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[Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781.

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etwann um neun Uhr wieder zu mir; aber rede
mir kein Wort weiter vom Bündel.

Da gieng der Wüst erleichtert und in seinem
Gewissen getröstet, vom Pfarrer fort gerade in's
Vogts Haus, und gab das Geld, da der Mann
nicht zu Hause war, der Frau.

Diese fragte ihn: Woher so viel Geld auf ein-
mal, Wüst?

Niedergeschlagen und kurz antwortete der Wüst:
Ich habe es so gemacht, wie ich's gekonnt habe;
Gott Lob! daß du es hast.

Die Vögtinn erwiederte: Wir haben dich doch
noch nie darum genöthigt.

Wüst. Ich weiß es wohl; aber es ist viel-
leicht eben darum nichts desto besser.

Vögtinn. Das ist wunderlich geredt, Wüst! wo
fehlt's dir? Du bist die Zeither gar nicht recht.

Wüst. Ach Gott! du wirst's wohl erfahren;
aber zähl doch das Geld; ich muß gehen.

Die Vögtinn zählt das Geld, und sagt: Es ist
richtig.

Wüst. Nun, gieb es deinem Mann ordent-
lich. Behüt Gott, Frau Vögtinn

Vögtinn. Muß es seyn -- so behüt auch
Gott, Wüst!



§. 66.
S 5

etwann um neun Uhr wieder zu mir; aber rede
mir kein Wort weiter vom Buͤndel.

Da gieng der Wuͤſt erleichtert und in ſeinem
Gewiſſen getroͤſtet, vom Pfarrer fort gerade in’s
Vogts Haus, und gab das Geld, da der Mann
nicht zu Hauſe war, der Frau.

Dieſe fragte ihn: Woher ſo viel Geld auf ein-
mal, Wuͤſt?

Niedergeſchlagen und kurz antwortete der Wuͤſt:
Ich habe es ſo gemacht, wie ich’s gekonnt habe;
Gott Lob! daß du es haſt.

Die Voͤgtinn erwiederte: Wir haben dich doch
noch nie darum genoͤthigt.

Wuͤſt. Ich weiß es wohl; aber es iſt viel-
leicht eben darum nichts deſto beſſer.

Voͤgtinn. Das iſt wunderlich geredt, Wuͤſt! wo
fehlt’s dir? Du biſt die Zeither gar nicht recht.

Wuͤſt. Ach Gott! du wirſt’s wohl erfahren;
aber zaͤhl doch das Geld; ich muß gehen.

Die Voͤgtinn zaͤhlt das Geld, und ſagt: Es iſt
richtig.

Wuͤſt. Nun, gieb es deinem Mann ordent-
lich. Behuͤt Gott, Frau Voͤgtinn

Voͤgtinn. Muß es ſeyn — ſo behuͤt auch
Gott, Wuͤſt!



§. 66.
S 5
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[281/0306] etwann um neun Uhr wieder zu mir; aber rede mir kein Wort weiter vom Buͤndel. Da gieng der Wuͤſt erleichtert und in ſeinem Gewiſſen getroͤſtet, vom Pfarrer fort gerade in’s Vogts Haus, und gab das Geld, da der Mann nicht zu Hauſe war, der Frau. Dieſe fragte ihn: Woher ſo viel Geld auf ein- mal, Wuͤſt? Niedergeſchlagen und kurz antwortete der Wuͤſt: Ich habe es ſo gemacht, wie ich’s gekonnt habe; Gott Lob! daß du es haſt. Die Voͤgtinn erwiederte: Wir haben dich doch noch nie darum genoͤthigt. Wuͤſt. Ich weiß es wohl; aber es iſt viel- leicht eben darum nichts deſto beſſer. Voͤgtinn. Das iſt wunderlich geredt, Wuͤſt! wo fehlt’s dir? Du biſt die Zeither gar nicht recht. Wuͤſt. Ach Gott! du wirſt’s wohl erfahren; aber zaͤhl doch das Geld; ich muß gehen. Die Voͤgtinn zaͤhlt das Geld, und ſagt: Es iſt richtig. Wuͤſt. Nun, gieb es deinem Mann ordent- lich. Behuͤt Gott, Frau Voͤgtinn Voͤgtinn. Muß es ſeyn — ſo behuͤt auch Gott, Wuͤſt! §. 66. S 5

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Zitationshilfe: [Pestalozzi, Johann Heinrich]: Lienhard und Gertrud. [Bd. 1]. Berlin u. a., 1781, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pestalozzi_lienhard01_1781/306>, abgerufen am 26.04.2024.