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Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793.

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Hause, um merkantilisch zu reden, oder aus ei¬
nem recht alten, um heraldisch zu reden, aus¬
nehme. Denn der reichsfreien Ritterschaft, den
Landsassen und den Patriziern muß es hier oder
nirgends gesagt, und bewiesen werden, daß mein
Heldenlieferant, H. von Falkenberg, von älterm
Adel ist wie sie alle und zwar von unächten.

Nämlich Anno 1625 war Mariä Empfängnis
wo sein Urgrosvater sich ungemein besof und den¬
noch aus dem Glückstopfe die volle Hand mit etwas
außerordentlichem herausbrachte, mit einem zwei¬
ten Adelsdiplom. Denn es trank mit ihm, aber
siebenmal ärger ein gescheuter Roßtäuscher aus
Westphalen, auch ein Herr von Falkenberg,
aber nur ein Namensvetter; ihre beiden Stamm¬
bäume bestreiften und anastomasirten sich weder
in Wurzelfäsergen noch in Blättern. Ob nun
gleich der Sipschaftsbaum des Westphälingers so
alt und lang im Winde und Wetter des Lebens
dagestanden war, daß er mit manchem Vetera¬
nen auf den Bergen Libanon und Aetna zugleich
aus der Erde vorgeschossen zu seyn schien, kurz ob¬
gleich der Roßhändler 64 schildig war, indeß der
Urgrosvater zu seiner grösten Schande und zu des¬

Hauſe, um merkantiliſch zu reden, oder aus ei¬
nem recht alten, um heraldiſch zu reden, aus¬
nehme. Denn der reichsfreien Ritterſchaft, den
Landſaſſen und den Patriziern muß es hier oder
nirgends geſagt, und bewieſen werden, daß mein
Heldenlieferant, H. von Falkenberg, von aͤlterm
Adel iſt wie ſie alle und zwar von unaͤchten.

Naͤmlich Anno 1625 war Mariaͤ Empfaͤngnis
wo ſein Urgrosvater ſich ungemein beſof und den¬
noch aus dem Gluͤckstopfe die volle Hand mit etwas
außerordentlichem herausbrachte, mit einem zwei¬
ten Adelsdiplom. Denn es trank mit ihm, aber
ſiebenmal aͤrger ein geſcheuter Roßtaͤuſcher aus
Weſtphalen, auch ein Herr von Falkenberg,
aber nur ein Namensvetter; ihre beiden Stamm¬
baͤume beſtreiften und anaſtomaſirten ſich weder
in Wurzelfaͤſergen noch in Blaͤttern. Ob nun
gleich der Sipſchaftsbaum des Weſtphaͤlingers ſo
alt und lang im Winde und Wetter des Lebens
dageſtanden war, daß er mit manchem Vetera¬
nen auf den Bergen Libanon und Aetna zugleich
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[28/0064] Hauſe, um merkantiliſch zu reden, oder aus ei¬ nem recht alten, um heraldiſch zu reden, aus¬ nehme. Denn der reichsfreien Ritterſchaft, den Landſaſſen und den Patriziern muß es hier oder nirgends geſagt, und bewieſen werden, daß mein Heldenlieferant, H. von Falkenberg, von aͤlterm Adel iſt wie ſie alle und zwar von unaͤchten. Naͤmlich Anno 1625 war Mariaͤ Empfaͤngnis wo ſein Urgrosvater ſich ungemein beſof und den¬ noch aus dem Gluͤckstopfe die volle Hand mit etwas außerordentlichem herausbrachte, mit einem zwei¬ ten Adelsdiplom. Denn es trank mit ihm, aber ſiebenmal aͤrger ein geſcheuter Roßtaͤuſcher aus Weſtphalen, auch ein Herr von Falkenberg, aber nur ein Namensvetter; ihre beiden Stamm¬ baͤume beſtreiften und anaſtomaſirten ſich weder in Wurzelfaͤſergen noch in Blaͤttern. Ob nun gleich der Sipſchaftsbaum des Weſtphaͤlingers ſo alt und lang im Winde und Wetter des Lebens dageſtanden war, daß er mit manchem Vetera¬ nen auf den Bergen Libanon und Aetna zugleich aus der Erde vorgeſchoſſen zu ſeyn ſchien, kurz ob¬ gleich der Roßhaͤndler 64 ſchildig war, indeß der Urgrosvater zu ſeiner groͤſten Schande und zu deſ¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Die unsichtbare Loge. Bd. 1. Berlin, 1793, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_loge01_1793/64>, abgerufen am 26.04.2024.