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[Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603.

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Oder also auff kürtzer weise:

Die Gebot Gottes sind vns Adamskindern zu hoch / Wir sind empfangen in der Erbsünde / vnd derhalb arme geborne Sünder / von jugend auff böse. Wir sollens halten / aber wir könnens ohn die Gnade Christi nicht halten / Was vns vnmüglich ist / das ist Gott müglich / Darumb hat vns Gott die Gebot aus gnedigem Willen gegeben / daß wir darinn / als in einem klaren Spiegel / vnser sündige verstörte Natur / vnser Gebrechen / Sünde vnd Göttlich Vrtheil lernen erkennen / demütig werden / vnd Christum suchen / Der allein vnd sonst niemand hat die Gebot auffs aller vollenkommenste erfüllet. Solcher Erfüllung geniessen wir für Gott / wenn wir an Christum gleuben / Vnnd Christus allein gibt vns seinen Geist / durch sein Wort / daß wir auch Verstand / Willen vnd Krafft kriegen / Gottes Gebot zu halten. Aber die Erfüllung gehet noch schwach zu / dieweil wir leben / Denn das Fleisch hat keine Lust zu Gottes Geboten. Aber den vortheil haben wir / so wir im Christlichen Glauben bleiben / die Sünde hassen / Daß vns Gott jmmerdar die vbrigen Sünde vmb Christus willen verzeihet. Darumb ob schon das Gesetz den Sünder nicht fromm machet / (Denn solch gros ding gehöret allein Christo zu) so bereit es jhn aber zur Frömmigkeit / Denn er erschrickt / wenn er seine Sünde vnd Gottes Gericht durch das Gesetz erkennet / vnd kreucht zum Creutz Christi / ruffet den Namen des HERRN an / begehret Gnade / vnd kriegt Ablaß der Sünden / vnd Gottes Geist. Darumb lieben Freunde / lernet die Zehen Gebot mit grossem fleis / vnd bittet Gott vmb Gnade / daß jhr sie halten möget / vnd vmb Verzeihung / wo jhr sie vbertretten habt.

V. Wie man recht reden sol vom Freyen Willen.

DEr Mensch hat einen Freyen willen in denen dingen / so dis vergengliche Leben betreffen / Da mag er wollen oder nicht wollen essen / trincken / gehen / stehen / dis oder das thun / oder lassen / Denn er hat das natürliche Liecht der Natur / vnd etlicher maß Freyheit / Erbarlich vnd frömmiglich zu leben für der Welt / Wie denn viel vnter den Heyden erbarlich gelebt haben. Wir haben aber droben gesaget / daß durch die Erbsünde alle Kreffte des Menschen verderbt sind / daß er von wegender verderbten Natur nicht kan Gottes Gesetz erfüllen / Denn das Gesetz ist Geistlich / zum Römern

Oder also auff kürtzer weise:

Die Gebot Gottes sind vns Adamskindern zu hoch / Wir sind empfangen in der Erbsünde / vnd derhalb arme geborne Sünder / von jugend auff böse. Wir sollens halten / aber wir könnens ohn die Gnade Christi nicht halten / Was vns vnmüglich ist / das ist Gott müglich / Darumb hat vns Gott die Gebot aus gnedigem Willen gegeben / daß wir darinn / als in einem klaren Spiegel / vnser sündige verstörte Natur / vnser Gebrechen / Sünde vnd Göttlich Vrtheil lernen erkennen / demütig werden / vnd Christum suchen / Der allein vnd sonst niemand hat die Gebot auffs aller vollenkom̃enste erfüllet. Solcher Erfüllung geniessen wir für Gott / wenn wir an Christum gleuben / Vnnd Christus allein gibt vns seinen Geist / durch sein Wort / daß wir auch Verstand / Willen vnd Krafft kriegen / Gottes Gebot zu halten. Aber die Erfüllung gehet noch schwach zu / dieweil wir leben / Denn das Fleisch hat keine Lust zu Gottes Geboten. Aber den vortheil haben wir / so wir im Christlichen Glauben bleiben / die Sünde hassen / Daß vns Gott jmmerdar die vbrigen Sünde vmb Christus willen verzeihet. Darumb ob schon das Gesetz den Sünder nicht from̃ machet / (Denn solch gros ding gehöret allein Christo zu) so bereit es jhn aber zur Fröm̃igkeit / Denn er erschrickt / wenn er seine Sünde vnd Gottes Gericht durch das Gesetz erkennet / vnd kreucht zum Creutz Christi / ruffet den Namen des HERRN an / begehret Gnade / vnd kriegt Ablaß der Sünden / vnd Gottes Geist. Darumb lieben Freunde / lernet die Zehen Gebot mit grossem fleis / vnd bittet Gott vmb Gnade / daß jhr sie halten möget / vnd vmb Verzeihung / wo jhr sie vbertretten habt.

V. Wie man recht reden sol vom Freyen Willen.

DEr Mensch hat einen Freyen willen in denen dingen / so dis vergengliche Leben betreffen / Da mag er wollen oder nicht wollen essen / trincken / gehen / stehen / dis oder das thun / oder lassen / Denn er hat das natürliche Liecht der Natur / vnd etlicher maß Freyheit / Erbarlich vnd frömmiglich zu leben für der Welt / Wie denn viel vnter den Heyden erbarlich gelebt haben. Wir haben aber droben gesaget / daß durch die Erbsünde alle Kreffte des Menschen verderbt sind / daß er von wegender verderbten Natur nicht kan Gottes Gesetz erfüllen / Denn das Gesetz ist Geistlich / zum Römern

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[20/0688] Oder also auff kürtzer weise: Die Gebot Gottes sind vns Adamskindern zu hoch / Wir sind empfangen in der Erbsünde / vnd derhalb arme geborne Sünder / von jugend auff böse. Wir sollens halten / aber wir könnens ohn die Gnade Christi nicht halten / Was vns vnmüglich ist / das ist Gott müglich / Darumb hat vns Gott die Gebot aus gnedigem Willen gegeben / daß wir darinn / als in einem klaren Spiegel / vnser sündige verstörte Natur / vnser Gebrechen / Sünde vnd Göttlich Vrtheil lernen erkennen / demütig werden / vnd Christum suchen / Der allein vnd sonst niemand hat die Gebot auffs aller vollenkom̃enste erfüllet. Solcher Erfüllung geniessen wir für Gott / wenn wir an Christum gleuben / Vnnd Christus allein gibt vns seinen Geist / durch sein Wort / daß wir auch Verstand / Willen vnd Krafft kriegen / Gottes Gebot zu halten. Aber die Erfüllung gehet noch schwach zu / dieweil wir leben / Denn das Fleisch hat keine Lust zu Gottes Geboten. Aber den vortheil haben wir / so wir im Christlichen Glauben bleiben / die Sünde hassen / Daß vns Gott jmmerdar die vbrigen Sünde vmb Christus willen verzeihet. Darumb ob schon das Gesetz den Sünder nicht from̃ machet / (Denn solch gros ding gehöret allein Christo zu) so bereit es jhn aber zur Fröm̃igkeit / Denn er erschrickt / wenn er seine Sünde vnd Gottes Gericht durch das Gesetz erkennet / vnd kreucht zum Creutz Christi / ruffet den Namen des HERRN an / begehret Gnade / vnd kriegt Ablaß der Sünden / vnd Gottes Geist. Darumb lieben Freunde / lernet die Zehen Gebot mit grossem fleis / vnd bittet Gott vmb Gnade / daß jhr sie halten möget / vnd vmb Verzeihung / wo jhr sie vbertretten habt. V. Wie man recht reden sol vom Freyen Willen. DEr Mensch hat einen Freyen willen in denen dingen / so dis vergengliche Leben betreffen / Da mag er wollen oder nicht wollen essen / trincken / gehen / stehen / dis oder das thun / oder lassen / Denn er hat das natürliche Liecht der Natur / vnd etlicher maß Freyheit / Erbarlich vnd frömmiglich zu leben für der Welt / Wie denn viel vnter den Heyden erbarlich gelebt haben. Wir haben aber droben gesaget / daß durch die Erbsünde alle Kreffte des Menschen verderbt sind / daß er von wegender verderbten Natur nicht kan Gottes Gesetz erfüllen / Denn das Gesetz ist Geistlich / zum Römern

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Zitationshilfe: [Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzog Julius von]: Corpus Doctrinae, Das ist/ Die Summa/ Form und Fürbilde der reinen Christlichen Lehre/ aus der heiligen Göttlichen Schrifft der Propheten und Aposteln zusammen gezogen. Helmstedt, 1603, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_corpus_1603/688>, abgerufen am 26.04.2024.