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Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721.

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Geheimhaltung der Beichte.
§. XIII.

Vielleicht aber höret die Pflicht das gebeich-Die Beich-
te muß ge-
heim gehal-
ten werden,
wenn gleich
das Beicht-
Kind ge-
storben.

tete geheim zu halten/ so dann auf/ wenn das Beicht-Kind
ferner nicht am Leben? So meinen einige/ weil der Todt
ordentlicher Weise alle Rechte und Pflichten aufhebet. Sie
sagen ferner/ wenn auch jemand was gebeichtet/ so etwas
grosses auf sich hätte/ so wäre der Cörper dennoch von der
Straffe befreyet. Man könnte demselben zum wenigsten
keine Straffe anthun. Denn eigentlich zu reden/ so hät-
ten die Cörper weder einiges Recht noch Pflicht zu for-
dern a). Allein nichts destoweniger muß die Beichte ge-
heim gehalten werden. Wenn keine andere Ursache vor-
handen wäre/ so würde diese eintzige zureichen/ daß der Fa-
milie des Verstorbenen ein Schimpff zugezogen würde/
wenn man ein grosses Laster von solchem an Tag brächte.
Die Sache/ so bißher verborgen gewesen/ und die der Ver-
storbene zur Erleichterung seines Gewissens dem Beicht-
Vater entdecket/ muß auch ferner cachirt bleiben. Man
darf den Hinterbliebenen zum Nachtheil nichts ausplau-
dern.

§. XIV.
ben die Sache zu untersuchen. Auf diese Art aber kämen die
Beicht-Kinder in Gefahr ihre Ehre und Ansehen zu verlieren.
a) Allein ein guter Ruff, dauret auch nach dem Tode. WemWird noch wei-
ter erläutert.

ist über dieses unbekant, daß man auch zuweilen an denen toden
Cörpern eine Straffe exequiret? Denn obgleich der Cörper kei-
ne Straffe mehr leidet, so thut man es dennoch denen Lebendigen
einen Schrecken einzujagen. So lässet man die Cörper zuwei-
len unbegraben liegen, davon Gutherius de jure manium Lib. I.
Cap. XI.
nachzulesen. Dieses sind genugsame Gründe, weßwe-
gen ein Beicht-Vater allezeit reinen Mund halten soll. Jch will
anjetzo nichts davon gedencken, daß man nach denen Regeln des
Christenthums von denen Toden nichts als gutes zu reden gehal-
ten sey. Vid. August. Barbosa in tr. de offic. & potest Paroch. part.
2. cap. 19. n. 54.

a) Jch
r r 3
Geheimhaltung der Beichte.
§. XIII.

Vielleicht aber hoͤret die Pflicht das gebeich-Die Beich-
te muß ge-
heim gehal-
ten werden,
wenn gleich
das Beicht-
Kind ge-
ſtorben.

tete geheim zu halten/ ſo dann auf/ wenn das Beicht-Kind
ferner nicht am Leben? So meinen einige/ weil der Todt
ordentlicher Weiſe alle Rechte und Pflichten aufhebet. Sie
ſagen ferner/ wenn auch jemand was gebeichtet/ ſo etwas
groſſes auf ſich haͤtte/ ſo waͤre der Coͤrper dennoch von der
Straffe befreyet. Man koͤnnte demſelben zum wenigſten
keine Straffe anthun. Denn eigentlich zu reden/ ſo haͤt-
ten die Coͤrper weder einiges Recht noch Pflicht zu for-
dern a). Allein nichts deſtoweniger muß die Beichte ge-
heim gehalten werden. Wenn keine andere Urſache vor-
handen waͤre/ ſo wuͤrde dieſe eintzige zureichen/ daß der Fa-
milie des Verſtorbenen ein Schimpff zugezogen wuͤrde/
wenn man ein groſſes Laſter von ſolchem an Tag braͤchte.
Die Sache/ ſo bißher verborgen geweſen/ und die der Ver-
ſtorbene zur Erleichterung ſeines Gewiſſens dem Beicht-
Vater entdecket/ muß auch ferner cachirt bleiben. Man
darf den Hinterbliebenen zum Nachtheil nichts ausplau-
dern.

§. XIV.
ben die Sache zu unterſuchen. Auf dieſe Art aber kaͤmen die
Beicht-Kinder in Gefahr ihre Ehre und Anſehen zu verlieren.
a) Allein ein guter Ruff, dauret auch nach dem Tode. WemWird noch wei-
ter erlaͤutert.

iſt uͤber dieſes unbekant, daß man auch zuweilen an denen toden
Coͤrpern eine Straffe exequiret? Denn obgleich der Coͤrper kei-
ne Straffe mehr leidet, ſo thut man es dennoch denen Lebendigen
einen Schrecken einzujagen. So laͤſſet man die Coͤrper zuwei-
len unbegraben liegen, davon Gutherius de jure manium Lib. I.
Cap. XI.
nachzuleſen. Dieſes ſind genugſame Gruͤnde, weßwe-
gen ein Beicht-Vater allezeit reinen Mund halten ſoll. Jch will
anjetzo nichts davon gedencken, daß man nach denen Regeln des
Chriſtenthums von denen Toden nichts als gutes zu reden gehal-
ten ſey. Vid. Auguſt. Barboſa in tr. de offic. & poteſt Paroch. part.
2. cap. 19. n. 54.

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[317/0336] Geheimhaltung der Beichte. §. XIII. Vielleicht aber hoͤret die Pflicht das gebeich- tete geheim zu halten/ ſo dann auf/ wenn das Beicht-Kind ferner nicht am Leben? So meinen einige/ weil der Todt ordentlicher Weiſe alle Rechte und Pflichten aufhebet. Sie ſagen ferner/ wenn auch jemand was gebeichtet/ ſo etwas groſſes auf ſich haͤtte/ ſo waͤre der Coͤrper dennoch von der Straffe befreyet. Man koͤnnte demſelben zum wenigſten keine Straffe anthun. Denn eigentlich zu reden/ ſo haͤt- ten die Coͤrper weder einiges Recht noch Pflicht zu for- dern a). Allein nichts deſtoweniger muß die Beichte ge- heim gehalten werden. Wenn keine andere Urſache vor- handen waͤre/ ſo wuͤrde dieſe eintzige zureichen/ daß der Fa- milie des Verſtorbenen ein Schimpff zugezogen wuͤrde/ wenn man ein groſſes Laſter von ſolchem an Tag braͤchte. Die Sache/ ſo bißher verborgen geweſen/ und die der Ver- ſtorbene zur Erleichterung ſeines Gewiſſens dem Beicht- Vater entdecket/ muß auch ferner cachirt bleiben. Man darf den Hinterbliebenen zum Nachtheil nichts ausplau- dern. Die Beich- te muß ge- heim gehal- ten werden, wenn gleich das Beicht- Kind ge- ſtorben. §. XIV. (b) a) Allein ein guter Ruff, dauret auch nach dem Tode. Wem iſt uͤber dieſes unbekant, daß man auch zuweilen an denen toden Coͤrpern eine Straffe exequiret? Denn obgleich der Coͤrper kei- ne Straffe mehr leidet, ſo thut man es dennoch denen Lebendigen einen Schrecken einzujagen. So laͤſſet man die Coͤrper zuwei- len unbegraben liegen, davon Gutherius de jure manium Lib. I. Cap. XI. nachzuleſen. Dieſes ſind genugſame Gruͤnde, weßwe- gen ein Beicht-Vater allezeit reinen Mund halten ſoll. Jch will anjetzo nichts davon gedencken, daß man nach denen Regeln des Chriſtenthums von denen Toden nichts als gutes zu reden gehal- ten ſey. Vid. Auguſt. Barboſa in tr. de offic. & poteſt Paroch. part. 2. cap. 19. n. 54. a) Jch (b) ben die Sache zu unterſuchen. Auf dieſe Art aber kaͤmen die Beicht-Kinder in Gefahr ihre Ehre und Anſehen zu verlieren. r r 3

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Zitationshilfe: Pertsch, Johann Georg: Das Recht Der Beicht-Stühle. Halle, 1721, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pertsch_recht_1721/336>, abgerufen am 27.04.2024.