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Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800.

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zu fürchten. Der Alte drückte dem Jünglinge
stumm und erfreut die Hände zum Fortbeten
zusammen, knieete neben ihn hin und jene Ent¬
zückung, zu welcher öfteres Beten verklärt,
breitete den Heiligenschein über die Gestalt voll
Jahre. -- Sonderbar war diese Vereinigung
und dieses Schweigen. Die nur noch aus der
Erde ragende Trümmer des Mondes brannte
düsterer; endlich sank sie ein; da stand der
Alte auf und that mit der aus Gewohnheit
der Andacht kommenden Leichtigkeit des Über¬
gangs Fragen über Albano's Namen und Ort;
-- nach der Antwort sagt' er bloß: "bete un¬
"terwegs zu Gott dem Allgütigen, lieber Sohn,
" -- und gehe schlafen, eh' das Gewitter
"kommt." --

Nie kann diese Stimme und Gestalt aus
Albano's Herzen weggehen; die Seele des alten
Mannes ragte, wie die Sonne bei der ring¬
förmigen Finsterniß, über den dunkeln Körper,
der sie mit seiner Moder-Erde überdecken
wollte, mit dem ganzen Rande leuchtend hin¬
aus. -- Tief bis an die Nervenanfänge ge¬
troffen, stand Albano auf und die breitern

Blitze

zu fürchten. Der Alte drückte dem Jünglinge
ſtumm und erfreut die Hände zum Fortbeten
zuſammen, knieete neben ihn hin und jene Ent¬
zückung, zu welcher öfteres Beten verklärt,
breitete den Heiligenſchein über die Geſtalt voll
Jahre. — Sonderbar war dieſe Vereinigung
und dieſes Schweigen. Die nur noch aus der
Erde ragende Trümmer des Mondes brannte
düſterer; endlich ſank ſie ein; da ſtand der
Alte auf und that mit der aus Gewohnheit
der Andacht kommenden Leichtigkeit des Über¬
gangs Fragen über Albano's Namen und Ort;
— nach der Antwort ſagt' er bloß: „bete un¬
„terwegs zu Gott dem Allgütigen, lieber Sohn,
„ — und gehe ſchlafen, eh' das Gewitter
kommt.“ —

Nie kann dieſe Stimme und Geſtalt aus
Albano's Herzen weggehen; die Seele des alten
Mannes ragte, wie die Sonne bei der ring¬
förmigen Finſterniß, über den dunkeln Körper,
der ſie mit ſeiner Moder-Erde überdecken
wollte, mit dem ganzen Rande leuchtend hin¬
aus. — Tief bis an die Nervenanfänge ge¬
troffen, ſtand Albano auf und die breitern

Blitze
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[240/0260] zu fürchten. Der Alte drückte dem Jünglinge ſtumm und erfreut die Hände zum Fortbeten zuſammen, knieete neben ihn hin und jene Ent¬ zückung, zu welcher öfteres Beten verklärt, breitete den Heiligenſchein über die Geſtalt voll Jahre. — Sonderbar war dieſe Vereinigung und dieſes Schweigen. Die nur noch aus der Erde ragende Trümmer des Mondes brannte düſterer; endlich ſank ſie ein; da ſtand der Alte auf und that mit der aus Gewohnheit der Andacht kommenden Leichtigkeit des Über¬ gangs Fragen über Albano's Namen und Ort; — nach der Antwort ſagt' er bloß: „bete un¬ „terwegs zu Gott dem Allgütigen, lieber Sohn, „ — und gehe ſchlafen, eh' das Gewitter „kommt.“ — Nie kann dieſe Stimme und Geſtalt aus Albano's Herzen weggehen; die Seele des alten Mannes ragte, wie die Sonne bei der ring¬ förmigen Finſterniß, über den dunkeln Körper, der ſie mit ſeiner Moder-Erde überdecken wollte, mit dem ganzen Rande leuchtend hin¬ aus. — Tief bis an die Nervenanfänge ge¬ troffen, ſtand Albano auf und die breitern Blitze

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Zitationshilfe: Jean Paul: Titan. Bd. 1. Berlin, 1800, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_titan01_1800/260>, abgerufen am 26.04.2024.