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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 120. Köln, 19. Oktober 1848.

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Bald nach meiner Ankunft kam eine Deputation, Baron Pillersdorf an der Spitze. Während diese Deputation auf die Ankunft der andern Deputation, die sich zum Baron Wessenberg begeben hatte, weil sie ihn in seiner Wohnung glaubte, wartend, sich in ein Nebenzimmer verfügte, gab mir Latour zwei Briefe von Jellachich, der eine war Privatbrief und gab Nachricht von dem Gefecht bei Valenca. Jellachich schrieb, daß die Ungarn sich nach Marton Basar zurückgezogen, daß er eine Linksschwenkung gemacht habe, bis nach Raab gezogen sei und dasselbe besetzt habe, mit dem Gros zwischen Wieselburg und Altenburg gezogen sei, um der Residenz näher zu sein, um leichter Hilfe zu bekommen.

Der andere Brief war Dienstbrief.

Er begehrte darin vorzüglich Kavallerie soviel als möglich und wenn es sein kann auch Linieninfanterie, weil er einige Tausend Mann von denen, die in der Hausmontour sind, nach Croatien sende, er spreche also auch die Garde an, diese über Wien auf der Gloknitzer Eisenbahn weiter zu befördern.

Ich blieb in Wien den 6., 7. und 8. d. M. bis um 5 Uhr Nachmittag. Um 1 1/2 Uhr erhielt ich durch die Hand des Grafen Menzdorf meine Enthebung bis der Graf Vay zurückgekehrt, und mündlich den Auftrag im Hoflager nach Krems am 9. einzutreffen, um die Befehle Sr. Majestät zu contrasigniren. Ich traf daselbst am 9., 2 Stunden über Krems um 3 Uhr ein. Seine Majestät reiste nämlich mit Bedeckung von 6000 Mann in der Mitte der Truppen. Ich speiste um 3/4 4 Uhr an der kaiserlichen Tafel, wo auch Minister Hornbostel war. Seine Majestät war erfreut, daß ich eingetroffen und die Einladung zur Tafel geschah durch den Fürsten Lobkowitz. Nach Tische äußerte der Erzherzog Franz Carl zu mir, er wünsche, daß Minister Bach im Amte bleibe, er sei ein braver Mensch. Ich zweifle, daß er es annehmen werde, weil er keine Popularität besitze. Um 7 Uhr hatte ich Audienz beim Erzherzog Franz Carl, gerade nach der Audienz des Hrn. Minister Hornbostel daselbst. Er dankte mir fürs Eintreffen, wünschte daß ich bleibe; auf meine Erklärung, den Beamten präveniren zu müssen, entließ er mich mit dem Auftrage, sicher in Olmütz einzutreffen. Ich verließ am 10. dieses um 3/4 auf 6 Uhr Morgens das Hoflager, und langte um 4 Uhr Nachmittags in Wien an. Ohne allen Auftrag verfügte ich mich um 4 1/2 Uhr ins Lager zu Auersperg. Ich traf sie bei Tische, setzte mich nicht einmal, und blieb kaum 10 Minuten. Auersperg sagte mir: Du kannst den Jellachich grüßen. Der Fürst Jablonski, der im Bahnhof der Glognitzer Bahn commandirt, wird dir sagen, wo er ist. Ich fuhr in einem Fiaker ab. Jablonski sagte mir, Jellachich wäre in der Nähe (ich, Unterzeichneter weiß den Ort nicht) beim Herrn von Ritter. Ich begrüßte ihn daselbst in Gegenwart des Herrn von Ritter, seiner Frau und einer alten Frau. Die Frauen baten mich, nach Wien nicht zurück zu kehren. Auf Einladung genoß ich einige Bissen und ein Glas Wein. Ich sprach mit Jellachich kein Wort von Politik, kein Wort von Krieg. Jellachich nahm auch ein Glas Wein und sagte: Auf die Gesundheit meines Freundes v. Recken, und wir tranken. Nach einem Aufenthalt von höchstens 1/4 Stunde begleitete mich General Major Zeisberg wieder zum Fiaker. Er wollte mir Einen zur Sicherung mitgeben. Ich lehnte es ab, und langte schon um 6 Uhr wieder in der Stadt an, höchstens um 6 1/4 Uhr. Das Uebrige ist bekannt. Ich versichere noch einmal bei meiner Ehre und Seligkeit, daß ich weder im mündlichen noch schriftlichen Auftrage gehandelt habe, als ich mich zu Auersperg und Jellachich verfügte; was auch die kurze Zeit bestätigt, und selbst im Hoflager wußten sie nichts von dem Aufenthaltsorte Jellachichs, wenigstens bis 10 Uhr Abends, denn so lange war ich beim Fürsten Lobkowitz.

Wien, den 11. October 1848.

Rees[unleserliches Material]y.

Wien.

(Sitzung des constituirenden Reichstags vom 13. October.)

Die Sitzung wird um 11 Uhr Vormittags eröffnet.

Pillersdorff verlangt in einer dringenden Angelegenheit das Wort. Er liest aus dem "Constitutionellen Blatte in Böhmen die Aufforderung von 20 czechischen Deputirten, Palatzki und Rieger an der Spitze, sich am 20. Oktober in Brünn einzufinden, um über einen Reichstag sich zu besprechen. Er bringt im Namen vieler Deputirten einen energischen Protest ein, stellt die Ungesetzlichkeit dieses Schrittes dar und macht die Urheber für alle Folgen verantwortlich.

Lebhafte Acclamation. Der Protest wird einstimmig und durch Acclamation angenommen.

Sehr merkwürdig ist dieses Thun der czechischen Deputirten, wenn man ihre Aussage am 6. Oktober: wir wollen bleiben bis auf den letzten Mann, entgegenhält. Und vom 6. Oktober bis zur obigen Aufforderung sind nur sehr wenige Tage!!

Oeffnet das von seinen Deputirten geblendete Prag denn nicht die Augen? Hat die "Slovanska Lipa" vergessen, daß sie ein Mißtrauensvotum an die czechische Rechte einbringen wollte? Ist das Demokratie, wenn man absolute Manifeste billigt, indem man das Volk, das sich dagegen erhebt und sein Leben opfert, frohlockend seinen Mördern überläßt?

Erinnern sich die czechischen Deputirten nicht, daß sie sagten. "wenn Jellachich Beweise liefern wird, daß er gegen die Freiheit ist, dann werden wir ihn zerschmettern! Das haben sie gesagt; jetzt will Jellachich Wien und mit demselben die Freiheit vernichten, er desavouirt den souveränen Reichstag, der auf die legalste Weise seine Beschlüsse faßt; und die czechischen Deputirten lassen Jellachich walten, und das Wien, das sie mit so über[unleserliches Material] Munde gelobt, in Stich?.

Armes geblendetes Prag und Böhmen, bist du nicht stark genug, um ein Lügengewebe zu zerreißen und auf den Grund zu sehen?

Die Freiheit, die Demokratie hofft auf Böhmen, möge es sich seiner selbst würdig ermannen, und die Hoffnung erfüllen!

Cavalkabo und Gleispach verlesen gestrige Protokolle, welche nach einigen Verbesserungen angenommen werden.

Die Wahl der beiden Vicepräsidenten erfolgt. Das Skrutinium für den ersten Vicepräsidenten ergibt bei 203 Stimmen, 108 für Brestel. Dieser ist also zum ersten Vicepräsidenten ernannt Nebstdem haben erhalten: Pillersdorf 57, Schuselka 22, Lusser 10. Die Wahl für den zweiten Vicepräsidenten ergibt keine Majorität, sie wird daher auf Abend verschoben.

Schuselka erstattet Bericht vom Ausschusse. Böswillige Gerüchte in den Provinzialblättern, es herrsche hier nämlich Mord, Brand, veranlassen den Ausschuß offen entgegen zu treten. Es ist hier sehr leicht gelungen, Ordnung und Sicherheit zu erhalten, weil das treffliche Volk von Wien sein eigener Wächter ist. Man wagt das bewaffnete Proletarial zu verdächtigen, und doch herrscht jetzt faktisch mehr Sicherheit, als in den größten Städten in den ruhigsten Zeiten. Es ist ein edles Volk das Wiener, es verdient die Waffen für die Freiheit zu tragen. Es werden alle öffentlichen Institute unter dessen Schutz gestellt. Als Anerkennung hat der Ausschuß beschlossen, 200,000 Gulden von den bewilligten Millionen unter die Bewaffneten zu vertheilen. Es ist dieß gewiß im Sinne des ersten Beschlusses; denn der arme Gewerbsmann steht unter Waffen und opfert Alles auf. Der Finanzminister ist ganz einverstanden.

Eine Schwierigkeit ergibt sich; die Kampfeslustigen fordern laut, sie zum Angriffe zu führen. Der Ausschuß ist in der schwierigsten Lage, indem er mit Sr. Maj. immer Frieden vermitteln will. Er will nicht nach alter Regierungsweise Angriffe und Blut, und will diese Zurückhaltung von dem Volke mit seinem Leben verantworten. Sollte einmal ein Angriff nothwendig sein, so wird geschehen, was da muß, jetzt ist es nicht rathsam

Aus dem entfernten Salzburg sind 36 Studenten mit zwei Professoren angelangt. Acclamation.

Aus Steiermark sind abermals 500 bewaffnete Studenten Garden und Arbeiter herangekommen. Sie hatten mit Schwierigkeiten zu kämpfen, denn die Bahn ist mit Militair besetzt. Sie geben die Versicherung, daß noch viele ihnen folgen. (Acclamation.) Eine Deputation aus Olmütz erklärt das vollständige Einverständniß mit Wien. Die Deputation theilt zugleich eine, Wien verdächtigende im Auftrag der wendischen Krätze. Prelamation mit Das Kreisamt zeigt an, daß der Kaiser Olmütz (wohin Wendische Grätz marschiert, und wo er am 13. wahrscheinlich schon angelangt war,) sein Hoflager aufschlagen werde.

Wien.

(Abendsitzung des konstituirenden Reichstags vom 13. Oktober. Eröffnung 5 Uhr.)

Die Wahl des zweiten Vicepräsidenten findet Statt, es ergibt sich abermals keine absolute Majorität, die Wahl schwankt zwischen Pillersdorff und Ambrosch. Ein zweites Scrutinium, bei dem 202 stimmen, ergibt 159 für Pillersdorff. Er ist mithin Vicepräsident und verspricht in einer kurzen Rede Alles für die Volksfreiheit zu thun.

Schuselka berichtet vom Ausschusse. Vom Abgeordneten Löhner ist eine telegraphische Depesche angelangt. Er ist gestern 10 Uhr Nachts nach Selowitz gereist, aber man wollte daselbst den Erzherzog Franz Karl nicht wecken, indem man sagte, es sei ihm schon Alles bekannt. Des Morgens kam er vor den Kaiser, der eine schriftliche Antwort, deren Inhalt gleich dem nicht kontrasignirten Manifeste aus Schönbrunn. Fürst Lobkowitz gab zweimal mündliche Auskunft. Auersperg und Jellachich werden nicht angreifen, sondern sich blos vertheidigen. Ueber Jellachich, der blos wegen Ungarn da sei, werde weiteres verfügt werden. Schriftliche Erklärung wurde verweigert.

Eine telegraphische Depesche ist angelangt, daß Windischgrätz heranrücke.

Vom Ban Jellachich ist ein Offizier angelangt. Er hoffe durch seinen frühern Brief beruhigend gewirkt zu haben. Er ist nur für die Freiheit da, und sein Wirken in Ungarn zeige, daß er für die Gleichberechtigung aller Nationen kämpfe. Er werde sich zur Bekämpfung der Anarchie jede gesetzliche Macht zur Verfügung stellen. Er würde es bedauern, wenn bei Wien ein croatisch-ungarischer Kriegsschauplatz entstünde.

Der Ausschuß antwortet hierauf, daß in Wien weder Anarchie noch Ungesetzlichkeit herrsche, und in Abwesenheit des Kaisers der Ausschuß die Ordnung aufrecht erhalte, welche vom Volke kräftig unterstützt wird. Der außerordentliche Zustand ist nur der, daß das Volk unter Waffen ist, weil eben zwei Heere vor seinen Mauern stehen. Um diesen außerordentlichen Zustand zu heben, bedarf es nichts, als daß der Banus sich wegbegebe, denn der ihm verhaßte Zustand ist nur hervorgerufen, weil der Ban gegenwärtig ist. Auch der Reichstag will keinen croatisch-ungarischen Kriegsschauplatz, und darum ersucht er den Ban, mit seinen Truppen wegzuziehen.

Goldmark will, daß man den Ban noch aufmerksam mache, daß sein Gedächtniß kurz sei. Auf der einen Seite spricht er von der Volksfreiheit und von Freundschaft, und im selben Momente tritt er gegen die Volksfreiheit auf, indem er die Garde der Umgegend ohne Grund entwaffnet. Eben so sich eine Art Brandschatzung erlaubt, indem er Einquartirungen befiehlt etc, und in eben diesem Augenblicke abermals ein Angriff auf die St. Marxerlinie geschieht. Er wünscht dies in würdiger Sprach noch hinzugesetzt.

Schuselka ist gegen die Aufnahme des Entwaffnungspunktes, weil es immer Gründe gibt, die sich bei dem Marsche einer Armee vorschützen lassen. - Allerdings ist es wahr, daß eben Angriffe auf mehrere Punkte der Linie geschehen, aber sie sind hervorgerufen durch die Kampfeslust der daselbst aufgestellten Bewaffneten. Der Ausschuß, im Vereine mit der besonnenen Legion, hat alles Mögliche gethan, um davon abzuhalten, aber derlei Vorpostengefechte kommen in allen feindlichen Lagern vor, und das edle Blut ist nur zu bedauern.

Das Antwortschreiben, sowie Goldmarks Zusatz werden angenommen.

Borrosch verliest die von ihm beantragte und ihm zur Verfassung übertragene Adresse an den Kaiser, Betreffs des Völkerkongresses. Sie ist etwas lang und weniger markig, als wir sie erwartet haben. In solcher Zeit handelt es sich darum, kurz aber inhaltsreich zu sein.

Nach einiger Debatte wird die Adresse angenommen.

Es wird hierauf über die Art der Absendung debattirt.

Einige wollen Borrosch, Andere 3, wieder Andere 5 Mitglieder senden, Gschnitzer will alle Nationalitäten vertreten haben. Pienkovski spricht es aus, daß Borrosch in Wien jetzt unentbehrlich sei. Es werden endlich 5 Mitglieder zur Deputation bestimmt. Dem Präsidium ist die Ernennung der Mitglieder überlassen.

Es bestimmt: Fischer, Vierzchlejski, Hagenauer, Herzog, Turko.

Hierauf wird die Wahl des Sekretärs vorgenommen. Die Stimmzettel werden abgegeben und das Präsidium wird die Zählung übernehmen.

Die Sitzung ist aufgehoben, 8 Uhr; Eröffnung morgen 10 Uhr früh.

Wien.

Aufruf der Polen-Legion an ihr Vaterland.

Die sich in Wien befindenden Polen, durchdrungen von der heiligen Pflicht der Freiheit, haben sich entschlossen, bewaffnet in den Reihen des Wiener Volkes, gegen welche die Kamerilla den letzten Stoß ausführte zu kämpfen.

Sie bilden eine polnische Legion, um einverleibt in den Reihen aller Vertheidiger der Freiheit Wiens und unter dem Befehle der Studenten-Legion und des Ober-Kommandos der Nationalgarde zu stehen und zu fallen!

In diesem Falle rufen wir Euch edlen Freiheitskämpfer Polens, Euch Brüder, deren Herzen durchdrungen vom feurigsten Gefühle der Freiheit aller Völker: eilet in den Reihen die freiwilligen polnischen Legion, welche mit gleicher Seelengröße für Ihr Vaterland sowohl, als auch für sämmtliche gedrückten Völker ihr Blut zu vergießen bereit ist.

Auf! nach Wien, Ihr Männer Polens und vereinigt Euch mit den Wiener Freischaaren, und kämpfet in den Reihen unserer Brüder für die Freiheit, mit jenem Muth und Ausdauern, welche unsere große Nation in allen Kämpfen auszeichnete.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!

Wien, am 12. Oktober 1848.

Vom Ausschusse der polnischen Legion.

Franz Olay. Anton Kutzelmann.

* So eben erhalten wir folgenden Brief aus Wien:

61 Wien, 13. Oktbr.

Wir befinden uns im vollständigen Kriegszustande und es ist gewiß, daß die Post, welche auch nach dem März und bis heute nicht über eine Sedlnitzkysche Polizeianstalt hinausgekommen ist, alle Briefe unbefördert läßt, die von Leuten kommen oder an Adressen gehen, welche auf ihrer Proscriptionsliste stehen. Ich weiß daher auch nicht, ob Ihnen dieses Schreiben zukommen wird.

Um 4 Uhr gestern Morgen hat Auersperg zum Verwundern der Stadt seine Position am Belvedere mit so plötzlicher Eile aufgegeben, daß Koffer, Bücher, Uniformen, Kisten und Munition zurückgeblieben sind. Die Parks, in welchen die Truppen gelagert waren, sind auf ewig verwüstet. Man fand darin viele auf das Gräßlichste verstümmelte Todte; unter andern eine unkennbare Leiche, der das k. k. Militär Ohren und Nase abgeschnitten, den Mund bis an die Ohren aufgeschlitzt, die Augen ausgestochen, Hände und Füße abgehackt hatte. Diese Leiche wurde durch die Stadt und in den an nichtswürdiger Feigheit und elendem Verrath alles, was die Geschichte der Art aufzuweisen hat, überbietenden Reichstag gebracht. Der saubere Fürst Lubomirski versuchte, sich bei ihrem Anblick mit einer Pistole das Leben zu nehmen, aber er verwundete sich nur. Lubomirski hatte, wie sie wissen, die Sache der Freiheit, die polnische Sache verrathen, um sich an die Zigeunernation anzulehnen; sein gestriger Verzweiflungsversuch mag nun die Folge des hochklopfenden Gewissens, der Reue sein. Er beweißt aber auch, daß Lubomirski noch zu den bessern Schurken des Reichstags gehört, dessen größter, jetzt von Pillersdorf, Gleispach und ähnlichen Verruchtheiten geleiteter Theil, kaum eines Galgenstricks werth ist.

In der gestrigen Abendsitzung votirte dieser Reichstag, von welchem nur mehr das Centrum vorhanden ist, indem auch die Juden der Linken geflohen sind, auf Pillersdorfs Antrag dem Erzschurken und Finanzminister Krauß eine Summe von 8 Mill. Fl. in Zwanzigern. Derselbe hat diese Summe sofort bei der Bank zu erheben und wird die Operationen Jelachichs, Auersperg u. s. w., die vor Wien lagern, damit unterstützen. Krauß suchte den Antrag zu rechtfertigen, der Hallunke zitterte und stotterte dabei aber so ungewöhnlich, daß es Niemand als dem Kretinismus unserer Presse zweifelhaft bleiben konnte, welche Rolle er zwischen Kamarilla und Volk spielt. - Aber man beginnt den höllischen Verrath zu merken, der mit diesem Volke gespielt wird.

Um das non-plus-ultra aller Niederträchtigkeit zu erreichen, hat der Reichstag, wenn derselbe noch diesen Namen verdient, heute den unvermeidlich gewordenen Pillersdorf, welcher die Rolle der Czechen, nur schändlicher fortspielt, als zweiten Präsidenten übernommen. Die Mitglieder der Linken entweichen immer mehr das Volk wird den Betrug immer mehr erkennen.

Wir haben an 130,000 Bewaffnete, allein unsere Thaten bestehen in Unthätigkeit. Die Ungarn sind Jellachich mit 40,000 Mann in den Rücken gefallen und haben eine Deputation an unsern nichtswürdigen Reichstag mit der Erklärung gesendet, daß das Repräsentantenhaus den Generalen der ungarischen Armee befohlen habe, Jellachich zu verfolgen, wohin er immer fliehe. Unser Reichstag krächzte ein feiges Bravo, verordnete aber, daß in seinem Protokolle von dem ungarischen Beistand keine Erwähnung gethan werde. Denken Sie sich den Fall, daß die Ungarn geschlagen würden? General Dwernicki soll mit 8000 Polen zu der ungarischen Armee stoßen.

- Die Allgem. Oder-Ztg. berichtet:

Von Prag Privatnachrichten, daß ein Aufstand sehr bedenklicher Art ausgebrochen sei, was Windischgrätz veranlaßte, mit seinem bei Göding, 3 Posten von Wien, in Mähren aufgestellten Truppenkorps von 8000 Mann, eiligst nach Prag zurückzukehren.

- Aus Ratibor geht uns so eben folgende Nachricht zu: Ich beeile mich, Ihnen eine Nachricht mitzutheilen, die mir - zwar ohne die nähern Details - aus glaubwürdiger Quelle gestern Abend zugekommen ist. In Ollmütz hat zwischen Militär und Nationalgarden (vorzüglich Studenten) vor der Ankunft des Kaisers, der dahin zu fliehen beabsichtigen soll, auf dem Eisenbahnhofe ein Kampf stattgefunden, der mit einem beiderseitigen Verluste von 20 Todten und der Niederlage der Nationalgarden endigte. Jedoch wage ich noch nicht, diese Nachricht vollständig zu verbürgen, da von dort her mit dem gestrigen Abendzuge keine Reisenden angelangt sind. - Am 12. Abends passirten 5 Deputirte des Wiener Reichstages aus der Bukowina die hiesige Bahn, um, wie man sich erzählte, Proklamationen des Reichstages in ihre Provinzen zu bringen. Im Allgemeinen ist diesen Mittheilungen, die uns hier mündlich zu Theil werden, Glauben zu schenken, da sie sich bisher immer bestätigt haben. - Auffallend erscheint uns die heute bevorstehende Ankunft einer Kompagnie Infanterie, für welche gestern bereits Quartier hierselbst gemacht worden ist. Sollte sie vielleicht zur Deckung der Eisenbahn für größere Truppensendungen bestimmt sein?

!!! Frankfurt, 16. Oktober.

97. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern.

Tagesordnung.

1. Berathung des vom Abgeordneten v. Lindenau, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung, erstatteten Berichts über die vom Abgeordneten Schaffrath und Genossen gegen den Vicepräsidenten v. Soiron, als Vorsitzenden der National-Versammlung in den Sitzungen vom 7. und 8. August d. J, angebrachten Beschwerden.

2. Berathung des vom Abgeordneten v. Langerfeldt, Namens des Ausschusses für Prüfung der wider mehrere Mitglieder der National-Versammlung beantragten gerichtlichen Untersuchung, beziehentlich Verhaftung, erstatteten Berichts.

3. Berathung des vom Abgeordneten v. Breuning erstatteten Berichts, Namens des Ausschusses für Beurtheilung des von dem Abgeordneten Schmidt aus Schlesien und Wiesner gemeinschaftlich in der Sitzung vom 5. Oktober 1848 gestellten Antrages, des dadurch hervorgerufenen Antrages des Abgeordneten Hrn. v. Gagern und des Verhaltens des Vorsitzenden, Vice-Präsidenten Simson.

4. Berathung über den vom Abgeordneten Dröge, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses, erstatteten Bericht über die von den Vorstehern der Kaufmannschaft in Stettin, Stolp etc. eingegangenen Petitionen.

5. Berathung über den vom Abgeordneten v. Buttel, Namens des Prioritäts- und Petitionsausschusses, erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Bresgen, die Stellung der Abgeordneten betreffend.

6. Berathung über den vom Abgeordneten Adams, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses, erstatteten Bericht über eingekommene Adressen, die Beschlüsse der Reichsversammlung betreffend.

7. Berathung über den Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung, die Abstimmung der Mitglieder betreffend.

8. Berathung über den vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses, erstatteten Bericht, wegen der Staatsschuld des ehemaligen Königreichs Westphalen.

Vor der Tagesordnung.

Compes tritt aus der Versammlung. (Erstaunen).

Schmerling zeigt an, daß das Reichsministerium den Belagerungszustand von Frankfurt an dem Tage aufhebt, an welchem das Gesetz zum Schutze der Reichsversammlung emanirt wird. Uebrigens bleiben die Maßregeln, welche das Ministerium zum Schutze der Stadt etc. für nöthig erachtet, beim Alten. (Tiefe Stille.)

Folgen Beiträge zur deutschen Flotte.

Neue Interpellationen. 1. Förster von Hünfeld: a. welche Anordnungen sind betreffs der österreichischen Truppen und der deutschen Reichstruppen in den Beziehungen zu den Wiener Verhältnissen getroffen? b. Was wird das Ministerium in Betreff Ungarns und der Wallachei thun? (Der Interpellant liest sehr undeutlich, so viel ich klar verstehen kann, interpellirt derselbe zu Gunsten Wiens und Ungarns. Man schreit: Laut, laut!)

2. Detmold von Hannover interpellirt wegen des Meuchelmords am Kriegsminister Latour etc. etc. (Gelächter und Zischen).

3. Schmidt aus Löwenberg: ob es wahr sei, daß das Reichsministerium die bekannten "Flugblätter" mit Begleitschreiben vertheilt und unempfolen habe?

4. v. Reden interpellirt wegen neuer Zollvereinbarung der deutschen Staaten.

Schmerling beantwortet verschiedene Interpellationen:

1. Bezüglich des Verhaltens der deutschen Centralgewalt zur Schweiz. (Von Vogt, Wichmann und Venedey). Wenn alle Verhandlungen mit der Schweiz geschlossen und die hierher bezüglichen Papiere geordnet sein werden, wird das Ministerium antworten. Schon jetzt aber müsse er (Schmerling) aussprechen, daß er auf die Vogtsche Interpellation, weil sie nicht im parlamentarischen Tone gehalten, nicht antworten werde.

2. In Betreff der Moldau und Wallachei. (Interpellirt von Schulz und Förster.) Die Wichtigkeit der Donaufürstenthümer in ihren Beziehungen zu Deutschland habe das Ministerium hinlänglich erkannt, und wird seiner Zeit das Nöthige geschehen.

3. Wegen Ungarn. (Försters Interpellation.) Das Reichsministerium habe die lebendigsten Sympathien für Ungarn. Diplomatischer Verkehr sei jetzt nicht möglich.

4. In Betreff Oesterreichs zu Ungarn und der Wiener Verhältnisse. (Interpellation von Schoder, Marek, Eisenmann, Förster) Als die Wiener Ereignisse dem Ministerium zuerst bekannt wurden, beschloß dasselbe, zur Verhütung des traurigen Bürgerkrieges, dessen Folgen sich noch nicht bestimmen lassen, jede Rücksicht zu nehmen. Die erste Aufgabe sei, den Bürgerkrieg sobald als möglich zu Ende zu bringen. Zwei Reichskommissäre, deren einer der Abgeordnete Welcker, sind mit ausgedehnten Vollmachten nach Wien geschickt. Diese sollen sich mit den verantwortlichen Räthen der österreichischen Krone und nach Verhältniß mit dem Reichstage, so wie mit den Civil- und Militairbehörden in Verbindung setzen. Reichstruppen seien nicht nach Wien beordert. Die Kommissäre sollen erst berichten, ob dies nöthig.

5. Auf eine Interpellation von Simon aus Trier, betreffend die Wahl des Dr. Würth zum Abgeordneten: Das Reichsministerium nimmt erst dann Rücksicht auf Wahlangelegenheiten, wenn die Versammlung durch das Präsidium Anträge stellt.

6. Eine Interpellation Wesendonks, "ob es wahr, daß das Reichsministerium der baierischen Regierung die Zusicherung ertheilt habe, daß das konstitutionell-monarchische Prinzip in den Einzelstaaten immer solle gewahrt werden?" beantwortet Schmerling unter Beifall der Centren dahin, daß eine ähnliche Erklärung an das baierische Ministerium in ganz anderm Sinne und völlig gerechtfertigt abgegeben worden sei.

7. Auf eine Interpellation von Schmidt aus Löwenberg (s. oben; bezüglich der Flugblätter) würde das Reichsministerium gleichfalls gar nicht antworten. Er (Schmerling) für seine Person glaubt, daß eine solche Interpellation höchstens an oder von einem Polizei-Direktor unter dem gestürzten Metternich hätte stattfinden können. (Bravo rechts und Centren).

8. Jahn's Interpellation, betreffend die ungeheuren Demokraten-Verschwörungen. (Gelächter.) Der Minister verliest einen Aufruf des demokratischen Centralausschusses in Berlin an das deutsche Volk, welcher unter größter Mißbilligung der jetzigen National-Versammlung und ihrer Wirksamkeit, auf den 26. d. M. eine Versammlung aller Demokraten Deutschlands nach Berlin zusammenberuft, um eine neue National-Versammlung nach neuen direkten Wahlen zu beschließen. Das Reichsministerium hat die preußische Regierung aufmerksam gemacht, jedem ungesetzliche Schritte in dieser Beziehung vorzubeugen und geschehenden Falls zu strafen. Hiermit sei wohl Jahn's Interpellation genügend beantwortet. (Bravo und Zischen).

Vogt protestirt feierlichst und mit tiefster Entrüstung gegen jeden Eingriff des Ministers Schmerling in die Rechte des Präsidiums und der National-Versammlung. Nur diesen stünde die Unzulässigkeit einer Interpellation zu beurtheilen zu. (Bravo!) Sie den Minister (sagt Vogt) fordere ich auf, künftighin solche Streiche zu unterlassen. (Tumultuöses Bravo.) Vogt spricht nun durch mehrere dringliche Anträge die Unzufriedenheit der Beantwortung des Ministers über die Verhältnisse zur Schweiz aus.

Die Anträge werden nicht als dringlich erkannt.

Ebenso stellen, in Folge der unbefriedigenden Antworten des Ministers auf die Interpellationen, Venedey, Wesendonk, Schmidt aus Löwenberg, Schaffrath und Marek dringliche Anträge.

Die Mehrheit der Versammlung erkennt keinen davon als dringlich an.

Schneer beantragt Tagesordnung, da es bereits 11 Uhr sei. - (Tagesordnung!)

Wiegard dagegen. -

Minister Mohl: beantragt eine Interpellation von Detmold wegen der Ermordung des Ministers Latour. Offiziell sei noch keine Anzeige deshalb gekommen, aber es sei bei dem Wiener Justizministerium deshalb angefragt. [Fortsetzung]

Bald nach meiner Ankunft kam eine Deputation, Baron Pillersdorf an der Spitze. Während diese Deputation auf die Ankunft der andern Deputation, die sich zum Baron Wessenberg begeben hatte, weil sie ihn in seiner Wohnung glaubte, wartend, sich in ein Nebenzimmer verfügte, gab mir Latour zwei Briefe von Jellachich, der eine war Privatbrief und gab Nachricht von dem Gefecht bei Valenca. Jellachich schrieb, daß die Ungarn sich nach Marton Basar zurückgezogen, daß er eine Linksschwenkung gemacht habe, bis nach Raab gezogen sei und dasselbe besetzt habe, mit dem Gros zwischen Wieselburg und Altenburg gezogen sei, um der Residenz näher zu sein, um leichter Hilfe zu bekommen.

Der andere Brief war Dienstbrief.

Er begehrte darin vorzüglich Kavallerie soviel als möglich und wenn es sein kann auch Linieninfanterie, weil er einige Tausend Mann von denen, die in der Hausmontour sind, nach Croatien sende, er spreche also auch die Garde an, diese über Wien auf der Gloknitzer Eisenbahn weiter zu befördern.

Ich blieb in Wien den 6., 7. und 8. d. M. bis um 5 Uhr Nachmittag. Um 1 1/2 Uhr erhielt ich durch die Hand des Grafen Menzdorf meine Enthebung bis der Graf Vay zurückgekehrt, und mündlich den Auftrag im Hoflager nach Krems am 9. einzutreffen, um die Befehle Sr. Majestät zu contrasigniren. Ich traf daselbst am 9., 2 Stunden über Krems um 3 Uhr ein. Seine Majestät reiste nämlich mit Bedeckung von 6000 Mann in der Mitte der Truppen. Ich speiste um 3/4 4 Uhr an der kaiserlichen Tafel, wo auch Minister Hornbostel war. Seine Majestät war erfreut, daß ich eingetroffen und die Einladung zur Tafel geschah durch den Fürsten Lobkowitz. Nach Tische äußerte der Erzherzog Franz Carl zu mir, er wünsche, daß Minister Bach im Amte bleibe, er sei ein braver Mensch. Ich zweifle, daß er es annehmen werde, weil er keine Popularität besitze. Um 7 Uhr hatte ich Audienz beim Erzherzog Franz Carl, gerade nach der Audienz des Hrn. Minister Hornbostel daselbst. Er dankte mir fürs Eintreffen, wünschte daß ich bleibe; auf meine Erklärung, den Beamten präveniren zu müssen, entließ er mich mit dem Auftrage, sicher in Olmütz einzutreffen. Ich verließ am 10. dieses um 3/4 auf 6 Uhr Morgens das Hoflager, und langte um 4 Uhr Nachmittags in Wien an. Ohne allen Auftrag verfügte ich mich um 4 1/2 Uhr ins Lager zu Auersperg. Ich traf sie bei Tische, setzte mich nicht einmal, und blieb kaum 10 Minuten. Auersperg sagte mir: Du kannst den Jellachich grüßen. Der Fürst Jablonski, der im Bahnhof der Glognitzer Bahn commandirt, wird dir sagen, wo er ist. Ich fuhr in einem Fiaker ab. Jablonski sagte mir, Jellachich wäre in der Nähe (ich, Unterzeichneter weiß den Ort nicht) beim Herrn von Ritter. Ich begrüßte ihn daselbst in Gegenwart des Herrn von Ritter, seiner Frau und einer alten Frau. Die Frauen baten mich, nach Wien nicht zurück zu kehren. Auf Einladung genoß ich einige Bissen und ein Glas Wein. Ich sprach mit Jellachich kein Wort von Politik, kein Wort von Krieg. Jellachich nahm auch ein Glas Wein und sagte: Auf die Gesundheit meines Freundes v. Recken, und wir tranken. Nach einem Aufenthalt von höchstens 1/4 Stunde begleitete mich General Major Zeisberg wieder zum Fiaker. Er wollte mir Einen zur Sicherung mitgeben. Ich lehnte es ab, und langte schon um 6 Uhr wieder in der Stadt an, höchstens um 6 1/4 Uhr. Das Uebrige ist bekannt. Ich versichere noch einmal bei meiner Ehre und Seligkeit, daß ich weder im mündlichen noch schriftlichen Auftrage gehandelt habe, als ich mich zu Auersperg und Jellachich verfügte; was auch die kurze Zeit bestätigt, und selbst im Hoflager wußten sie nichts von dem Aufenthaltsorte Jellachichs, wenigstens bis 10 Uhr Abends, denn so lange war ich beim Fürsten Lobkowitz.

Wien, den 11. October 1848.

Rees[unleserliches Material]y.

Wien.

(Sitzung des constituirenden Reichstags vom 13. October.)

Die Sitzung wird um 11 Uhr Vormittags eröffnet.

Pillersdorff verlangt in einer dringenden Angelegenheit das Wort. Er liest aus dem „Constitutionellen Blatte in Böhmen die Aufforderung von 20 czechischen Deputirten, Palatzki und Rieger an der Spitze, sich am 20. Oktober in Brünn einzufinden, um über einen Reichstag sich zu besprechen. Er bringt im Namen vieler Deputirten einen energischen Protest ein, stellt die Ungesetzlichkeit dieses Schrittes dar und macht die Urheber für alle Folgen verantwortlich.

Lebhafte Acclamation. Der Protest wird einstimmig und durch Acclamation angenommen.

Sehr merkwürdig ist dieses Thun der czechischen Deputirten, wenn man ihre Aussage am 6. Oktober: wir wollen bleiben bis auf den letzten Mann, entgegenhält. Und vom 6. Oktober bis zur obigen Aufforderung sind nur sehr wenige Tage!!

Oeffnet das von seinen Deputirten geblendete Prag denn nicht die Augen? Hat die „Slovanska Lipa“ vergessen, daß sie ein Mißtrauensvotum an die czechische Rechte einbringen wollte? Ist das Demokratie, wenn man absolute Manifeste billigt, indem man das Volk, das sich dagegen erhebt und sein Leben opfert, frohlockend seinen Mördern überläßt?

Erinnern sich die czechischen Deputirten nicht, daß sie sagten. „wenn Jellachich Beweise liefern wird, daß er gegen die Freiheit ist, dann werden wir ihn zerschmettern! Das haben sie gesagt; jetzt will Jellachich Wien und mit demselben die Freiheit vernichten, er desavouirt den souveränen Reichstag, der auf die legalste Weise seine Beschlüsse faßt; und die czechischen Deputirten lassen Jellachich walten, und das Wien, das sie mit so über[unleserliches Material] Munde gelobt, in Stich?.

Armes geblendetes Prag und Böhmen, bist du nicht stark genug, um ein Lügengewebe zu zerreißen und auf den Grund zu sehen?

Die Freiheit, die Demokratie hofft auf Böhmen, möge es sich seiner selbst würdig ermannen, und die Hoffnung erfüllen!

Cavalkabo und Gleispach verlesen gestrige Protokolle, welche nach einigen Verbesserungen angenommen werden.

Die Wahl der beiden Vicepräsidenten erfolgt. Das Skrutinium für den ersten Vicepräsidenten ergibt bei 203 Stimmen, 108 für Brestel. Dieser ist also zum ersten Vicepräsidenten ernannt Nebstdem haben erhalten: Pillersdorf 57, Schuselka 22, Lusser 10. Die Wahl für den zweiten Vicepräsidenten ergibt keine Majorität, sie wird daher auf Abend verschoben.

Schuselka erstattet Bericht vom Ausschusse. Böswillige Gerüchte in den Provinzialblättern, es herrsche hier nämlich Mord, Brand, veranlassen den Ausschuß offen entgegen zu treten. Es ist hier sehr leicht gelungen, Ordnung und Sicherheit zu erhalten, weil das treffliche Volk von Wien sein eigener Wächter ist. Man wagt das bewaffnete Proletarial zu verdächtigen, und doch herrscht jetzt faktisch mehr Sicherheit, als in den größten Städten in den ruhigsten Zeiten. Es ist ein edles Volk das Wiener, es verdient die Waffen für die Freiheit zu tragen. Es werden alle öffentlichen Institute unter dessen Schutz gestellt. Als Anerkennung hat der Ausschuß beschlossen, 200,000 Gulden von den bewilligten Millionen unter die Bewaffneten zu vertheilen. Es ist dieß gewiß im Sinne des ersten Beschlusses; denn der arme Gewerbsmann steht unter Waffen und opfert Alles auf. Der Finanzminister ist ganz einverstanden.

Eine Schwierigkeit ergibt sich; die Kampfeslustigen fordern laut, sie zum Angriffe zu führen. Der Ausschuß ist in der schwierigsten Lage, indem er mit Sr. Maj. immer Frieden vermitteln will. Er will nicht nach alter Regierungsweise Angriffe und Blut, und will diese Zurückhaltung von dem Volke mit seinem Leben verantworten. Sollte einmal ein Angriff nothwendig sein, so wird geschehen, was da muß, jetzt ist es nicht rathsam

Aus dem entfernten Salzburg sind 36 Studenten mit zwei Professoren angelangt. Acclamation.

Aus Steiermark sind abermals 500 bewaffnete Studenten Garden und Arbeiter herangekommen. Sie hatten mit Schwierigkeiten zu kämpfen, denn die Bahn ist mit Militair besetzt. Sie geben die Versicherung, daß noch viele ihnen folgen. (Acclamation.) Eine Deputation aus Olmütz erklärt das vollständige Einverständniß mit Wien. Die Deputation theilt zugleich eine, Wien verdächtigende im Auftrag der wendischen Krätze. Prelamation mit Das Kreisamt zeigt an, daß der Kaiser Olmütz (wohin Wendische Grätz marschiert, und wo er am 13. wahrscheinlich schon angelangt war,) sein Hoflager aufschlagen werde.

Wien.

(Abendsitzung des konstituirenden Reichstags vom 13. Oktober. Eröffnung 5 Uhr.)

Die Wahl des zweiten Vicepräsidenten findet Statt, es ergibt sich abermals keine absolute Majorität, die Wahl schwankt zwischen Pillersdorff und Ambrosch. Ein zweites Scrutinium, bei dem 202 stimmen, ergibt 159 für Pillersdorff. Er ist mithin Vicepräsident und verspricht in einer kurzen Rede Alles für die Volksfreiheit zu thun.

Schuselka berichtet vom Ausschusse. Vom Abgeordneten Löhner ist eine telegraphische Depesche angelangt. Er ist gestern 10 Uhr Nachts nach Selowitz gereist, aber man wollte daselbst den Erzherzog Franz Karl nicht wecken, indem man sagte, es sei ihm schon Alles bekannt. Des Morgens kam er vor den Kaiser, der eine schriftliche Antwort, deren Inhalt gleich dem nicht kontrasignirten Manifeste aus Schönbrunn. Fürst Lobkowitz gab zweimal mündliche Auskunft. Auersperg und Jellachich werden nicht angreifen, sondern sich blos vertheidigen. Ueber Jellachich, der blos wegen Ungarn da sei, werde weiteres verfügt werden. Schriftliche Erklärung wurde verweigert.

Eine telegraphische Depesche ist angelangt, daß Windischgrätz heranrücke.

Vom Ban Jellachich ist ein Offizier angelangt. Er hoffe durch seinen frühern Brief beruhigend gewirkt zu haben. Er ist nur für die Freiheit da, und sein Wirken in Ungarn zeige, daß er für die Gleichberechtigung aller Nationen kämpfe. Er werde sich zur Bekämpfung der Anarchie jede gesetzliche Macht zur Verfügung stellen. Er würde es bedauern, wenn bei Wien ein croatisch-ungarischer Kriegsschauplatz entstünde.

Der Ausschuß antwortet hierauf, daß in Wien weder Anarchie noch Ungesetzlichkeit herrsche, und in Abwesenheit des Kaisers der Ausschuß die Ordnung aufrecht erhalte, welche vom Volke kräftig unterstützt wird. Der außerordentliche Zustand ist nur der, daß das Volk unter Waffen ist, weil eben zwei Heere vor seinen Mauern stehen. Um diesen außerordentlichen Zustand zu heben, bedarf es nichts, als daß der Banus sich wegbegebe, denn der ihm verhaßte Zustand ist nur hervorgerufen, weil der Ban gegenwärtig ist. Auch der Reichstag will keinen croatisch-ungarischen Kriegsschauplatz, und darum ersucht er den Ban, mit seinen Truppen wegzuziehen.

Goldmark will, daß man den Ban noch aufmerksam mache, daß sein Gedächtniß kurz sei. Auf der einen Seite spricht er von der Volksfreiheit und von Freundschaft, und im selben Momente tritt er gegen die Volksfreiheit auf, indem er die Garde der Umgegend ohne Grund entwaffnet. Eben so sich eine Art Brandschatzung erlaubt, indem er Einquartirungen befiehlt etc, und in eben diesem Augenblicke abermals ein Angriff auf die St. Marxerlinie geschieht. Er wünscht dies in würdiger Sprach noch hinzugesetzt.

Schuselka ist gegen die Aufnahme des Entwaffnungspunktes, weil es immer Gründe gibt, die sich bei dem Marsche einer Armee vorschützen lassen. ‒ Allerdings ist es wahr, daß eben Angriffe auf mehrere Punkte der Linie geschehen, aber sie sind hervorgerufen durch die Kampfeslust der daselbst aufgestellten Bewaffneten. Der Ausschuß, im Vereine mit der besonnenen Legion, hat alles Mögliche gethan, um davon abzuhalten, aber derlei Vorpostengefechte kommen in allen feindlichen Lagern vor, und das edle Blut ist nur zu bedauern.

Das Antwortschreiben, sowie Goldmarks Zusatz werden angenommen.

Borrosch verliest die von ihm beantragte und ihm zur Verfassung übertragene Adresse an den Kaiser, Betreffs des Völkerkongresses. Sie ist etwas lang und weniger markig, als wir sie erwartet haben. In solcher Zeit handelt es sich darum, kurz aber inhaltsreich zu sein.

Nach einiger Debatte wird die Adresse angenommen.

Es wird hierauf über die Art der Absendung debattirt.

Einige wollen Borrosch, Andere 3, wieder Andere 5 Mitglieder senden, Gschnitzer will alle Nationalitäten vertreten haben. Pienkovski spricht es aus, daß Borrosch in Wien jetzt unentbehrlich sei. Es werden endlich 5 Mitglieder zur Deputation bestimmt. Dem Präsidium ist die Ernennung der Mitglieder überlassen.

Es bestimmt: Fischer, Vierzchlejski, Hagenauer, Herzog, Turko.

Hierauf wird die Wahl des Sekretärs vorgenommen. Die Stimmzettel werden abgegeben und das Präsidium wird die Zählung übernehmen.

Die Sitzung ist aufgehoben, 8 Uhr; Eröffnung morgen 10 Uhr früh.

Wien.

Aufruf der Polen-Legion an ihr Vaterland.

Die sich in Wien befindenden Polen, durchdrungen von der heiligen Pflicht der Freiheit, haben sich entschlossen, bewaffnet in den Reihen des Wiener Volkes, gegen welche die Kamerilla den letzten Stoß ausführte zu kämpfen.

Sie bilden eine polnische Legion, um einverleibt in den Reihen aller Vertheidiger der Freiheit Wiens und unter dem Befehle der Studenten-Legion und des Ober-Kommandos der Nationalgarde zu stehen und zu fallen!

In diesem Falle rufen wir Euch edlen Freiheitskämpfer Polens, Euch Brüder, deren Herzen durchdrungen vom feurigsten Gefühle der Freiheit aller Völker: eilet in den Reihen die freiwilligen polnischen Legion, welche mit gleicher Seelengröße für Ihr Vaterland sowohl, als auch für sämmtliche gedrückten Völker ihr Blut zu vergießen bereit ist.

Auf! nach Wien, Ihr Männer Polens und vereinigt Euch mit den Wiener Freischaaren, und kämpfet in den Reihen unserer Brüder für die Freiheit, mit jenem Muth und Ausdauern, welche unsere große Nation in allen Kämpfen auszeichnete.

Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!

Wien, am 12. Oktober 1848.

Vom Ausschusse der polnischen Legion.

Franz Olay. Anton Kutzelmann.

* So eben erhalten wir folgenden Brief aus Wien:

61 Wien, 13. Oktbr.

Wir befinden uns im vollständigen Kriegszustande und es ist gewiß, daß die Post, welche auch nach dem März und bis heute nicht über eine Sedlnitzkysche Polizeianstalt hinausgekommen ist, alle Briefe unbefördert läßt, die von Leuten kommen oder an Adressen gehen, welche auf ihrer Proscriptionsliste stehen. Ich weiß daher auch nicht, ob Ihnen dieses Schreiben zukommen wird.

Um 4 Uhr gestern Morgen hat Auersperg zum Verwundern der Stadt seine Position am Belvedere mit so plötzlicher Eile aufgegeben, daß Koffer, Bücher, Uniformen, Kisten und Munition zurückgeblieben sind. Die Parks, in welchen die Truppen gelagert waren, sind auf ewig verwüstet. Man fand darin viele auf das Gräßlichste verstümmelte Todte; unter andern eine unkennbare Leiche, der das k. k. Militär Ohren und Nase abgeschnitten, den Mund bis an die Ohren aufgeschlitzt, die Augen ausgestochen, Hände und Füße abgehackt hatte. Diese Leiche wurde durch die Stadt und in den an nichtswürdiger Feigheit und elendem Verrath alles, was die Geschichte der Art aufzuweisen hat, überbietenden Reichstag gebracht. Der saubere Fürst Lubomirski versuchte, sich bei ihrem Anblick mit einer Pistole das Leben zu nehmen, aber er verwundete sich nur. Lubomirski hatte, wie sie wissen, die Sache der Freiheit, die polnische Sache verrathen, um sich an die Zigeunernation anzulehnen; sein gestriger Verzweiflungsversuch mag nun die Folge des hochklopfenden Gewissens, der Reue sein. Er beweißt aber auch, daß Lubomirski noch zu den bessern Schurken des Reichstags gehört, dessen größter, jetzt von Pillersdorf, Gleispach und ähnlichen Verruchtheiten geleiteter Theil, kaum eines Galgenstricks werth ist.

In der gestrigen Abendsitzung votirte dieser Reichstag, von welchem nur mehr das Centrum vorhanden ist, indem auch die Juden der Linken geflohen sind, auf Pillersdorfs Antrag dem Erzschurken und Finanzminister Krauß eine Summe von 8 Mill. Fl. in Zwanzigern. Derselbe hat diese Summe sofort bei der Bank zu erheben und wird die Operationen Jelachichs, Auersperg u. s. w., die vor Wien lagern, damit unterstützen. Krauß suchte den Antrag zu rechtfertigen, der Hallunke zitterte und stotterte dabei aber so ungewöhnlich, daß es Niemand als dem Kretinismus unserer Presse zweifelhaft bleiben konnte, welche Rolle er zwischen Kamarilla und Volk spielt. ‒ Aber man beginnt den höllischen Verrath zu merken, der mit diesem Volke gespielt wird.

Um das non-plus-ultra aller Niederträchtigkeit zu erreichen, hat der Reichstag, wenn derselbe noch diesen Namen verdient, heute den unvermeidlich gewordenen Pillersdorf, welcher die Rolle der Czechen, nur schändlicher fortspielt, als zweiten Präsidenten übernommen. Die Mitglieder der Linken entweichen immer mehr das Volk wird den Betrug immer mehr erkennen.

Wir haben an 130,000 Bewaffnete, allein unsere Thaten bestehen in Unthätigkeit. Die Ungarn sind Jellachich mit 40,000 Mann in den Rücken gefallen und haben eine Deputation an unsern nichtswürdigen Reichstag mit der Erklärung gesendet, daß das Repräsentantenhaus den Generalen der ungarischen Armee befohlen habe, Jellachich zu verfolgen, wohin er immer fliehe. Unser Reichstag krächzte ein feiges Bravo, verordnete aber, daß in seinem Protokolle von dem ungarischen Beistand keine Erwähnung gethan werde. Denken Sie sich den Fall, daß die Ungarn geschlagen würden? General Dwernicki soll mit 8000 Polen zu der ungarischen Armee stoßen.

‒ Die Allgem. Oder-Ztg. berichtet:

Von Prag Privatnachrichten, daß ein Aufstand sehr bedenklicher Art ausgebrochen sei, was Windischgrätz veranlaßte, mit seinem bei Göding, 3 Posten von Wien, in Mähren aufgestellten Truppenkorps von 8000 Mann, eiligst nach Prag zurückzukehren.

‒ Aus Ratibor geht uns so eben folgende Nachricht zu: Ich beeile mich, Ihnen eine Nachricht mitzutheilen, die mir ‒ zwar ohne die nähern Details ‒ aus glaubwürdiger Quelle gestern Abend zugekommen ist. In Ollmütz hat zwischen Militär und Nationalgarden (vorzüglich Studenten) vor der Ankunft des Kaisers, der dahin zu fliehen beabsichtigen soll, auf dem Eisenbahnhofe ein Kampf stattgefunden, der mit einem beiderseitigen Verluste von 20 Todten und der Niederlage der Nationalgarden endigte. Jedoch wage ich noch nicht, diese Nachricht vollständig zu verbürgen, da von dort her mit dem gestrigen Abendzuge keine Reisenden angelangt sind. ‒ Am 12. Abends passirten 5 Deputirte des Wiener Reichstages aus der Bukowina die hiesige Bahn, um, wie man sich erzählte, Proklamationen des Reichstages in ihre Provinzen zu bringen. Im Allgemeinen ist diesen Mittheilungen, die uns hier mündlich zu Theil werden, Glauben zu schenken, da sie sich bisher immer bestätigt haben. ‒ Auffallend erscheint uns die heute bevorstehende Ankunft einer Kompagnie Infanterie, für welche gestern bereits Quartier hierselbst gemacht worden ist. Sollte sie vielleicht zur Deckung der Eisenbahn für größere Truppensendungen bestimmt sein?

!!! Frankfurt, 16. Oktober.

97. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern.

Tagesordnung.

1. Berathung des vom Abgeordneten v. Lindenau, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung, erstatteten Berichts über die vom Abgeordneten Schaffrath und Genossen gegen den Vicepräsidenten v. Soiron, als Vorsitzenden der National-Versammlung in den Sitzungen vom 7. und 8. August d. J, angebrachten Beschwerden.

2. Berathung des vom Abgeordneten v. Langerfeldt, Namens des Ausschusses für Prüfung der wider mehrere Mitglieder der National-Versammlung beantragten gerichtlichen Untersuchung, beziehentlich Verhaftung, erstatteten Berichts.

3. Berathung des vom Abgeordneten v. Breuning erstatteten Berichts, Namens des Ausschusses für Beurtheilung des von dem Abgeordneten Schmidt aus Schlesien und Wiesner gemeinschaftlich in der Sitzung vom 5. Oktober 1848 gestellten Antrages, des dadurch hervorgerufenen Antrages des Abgeordneten Hrn. v. Gagern und des Verhaltens des Vorsitzenden, Vice-Präsidenten Simson.

4. Berathung über den vom Abgeordneten Dröge, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses, erstatteten Bericht über die von den Vorstehern der Kaufmannschaft in Stettin, Stolp etc. eingegangenen Petitionen.

5. Berathung über den vom Abgeordneten v. Buttel, Namens des Prioritäts- und Petitionsausschusses, erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Bresgen, die Stellung der Abgeordneten betreffend.

6. Berathung über den vom Abgeordneten Adams, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses, erstatteten Bericht über eingekommene Adressen, die Beschlüsse der Reichsversammlung betreffend.

7. Berathung über den Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung, die Abstimmung der Mitglieder betreffend.

8. Berathung über den vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses, erstatteten Bericht, wegen der Staatsschuld des ehemaligen Königreichs Westphalen.

Vor der Tagesordnung.

Compes tritt aus der Versammlung. (Erstaunen).

Schmerling zeigt an, daß das Reichsministerium den Belagerungszustand von Frankfurt an dem Tage aufhebt, an welchem das Gesetz zum Schutze der Reichsversammlung emanirt wird. Uebrigens bleiben die Maßregeln, welche das Ministerium zum Schutze der Stadt etc. für nöthig erachtet, beim Alten. (Tiefe Stille.)

Folgen Beiträge zur deutschen Flotte.

Neue Interpellationen. 1. Förster von Hünfeld: a. welche Anordnungen sind betreffs der österreichischen Truppen und der deutschen Reichstruppen in den Beziehungen zu den Wiener Verhältnissen getroffen? b. Was wird das Ministerium in Betreff Ungarns und der Wallachei thun? (Der Interpellant liest sehr undeutlich, so viel ich klar verstehen kann, interpellirt derselbe zu Gunsten Wiens und Ungarns. Man schreit: Laut, laut!)

2. Detmold von Hannover interpellirt wegen des Meuchelmords am Kriegsminister Latour etc. etc. (Gelächter und Zischen).

3. Schmidt aus Löwenberg: ob es wahr sei, daß das Reichsministerium die bekannten „Flugblätter“ mit Begleitschreiben vertheilt und unempfolen habe?

4. v. Reden interpellirt wegen neuer Zollvereinbarung der deutschen Staaten.

Schmerling beantwortet verschiedene Interpellationen:

1. Bezüglich des Verhaltens der deutschen Centralgewalt zur Schweiz. (Von Vogt, Wichmann und Venedey). Wenn alle Verhandlungen mit der Schweiz geschlossen und die hierher bezüglichen Papiere geordnet sein werden, wird das Ministerium antworten. Schon jetzt aber müsse er (Schmerling) aussprechen, daß er auf die Vogtsche Interpellation, weil sie nicht im parlamentarischen Tone gehalten, nicht antworten werde.

2. In Betreff der Moldau und Wallachei. (Interpellirt von Schulz und Förster.) Die Wichtigkeit der Donaufürstenthümer in ihren Beziehungen zu Deutschland habe das Ministerium hinlänglich erkannt, und wird seiner Zeit das Nöthige geschehen.

3. Wegen Ungarn. (Försters Interpellation.) Das Reichsministerium habe die lebendigsten Sympathien für Ungarn. Diplomatischer Verkehr sei jetzt nicht möglich.

4. In Betreff Oesterreichs zu Ungarn und der Wiener Verhältnisse. (Interpellation von Schoder, Marek, Eisenmann, Förster) Als die Wiener Ereignisse dem Ministerium zuerst bekannt wurden, beschloß dasselbe, zur Verhütung des traurigen Bürgerkrieges, dessen Folgen sich noch nicht bestimmen lassen, jede Rücksicht zu nehmen. Die erste Aufgabe sei, den Bürgerkrieg sobald als möglich zu Ende zu bringen. Zwei Reichskommissäre, deren einer der Abgeordnete Welcker, sind mit ausgedehnten Vollmachten nach Wien geschickt. Diese sollen sich mit den verantwortlichen Räthen der österreichischen Krone und nach Verhältniß mit dem Reichstage, so wie mit den Civil- und Militairbehörden in Verbindung setzen. Reichstruppen seien nicht nach Wien beordert. Die Kommissäre sollen erst berichten, ob dies nöthig.

5. Auf eine Interpellation von Simon aus Trier, betreffend die Wahl des Dr. Würth zum Abgeordneten: Das Reichsministerium nimmt erst dann Rücksicht auf Wahlangelegenheiten, wenn die Versammlung durch das Präsidium Anträge stellt.

6. Eine Interpellation Wesendonks, „ob es wahr, daß das Reichsministerium der baierischen Regierung die Zusicherung ertheilt habe, daß das konstitutionell-monarchische Prinzip in den Einzelstaaten immer solle gewahrt werden?“ beantwortet Schmerling unter Beifall der Centren dahin, daß eine ähnliche Erklärung an das baierische Ministerium in ganz anderm Sinne und völlig gerechtfertigt abgegeben worden sei.

7. Auf eine Interpellation von Schmidt aus Löwenberg (s. oben; bezüglich der Flugblätter) würde das Reichsministerium gleichfalls gar nicht antworten. Er (Schmerling) für seine Person glaubt, daß eine solche Interpellation höchstens an oder von einem Polizei-Direktor unter dem gestürzten Metternich hätte stattfinden können. (Bravo rechts und Centren).

8. Jahn's Interpellation, betreffend die ungeheuren Demokraten-Verschwörungen. (Gelächter.) Der Minister verliest einen Aufruf des demokratischen Centralausschusses in Berlin an das deutsche Volk, welcher unter größter Mißbilligung der jetzigen National-Versammlung und ihrer Wirksamkeit, auf den 26. d. M. eine Versammlung aller Demokraten Deutschlands nach Berlin zusammenberuft, um eine neue National-Versammlung nach neuen direkten Wahlen zu beschließen. Das Reichsministerium hat die preußische Regierung aufmerksam gemacht, jedem ungesetzliche Schritte in dieser Beziehung vorzubeugen und geschehenden Falls zu strafen. Hiermit sei wohl Jahn's Interpellation genügend beantwortet. (Bravo und Zischen).

Vogt protestirt feierlichst und mit tiefster Entrüstung gegen jeden Eingriff des Ministers Schmerling in die Rechte des Präsidiums und der National-Versammlung. Nur diesen stünde die Unzulässigkeit einer Interpellation zu beurtheilen zu. (Bravo!) Sie den Minister (sagt Vogt) fordere ich auf, künftighin solche Streiche zu unterlassen. (Tumultuöses Bravo.) Vogt spricht nun durch mehrere dringliche Anträge die Unzufriedenheit der Beantwortung des Ministers über die Verhältnisse zur Schweiz aus.

Die Anträge werden nicht als dringlich erkannt.

Ebenso stellen, in Folge der unbefriedigenden Antworten des Ministers auf die Interpellationen, Venedey, Wesendonk, Schmidt aus Löwenberg, Schaffrath und Marek dringliche Anträge.

Die Mehrheit der Versammlung erkennt keinen davon als dringlich an.

Schneer beantragt Tagesordnung, da es bereits 11 Uhr sei. ‒ (Tagesordnung!)

Wiegard dagegen. ‒

Minister Mohl: beantragt eine Interpellation von Detmold wegen der Ermordung des Ministers Latour. Offiziell sei noch keine Anzeige deshalb gekommen, aber es sei bei dem Wiener Justizministerium deshalb angefragt. [Fortsetzung]

<TEI>
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          <p>Bald nach meiner Ankunft kam eine Deputation, Baron Pillersdorf an der Spitze. Während diese Deputation auf die Ankunft der andern Deputation, die sich zum Baron Wessenberg begeben hatte, weil sie ihn in seiner Wohnung glaubte, wartend, sich in ein Nebenzimmer verfügte, gab mir Latour zwei Briefe von Jellachich, der eine war Privatbrief und gab Nachricht von dem Gefecht bei Valenca. Jellachich schrieb, daß die Ungarn sich nach Marton Basar zurückgezogen, daß er eine Linksschwenkung gemacht habe, bis nach Raab gezogen sei und dasselbe besetzt habe, mit dem Gros zwischen Wieselburg und Altenburg gezogen sei, um der Residenz näher zu sein, um leichter Hilfe zu bekommen.</p>
          <p>Der andere Brief war Dienstbrief.</p>
          <p>Er begehrte darin vorzüglich Kavallerie soviel als möglich und wenn es sein kann auch Linieninfanterie, weil er einige Tausend Mann von denen, die in der Hausmontour sind, nach Croatien sende, er spreche also auch die Garde an, diese über Wien auf der Gloknitzer Eisenbahn weiter zu befördern.</p>
          <p>Ich blieb in Wien den 6., 7. und 8. d. M. bis um 5 Uhr Nachmittag. Um 1 1/2 Uhr erhielt ich durch die Hand des Grafen Menzdorf meine Enthebung bis der Graf Vay zurückgekehrt, und mündlich den Auftrag im Hoflager nach Krems am 9. einzutreffen, um die Befehle Sr. Majestät zu contrasigniren. Ich traf daselbst am 9., 2 Stunden über Krems um 3 Uhr ein. Seine Majestät reiste nämlich mit Bedeckung von 6000 Mann in der Mitte der Truppen. Ich speiste um 3/4 4 Uhr an der kaiserlichen Tafel, wo auch Minister Hornbostel war. Seine Majestät war erfreut, daß ich eingetroffen und die Einladung zur Tafel geschah durch den Fürsten Lobkowitz. Nach Tische äußerte der Erzherzog Franz Carl zu mir, er wünsche, daß Minister Bach im Amte bleibe, er sei ein braver Mensch. Ich zweifle, daß er es annehmen werde, weil er keine Popularität besitze. Um 7 Uhr hatte ich Audienz beim Erzherzog Franz Carl, gerade nach der Audienz des Hrn. Minister Hornbostel daselbst. Er dankte mir fürs Eintreffen, wünschte daß ich bleibe; auf meine Erklärung, den Beamten präveniren zu müssen, entließ er mich mit dem Auftrage, sicher in Olmütz einzutreffen. Ich verließ am 10. dieses um 3/4 auf 6 Uhr Morgens das Hoflager, und langte um 4 Uhr Nachmittags in Wien an. Ohne allen Auftrag verfügte ich mich um 4 1/2 Uhr ins Lager zu Auersperg. Ich traf sie bei Tische, setzte mich nicht einmal, und blieb kaum 10 Minuten. Auersperg sagte mir: Du kannst den Jellachich grüßen. Der Fürst Jablonski, der im Bahnhof der Glognitzer Bahn commandirt, wird dir sagen, wo er ist. Ich fuhr in einem Fiaker ab. Jablonski sagte mir, Jellachich wäre in der Nähe (ich, Unterzeichneter weiß den Ort nicht) beim Herrn von Ritter. Ich begrüßte ihn daselbst in Gegenwart des Herrn von Ritter, seiner Frau und einer alten Frau. Die Frauen baten mich, nach Wien nicht zurück zu kehren. Auf Einladung genoß ich einige Bissen und ein Glas Wein. Ich sprach mit Jellachich kein Wort von Politik, kein Wort von Krieg. Jellachich nahm auch ein Glas Wein und sagte: Auf die Gesundheit meines Freundes v. Recken, und wir tranken. Nach einem Aufenthalt von höchstens 1/4 Stunde begleitete mich General Major Zeisberg wieder zum Fiaker. Er wollte mir Einen zur Sicherung mitgeben. Ich lehnte es ab, und langte schon um 6 Uhr wieder in der Stadt an, höchstens um 6 1/4 Uhr. Das Uebrige ist bekannt. Ich versichere noch einmal bei meiner Ehre und Seligkeit, daß ich weder im mündlichen noch schriftlichen Auftrage gehandelt habe, als ich mich zu Auersperg und Jellachich verfügte; was auch die kurze Zeit bestätigt, und selbst im Hoflager wußten sie nichts von dem Aufenthaltsorte Jellachichs, wenigstens bis 10 Uhr Abends, denn so lange war ich beim Fürsten Lobkowitz.</p>
          <p>Wien, den 11. October 1848.</p>
          <p>Rees<gap reason="illegible"/>y.</p>
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          <head>Wien.</head>
          <p>(Sitzung des constituirenden Reichstags vom 13. October.)</p>
          <p>Die Sitzung wird um 11 Uhr Vormittags eröffnet.</p>
          <p>Pillersdorff verlangt in einer dringenden Angelegenheit das Wort. Er liest aus dem &#x201E;Constitutionellen Blatte in Böhmen die Aufforderung von 20 czechischen Deputirten, Palatzki und Rieger an der Spitze, sich am 20. Oktober in Brünn einzufinden, um über einen Reichstag sich zu besprechen. Er bringt im Namen vieler Deputirten einen energischen Protest ein, stellt die Ungesetzlichkeit dieses Schrittes dar und macht die Urheber für alle Folgen verantwortlich.</p>
          <p>Lebhafte Acclamation. Der Protest wird einstimmig und durch Acclamation angenommen.</p>
          <p>Sehr merkwürdig ist dieses Thun der czechischen Deputirten, wenn man ihre Aussage am 6. Oktober: wir wollen bleiben bis auf den letzten Mann, entgegenhält. Und vom 6. Oktober bis zur obigen Aufforderung sind nur sehr wenige Tage!!</p>
          <p>Oeffnet das von seinen Deputirten geblendete Prag denn nicht die Augen? Hat die &#x201E;Slovanska Lipa&#x201C; vergessen, daß sie ein Mißtrauensvotum an die czechische Rechte einbringen wollte? Ist das Demokratie, wenn man absolute Manifeste billigt, indem man das Volk, das sich dagegen erhebt und sein Leben opfert, frohlockend seinen Mördern überläßt?</p>
          <p>Erinnern sich die czechischen Deputirten nicht, daß sie sagten. &#x201E;wenn Jellachich Beweise liefern wird, daß er gegen die Freiheit ist, dann werden wir ihn zerschmettern! Das haben sie gesagt; jetzt will Jellachich Wien und mit demselben die Freiheit vernichten, er desavouirt den souveränen Reichstag, der auf die legalste Weise seine Beschlüsse faßt; und die czechischen Deputirten lassen Jellachich walten, und das Wien, das sie mit so über<gap reason="illegible"/> Munde gelobt, in Stich?.</p>
          <p>Armes geblendetes Prag und Böhmen, bist du nicht stark genug, um ein Lügengewebe zu zerreißen und auf den Grund zu sehen?</p>
          <p>Die Freiheit, die Demokratie hofft auf Böhmen, möge es sich seiner selbst würdig ermannen, und die Hoffnung erfüllen!</p>
          <p>Cavalkabo und Gleispach verlesen gestrige Protokolle, welche nach einigen Verbesserungen angenommen werden.</p>
          <p>Die Wahl der beiden Vicepräsidenten erfolgt. Das Skrutinium für den ersten Vicepräsidenten ergibt bei 203 Stimmen, 108 für Brestel. Dieser ist also zum ersten Vicepräsidenten ernannt Nebstdem haben erhalten: Pillersdorf 57, Schuselka 22, Lusser 10. Die Wahl für den zweiten Vicepräsidenten ergibt keine Majorität, sie wird daher auf Abend verschoben.</p>
          <p>Schuselka erstattet Bericht vom Ausschusse. Böswillige Gerüchte in den Provinzialblättern, es herrsche hier nämlich Mord, Brand, veranlassen den Ausschuß offen entgegen zu treten. Es ist hier sehr leicht gelungen, Ordnung und Sicherheit zu erhalten, weil das treffliche Volk von Wien sein eigener Wächter ist. Man wagt das bewaffnete Proletarial zu verdächtigen, und doch herrscht jetzt faktisch mehr Sicherheit, als in den größten Städten in den ruhigsten Zeiten. Es ist ein edles Volk das Wiener, es verdient die Waffen für die Freiheit zu tragen. Es werden alle öffentlichen Institute unter dessen Schutz gestellt. Als Anerkennung hat der Ausschuß beschlossen, 200,000 Gulden von den bewilligten Millionen unter die Bewaffneten zu vertheilen. Es ist dieß gewiß im Sinne des ersten Beschlusses; denn der arme Gewerbsmann steht unter Waffen und opfert Alles auf. Der Finanzminister ist ganz einverstanden.</p>
          <p>Eine Schwierigkeit ergibt sich; die Kampfeslustigen fordern laut, sie zum Angriffe zu führen. Der Ausschuß ist in der schwierigsten Lage, indem er mit Sr. Maj. immer Frieden vermitteln will. Er will nicht nach alter Regierungsweise Angriffe und Blut, und will diese Zurückhaltung von dem Volke mit seinem Leben verantworten. Sollte einmal ein Angriff nothwendig sein, so wird geschehen, was da muß, jetzt ist es nicht rathsam</p>
          <p>Aus dem entfernten Salzburg sind 36 Studenten mit zwei Professoren angelangt. Acclamation.</p>
          <p>Aus Steiermark sind abermals 500 bewaffnete Studenten Garden und Arbeiter herangekommen. Sie hatten mit Schwierigkeiten zu kämpfen, denn die Bahn ist mit Militair besetzt. Sie geben die Versicherung, daß noch viele ihnen folgen. (Acclamation.) Eine Deputation aus Olmütz erklärt das vollständige Einverständniß mit Wien. Die Deputation theilt zugleich eine, Wien verdächtigende im Auftrag der <hi rendition="#g">wendischen Krätze.</hi> Prelamation mit Das Kreisamt zeigt an, daß der Kaiser <hi rendition="#g">Olmütz</hi> (wohin Wendische Grätz marschiert, und wo er am 13. wahrscheinlich schon angelangt war,) sein Hoflager aufschlagen werde.</p>
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          <p>Schuselka berichtet vom Ausschusse. Vom Abgeordneten Löhner ist eine telegraphische Depesche angelangt. Er ist gestern 10 Uhr Nachts nach Selowitz gereist, aber man wollte daselbst den Erzherzog Franz Karl nicht wecken, indem man sagte, es sei ihm schon Alles bekannt. Des Morgens kam er vor den Kaiser, der eine schriftliche Antwort, deren Inhalt gleich dem nicht kontrasignirten Manifeste aus Schönbrunn. Fürst Lobkowitz gab zweimal mündliche Auskunft. Auersperg und Jellachich werden nicht angreifen, sondern sich blos vertheidigen. Ueber Jellachich, der blos wegen Ungarn da sei, werde weiteres verfügt werden. Schriftliche Erklärung wurde verweigert.</p>
          <p>Eine telegraphische Depesche ist angelangt, daß Windischgrätz heranrücke.</p>
          <p>Vom Ban Jellachich ist ein Offizier angelangt. Er hoffe durch seinen frühern Brief beruhigend gewirkt zu haben. Er ist nur für die Freiheit da, und sein Wirken in Ungarn zeige, daß er für die Gleichberechtigung aller Nationen kämpfe. Er werde sich zur Bekämpfung der Anarchie jede gesetzliche Macht zur Verfügung stellen. Er würde es bedauern, wenn bei Wien ein croatisch-ungarischer Kriegsschauplatz entstünde.</p>
          <p>Der Ausschuß antwortet hierauf, daß in Wien weder Anarchie noch Ungesetzlichkeit herrsche, und in Abwesenheit des Kaisers der Ausschuß die Ordnung aufrecht erhalte, welche vom Volke kräftig unterstützt wird. Der außerordentliche Zustand ist nur der, daß das Volk unter Waffen ist, weil eben zwei Heere vor seinen Mauern stehen. Um diesen außerordentlichen Zustand zu heben, bedarf es nichts, als daß der Banus sich wegbegebe, denn der ihm verhaßte Zustand ist nur hervorgerufen, weil der Ban gegenwärtig ist. Auch der Reichstag will keinen croatisch-ungarischen Kriegsschauplatz, und darum ersucht er den Ban, mit seinen Truppen wegzuziehen.</p>
          <p>Goldmark will, daß man den Ban noch aufmerksam mache, daß sein Gedächtniß kurz sei. Auf der einen Seite spricht er von der Volksfreiheit und von Freundschaft, und im selben Momente tritt er gegen die Volksfreiheit auf, indem er die Garde der Umgegend ohne Grund entwaffnet. Eben so sich eine Art Brandschatzung erlaubt, indem er Einquartirungen befiehlt etc, und in eben diesem Augenblicke abermals ein Angriff auf die St. Marxerlinie geschieht. Er wünscht dies in würdiger Sprach noch hinzugesetzt.</p>
          <p>Schuselka ist gegen die Aufnahme des Entwaffnungspunktes, weil es immer Gründe gibt, die sich bei dem Marsche einer Armee vorschützen lassen. &#x2012; Allerdings ist es wahr, daß eben Angriffe auf mehrere Punkte der Linie geschehen, aber sie sind hervorgerufen durch die Kampfeslust der daselbst aufgestellten Bewaffneten. Der Ausschuß, im Vereine mit der besonnenen Legion, hat alles Mögliche gethan, um davon abzuhalten, aber derlei Vorpostengefechte kommen in allen feindlichen Lagern vor, und das edle Blut ist nur zu bedauern.</p>
          <p>Das Antwortschreiben, sowie Goldmarks Zusatz werden angenommen.</p>
          <p>Borrosch verliest die von ihm beantragte und ihm zur Verfassung übertragene Adresse an den Kaiser, Betreffs des Völkerkongresses. Sie ist etwas lang und weniger markig, als wir sie erwartet haben. In solcher Zeit handelt es sich darum, kurz aber inhaltsreich zu sein.</p>
          <p>Nach einiger Debatte wird die Adresse angenommen.</p>
          <p>Es wird hierauf über die Art der Absendung debattirt.</p>
          <p>Einige wollen Borrosch, Andere 3, wieder Andere 5 Mitglieder senden, Gschnitzer will alle Nationalitäten vertreten haben. Pienkovski spricht es aus, daß Borrosch in Wien jetzt unentbehrlich sei. Es werden endlich 5 Mitglieder zur Deputation bestimmt. Dem Präsidium ist die Ernennung der Mitglieder überlassen.</p>
          <p>Es bestimmt: Fischer, Vierzchlejski, Hagenauer, Herzog, Turko.</p>
          <p>Hierauf wird die Wahl des Sekretärs vorgenommen. Die Stimmzettel werden abgegeben und das Präsidium wird die Zählung übernehmen.</p>
          <p>Die Sitzung ist aufgehoben, 8 Uhr; Eröffnung morgen 10 Uhr früh.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar120_011" type="jArticle">
          <head>Wien.</head>
          <p>Aufruf der Polen-Legion an ihr Vaterland.</p>
          <p>Die sich in Wien befindenden Polen, durchdrungen von der heiligen Pflicht der Freiheit, haben sich entschlossen, bewaffnet in den Reihen des Wiener Volkes, gegen welche die Kamerilla den letzten Stoß ausführte zu kämpfen.</p>
          <p>Sie bilden eine polnische Legion, um einverleibt in den Reihen aller Vertheidiger der Freiheit Wiens und unter dem Befehle der Studenten-Legion und des Ober-Kommandos der Nationalgarde zu stehen und zu fallen!</p>
          <p>In diesem Falle rufen wir Euch edlen Freiheitskämpfer Polens, Euch Brüder, deren Herzen durchdrungen vom feurigsten Gefühle der Freiheit aller Völker: eilet in den Reihen die freiwilligen polnischen Legion, welche mit gleicher Seelengröße für Ihr Vaterland sowohl, als auch für sämmtliche gedrückten Völker ihr Blut zu vergießen bereit ist.</p>
          <p>Auf! nach Wien, Ihr Männer Polens und vereinigt Euch mit den Wiener Freischaaren, und kämpfet in den Reihen unserer Brüder für die Freiheit, mit jenem Muth und Ausdauern, welche unsere große Nation in allen Kämpfen auszeichnete.</p>
          <p>Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit!</p>
          <p>Wien, am 12. Oktober 1848.</p>
          <p>Vom Ausschusse der polnischen Legion.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Franz Olay. Anton Kutzelmann.</hi> </p>
        </div>
        <div xml:id="ar120_012" type="jArticle">
          <p><bibl><author>*</author></bibl> So eben erhalten wir folgenden Brief aus Wien:</p>
          <div type="letter">
            <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 13. Oktbr.</head>
            <p>Wir befinden uns im vollständigen Kriegszustande und es ist gewiß, daß die Post, welche auch nach dem März und bis heute nicht über eine Sedlnitzkysche Polizeianstalt hinausgekommen ist, alle Briefe unbefördert läßt, die von Leuten kommen oder an Adressen gehen, welche auf ihrer Proscriptionsliste stehen. Ich weiß daher auch nicht, ob Ihnen dieses Schreiben zukommen wird.</p>
            <p>Um 4 Uhr gestern Morgen hat Auersperg zum Verwundern der Stadt seine Position am Belvedere mit so plötzlicher Eile aufgegeben, daß Koffer, Bücher, Uniformen, Kisten und Munition zurückgeblieben sind. Die Parks, in welchen die Truppen gelagert waren, sind auf ewig verwüstet. Man fand darin viele auf das Gräßlichste verstümmelte Todte; unter andern eine unkennbare Leiche, der das k. k. Militär Ohren und Nase abgeschnitten, den Mund bis an die Ohren aufgeschlitzt, die Augen ausgestochen, Hände und Füße abgehackt hatte. Diese Leiche wurde durch die Stadt und in den an nichtswürdiger Feigheit und elendem Verrath alles, was die Geschichte der Art aufzuweisen hat, überbietenden Reichstag gebracht. Der saubere Fürst Lubomirski versuchte, sich bei ihrem Anblick mit einer Pistole das Leben zu nehmen, aber er verwundete sich nur. Lubomirski hatte, wie sie wissen, die Sache der Freiheit, die <hi rendition="#g">polnische</hi> Sache verrathen, um sich an die Zigeunernation anzulehnen; sein gestriger Verzweiflungsversuch mag nun die Folge des hochklopfenden Gewissens, der Reue sein. Er beweißt aber auch, daß Lubomirski noch zu den bessern Schurken des Reichstags gehört, dessen größter, jetzt von Pillersdorf, Gleispach und ähnlichen Verruchtheiten geleiteter Theil, kaum eines Galgenstricks werth ist.</p>
            <p>In der gestrigen Abendsitzung votirte dieser Reichstag, von welchem nur mehr das Centrum vorhanden ist, indem auch die Juden der Linken geflohen sind, auf Pillersdorfs Antrag dem Erzschurken und Finanzminister Krauß eine Summe von 8 Mill. Fl. in Zwanzigern. Derselbe hat diese Summe sofort bei der Bank zu erheben und wird die Operationen Jelachichs, Auersperg u. s. w., die vor Wien lagern, damit unterstützen. Krauß suchte den Antrag zu rechtfertigen, der Hallunke zitterte und stotterte dabei aber so ungewöhnlich, daß es Niemand als dem Kretinismus unserer Presse zweifelhaft bleiben konnte, welche Rolle er zwischen Kamarilla und Volk spielt. &#x2012; Aber man beginnt den höllischen Verrath zu merken, der mit diesem Volke gespielt wird.</p>
            <p>Um das non-plus-ultra aller Niederträchtigkeit zu erreichen, hat der Reichstag, wenn derselbe noch diesen Namen verdient, heute den unvermeidlich gewordenen Pillersdorf, welcher die Rolle der Czechen, nur schändlicher fortspielt, als zweiten Präsidenten übernommen. Die Mitglieder der Linken entweichen immer mehr das Volk wird den Betrug immer mehr erkennen.</p>
            <p>Wir haben an 130,000 Bewaffnete, allein unsere Thaten bestehen in Unthätigkeit. Die Ungarn sind Jellachich mit 40,000 Mann in den Rücken gefallen und haben eine Deputation an unsern nichtswürdigen Reichstag mit der Erklärung gesendet, daß das Repräsentantenhaus den Generalen der ungarischen Armee befohlen habe, Jellachich zu verfolgen, wohin er immer fliehe. Unser Reichstag krächzte ein feiges Bravo, verordnete aber, daß in seinem Protokolle von dem ungarischen Beistand keine Erwähnung gethan werde. Denken Sie sich den Fall, daß die Ungarn geschlagen würden? General Dwernicki soll mit 8000 Polen zu der ungarischen Armee stoßen.</p>
            <p>&#x2012; Die Allgem. Oder-Ztg. berichtet:</p>
            <p>Von Prag Privatnachrichten, daß ein <hi rendition="#g">Aufstand</hi> sehr bedenklicher Art ausgebrochen sei, was Windischgrätz veranlaßte, mit seinem bei Göding, 3 Posten von Wien, in Mähren aufgestellten Truppenkorps von 8000 Mann, eiligst nach Prag zurückzukehren.</p>
            <p>&#x2012; Aus Ratibor geht uns so eben folgende Nachricht zu: Ich beeile mich, Ihnen eine Nachricht mitzutheilen, die mir &#x2012; zwar ohne die nähern Details &#x2012; aus glaubwürdiger Quelle gestern Abend zugekommen ist. In Ollmütz hat zwischen Militär und Nationalgarden (vorzüglich Studenten) vor der Ankunft des Kaisers, der dahin zu fliehen beabsichtigen soll, auf dem Eisenbahnhofe ein Kampf stattgefunden, der mit einem beiderseitigen Verluste von 20 Todten und der Niederlage der Nationalgarden endigte. Jedoch wage ich noch nicht, diese Nachricht vollständig zu verbürgen, da von dort her mit dem gestrigen Abendzuge keine Reisenden angelangt sind. &#x2012; Am 12. Abends passirten 5 Deputirte des Wiener Reichstages aus der Bukowina die hiesige Bahn, um, wie man sich erzählte, Proklamationen des Reichstages in ihre Provinzen zu bringen. Im Allgemeinen ist diesen Mittheilungen, die uns hier mündlich zu Theil werden, Glauben zu schenken, da sie sich bisher immer bestätigt haben. &#x2012; Auffallend erscheint uns die heute bevorstehende Ankunft einer Kompagnie Infanterie, für welche gestern bereits Quartier hierselbst gemacht worden ist. Sollte sie vielleicht zur Deckung der Eisenbahn für größere Truppensendungen bestimmt  sein?</p>
          </div>
        </div>
        <div xml:id="ar120_013" type="jArticle">
          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 16. Oktober.</head>
          <p>97. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern.</p>
          <p>Tagesordnung.</p>
          <p>1. Berathung des vom Abgeordneten v. Lindenau, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung, erstatteten Berichts über die vom Abgeordneten Schaffrath und Genossen gegen den Vicepräsidenten v. Soiron, als Vorsitzenden der National-Versammlung in den Sitzungen vom 7. und 8. August d. J, angebrachten Beschwerden.</p>
          <p>2. Berathung des vom Abgeordneten v. Langerfeldt, Namens des Ausschusses für Prüfung der wider mehrere Mitglieder der National-Versammlung beantragten gerichtlichen Untersuchung, beziehentlich Verhaftung, erstatteten Berichts.</p>
          <p>3. Berathung des vom Abgeordneten v. Breuning erstatteten Berichts, Namens des Ausschusses für Beurtheilung des von dem Abgeordneten Schmidt aus Schlesien und Wiesner gemeinschaftlich in der Sitzung vom 5. Oktober 1848 gestellten Antrages, des dadurch hervorgerufenen Antrages des Abgeordneten Hrn. v. Gagern und des Verhaltens des Vorsitzenden, Vice-Präsidenten Simson.</p>
          <p>4. Berathung über den vom Abgeordneten Dröge, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses, erstatteten Bericht über die von den Vorstehern der Kaufmannschaft in Stettin, Stolp etc. eingegangenen Petitionen.</p>
          <p>5. Berathung über den vom Abgeordneten v. Buttel, Namens des Prioritäts- und Petitionsausschusses, erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Bresgen, die Stellung der Abgeordneten betreffend.</p>
          <p>6. Berathung über den vom Abgeordneten Adams, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses, erstatteten Bericht über eingekommene Adressen, die Beschlüsse der Reichsversammlung betreffend.</p>
          <p>7. Berathung über den Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung, die Abstimmung der Mitglieder betreffend.</p>
          <p>8. Berathung über den vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses, erstatteten Bericht, wegen der Staatsschuld des ehemaligen Königreichs Westphalen.</p>
          <p>Vor der Tagesordnung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Compes</hi> tritt aus der Versammlung. (Erstaunen).</p>
          <p><hi rendition="#g">Schmerling</hi> zeigt an, daß das Reichsministerium den Belagerungszustand von Frankfurt an dem Tage aufhebt, an welchem das Gesetz zum Schutze der Reichsversammlung emanirt wird. Uebrigens bleiben die Maßregeln, welche das Ministerium zum Schutze der Stadt etc. für nöthig erachtet, beim Alten. (Tiefe Stille.)</p>
          <p>Folgen Beiträge zur deutschen Flotte.</p>
          <p>Neue Interpellationen. 1. <hi rendition="#g">Förster</hi> von Hünfeld: a. welche Anordnungen sind betreffs der österreichischen Truppen und der deutschen Reichstruppen in den Beziehungen zu den Wiener Verhältnissen getroffen? b. Was wird das Ministerium in Betreff Ungarns und der Wallachei thun? (Der Interpellant liest sehr undeutlich, so viel ich klar verstehen kann, interpellirt derselbe zu Gunsten Wiens und Ungarns. Man schreit: Laut, laut!)</p>
          <p>2. <hi rendition="#g">Detmold</hi> von Hannover interpellirt wegen des Meuchelmords am Kriegsminister Latour etc. etc. (Gelächter und Zischen).</p>
          <p>3. <hi rendition="#g">Schmidt</hi> aus Löwenberg: ob es wahr sei, daß das Reichsministerium die bekannten &#x201E;Flugblätter&#x201C; mit Begleitschreiben vertheilt und unempfolen habe?</p>
          <p>4. <hi rendition="#g">v. Reden</hi> interpellirt wegen neuer Zollvereinbarung der deutschen Staaten.</p>
          <p><hi rendition="#g">Schmerling</hi> beantwortet verschiedene Interpellationen:</p>
          <p>1. Bezüglich des Verhaltens der deutschen Centralgewalt zur Schweiz. (Von Vogt, Wichmann und Venedey). Wenn alle Verhandlungen mit der Schweiz geschlossen und die hierher bezüglichen Papiere geordnet sein werden, wird das Ministerium antworten. Schon jetzt aber müsse er (Schmerling) aussprechen, daß er auf die Vogtsche Interpellation, weil sie nicht im parlamentarischen Tone gehalten, nicht antworten werde.</p>
          <p>2. In Betreff der Moldau und Wallachei. (Interpellirt von Schulz und Förster.) Die Wichtigkeit der Donaufürstenthümer in ihren Beziehungen zu Deutschland habe das Ministerium hinlänglich erkannt, und wird seiner Zeit das Nöthige geschehen.</p>
          <p>3. Wegen Ungarn. (Försters Interpellation.) Das Reichsministerium habe die lebendigsten Sympathien für Ungarn. Diplomatischer Verkehr sei jetzt nicht möglich.</p>
          <p>4. In Betreff Oesterreichs zu Ungarn und der Wiener Verhältnisse. (Interpellation von Schoder, Marek, Eisenmann, Förster) Als die Wiener Ereignisse dem Ministerium zuerst bekannt wurden, beschloß dasselbe, zur Verhütung des traurigen Bürgerkrieges, dessen Folgen sich noch nicht bestimmen lassen, jede Rücksicht zu nehmen. Die erste Aufgabe sei, den Bürgerkrieg sobald als möglich zu Ende zu bringen. Zwei Reichskommissäre, deren einer der Abgeordnete Welcker, sind mit ausgedehnten Vollmachten nach Wien geschickt. Diese sollen sich mit den verantwortlichen Räthen der österreichischen Krone und nach Verhältniß mit dem Reichstage, so wie mit den Civil- und Militairbehörden in Verbindung setzen. Reichstruppen seien nicht nach Wien beordert. Die Kommissäre sollen erst berichten, ob dies nöthig.</p>
          <p>5. Auf eine Interpellation von Simon aus Trier, betreffend die Wahl des Dr. Würth zum Abgeordneten: Das Reichsministerium nimmt erst dann Rücksicht auf Wahlangelegenheiten, wenn die Versammlung durch das Präsidium Anträge stellt.</p>
          <p>6. Eine Interpellation Wesendonks, &#x201E;ob es wahr, daß das Reichsministerium der baierischen Regierung die Zusicherung ertheilt habe, daß das konstitutionell-monarchische Prinzip in den Einzelstaaten immer solle gewahrt werden?&#x201C; beantwortet Schmerling unter Beifall der Centren dahin, daß eine ähnliche Erklärung an das baierische Ministerium in ganz anderm Sinne und völlig gerechtfertigt abgegeben worden sei.</p>
          <p>7. Auf eine Interpellation von Schmidt aus Löwenberg (s. oben; bezüglich der Flugblätter) würde das Reichsministerium gleichfalls gar nicht antworten. Er (Schmerling) für seine Person glaubt, daß eine solche Interpellation höchstens an oder von einem Polizei-Direktor unter dem gestürzten Metternich hätte stattfinden können. (Bravo rechts und Centren).</p>
          <p>8. Jahn's Interpellation, betreffend die ungeheuren Demokraten-Verschwörungen. (Gelächter.) Der Minister verliest einen Aufruf des demokratischen Centralausschusses in Berlin an das deutsche Volk, welcher unter größter Mißbilligung der jetzigen National-Versammlung und ihrer Wirksamkeit, auf den 26. d. M. eine Versammlung aller Demokraten Deutschlands nach Berlin zusammenberuft, um eine neue National-Versammlung nach neuen direkten Wahlen zu beschließen. Das Reichsministerium hat die preußische Regierung aufmerksam gemacht, jedem ungesetzliche Schritte in dieser Beziehung vorzubeugen und geschehenden Falls zu strafen. Hiermit sei wohl Jahn's Interpellation genügend beantwortet. (Bravo und Zischen).</p>
          <p><hi rendition="#g">Vogt</hi> protestirt feierlichst und mit tiefster Entrüstung gegen jeden Eingriff des Ministers Schmerling in die Rechte des Präsidiums und der National-Versammlung. Nur diesen stünde die Unzulässigkeit einer Interpellation zu beurtheilen zu. (Bravo!) Sie den Minister (sagt Vogt) fordere ich auf, künftighin solche Streiche zu unterlassen. (Tumultuöses Bravo.) Vogt spricht nun durch mehrere dringliche Anträge die Unzufriedenheit der Beantwortung des Ministers über die Verhältnisse zur Schweiz aus.</p>
          <p>Die Anträge werden nicht als dringlich erkannt.</p>
          <p>Ebenso stellen, in Folge der unbefriedigenden Antworten des Ministers auf die Interpellationen, Venedey, Wesendonk, Schmidt aus Löwenberg, Schaffrath und Marek dringliche Anträge.</p>
          <p>Die Mehrheit der Versammlung erkennt keinen davon als dringlich an.</p>
          <p><hi rendition="#g">Schneer</hi> beantragt Tagesordnung, da es bereits 11 Uhr sei. &#x2012; (Tagesordnung!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Wiegard</hi> dagegen. &#x2012;</p>
          <p>Minister <hi rendition="#g">Mohl:</hi> beantragt eine Interpellation von Detmold wegen der Ermordung des Ministers Latour. Offiziell sei noch keine Anzeige deshalb gekommen, aber es sei bei dem Wiener Justizministerium deshalb angefragt. <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0602/0002] Bald nach meiner Ankunft kam eine Deputation, Baron Pillersdorf an der Spitze. Während diese Deputation auf die Ankunft der andern Deputation, die sich zum Baron Wessenberg begeben hatte, weil sie ihn in seiner Wohnung glaubte, wartend, sich in ein Nebenzimmer verfügte, gab mir Latour zwei Briefe von Jellachich, der eine war Privatbrief und gab Nachricht von dem Gefecht bei Valenca. Jellachich schrieb, daß die Ungarn sich nach Marton Basar zurückgezogen, daß er eine Linksschwenkung gemacht habe, bis nach Raab gezogen sei und dasselbe besetzt habe, mit dem Gros zwischen Wieselburg und Altenburg gezogen sei, um der Residenz näher zu sein, um leichter Hilfe zu bekommen. Der andere Brief war Dienstbrief. Er begehrte darin vorzüglich Kavallerie soviel als möglich und wenn es sein kann auch Linieninfanterie, weil er einige Tausend Mann von denen, die in der Hausmontour sind, nach Croatien sende, er spreche also auch die Garde an, diese über Wien auf der Gloknitzer Eisenbahn weiter zu befördern. Ich blieb in Wien den 6., 7. und 8. d. M. bis um 5 Uhr Nachmittag. Um 1 1/2 Uhr erhielt ich durch die Hand des Grafen Menzdorf meine Enthebung bis der Graf Vay zurückgekehrt, und mündlich den Auftrag im Hoflager nach Krems am 9. einzutreffen, um die Befehle Sr. Majestät zu contrasigniren. Ich traf daselbst am 9., 2 Stunden über Krems um 3 Uhr ein. Seine Majestät reiste nämlich mit Bedeckung von 6000 Mann in der Mitte der Truppen. Ich speiste um 3/4 4 Uhr an der kaiserlichen Tafel, wo auch Minister Hornbostel war. Seine Majestät war erfreut, daß ich eingetroffen und die Einladung zur Tafel geschah durch den Fürsten Lobkowitz. Nach Tische äußerte der Erzherzog Franz Carl zu mir, er wünsche, daß Minister Bach im Amte bleibe, er sei ein braver Mensch. Ich zweifle, daß er es annehmen werde, weil er keine Popularität besitze. Um 7 Uhr hatte ich Audienz beim Erzherzog Franz Carl, gerade nach der Audienz des Hrn. Minister Hornbostel daselbst. Er dankte mir fürs Eintreffen, wünschte daß ich bleibe; auf meine Erklärung, den Beamten präveniren zu müssen, entließ er mich mit dem Auftrage, sicher in Olmütz einzutreffen. Ich verließ am 10. dieses um 3/4 auf 6 Uhr Morgens das Hoflager, und langte um 4 Uhr Nachmittags in Wien an. Ohne allen Auftrag verfügte ich mich um 4 1/2 Uhr ins Lager zu Auersperg. Ich traf sie bei Tische, setzte mich nicht einmal, und blieb kaum 10 Minuten. Auersperg sagte mir: Du kannst den Jellachich grüßen. Der Fürst Jablonski, der im Bahnhof der Glognitzer Bahn commandirt, wird dir sagen, wo er ist. Ich fuhr in einem Fiaker ab. Jablonski sagte mir, Jellachich wäre in der Nähe (ich, Unterzeichneter weiß den Ort nicht) beim Herrn von Ritter. Ich begrüßte ihn daselbst in Gegenwart des Herrn von Ritter, seiner Frau und einer alten Frau. Die Frauen baten mich, nach Wien nicht zurück zu kehren. Auf Einladung genoß ich einige Bissen und ein Glas Wein. Ich sprach mit Jellachich kein Wort von Politik, kein Wort von Krieg. Jellachich nahm auch ein Glas Wein und sagte: Auf die Gesundheit meines Freundes v. Recken, und wir tranken. Nach einem Aufenthalt von höchstens 1/4 Stunde begleitete mich General Major Zeisberg wieder zum Fiaker. Er wollte mir Einen zur Sicherung mitgeben. Ich lehnte es ab, und langte schon um 6 Uhr wieder in der Stadt an, höchstens um 6 1/4 Uhr. Das Uebrige ist bekannt. Ich versichere noch einmal bei meiner Ehre und Seligkeit, daß ich weder im mündlichen noch schriftlichen Auftrage gehandelt habe, als ich mich zu Auersperg und Jellachich verfügte; was auch die kurze Zeit bestätigt, und selbst im Hoflager wußten sie nichts von dem Aufenthaltsorte Jellachichs, wenigstens bis 10 Uhr Abends, denn so lange war ich beim Fürsten Lobkowitz. Wien, den 11. October 1848. Rees_ y. Wien. (Sitzung des constituirenden Reichstags vom 13. October.) Die Sitzung wird um 11 Uhr Vormittags eröffnet. Pillersdorff verlangt in einer dringenden Angelegenheit das Wort. Er liest aus dem „Constitutionellen Blatte in Böhmen die Aufforderung von 20 czechischen Deputirten, Palatzki und Rieger an der Spitze, sich am 20. Oktober in Brünn einzufinden, um über einen Reichstag sich zu besprechen. Er bringt im Namen vieler Deputirten einen energischen Protest ein, stellt die Ungesetzlichkeit dieses Schrittes dar und macht die Urheber für alle Folgen verantwortlich. Lebhafte Acclamation. Der Protest wird einstimmig und durch Acclamation angenommen. Sehr merkwürdig ist dieses Thun der czechischen Deputirten, wenn man ihre Aussage am 6. Oktober: wir wollen bleiben bis auf den letzten Mann, entgegenhält. Und vom 6. Oktober bis zur obigen Aufforderung sind nur sehr wenige Tage!! Oeffnet das von seinen Deputirten geblendete Prag denn nicht die Augen? Hat die „Slovanska Lipa“ vergessen, daß sie ein Mißtrauensvotum an die czechische Rechte einbringen wollte? Ist das Demokratie, wenn man absolute Manifeste billigt, indem man das Volk, das sich dagegen erhebt und sein Leben opfert, frohlockend seinen Mördern überläßt? Erinnern sich die czechischen Deputirten nicht, daß sie sagten. „wenn Jellachich Beweise liefern wird, daß er gegen die Freiheit ist, dann werden wir ihn zerschmettern! Das haben sie gesagt; jetzt will Jellachich Wien und mit demselben die Freiheit vernichten, er desavouirt den souveränen Reichstag, der auf die legalste Weise seine Beschlüsse faßt; und die czechischen Deputirten lassen Jellachich walten, und das Wien, das sie mit so über_ Munde gelobt, in Stich?. Armes geblendetes Prag und Böhmen, bist du nicht stark genug, um ein Lügengewebe zu zerreißen und auf den Grund zu sehen? Die Freiheit, die Demokratie hofft auf Böhmen, möge es sich seiner selbst würdig ermannen, und die Hoffnung erfüllen! Cavalkabo und Gleispach verlesen gestrige Protokolle, welche nach einigen Verbesserungen angenommen werden. Die Wahl der beiden Vicepräsidenten erfolgt. Das Skrutinium für den ersten Vicepräsidenten ergibt bei 203 Stimmen, 108 für Brestel. Dieser ist also zum ersten Vicepräsidenten ernannt Nebstdem haben erhalten: Pillersdorf 57, Schuselka 22, Lusser 10. Die Wahl für den zweiten Vicepräsidenten ergibt keine Majorität, sie wird daher auf Abend verschoben. Schuselka erstattet Bericht vom Ausschusse. Böswillige Gerüchte in den Provinzialblättern, es herrsche hier nämlich Mord, Brand, veranlassen den Ausschuß offen entgegen zu treten. Es ist hier sehr leicht gelungen, Ordnung und Sicherheit zu erhalten, weil das treffliche Volk von Wien sein eigener Wächter ist. Man wagt das bewaffnete Proletarial zu verdächtigen, und doch herrscht jetzt faktisch mehr Sicherheit, als in den größten Städten in den ruhigsten Zeiten. Es ist ein edles Volk das Wiener, es verdient die Waffen für die Freiheit zu tragen. Es werden alle öffentlichen Institute unter dessen Schutz gestellt. Als Anerkennung hat der Ausschuß beschlossen, 200,000 Gulden von den bewilligten Millionen unter die Bewaffneten zu vertheilen. Es ist dieß gewiß im Sinne des ersten Beschlusses; denn der arme Gewerbsmann steht unter Waffen und opfert Alles auf. Der Finanzminister ist ganz einverstanden. Eine Schwierigkeit ergibt sich; die Kampfeslustigen fordern laut, sie zum Angriffe zu führen. Der Ausschuß ist in der schwierigsten Lage, indem er mit Sr. Maj. immer Frieden vermitteln will. Er will nicht nach alter Regierungsweise Angriffe und Blut, und will diese Zurückhaltung von dem Volke mit seinem Leben verantworten. Sollte einmal ein Angriff nothwendig sein, so wird geschehen, was da muß, jetzt ist es nicht rathsam Aus dem entfernten Salzburg sind 36 Studenten mit zwei Professoren angelangt. Acclamation. Aus Steiermark sind abermals 500 bewaffnete Studenten Garden und Arbeiter herangekommen. Sie hatten mit Schwierigkeiten zu kämpfen, denn die Bahn ist mit Militair besetzt. Sie geben die Versicherung, daß noch viele ihnen folgen. (Acclamation.) Eine Deputation aus Olmütz erklärt das vollständige Einverständniß mit Wien. Die Deputation theilt zugleich eine, Wien verdächtigende im Auftrag der wendischen Krätze. Prelamation mit Das Kreisamt zeigt an, daß der Kaiser Olmütz (wohin Wendische Grätz marschiert, und wo er am 13. wahrscheinlich schon angelangt war,) sein Hoflager aufschlagen werde. Wien. (Abendsitzung des konstituirenden Reichstags vom 13. Oktober. Eröffnung 5 Uhr.) Die Wahl des zweiten Vicepräsidenten findet Statt, es ergibt sich abermals keine absolute Majorität, die Wahl schwankt zwischen Pillersdorff und Ambrosch. Ein zweites Scrutinium, bei dem 202 stimmen, ergibt 159 für Pillersdorff. Er ist mithin Vicepräsident und verspricht in einer kurzen Rede Alles für die Volksfreiheit zu thun. Schuselka berichtet vom Ausschusse. Vom Abgeordneten Löhner ist eine telegraphische Depesche angelangt. Er ist gestern 10 Uhr Nachts nach Selowitz gereist, aber man wollte daselbst den Erzherzog Franz Karl nicht wecken, indem man sagte, es sei ihm schon Alles bekannt. Des Morgens kam er vor den Kaiser, der eine schriftliche Antwort, deren Inhalt gleich dem nicht kontrasignirten Manifeste aus Schönbrunn. Fürst Lobkowitz gab zweimal mündliche Auskunft. Auersperg und Jellachich werden nicht angreifen, sondern sich blos vertheidigen. Ueber Jellachich, der blos wegen Ungarn da sei, werde weiteres verfügt werden. Schriftliche Erklärung wurde verweigert. Eine telegraphische Depesche ist angelangt, daß Windischgrätz heranrücke. Vom Ban Jellachich ist ein Offizier angelangt. Er hoffe durch seinen frühern Brief beruhigend gewirkt zu haben. Er ist nur für die Freiheit da, und sein Wirken in Ungarn zeige, daß er für die Gleichberechtigung aller Nationen kämpfe. Er werde sich zur Bekämpfung der Anarchie jede gesetzliche Macht zur Verfügung stellen. Er würde es bedauern, wenn bei Wien ein croatisch-ungarischer Kriegsschauplatz entstünde. Der Ausschuß antwortet hierauf, daß in Wien weder Anarchie noch Ungesetzlichkeit herrsche, und in Abwesenheit des Kaisers der Ausschuß die Ordnung aufrecht erhalte, welche vom Volke kräftig unterstützt wird. Der außerordentliche Zustand ist nur der, daß das Volk unter Waffen ist, weil eben zwei Heere vor seinen Mauern stehen. Um diesen außerordentlichen Zustand zu heben, bedarf es nichts, als daß der Banus sich wegbegebe, denn der ihm verhaßte Zustand ist nur hervorgerufen, weil der Ban gegenwärtig ist. Auch der Reichstag will keinen croatisch-ungarischen Kriegsschauplatz, und darum ersucht er den Ban, mit seinen Truppen wegzuziehen. Goldmark will, daß man den Ban noch aufmerksam mache, daß sein Gedächtniß kurz sei. Auf der einen Seite spricht er von der Volksfreiheit und von Freundschaft, und im selben Momente tritt er gegen die Volksfreiheit auf, indem er die Garde der Umgegend ohne Grund entwaffnet. Eben so sich eine Art Brandschatzung erlaubt, indem er Einquartirungen befiehlt etc, und in eben diesem Augenblicke abermals ein Angriff auf die St. Marxerlinie geschieht. Er wünscht dies in würdiger Sprach noch hinzugesetzt. Schuselka ist gegen die Aufnahme des Entwaffnungspunktes, weil es immer Gründe gibt, die sich bei dem Marsche einer Armee vorschützen lassen. ‒ Allerdings ist es wahr, daß eben Angriffe auf mehrere Punkte der Linie geschehen, aber sie sind hervorgerufen durch die Kampfeslust der daselbst aufgestellten Bewaffneten. Der Ausschuß, im Vereine mit der besonnenen Legion, hat alles Mögliche gethan, um davon abzuhalten, aber derlei Vorpostengefechte kommen in allen feindlichen Lagern vor, und das edle Blut ist nur zu bedauern. Das Antwortschreiben, sowie Goldmarks Zusatz werden angenommen. Borrosch verliest die von ihm beantragte und ihm zur Verfassung übertragene Adresse an den Kaiser, Betreffs des Völkerkongresses. Sie ist etwas lang und weniger markig, als wir sie erwartet haben. In solcher Zeit handelt es sich darum, kurz aber inhaltsreich zu sein. Nach einiger Debatte wird die Adresse angenommen. Es wird hierauf über die Art der Absendung debattirt. Einige wollen Borrosch, Andere 3, wieder Andere 5 Mitglieder senden, Gschnitzer will alle Nationalitäten vertreten haben. Pienkovski spricht es aus, daß Borrosch in Wien jetzt unentbehrlich sei. Es werden endlich 5 Mitglieder zur Deputation bestimmt. Dem Präsidium ist die Ernennung der Mitglieder überlassen. Es bestimmt: Fischer, Vierzchlejski, Hagenauer, Herzog, Turko. Hierauf wird die Wahl des Sekretärs vorgenommen. Die Stimmzettel werden abgegeben und das Präsidium wird die Zählung übernehmen. Die Sitzung ist aufgehoben, 8 Uhr; Eröffnung morgen 10 Uhr früh. Wien. Aufruf der Polen-Legion an ihr Vaterland. Die sich in Wien befindenden Polen, durchdrungen von der heiligen Pflicht der Freiheit, haben sich entschlossen, bewaffnet in den Reihen des Wiener Volkes, gegen welche die Kamerilla den letzten Stoß ausführte zu kämpfen. Sie bilden eine polnische Legion, um einverleibt in den Reihen aller Vertheidiger der Freiheit Wiens und unter dem Befehle der Studenten-Legion und des Ober-Kommandos der Nationalgarde zu stehen und zu fallen! In diesem Falle rufen wir Euch edlen Freiheitskämpfer Polens, Euch Brüder, deren Herzen durchdrungen vom feurigsten Gefühle der Freiheit aller Völker: eilet in den Reihen die freiwilligen polnischen Legion, welche mit gleicher Seelengröße für Ihr Vaterland sowohl, als auch für sämmtliche gedrückten Völker ihr Blut zu vergießen bereit ist. Auf! nach Wien, Ihr Männer Polens und vereinigt Euch mit den Wiener Freischaaren, und kämpfet in den Reihen unserer Brüder für die Freiheit, mit jenem Muth und Ausdauern, welche unsere große Nation in allen Kämpfen auszeichnete. Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Wien, am 12. Oktober 1848. Vom Ausschusse der polnischen Legion. Franz Olay. Anton Kutzelmann. * So eben erhalten wir folgenden Brief aus Wien: 61 Wien, 13. Oktbr. Wir befinden uns im vollständigen Kriegszustande und es ist gewiß, daß die Post, welche auch nach dem März und bis heute nicht über eine Sedlnitzkysche Polizeianstalt hinausgekommen ist, alle Briefe unbefördert läßt, die von Leuten kommen oder an Adressen gehen, welche auf ihrer Proscriptionsliste stehen. Ich weiß daher auch nicht, ob Ihnen dieses Schreiben zukommen wird. Um 4 Uhr gestern Morgen hat Auersperg zum Verwundern der Stadt seine Position am Belvedere mit so plötzlicher Eile aufgegeben, daß Koffer, Bücher, Uniformen, Kisten und Munition zurückgeblieben sind. Die Parks, in welchen die Truppen gelagert waren, sind auf ewig verwüstet. Man fand darin viele auf das Gräßlichste verstümmelte Todte; unter andern eine unkennbare Leiche, der das k. k. Militär Ohren und Nase abgeschnitten, den Mund bis an die Ohren aufgeschlitzt, die Augen ausgestochen, Hände und Füße abgehackt hatte. Diese Leiche wurde durch die Stadt und in den an nichtswürdiger Feigheit und elendem Verrath alles, was die Geschichte der Art aufzuweisen hat, überbietenden Reichstag gebracht. Der saubere Fürst Lubomirski versuchte, sich bei ihrem Anblick mit einer Pistole das Leben zu nehmen, aber er verwundete sich nur. Lubomirski hatte, wie sie wissen, die Sache der Freiheit, die polnische Sache verrathen, um sich an die Zigeunernation anzulehnen; sein gestriger Verzweiflungsversuch mag nun die Folge des hochklopfenden Gewissens, der Reue sein. Er beweißt aber auch, daß Lubomirski noch zu den bessern Schurken des Reichstags gehört, dessen größter, jetzt von Pillersdorf, Gleispach und ähnlichen Verruchtheiten geleiteter Theil, kaum eines Galgenstricks werth ist. In der gestrigen Abendsitzung votirte dieser Reichstag, von welchem nur mehr das Centrum vorhanden ist, indem auch die Juden der Linken geflohen sind, auf Pillersdorfs Antrag dem Erzschurken und Finanzminister Krauß eine Summe von 8 Mill. Fl. in Zwanzigern. Derselbe hat diese Summe sofort bei der Bank zu erheben und wird die Operationen Jelachichs, Auersperg u. s. w., die vor Wien lagern, damit unterstützen. Krauß suchte den Antrag zu rechtfertigen, der Hallunke zitterte und stotterte dabei aber so ungewöhnlich, daß es Niemand als dem Kretinismus unserer Presse zweifelhaft bleiben konnte, welche Rolle er zwischen Kamarilla und Volk spielt. ‒ Aber man beginnt den höllischen Verrath zu merken, der mit diesem Volke gespielt wird. Um das non-plus-ultra aller Niederträchtigkeit zu erreichen, hat der Reichstag, wenn derselbe noch diesen Namen verdient, heute den unvermeidlich gewordenen Pillersdorf, welcher die Rolle der Czechen, nur schändlicher fortspielt, als zweiten Präsidenten übernommen. Die Mitglieder der Linken entweichen immer mehr das Volk wird den Betrug immer mehr erkennen. Wir haben an 130,000 Bewaffnete, allein unsere Thaten bestehen in Unthätigkeit. Die Ungarn sind Jellachich mit 40,000 Mann in den Rücken gefallen und haben eine Deputation an unsern nichtswürdigen Reichstag mit der Erklärung gesendet, daß das Repräsentantenhaus den Generalen der ungarischen Armee befohlen habe, Jellachich zu verfolgen, wohin er immer fliehe. Unser Reichstag krächzte ein feiges Bravo, verordnete aber, daß in seinem Protokolle von dem ungarischen Beistand keine Erwähnung gethan werde. Denken Sie sich den Fall, daß die Ungarn geschlagen würden? General Dwernicki soll mit 8000 Polen zu der ungarischen Armee stoßen. ‒ Die Allgem. Oder-Ztg. berichtet: Von Prag Privatnachrichten, daß ein Aufstand sehr bedenklicher Art ausgebrochen sei, was Windischgrätz veranlaßte, mit seinem bei Göding, 3 Posten von Wien, in Mähren aufgestellten Truppenkorps von 8000 Mann, eiligst nach Prag zurückzukehren. ‒ Aus Ratibor geht uns so eben folgende Nachricht zu: Ich beeile mich, Ihnen eine Nachricht mitzutheilen, die mir ‒ zwar ohne die nähern Details ‒ aus glaubwürdiger Quelle gestern Abend zugekommen ist. In Ollmütz hat zwischen Militär und Nationalgarden (vorzüglich Studenten) vor der Ankunft des Kaisers, der dahin zu fliehen beabsichtigen soll, auf dem Eisenbahnhofe ein Kampf stattgefunden, der mit einem beiderseitigen Verluste von 20 Todten und der Niederlage der Nationalgarden endigte. Jedoch wage ich noch nicht, diese Nachricht vollständig zu verbürgen, da von dort her mit dem gestrigen Abendzuge keine Reisenden angelangt sind. ‒ Am 12. Abends passirten 5 Deputirte des Wiener Reichstages aus der Bukowina die hiesige Bahn, um, wie man sich erzählte, Proklamationen des Reichstages in ihre Provinzen zu bringen. Im Allgemeinen ist diesen Mittheilungen, die uns hier mündlich zu Theil werden, Glauben zu schenken, da sie sich bisher immer bestätigt haben. ‒ Auffallend erscheint uns die heute bevorstehende Ankunft einer Kompagnie Infanterie, für welche gestern bereits Quartier hierselbst gemacht worden ist. Sollte sie vielleicht zur Deckung der Eisenbahn für größere Truppensendungen bestimmt sein? !!! Frankfurt, 16. Oktober. 97. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Tagesordnung. 1. Berathung des vom Abgeordneten v. Lindenau, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung, erstatteten Berichts über die vom Abgeordneten Schaffrath und Genossen gegen den Vicepräsidenten v. Soiron, als Vorsitzenden der National-Versammlung in den Sitzungen vom 7. und 8. August d. J, angebrachten Beschwerden. 2. Berathung des vom Abgeordneten v. Langerfeldt, Namens des Ausschusses für Prüfung der wider mehrere Mitglieder der National-Versammlung beantragten gerichtlichen Untersuchung, beziehentlich Verhaftung, erstatteten Berichts. 3. Berathung des vom Abgeordneten v. Breuning erstatteten Berichts, Namens des Ausschusses für Beurtheilung des von dem Abgeordneten Schmidt aus Schlesien und Wiesner gemeinschaftlich in der Sitzung vom 5. Oktober 1848 gestellten Antrages, des dadurch hervorgerufenen Antrages des Abgeordneten Hrn. v. Gagern und des Verhaltens des Vorsitzenden, Vice-Präsidenten Simson. 4. Berathung über den vom Abgeordneten Dröge, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses, erstatteten Bericht über die von den Vorstehern der Kaufmannschaft in Stettin, Stolp etc. eingegangenen Petitionen. 5. Berathung über den vom Abgeordneten v. Buttel, Namens des Prioritäts- und Petitionsausschusses, erstatteten Bericht über den Antrag des Abgeordneten Bresgen, die Stellung der Abgeordneten betreffend. 6. Berathung über den vom Abgeordneten Adams, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses, erstatteten Bericht über eingekommene Adressen, die Beschlüsse der Reichsversammlung betreffend. 7. Berathung über den Bericht des Ausschusses für die Geschäftsordnung, die Abstimmung der Mitglieder betreffend. 8. Berathung über den vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses, erstatteten Bericht, wegen der Staatsschuld des ehemaligen Königreichs Westphalen. Vor der Tagesordnung. Compes tritt aus der Versammlung. (Erstaunen). Schmerling zeigt an, daß das Reichsministerium den Belagerungszustand von Frankfurt an dem Tage aufhebt, an welchem das Gesetz zum Schutze der Reichsversammlung emanirt wird. Uebrigens bleiben die Maßregeln, welche das Ministerium zum Schutze der Stadt etc. für nöthig erachtet, beim Alten. (Tiefe Stille.) Folgen Beiträge zur deutschen Flotte. Neue Interpellationen. 1. Förster von Hünfeld: a. welche Anordnungen sind betreffs der österreichischen Truppen und der deutschen Reichstruppen in den Beziehungen zu den Wiener Verhältnissen getroffen? b. Was wird das Ministerium in Betreff Ungarns und der Wallachei thun? (Der Interpellant liest sehr undeutlich, so viel ich klar verstehen kann, interpellirt derselbe zu Gunsten Wiens und Ungarns. Man schreit: Laut, laut!) 2. Detmold von Hannover interpellirt wegen des Meuchelmords am Kriegsminister Latour etc. etc. (Gelächter und Zischen). 3. Schmidt aus Löwenberg: ob es wahr sei, daß das Reichsministerium die bekannten „Flugblätter“ mit Begleitschreiben vertheilt und unempfolen habe? 4. v. Reden interpellirt wegen neuer Zollvereinbarung der deutschen Staaten. Schmerling beantwortet verschiedene Interpellationen: 1. Bezüglich des Verhaltens der deutschen Centralgewalt zur Schweiz. (Von Vogt, Wichmann und Venedey). Wenn alle Verhandlungen mit der Schweiz geschlossen und die hierher bezüglichen Papiere geordnet sein werden, wird das Ministerium antworten. Schon jetzt aber müsse er (Schmerling) aussprechen, daß er auf die Vogtsche Interpellation, weil sie nicht im parlamentarischen Tone gehalten, nicht antworten werde. 2. In Betreff der Moldau und Wallachei. (Interpellirt von Schulz und Förster.) Die Wichtigkeit der Donaufürstenthümer in ihren Beziehungen zu Deutschland habe das Ministerium hinlänglich erkannt, und wird seiner Zeit das Nöthige geschehen. 3. Wegen Ungarn. (Försters Interpellation.) Das Reichsministerium habe die lebendigsten Sympathien für Ungarn. Diplomatischer Verkehr sei jetzt nicht möglich. 4. In Betreff Oesterreichs zu Ungarn und der Wiener Verhältnisse. (Interpellation von Schoder, Marek, Eisenmann, Förster) Als die Wiener Ereignisse dem Ministerium zuerst bekannt wurden, beschloß dasselbe, zur Verhütung des traurigen Bürgerkrieges, dessen Folgen sich noch nicht bestimmen lassen, jede Rücksicht zu nehmen. Die erste Aufgabe sei, den Bürgerkrieg sobald als möglich zu Ende zu bringen. Zwei Reichskommissäre, deren einer der Abgeordnete Welcker, sind mit ausgedehnten Vollmachten nach Wien geschickt. Diese sollen sich mit den verantwortlichen Räthen der österreichischen Krone und nach Verhältniß mit dem Reichstage, so wie mit den Civil- und Militairbehörden in Verbindung setzen. Reichstruppen seien nicht nach Wien beordert. Die Kommissäre sollen erst berichten, ob dies nöthig. 5. Auf eine Interpellation von Simon aus Trier, betreffend die Wahl des Dr. Würth zum Abgeordneten: Das Reichsministerium nimmt erst dann Rücksicht auf Wahlangelegenheiten, wenn die Versammlung durch das Präsidium Anträge stellt. 6. Eine Interpellation Wesendonks, „ob es wahr, daß das Reichsministerium der baierischen Regierung die Zusicherung ertheilt habe, daß das konstitutionell-monarchische Prinzip in den Einzelstaaten immer solle gewahrt werden?“ beantwortet Schmerling unter Beifall der Centren dahin, daß eine ähnliche Erklärung an das baierische Ministerium in ganz anderm Sinne und völlig gerechtfertigt abgegeben worden sei. 7. Auf eine Interpellation von Schmidt aus Löwenberg (s. oben; bezüglich der Flugblätter) würde das Reichsministerium gleichfalls gar nicht antworten. Er (Schmerling) für seine Person glaubt, daß eine solche Interpellation höchstens an oder von einem Polizei-Direktor unter dem gestürzten Metternich hätte stattfinden können. (Bravo rechts und Centren). 8. Jahn's Interpellation, betreffend die ungeheuren Demokraten-Verschwörungen. (Gelächter.) Der Minister verliest einen Aufruf des demokratischen Centralausschusses in Berlin an das deutsche Volk, welcher unter größter Mißbilligung der jetzigen National-Versammlung und ihrer Wirksamkeit, auf den 26. d. M. eine Versammlung aller Demokraten Deutschlands nach Berlin zusammenberuft, um eine neue National-Versammlung nach neuen direkten Wahlen zu beschließen. Das Reichsministerium hat die preußische Regierung aufmerksam gemacht, jedem ungesetzliche Schritte in dieser Beziehung vorzubeugen und geschehenden Falls zu strafen. Hiermit sei wohl Jahn's Interpellation genügend beantwortet. (Bravo und Zischen). Vogt protestirt feierlichst und mit tiefster Entrüstung gegen jeden Eingriff des Ministers Schmerling in die Rechte des Präsidiums und der National-Versammlung. Nur diesen stünde die Unzulässigkeit einer Interpellation zu beurtheilen zu. (Bravo!) Sie den Minister (sagt Vogt) fordere ich auf, künftighin solche Streiche zu unterlassen. (Tumultuöses Bravo.) Vogt spricht nun durch mehrere dringliche Anträge die Unzufriedenheit der Beantwortung des Ministers über die Verhältnisse zur Schweiz aus. Die Anträge werden nicht als dringlich erkannt. Ebenso stellen, in Folge der unbefriedigenden Antworten des Ministers auf die Interpellationen, Venedey, Wesendonk, Schmidt aus Löwenberg, Schaffrath und Marek dringliche Anträge. Die Mehrheit der Versammlung erkennt keinen davon als dringlich an. Schneer beantragt Tagesordnung, da es bereits 11 Uhr sei. ‒ (Tagesordnung!) Wiegard dagegen. ‒ Minister Mohl: beantragt eine Interpellation von Detmold wegen der Ermordung des Ministers Latour. Offiziell sei noch keine Anzeige deshalb gekommen, aber es sei bei dem Wiener Justizministerium deshalb angefragt. [Fortsetzung]

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 120. Köln, 19. Oktober 1848, S. 0602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz120_1848/2>, abgerufen am 26.04.2024.