaffen hat und der heute mit rieſiger Wucht auf den Lebenskräften des Staates laſtet. Da müßte eine Aenderung herbeigeführt werden. Wandelt man auf den bisherigen Wegen weiter, ſo werde man ſelbſt die dringenden Bedürfniſſe nicht mehr befriedigen können. Darum ſei große Vorſicht, ſtrenge Sparſamkeit und unerbittliche Zurückweiſung ſelbſt nützlicher Mehranſprüche an den Staatsſäckel vonnöthen; zu- gleich aber auch die Aufſchließung neuer Hülfsquellen, ſowie die beſſere Ausnützung der vorhandenen. Trotz dieſer nicht ganz unbedenklichen Lage des Staatshaushalts iſt der Abg. Horaußky nichtsdeſtoweniger der Ueberzeugung, daß die Aufbeſſerung der Bezüge der Staats- und Komitatsbeamten nicht weiter hinausgeſchoben werden könne, umſoweniger, als man erſt jüngſtens die Gage der Offiziere und Militärbeamten in der gemeinſamen Armee und bei der Landwehr beträchtlich erhöht habe und Oeſterreich ſchon vor einem Jahre mit gutem Beiſpiel vorangegangen ſei. „Der Bureaukratismus,“ bemerkt Horanßky, „iſt leider in Ungarn in hohem Maße, in zu hohem Maße entwickelt. Die Zahl der Staatsbedienſteten iſt rieſig groß, ſo daß dies heute ſozuſagen eine ſoziale Frage iſt. Die materielle Lage der ſtaatlichen Angeſtellten iſt heute eine ſehr problematiſche, man kann ſagen, eine ſehr traurige....“ Der Staats- beamte iſt nicht in der Lage des Offiziers, der bei ſeiner Verheirathung durch die Kaution ſeiner Frau vor drückender Noth geſchützt iſt, auch in anderer Hinſicht, z. B. betreffs der Erziehung der Kinder, erhebliche Begünſtigungen genießt. Es ſei offenkundig, daß eine große Anzahl der Staatsbeamten verſchuldet ſei. Wie ſoll man von dieſen eine befriedigende Arbeit erwarten? Es müſſen deßhalb ohne Verzug die Staats- beamten in die Lage geſetzt werden, daß ſie wenigſtens jenes Minimum erhalten, um ihre Exiſtenzſorgen zu befriedigen. Dieſe entſchiedene Befürwortung der Aufbeſſerung der Gehalts- bezüge für die Staatsbedienſteten fand bei allen Parteien des Hauſes lebhafte Zuſtimmung; auch die Regierung gab die Erklärung ab, ſie habe gleichfalls die Ueberzeugung, daß ſie ſich der Verbeſſerung der Lage der Staatsbeamten nicht ver- ſchließen könne und daß die Frage früher oder ſpäter gelöst werden müſſe. Allein der Finanzminiſter erklärte auch, daß er ſich mit dieſer Angelegenheit unabläſſig beſchäftige, und ſeine Studien haben ihn zu der Ueberzeugung gebracht, daß man da einer außerordentlich ernſten und ſchwierigen Frage gegenüberſtehe. „Wenn wir,“ ſagte Hr. v. Lukacs, „unſre Beamten in die Lage bringen wollen, in welcher die Zivilbeamten Oeſterreichs ſich befinden, und ſelbſt wenn wir die Quartiergelder ſo belaſſen wollen, wie ſie ſind, ſo involvirt dies eine jährliche Ausgabe von 35 Millionen Kronen, eine ſo rieſige Summe, welche wir nicht auf einmal herbeizuſchaffen ver- mögen. Wollte man auch nur die unterſten Stufen der öſter- reichiſchen Beamtenbezüge annehmen, ſo würde die neue Belaſtung noch immer ungeſähr 30 Millionen Kronen be- tragen, wobei die Finanzwache, die Polizei, die Gendarmerie und noch einige andere Kategorien nicht in Betracht gezogen ſind .... Die Staatsbedienſteten in Ungarn haben demnach keine Ausſicht, daß ihre bedrängte materielle Lage in naher Zukunft verbeſſert wird. An gelegentlicher Aushülfe, Subvention, Zulage u. a. Palliativmitteln wird es wohl nicht fehlen, allein dieſe ſind nicht imſtande, die allgemeine Noth zu beſeitigen und den ungariſchen Beamtenſtand materiell ſo zu ſtellen, daß er in voller Hingebung, Treue und Pflicht- erfüllung dem Staate dienen kann. Frankreich Vom franzöſiſchen Congo. * Paris, 2. April.Tel. Ein Telegramm des General- kommiſſärs des franzöſiſchen Congo-Gebiets gibt über die Lage in der Gegend des Schari-Fluſſes Aufklärungen. Leut- naut Meynier und Hauptmann Joailland ſind nach einer Umkreiſung des Tſchad-Sees am Schari-Fluß einge- troffen. Meynier ſteht im Fort Archambault und Hauptmann Erzählung hat die Verfaſſerin dahin abgeändert, daß Mar- garethe dieſe Verhandlungen hinter dem Rücken ihres Gatten betreibt und daß dadurch eine intriguante Hofdame, welche deſſen Herz an ſich zu feſſeln weiß, die Mittel zum Sturz ihrer legitimen Nebenbuhlerin erhält. Dieſe Hofdame, eine jener dämoniſchen Teuſelinnen, die ſtets auf der Bühne von be- ſonderer Wirkung ſind, wenn deren Charakterausgeſtaltung ſo fein ziſelirt iſt, wie das Maria Witilo in der pſychologiſchen Motivirung der Kunigunde von Eiſenſtein verſtanden hat, beſticht, um ihre verruchten Pläne auszuführen, den Hof- narren und einen Eſeltreiber Simon, Margarethe von Hohenſtaufen zu ermorden. Der Letztere jedoch wird, da es zur That kommt, von ſeinem Gewiſſen gerührt, er er- ſticht ſeinen Komplizen und rettet danach die Herrin. (Das Fenſter der von dieſem Eſelstreiber ehemals in der Wart- burg bewohnten Kemenate, durch welches mittelſt eines Korbes dieſe Flucht bewerkſtelligt worden ſein ſoll, wird noch heute den Beſuchern der ſagenreichen Feſte gezeigt.) Durch all dieſe Leiden einem frühen Tod dennoch unrettbar ver- fallen, nimmt im letzten Akt die unſchuldige Dulderin auf ihrem Todtenbett im Katharina-Kloſter zu Frankfurt a. M., wohin ſie von Fulda aus ihre Flucht gewendet hatte, Ab- ſchied von ihren beiden Söhnen, von denen der Aeltere (Friederich „mit der gebiſſenen Wange“) der Sterbenden die eidliche Verſicherung gibt, daß er Konradins Erbe antreten und die Rolle der Hohenſtaufen an der Spitze der Ghibellinen fortführen werde. So geſtaltet ſich denn das mit echter Bühnenplaſtik erfüllte, von allen rein äußeren Theatereſſekten ſich freihaltende Stück zu einem Epilog der Hohenſtaufen-Dramen und hinterläßt durch die Logik ſeiner Charakterentwicklung, durch die hochpoetiſche Diktion und die geſchickt auf- und aus- gebaute Handlung einen tieſen Eindruck, welchen es ſicher auch auf noch vielen anderen deutſchen Bühnen ausüben dürfte. Der Beifall bei der Erſtaufführung an der hieſigen Hofbühne war ein von Akt zu Akt ſich ſteigernder. Spielleitung und Darſtellung wurden den ihr geſtellten Aufgaben durchaus ge- recht und die Laſſen’ſchen Lieder und Kompoſitionen fanden eine geradezu enthuſiaſtiſche Aufnahme. H. Eine ſtudentiſche Erinnerung.Vor wenigen Tagen hat eine ſchlichte Frau aus dem Volke das Zeitliche geſegnet, die ſich einſt in den Kreiſen unſrer akademiſchen Jugend einer außerordentlichen Berühmtheit und Beliebtheit erfreute und deren Name gewiß auch heute noch in tauſend alten Studentenherzen im deutſchen Vaterlande ſympathiſch wiederklingt. Es iſt das ehrſame Fräulein Felicitas Brunner, die langjährige Wirthin „zum Rothen Ochſen“ in Handſchuchsheim bei Heidelberg. Kein Heidelberger Muſen- ſohn — ſei es Korpsſtudent oder Burſchenſchafter oder Bummler —, der nicht einmal oder öfters zu ihr hinaus- gepilgert wäre, um ſich an Maiwein oder Himbeerbowle und am prächtigen, echt pfälziſchen Humor der biederen, klugen „Felix“ zu erquicken und vielleicht auch — ſie anzupumpen. Die gute Felix war eines jener Weſen, die nie jung waren und nie alt werden. In verhältnißmäßig jungen Jahren war ſie ſchon die Studentenmutter, und ihre tiefe, treuherzige Stimme, ihre behäbige Geſtalt, ihre ſich ſtets gleichbleibende überlegene heitere Ruhe und ihre fürſorgliche Freundlichkeit gaben ihr in der That etwas Mütterliches. Sie war die Vertraute, die Rathgeberin und Tröſterin ihrer jugendlichen Gäſte, die ihr mit warmer, wahrhaft kindlicher Anhänglichkeit lohnten. In ihrem einfachen Gärtchen, in der ſchmuckloſen kleinen Stube, deren Wände mit unzähligen Studentenbildniſſen geſchmückt waren, fühlten ſie ſich wohl. Ein Stück gemüth- licher Poeſie, wie es nur im deutſchen Studentenleben mög- lich iſt, iſt mit der alten „Felix“ zu Grabe gegangen. † Kunſtauktion.In Rudolf Lepke’s Kunſtauktions- Haus zu Berlin findet am 10. bis 12. April eine bedeutende Nachlaßverſteigerung von Oelgemälden, Aquarellen, Paſtellen und Zeichnungen erſter neuerer Künſtler ſtatt. In der Kollektion ſind u. a. folgende berühmte Meiſter gut vertreten: Andreas und Oswald Achenbach, L. Douzette, W. Firle, W. Gentz, K. Haſch, Ed. Grützner, Ch. und L. Hoguet, Th. Hoſemann, L. Knaus, J. Koppay, F. v. Lenbach, W. Leiſtikow, Ad. v. Menzel, Ed. und P. Meyerheim, Munkácſy, Ed. Schleich, Skarbina, Fr. Voltz, Vautier, Wenglein, Anton v. Werner. Hervorzuheben iſt noch das Künſtler-Album des verſtorbenen Hrn. Profeſſors Hermann Weiß, Berlin, welches hervorragend ſchöne Kunſtblätter umfaßt. † London, 30. März.Trotz der gegenwärtigen Span- nung der Gemüther zwiſchen den beiden blutsverwandten Völkern Deutſchlands und Englands, die gerade in den letzten Tagen hüben wie drüben zu Exploſionen geführt hat, denken nicht alle Engländer ſo ſtürmiſch, wie die Glasgower Stu- denten. Soeben iſt eine Einigung zuſtande gekommen, die wohl beweist, daß der gebildete Theil des engliſchen Volkes den Deutſchenhetzern keineswegs beipflichtet. Die „Musical Association in London“, die bedeutendſte muſikaliſche Ver- einigung Englands, der ausnahmslos alle hervorragenden Muſiker und Muſikſchriftſteller angehören, an der Spitze Sullivan, Parry, Goldſchmidt, Fuller, Maitland, Mackenzie, Stainer, Stanford, Cummings u. ſ. w., hat ſich der vor kurzem von deutſcher Seite gegründeten und von Berlin aus geleiteten „Internationalen Muſikgeſellſchaft“ nicht nur an- geſchloſſen, ſondern auch als Ortsgruppe eingeordnet. Außer- dem hat ſich in London ein Ausſchuß der angeſehenſten Muſikfreunde gebildet, der die Beſtrebungen der „Internatio- nalen Muſikgeſellſchaft“ im britiſchen Reiche nach Kräften zu fördern ſich verpflichtet hat. Daß gerade Großbritannien das erſte Land iſt, das in offizieller Weiſe für dieſe junge deutſche Schöpfung eintritt, ſcheint als Zeichen der politiſchen Stim- mung hochgebildeter Kreiſe in England beachtenswerth. (?) W. H. St. Petersburg, 29. März.Am 11./24. März feierte Alexander Münſter in St. Petersburg ſeine 60 jährige Thätigkeit als Lithograph. Als er ſich vor 50 Jahren etablirte, war eine ſeiner erſten großen künſtleriſchen Arbeiten das von dem bekannten ruſſiſchen Schlachtenmaler W. Thimm herausgegebene „Ruſſiſche Kunſtblatt“, das während des Krim- Krieges eine hervorragende Bedeutung erlangte und von den Kaiſern Nikolaus I. und Alexander II. protegirt wurde. Später gab Münſter eine Portraitgalerie heraus, die über 200 künſtleriſch ausgeführte Bildniſſe ruſſiſcher Berühmtheiten nebſt deren Biographien enthielt. Der Jubilar iſt ſeit 1864 Litho- graph der kaiſ. Akademie der Wiſſenſchaften, Mitglied mehrerer gelehrten Geſellſchaften und Ritter des St. Stanislaus- und St. Anna-Ordens. Zur Gratulation erſchienen der Präſident der kaiſerl. Ruſſiſchen geographiſchen Geſellſchaft, Mitglied des Reichsraths P. P. Sſemjonow, Abgeordnete der Geſell- ſchaft zur Aufmunterung der Künſte, der Geſellſchaft für das Druckereigewerbe, der Entomologiſchen Geſellſchaft, der Ex- pedition zur Anfertigung von Staatspapieren u. ſ. w. Viele hochgeſtellte Perſonen, Künſtler und Repräſentanten von Be- hörden und Geſellſchaften gratulirten ſchriftlich.

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2020-10-02T09:49:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 90, 2. April 1900, S. Seite 2.[2]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine90_1900/2>, abgerufen am 16.05.2024.