Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892.

Bild:
<< vorherige Seite

namentlich aufgeführten, nicht verhörten Zeugen, sowie die Berücksichtigung des von Herrn Polizeiinspektor Wolff gesammelten Materials seitens des Ministerialkommissars für unerheblich erachtet worden sein, so könnten wir unser Befremden über ein solches Vorgehen, gegen welches sich sehr triftige Gründe geltend machen ließen, nicht unterdrücken; indes wollen wir vorläufig nicht näher auf diesen Punkt eingehen, sondern vorerst die auf den Ermittelungen des Ministerialkommissars beruhende offizielle Darstellung der Justizbehörde abwarten. - An unsere gestrige Notiz über die Angelegenheit knüpft die "Freisinnige Zeitung" folgende Bemerkung:

Das würde doch eine sonderbare Gerichtspraxis herbeiführen. Die "Germania" verlangt also, daß, auch wenn die gerichtlichen Behörden selbst eine Fortführung des Anklageverfahrens für ungerechtfertigt halten, doch der Sache ein weiterer Fortgang gegeben werden soll, nur um falsche und übertriebene Gerüchte zu zerstören. Damit würde man also die gerichtliche Verfolgung abhängig machen nicht von dem Verschulden, sondern von der Art, wie von dritter Seite irgend ein Vorgang benutzt wird zur Verbreitung falscher und übertriebener Gerüchte. Das würde auf eine nette Rechtspflege hinauslaufen.

Die "Freisinnige Zeitung" darf sich versichert halten, daß es uns mindestens ebenso fern liegt, in die Rechtspflege einzugreifen, als ihr, aber ebenso fest möge sie überzeugt sein, daß wir einen sehr triftigen Grund zu unserer gestrigen Notiz hatten, und wir geben auch ihr den schon der "National-Ztg." und deren Partisanen erteilten Rat, in dieser ganz eigenartigen Angelegenheit sich nicht allzusehr nach einer bestimmten Seite hin zu engagieren, damit es ihr event. nicht zu schwer wird, den Rückweg zu finden. Wir aber werden, unbeirrt von allen Anfechtungen, gleichviel von welcher Seite sie kommen, unausgesetzt die Forderung erheben: Klarheit, volle Klarheit in die dunkle Angelegenheit zu bringen und nicht zu ruhen, bis der oder die Mörder des unschuldigen Kindes ermittelt sind. - Inzwischen bringt heute abend die "Kreuz-Ztg." folgendes Telegramm aus Frankfurt a. M.: "Es ist hier das Gerücht verbreitet, daß

namentlich aufgeführten, nicht verhörten Zeugen, sowie die Berücksichtigung des von Herrn Polizeiinspektor Wolff gesammelten Materials seitens des Ministerialkommissars für unerheblich erachtet worden sein, so könnten wir unser Befremden über ein solches Vorgehen, gegen welches sich sehr triftige Gründe geltend machen ließen, nicht unterdrücken; indes wollen wir vorläufig nicht näher auf diesen Punkt eingehen, sondern vorerst die auf den Ermittelungen des Ministerialkommissars beruhende offizielle Darstellung der Justizbehörde abwarten. – An unsere gestrige Notiz über die Angelegenheit knüpft die „Freisinnige Zeitung“ folgende Bemerkung:

Das würde doch eine sonderbare Gerichtspraxis herbeiführen. Die „Germania“ verlangt also, daß, auch wenn die gerichtlichen Behörden selbst eine Fortführung des Anklageverfahrens für ungerechtfertigt halten, doch der Sache ein weiterer Fortgang gegeben werden soll, nur um falsche und übertriebene Gerüchte zu zerstören. Damit würde man also die gerichtliche Verfolgung abhängig machen nicht von dem Verschulden, sondern von der Art, wie von dritter Seite irgend ein Vorgang benutzt wird zur Verbreitung falscher und übertriebener Gerüchte. Das würde auf eine nette Rechtspflege hinauslaufen.

Die „Freisinnige Zeitung“ darf sich versichert halten, daß es uns mindestens ebenso fern liegt, in die Rechtspflege einzugreifen, als ihr, aber ebenso fest möge sie überzeugt sein, daß wir einen sehr triftigen Grund zu unserer gestrigen Notiz hatten, und wir geben auch ihr den schon der „National-Ztg.“ und deren Partisanen erteilten Rat, in dieser ganz eigenartigen Angelegenheit sich nicht allzusehr nach einer bestimmten Seite hin zu engagieren, damit es ihr event. nicht zu schwer wird, den Rückweg zu finden. Wir aber werden, unbeirrt von allen Anfechtungen, gleichviel von welcher Seite sie kommen, unausgesetzt die Forderung erheben: Klarheit, volle Klarheit in die dunkle Angelegenheit zu bringen und nicht zu ruhen, bis der oder die Mörder des unschuldigen Kindes ermittelt sind. – Inzwischen bringt heute abend die „Kreuz-Ztg.“ folgendes Telegramm aus Frankfurt a. M.: „Es ist hier das Gerücht verbreitet, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0024" n="24"/>
namentlich aufgeführten, nicht verhörten Zeugen, sowie die Berücksichtigung des von Herrn Polizeiinspektor Wolff gesammelten Materials seitens des Ministerialkommissars für unerheblich erachtet worden sein, so könnten wir unser Befremden über ein solches Vorgehen, gegen welches sich sehr triftige Gründe geltend machen ließen, nicht unterdrücken; indes wollen wir vorläufig nicht näher auf diesen Punkt eingehen, sondern vorerst die auf den Ermittelungen des Ministerialkommissars beruhende offizielle Darstellung der Justizbehörde abwarten. &#x2013; An unsere gestrige Notiz über die Angelegenheit knüpft die &#x201E;Freisinnige Zeitung&#x201C; folgende Bemerkung:</p>
        <p>Das würde doch eine sonderbare Gerichtspraxis herbeiführen. Die &#x201E;Germania&#x201C; verlangt also, daß, auch wenn die gerichtlichen Behörden selbst eine Fortführung des Anklageverfahrens für ungerechtfertigt halten, doch der Sache ein weiterer Fortgang gegeben werden soll, nur um falsche und übertriebene Gerüchte zu zerstören. Damit würde man also die gerichtliche Verfolgung abhängig machen nicht von dem Verschulden, sondern von der Art, wie von dritter Seite irgend ein Vorgang benutzt wird zur Verbreitung falscher und übertriebener Gerüchte. Das würde auf eine nette Rechtspflege hinauslaufen.</p>
        <p>Die &#x201E;Freisinnige Zeitung&#x201C; darf sich versichert halten, daß es uns mindestens ebenso fern liegt, in die Rechtspflege einzugreifen, als ihr, aber ebenso fest möge sie überzeugt sein, daß wir einen sehr <hi rendition="#g">triftigen</hi> Grund zu unserer gestrigen Notiz hatten, und wir geben auch ihr den schon der &#x201E;National-Ztg.&#x201C; und deren Partisanen erteilten Rat, in dieser ganz eigenartigen Angelegenheit sich nicht allzusehr nach einer bestimmten Seite hin zu engagieren, damit es ihr event. nicht zu schwer wird, den Rückweg zu finden. Wir aber werden, unbeirrt von allen Anfechtungen, gleichviel von welcher Seite sie kommen, unausgesetzt die Forderung erheben: Klarheit, <hi rendition="#g">volle</hi> Klarheit in die dunkle Angelegenheit zu bringen und nicht zu ruhen, bis der oder die Mörder des unschuldigen Kindes ermittelt sind. &#x2013; Inzwischen bringt heute abend die &#x201E;Kreuz-Ztg.&#x201C; folgendes Telegramm aus <hi rendition="#g">Frankfurt a. M.</hi>: &#x201E;Es ist hier das Gerücht verbreitet, daß
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0024] namentlich aufgeführten, nicht verhörten Zeugen, sowie die Berücksichtigung des von Herrn Polizeiinspektor Wolff gesammelten Materials seitens des Ministerialkommissars für unerheblich erachtet worden sein, so könnten wir unser Befremden über ein solches Vorgehen, gegen welches sich sehr triftige Gründe geltend machen ließen, nicht unterdrücken; indes wollen wir vorläufig nicht näher auf diesen Punkt eingehen, sondern vorerst die auf den Ermittelungen des Ministerialkommissars beruhende offizielle Darstellung der Justizbehörde abwarten. – An unsere gestrige Notiz über die Angelegenheit knüpft die „Freisinnige Zeitung“ folgende Bemerkung: Das würde doch eine sonderbare Gerichtspraxis herbeiführen. Die „Germania“ verlangt also, daß, auch wenn die gerichtlichen Behörden selbst eine Fortführung des Anklageverfahrens für ungerechtfertigt halten, doch der Sache ein weiterer Fortgang gegeben werden soll, nur um falsche und übertriebene Gerüchte zu zerstören. Damit würde man also die gerichtliche Verfolgung abhängig machen nicht von dem Verschulden, sondern von der Art, wie von dritter Seite irgend ein Vorgang benutzt wird zur Verbreitung falscher und übertriebener Gerüchte. Das würde auf eine nette Rechtspflege hinauslaufen. Die „Freisinnige Zeitung“ darf sich versichert halten, daß es uns mindestens ebenso fern liegt, in die Rechtspflege einzugreifen, als ihr, aber ebenso fest möge sie überzeugt sein, daß wir einen sehr triftigen Grund zu unserer gestrigen Notiz hatten, und wir geben auch ihr den schon der „National-Ztg.“ und deren Partisanen erteilten Rat, in dieser ganz eigenartigen Angelegenheit sich nicht allzusehr nach einer bestimmten Seite hin zu engagieren, damit es ihr event. nicht zu schwer wird, den Rückweg zu finden. Wir aber werden, unbeirrt von allen Anfechtungen, gleichviel von welcher Seite sie kommen, unausgesetzt die Forderung erheben: Klarheit, volle Klarheit in die dunkle Angelegenheit zu bringen und nicht zu ruhen, bis der oder die Mörder des unschuldigen Kindes ermittelt sind. – Inzwischen bringt heute abend die „Kreuz-Ztg.“ folgendes Telegramm aus Frankfurt a. M.: „Es ist hier das Gerücht verbreitet, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2013-01-16T08:25:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-16T08:25:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-01-16T08:25:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892/24
Zitationshilfe: Oberwinder, Heinrich: Der Fall Buschoff. Berlin, 1892, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/oberwinder_buschoff_1892/24>, abgerufen am 26.04.2024.