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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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man zur Beichte gehen soll.
§. VII.

Man hat gnugsame Exempel/ daß sich Leu-Landes-
Herrschaff-
ten sollen
Freyheit er-
theilen, daß
man ohnge-
beichtet zum
Abendmahl
gehe. Zum
wenigsten
solte man es
gewissen
Personen
verstatten.

te wegen der Beichte Gewissens-Scrupel gemacht. Sie sind
darüber gantz und gar von dem Abendmahl geblieben.
Solche kan man keinesweges unter die Verächter des Sa-
craments
zehlen. Sie tragen grosses Verlangen/ diese hei-
lige Mahlzeit zu geniessen/ wollen aber nur ohne Beichte
darzu zugelassen werden. Eine hohe Landes-Obrigkeit
würde also gar wohl thun/ wenn sie zuliesse/ daß ein je-
der nach seinem Gewissen bey dem Tisch des HErrn erschie-
ne. Vermeinete man aber/ daß auf diese Weise die rohe-
sten Welt-Kinder sich dabey einfinden würden/ so könte
man es ja also anordnen/ daß man sich vorhero bey der
Geistlichkeit angebe. Merckte diese/ daß ein roher Sün-
der darunter/ so könte sie solchen insonderheit vor sich kom-
men lassen/ und auf das beweglichste zureden. Es wür-
de solches grössern Nutzen schaffen/ als die ordentliche Beicht-
Art. Man findet auch einige Gesetze/ welche die Freyheit
ertheilen/ ohngebeichtet zum Abendmahl zu gehen. Die
Sächsische Kirchen-Ordnung scheinet denen Verständigen
solche Freyheit zu ertheilen/ da sie die Beichte nur auf das
gemeine Volck restringiret a). Der Höchstseelige König in

Preus-
a) Jch finde in den Art. gen. 7. Denn ob es wohl an ihm selbstSächsische Kir-
chen-Ordnung.

ein frey Ding/ und demnach aus keinem Papistischen Zwang
geschehen soll, (deswegen das Volck durch die Kirchen-Die-
ner unterrichtet werden soll, damit nicht wieder Ursach zu
Marter des Gewissens gegeben) so soll man dennoch von
wegen der Christlichen Zucht, und besonders um der Un-

verständigen willen dieselbige nicht fallen lassen, sondern
männiglich vermahnen, daß sie solche lieben, dieweil der

gemeine Pöbel allein um alter Gewohnheit willen zum
Sacrament laufft, und nicht weiß, was Sacrament ist. etc.

Carp-
man zur Beichte gehen ſoll.
§. VII.

Man hat gnugſame Exempel/ daß ſich Leu-Landes-
Herrſchaff-
ten ſollen
Freyheit er-
theilen, daß
man ohnge-
beichtet zum
Abendmahl
gehe. Zum
wenigſten
ſolte man es
gewiſſen
Perſonen
verſtatten.

te wegen der Beichte Gewiſſens-Scrupel gemacht. Sie ſind
daruͤber gantz und gar von dem Abendmahl geblieben.
Solche kan man keinesweges unter die Veraͤchter des Sa-
craments
zehlen. Sie tragen groſſes Verlangen/ dieſe hei-
lige Mahlzeit zu genieſſen/ wollen aber nur ohne Beichte
darzu zugelaſſen werden. Eine hohe Landes-Obrigkeit
wuͤrde alſo gar wohl thun/ wenn ſie zulieſſe/ daß ein je-
der nach ſeinem Gewiſſen bey dem Tiſch des HErrn erſchie-
ne. Vermeinete man aber/ daß auf dieſe Weiſe die rohe-
ſten Welt-Kinder ſich dabey einfinden wuͤrden/ ſo koͤnte
man es ja alſo anordnen/ daß man ſich vorhero bey der
Geiſtlichkeit angebe. Merckte dieſe/ daß ein roher Suͤn-
der darunter/ ſo koͤnte ſie ſolchen inſonderheit vor ſich kom-
men laſſen/ und auf das beweglichſte zureden. Es wuͤr-
de ſolches groͤſſern Nutzen ſchaffen/ als die ordentliche Beicht-
Art. Man findet auch einige Geſetze/ welche die Freyheit
ertheilen/ ohngebeichtet zum Abendmahl zu gehen. Die
Saͤchſiſche Kirchen-Ordnung ſcheinet denen Verſtaͤndigen
ſolche Freyheit zu ertheilen/ da ſie die Beichte nur auf das
gemeine Volck reſtringiret a). Der Hoͤchſtſeelige Koͤnig in

Preuſ-
a) Jch finde in den Art. gen. 7. Denn ob es wohl an ihm ſelbſtSaͤchſiſche Kir-
chen-Ordnung.

ein frey Ding/ und demnach aus keinem Papiſtiſchen Zwang
geſchehen ſoll, (deswegen das Volck durch die Kirchen-Die-
ner unterrichtet werden ſoll, damit nicht wieder Urſach zu
Marter des Gewiſſens gegeben) ſo ſoll man dennoch von
wegen der Chriſtlichen Zucht, und beſonders um der Un-

verſtaͤndigen willen dieſelbige nicht fallen laſſen, ſondern
maͤnniglich vermahnen, daß ſie ſolche lieben, dieweil der

gemeine Poͤbel allein um alter Gewohnheit willen zum
Sacrament laufft, und nicht weiß, was Sacrament iſt. ꝛc.

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[231/0250] man zur Beichte gehen ſoll. §. VII. Man hat gnugſame Exempel/ daß ſich Leu- te wegen der Beichte Gewiſſens-Scrupel gemacht. Sie ſind daruͤber gantz und gar von dem Abendmahl geblieben. Solche kan man keinesweges unter die Veraͤchter des Sa- craments zehlen. Sie tragen groſſes Verlangen/ dieſe hei- lige Mahlzeit zu genieſſen/ wollen aber nur ohne Beichte darzu zugelaſſen werden. Eine hohe Landes-Obrigkeit wuͤrde alſo gar wohl thun/ wenn ſie zulieſſe/ daß ein je- der nach ſeinem Gewiſſen bey dem Tiſch des HErrn erſchie- ne. Vermeinete man aber/ daß auf dieſe Weiſe die rohe- ſten Welt-Kinder ſich dabey einfinden wuͤrden/ ſo koͤnte man es ja alſo anordnen/ daß man ſich vorhero bey der Geiſtlichkeit angebe. Merckte dieſe/ daß ein roher Suͤn- der darunter/ ſo koͤnte ſie ſolchen inſonderheit vor ſich kom- men laſſen/ und auf das beweglichſte zureden. Es wuͤr- de ſolches groͤſſern Nutzen ſchaffen/ als die ordentliche Beicht- Art. Man findet auch einige Geſetze/ welche die Freyheit ertheilen/ ohngebeichtet zum Abendmahl zu gehen. Die Saͤchſiſche Kirchen-Ordnung ſcheinet denen Verſtaͤndigen ſolche Freyheit zu ertheilen/ da ſie die Beichte nur auf das gemeine Volck reſtringiret a). Der Hoͤchſtſeelige Koͤnig in Preuſ- Landes- Herrſchaff- ten ſollen Freyheit er- theilen, daß man ohnge- beichtet zum Abendmahl gehe. Zum wenigſten ſolte man es gewiſſen Perſonen verſtatten. a) Jch finde in den Art. gen. 7. Denn ob es wohl an ihm ſelbſt ein frey Ding/ und demnach aus keinem Papiſtiſchen Zwang geſchehen ſoll, (deswegen das Volck durch die Kirchen-Die- ner unterrichtet werden ſoll, damit nicht wieder Urſach zu Marter des Gewiſſens gegeben) ſo ſoll man dennoch von wegen der Chriſtlichen Zucht, und beſonders um der Un- verſtaͤndigen willen dieſelbige nicht fallen laſſen, ſondern maͤnniglich vermahnen, daß ſie ſolche lieben, dieweil der gemeine Poͤbel allein um alter Gewohnheit willen zum Sacrament laufft, und nicht weiß, was Sacrament iſt. ꝛc. Carp-

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/250>, abgerufen am 26.04.2024.