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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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anregendsten Gesprächen geleert ward. Seine Gedankenfülle zeigte sich, wie Emilie richtig bemerkte, in der momentanen Schwierigkeit, den adäquaten Ausdruck zu finden; sagt er doch selbst einmal: mancher Auter habe ganze Bibliotheken von guten Gedanken im Kopfe, aber nur eben so viel Zeit, um ein paar Bücherbretter davon aufzuschreiben. Beim Abschiede zündete Jean Paul im Vorsaale eine kleine Taschenlaterne an, und wandelte langsam nach seiner Behausung durch die dunkeln Straßen von Baireuth, wo man weder von Lampen- noch von Gaslicht etwas zu wissen schien. Den getreuen Pudel hatte er zu Hause gelassen.

In Heidelberg lernte ich Jean Pauls einzigen Sohn kennen, der von der Herzogin hier mit derselben Freundlichkeit behandelt ward wie der Vater in Baireuth. Der Sohn zeigte ein überaus gutmüthiges, etwas befangenes Wesen. Seine schwache Körperbeschaffenheit erregte schon jetzt Besorgnisse für sein Leben, und in der That hatte der Vater den unnennbaren Schmerz, ihn bald darauf zu verlieren.

Anselm von Feuerbach, der älteste Sohn des Präsidenten, studirte damals in Heidelberg, ich hatte ihn aber früher nicht kennen gelernt. Wir schlossen jetzt bei meiner Durchreise gute Freundschaft. Mehrere Jahre später trafen wir uns wieder in Heidelberg, wohin er nach dem Tode seiner ersten Frau, von Freiburg herübergekommen war.

Die brave Schaffnerin Hepp traute ihren Augen kaum, als sie mich nach so kurzer Zeit wieder erscheinen sah; so oft ich nachher Heidelberg besuchte, so ward ich von ihr und ihren Töchtern als eine seltne Ausnahme von den übrigen Herren Studiosen belobt.

anregendsten Gesprächen geleert ward. Seine Gedankenfülle zeigte sich, wie Emilie richtig bemerkte, in der momentanen Schwierigkeit, den adäquaten Ausdruck zu finden; sagt er doch selbst einmal: mancher Auter habe ganze Bibliotheken von guten Gedanken im Kopfe, aber nur eben so viel Zeit, um ein paar Bücherbretter davon aufzuschreiben. Beim Abschiede zündete Jean Paul im Vorsaale eine kleine Taschenlaterne an, und wandelte langsam nach seiner Behausung durch die dunkeln Straßen von Baireuth, wo man weder von Lampen- noch von Gaslicht etwas zu wissen schien. Den getreuen Pudel hatte er zu Hause gelassen.

In Heidelberg lernte ich Jean Pauls einzigen Sohn kennen, der von der Herzogin hier mit derselben Freundlichkeit behandelt ward wie der Vater in Baireuth. Der Sohn zeigte ein überaus gutmüthiges, etwas befangenes Wesen. Seine schwache Körperbeschaffenheit erregte schon jetzt Besorgnisse für sein Leben, und in der That hatte der Vater den unnennbaren Schmerz, ihn bald darauf zu verlieren.

Anselm von Feuerbach, der älteste Sohn des Präsidenten, studirte damals in Heidelberg, ich hatte ihn aber früher nicht kennen gelernt. Wir schlossen jetzt bei meiner Durchreise gute Freundschaft. Mehrere Jahre später trafen wir uns wieder in Heidelberg, wohin er nach dem Tode seiner ersten Frau, von Freiburg herübergekommen war.

Die brave Schaffnerin Hepp traute ihren Augen kaum, als sie mich nach so kurzer Zeit wieder erscheinen sah; so oft ich nachher Heidelberg besuchte, so ward ich von ihr und ihren Töchtern als eine seltne Ausnahme von den übrigen Herren Studiosen belobt.

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anregendsten Gesprächen geleert ward. Seine Gedankenfülle zeigte sich, wie Emilie richtig bemerkte, in der momentanen Schwierigkeit, den adäquaten Ausdruck zu finden; sagt er doch selbst einmal: mancher Auter habe ganze Bibliotheken von guten Gedanken im Kopfe, aber nur eben so viel Zeit, um ein paar Bücherbretter davon aufzuschreiben. Beim Abschiede zündete Jean Paul im Vorsaale eine kleine Taschenlaterne an, und wandelte langsam nach seiner Behausung durch die dunkeln Straßen von Baireuth, wo man weder von Lampen- noch von Gaslicht etwas zu wissen schien. Den getreuen Pudel hatte er zu Hause gelassen. </p><lb/>
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[411/0419] anregendsten Gesprächen geleert ward. Seine Gedankenfülle zeigte sich, wie Emilie richtig bemerkte, in der momentanen Schwierigkeit, den adäquaten Ausdruck zu finden; sagt er doch selbst einmal: mancher Auter habe ganze Bibliotheken von guten Gedanken im Kopfe, aber nur eben so viel Zeit, um ein paar Bücherbretter davon aufzuschreiben. Beim Abschiede zündete Jean Paul im Vorsaale eine kleine Taschenlaterne an, und wandelte langsam nach seiner Behausung durch die dunkeln Straßen von Baireuth, wo man weder von Lampen- noch von Gaslicht etwas zu wissen schien. Den getreuen Pudel hatte er zu Hause gelassen. In Heidelberg lernte ich Jean Pauls einzigen Sohn kennen, der von der Herzogin hier mit derselben Freundlichkeit behandelt ward wie der Vater in Baireuth. Der Sohn zeigte ein überaus gutmüthiges, etwas befangenes Wesen. Seine schwache Körperbeschaffenheit erregte schon jetzt Besorgnisse für sein Leben, und in der That hatte der Vater den unnennbaren Schmerz, ihn bald darauf zu verlieren. Anselm von Feuerbach, der älteste Sohn des Präsidenten, studirte damals in Heidelberg, ich hatte ihn aber früher nicht kennen gelernt. Wir schlossen jetzt bei meiner Durchreise gute Freundschaft. Mehrere Jahre später trafen wir uns wieder in Heidelberg, wohin er nach dem Tode seiner ersten Frau, von Freiburg herübergekommen war. Die brave Schaffnerin Hepp traute ihren Augen kaum, als sie mich nach so kurzer Zeit wieder erscheinen sah; so oft ich nachher Heidelberg besuchte, so ward ich von ihr und ihren Töchtern als eine seltne Ausnahme von den übrigen Herren Studiosen belobt.

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/419>, abgerufen am 27.04.2024.