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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] nichts gutes/ oder doch ein ärgers hätte erfolgen müs-
sen.
5. Ein Erfahrungs-Prob/ nicht eines/ sondern un-
terschiedlicher gantz gleich befindlicher Exempel/ wo-
durch beyderley augenscheinlich und handgreifflich/
oder zum wenigsten eins derselben den Wissenden
und Unwissenden ein Genügen zu thun/ leicht oder
doch möglich sey/ welches für die gemeine Prob der
guten Abrichtung ins gemein zu erkennen ist/ inson-
derheit aber/ wird der Sachen näher getreten seyn/
wann man in der Abrichtungs-Art befindet/ daß
durch dieselbe 1. des Pferdes 1. Natur/ 2. Vermögen/
und 3 Gestalt/ nicht 1. geschwächet/ 2. mißbrauchet/
oder 3. geschändet/ 2. Sondern vielmehr zu getreuen
Gehülffen gebrauchet/ angewendet/ verbessert/ und im
besten Stand erhalten werden.
Woraus dann bey so gestalten Sachen
auff des Pferdes Seiten nothwendig
folgendes erfolgen
muß:
1. Zwar ein vollkommenes Verstehen und @ Wissen/
welches der Reuter durch seine drey Haupt-Mittel/
1. der Liebe/ 2. Hülffe und 3. Straffe/ dergestalt einge-
pflantzet/ beygebracht und versichert hat/ daß es dem-
selben/ in allen seinen Begehren/ zu begegnen nicht un-
verständig oder unwissend sey
2. Ein freywilliges Wollen/ daß dem Reuter das
Pferd zu Gefallen und Gehorsam/ all sein Wissen un-
weigerlich bezeige/ nachdem es des Reuters Willen
erinnert ist/ und demselben in keinerley Weise zu wi-
derstreben begehret.
3. Ein genugsames Können/ dasselbe auf des Reu-
ters Erfodern zu leisten/ was der Reuter suchet/ und
dem Pferd aus der Unterweisung/ durch die Wür-
ckungen der Liebs-Bezeigungen/ Hülffen und Straf-
fen des Reuters genugsam bekandt worden/ die auch
seiner Natur und Willen nicht entgegen/ dann wie
das Pferd nicht leisten kan/ was es nicht weiß oder
kan/ so kan es auch nicht vollbringen/ was es nicht ge-
lernet hat.

Ein solches Pferd aber muß weder im Gemüht/ an
den Sinnen/ noch an dem Leibe/ entweder gar keine
Verhinderung oder Mangel haben/ oder es müssen
ihme solche vor oder in währender Abrichtung/ aller-
dings benommen/ aus der Gedächtnüß/ Willen und
Leibes Indisposition/ gebracht werden.

Soll aber dasselbe erfolgen/ so muß nothwendig/ 1.
des Reuters Urtheil unbetrieglich/ und seine Unter-
weisungs-Art also beschaffen seyn/ daß sie alle Mängel
aller drey Haupt-Theil des Pferdes/ 1. bey dem gu-
ten Stand erhalten/ 2. oder im widrigen solche darzu
gehalten und angewiesen werden.

Vornemlich aber wird er sein Absehen vor allem
und gleich im Anfang/ auff die drey Haupt-Verhin-
derungen richten müssen/ welche sich in dem Gemüth
und Sinnen befinden/ oder mit der Zeit entstehen kön-
ten/ welche unter allem der Abrichtungs-Handelung
den grösten Anstoß oder Hinderung machen können.

1. Als der Zweiffel/ welcher so wol dem Wissen als
Wollen widerstehet.

[Spaltenumbruch]

2. Der Verdruß/ welcher dem Wollen und dem
Können hinderlich ist/ weil er auff die Unterweisung
keine Gedancken oder Bemühung wenden will.

3. Zorn und Ungehorsam/ welcher alle drey auff-
hält/ dann derselbe überwindet die Gedächtniß/ oder
verwirret sie zum wenigsten entweder gar/ oder auf ei-
ne Zeit/ entweder in allen/ oder doch in vielen Bezei-
gungen; Er vertreibet allen geneigten Willen/ und
verändert denselben vielmehr zu lauter Defensions-
Mitteln und Rach.

Viel kräfftiger widerstre bet er aber dem Können/
weil er jederzeit das Widerspiel versuchet und gebrau-
chet.

So lang nun ein Pferd dieser Mängel des Ge-
müths und der Sinnen/ nur etliche oder einen/ viel
oder wenig/ in der Unterweisung an sich verspühren
und erscheinen lässet/ wird das Können auffgehalten/
und viel sicherer in der Unterweisung stillzustehen/ und
sich dagegen mit Abnehmung dessen bemühet/ als
fortzufahren seyn/ oder doch nicht viel fruchtbärliches/
viel ehe aber neue Unordnungen und Hinderungen er-
wecket werden.

Nach völliger Versicherung des Gemüths und
Sinnen aber wird das Können desto ehe und leichter
erfolgen/ weil dasselbe keine andere Verhinderung ha-
ben kan/ als die dernselben von der Indisposition des
Leibes und der Glieder von aussen/ oder die Kranck-
heits-Mängel innerlich machen können.

Wie nun der Reuter billich derselben Erkäntnüß
in der Erwehlung mächtig seyn solle/ oder wird/ ehe er
sich mit dem Pferde bemühet/ entweder die untüchti-
gen zu meyden/ oder aber die innerlichen Mängel
durch die Artzney-Mittel/ die äusserlichen durch die
Unterweisungs-Art zu verbesseren: So werden die
Mängel oder Verhinderungen (welche entweder von
der Natur/ Gewohnheit/ oder Gewächs herkommen/
und wieder zu verbessern leicht oder möglich fallen/)
allein der Proportion des Leibs zuzuschreiben seyn/
unter welchen 1. das böse Gewächs der gröste: So
weit solches noch zu corrigiren stehet/ (weil was unre-
medirlich auch gantz verwerfflich ist:) 2. die Mißge-
stalt/ welche sich an den rohen unterwiesenen Pferden
befindet/ so lang sie ihr Alter/ Proportion oder Ge-
wächs nicht erreichet haben.

Solcher Verbesserung nun/ oder ein Grad der
rechten Unterweisung/ kommet auch der Unterwei-
sung zu/ wodurch sie allein zu der vollkommenen Ab-
richtung tüchtig gemacht werden müssen/ ausser wel-
cher alle Abrichtung eine vergebliche Mühe verbleibet/
welche ihren Effect oder Jntent nimmermehr errei-
chen kan.

Soll nun des Pferdes Können/ von des Reuters
seinem Zeugniß geben/ so müssen sich bey demselben
nach und nach dreyerley Würckungen und Bezei-
gungen je mehr und mehr/ und endlich mit Beschlies-
sung der Abrichtung auch in unmangelhaffter Voll-
kommenheit befinden lassen.

Erstens zwar die Fertigkeit/ welche in der entledig-
ten/ freyen und geschwinden Verrichtung bestehet/
darinnen es sich/ nach des Reuters Zaums-Leitung/
von einem Ort zum andern (dahin es solle) bringen
lässet.

Zwey-
Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] nichts gutes/ oder doch ein aͤrgers haͤtte erfolgen muͤſ-
ſen.
5. Ein Erfahrungs-Prob/ nicht eines/ ſondern un-
terſchiedlicher gantz gleich befindlicher Exempel/ wo-
durch beyderley augenſcheinlich und handgreifflich/
oder zum wenigſten eins derſelben den Wiſſenden
und Unwiſſenden ein Genuͤgen zu thun/ leicht oder
doch moͤglich ſey/ welches fuͤr die gemeine Prob der
guten Abrichtung ins gemein zu erkennen iſt/ inſon-
derheit aber/ wird der Sachen naͤher getreten ſeyn/
wann man in der Abrichtungs-Art befindet/ daß
durch dieſelbe 1. des Pferdes 1. Natur/ 2. Vermoͤgen/
und 3 Geſtalt/ nicht 1. geſchwaͤchet/ 2. mißbrauchet/
oder 3. geſchaͤndet/ 2. Sondern vielmehr zu getreuen
Gehuͤlffen gebrauchet/ angewendet/ verbeſſert/ und im
beſten Stand erhalten werden.
Woraus dann bey ſo geſtalten Sachen
auff des Pferdes Seiten nothwendig
folgendes erfolgen
muß:
1. Zwar ein vollkommenes Verſtehen uñ  Wiſſen/
welches der Reuter durch ſeine drey Haupt-Mittel/
1. der Liebe/ 2. Huͤlffe und 3. Straffe/ dergeſtalt einge-
pflantzet/ beygebracht und verſichert hat/ daß es dem-
ſelben/ in allen ſeinen Begehren/ zu begegnen nicht un-
verſtaͤndig oder unwiſſend ſey
2. Ein freywilliges Wollen/ daß dem Reuter das
Pferd zu Gefallen und Gehorſam/ all ſein Wiſſen un-
weigerlich bezeige/ nachdem es des Reuters Willen
erinnert iſt/ und demſelben in keinerley Weiſe zu wi-
derſtreben begehret.
3. Ein genugſames Koͤnnen/ daſſelbe auf des Reu-
ters Erfodern zu leiſten/ was der Reuter ſuchet/ und
dem Pferd aus der Unterweiſung/ durch die Wuͤr-
ckungen der Liebs-Bezeigungen/ Huͤlffen und Straf-
fen des Reuters genugſam bekandt worden/ die auch
ſeiner Natur und Willen nicht entgegen/ dann wie
das Pferd nicht leiſten kan/ was es nicht weiß oder
kan/ ſo kan es auch nicht vollbringen/ was es nicht ge-
lernet hat.

Ein ſolches Pferd aber muß weder im Gemuͤht/ an
den Sinnen/ noch an dem Leibe/ entweder gar keine
Verhinderung oder Mangel haben/ oder es muͤſſen
ihme ſolche vor oder in waͤhrender Abrichtung/ aller-
dings benommen/ aus der Gedaͤchtnuͤß/ Willen und
Leibes Indispoſition/ gebracht werden.

Soll aber daſſelbe erfolgen/ ſo muß nothwendig/ 1.
des Reuters Urtheil unbetrieglich/ und ſeine Unter-
weiſungs-Art alſo beſchaffen ſeyn/ daß ſie alle Maͤngel
aller drey Haupt-Theil des Pferdes/ 1. bey dem gu-
ten Stand erhalten/ 2. oder im widrigen ſolche darzu
gehalten und angewieſen werden.

Vornemlich aber wird er ſein Abſehen vor allem
und gleich im Anfang/ auff die drey Haupt-Verhin-
derungen richten muͤſſen/ welche ſich in dem Gemuͤth
und Sinnen befinden/ oder mit der Zeit entſtehen koͤn-
ten/ welche unter allem der Abrichtungs-Handelung
den groͤſten Anſtoß oder Hinderung machen koͤnnen.

1. Als der Zweiffel/ welcher ſo wol dem Wiſſen als
Wollen widerſtehet.

[Spaltenumbruch]

2. Der Verdruß/ welcher dem Wollen und dem
Koͤnnen hinderlich iſt/ weil er auff die Unterweiſung
keine Gedancken oder Bemuͤhung wenden will.

3. Zorn und Ungehorſam/ welcher alle drey auff-
haͤlt/ dann derſelbe uͤberwindet die Gedaͤchtniß/ oder
verwirret ſie zum wenigſten entweder gar/ oder auf ei-
ne Zeit/ entweder in allen/ oder doch in vielen Bezei-
gungen; Er vertreibet allen geneigten Willen/ und
veraͤndert denſelben vielmehr zu lauter Defenſions-
Mitteln und Rach.

Viel kraͤfftiger widerſtre bet er aber dem Koͤnnen/
weil er jederzeit das Widerſpiel verſuchet und gebrau-
chet.

So lang nun ein Pferd dieſer Maͤngel des Ge-
muͤths und der Sinnen/ nur etliche oder einen/ viel
oder wenig/ in der Unterweiſung an ſich verſpuͤhren
und erſcheinen laͤſſet/ wird das Koͤnnen auffgehalten/
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fortzufahren ſeyn/ oder doch nicht viel fruchtbaͤꝛliches/
viel ehe aber neue Unordnungen und Hinderungen er-
wecket werden.

Nach voͤlliger Verſicherung des Gemuͤths und
Sinnen aber wird das Koͤnnen deſto ehe und leichter
erfolgen/ weil daſſelbe keine andere Verhinderung ha-
ben kan/ als die dernſelben von der Indispoſition des
Leibes und der Glieder von auſſen/ oder die Kranck-
heits-Maͤngel innerlich machen koͤnnen.

Wie nun der Reuter billich derſelben Erkaͤntnuͤß
in der Erwehlung maͤchtig ſeyn ſolle/ oder wird/ ehe er
ſich mit dem Pferde bemuͤhet/ entweder die untuͤchti-
gen zu meyden/ oder aber die innerlichen Maͤngel
durch die Artzney-Mittel/ die aͤuſſerlichen durch die
Unterweiſungs-Art zu verbeſſeren: So werden die
Maͤngel oder Verhinderungen (welche entweder von
der Natur/ Gewohnheit/ oder Gewaͤchs herkommen/
und wieder zu verbeſſern leicht oder moͤglich fallen/)
allein der Proportion des Leibs zuzuſchreiben ſeyn/
unter welchen 1. das boͤſe Gewaͤchs der groͤſte: So
weit ſolches noch zu corrigiren ſtehet/ (weil was unre-
medirlich auch gantz verwerfflich iſt:) 2. die Mißge-
ſtalt/ welche ſich an den rohen unterwieſenen Pferden
befindet/ ſo lang ſie ihr Alter/ Proportion oder Ge-
waͤchs nicht erreichet haben.

Solcher Verbeſſerung nun/ oder ein Grad der
rechten Unterweiſung/ kommet auch der Unterwei-
ſung zu/ wodurch ſie allein zu der vollkommenen Ab-
richtung tuͤchtig gemacht werden muͤſſen/ auſſer wel-
cher alle Abrichtung eine vergebliche Muͤhe verbleibet/
welche ihren Effect oder Jntent nimmermehr errei-
chen kan.

Soll nun des Pferdes Koͤnnen/ von des Reuters
ſeinem Zeugniß geben/ ſo muͤſſen ſich bey demſelben
nach und nach dreyerley Wuͤrckungen und Bezei-
gungen je mehr und mehr/ und endlich mit Beſchlieſ-
ſung der Abrichtung auch in unmangelhaffter Voll-
kommenheit befinden laſſen.

Erſtens zwar die Fertigkeit/ welche in der entledig-
ten/ freyen und geſchwinden Verrichtung beſtehet/
darinnen es ſich/ nach des Reuters Zaums-Leitung/
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laͤſſet.

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[246/0268] Neuer vollkommener nichts gutes/ oder doch ein aͤrgers haͤtte erfolgen muͤſ- ſen. 5. Ein Erfahrungs-Prob/ nicht eines/ ſondern un- terſchiedlicher gantz gleich befindlicher Exempel/ wo- durch beyderley augenſcheinlich und handgreifflich/ oder zum wenigſten eins derſelben den Wiſſenden und Unwiſſenden ein Genuͤgen zu thun/ leicht oder doch moͤglich ſey/ welches fuͤr die gemeine Prob der guten Abrichtung ins gemein zu erkennen iſt/ inſon- derheit aber/ wird der Sachen naͤher getreten ſeyn/ wann man in der Abrichtungs-Art befindet/ daß durch dieſelbe 1. des Pferdes 1. Natur/ 2. Vermoͤgen/ und 3 Geſtalt/ nicht 1. geſchwaͤchet/ 2. mißbrauchet/ oder 3. geſchaͤndet/ 2. Sondern vielmehr zu getreuen Gehuͤlffen gebrauchet/ angewendet/ verbeſſert/ und im beſten Stand erhalten werden. Woraus dann bey ſo geſtalten Sachen auff des Pferdes Seiten nothwendig folgendes erfolgen muß: 1. Zwar ein vollkommenes Verſtehen uñ  Wiſſen/ welches der Reuter durch ſeine drey Haupt-Mittel/ 1. der Liebe/ 2. Huͤlffe und 3. Straffe/ dergeſtalt einge- pflantzet/ beygebracht und verſichert hat/ daß es dem- ſelben/ in allen ſeinen Begehren/ zu begegnen nicht un- verſtaͤndig oder unwiſſend ſey 2. Ein freywilliges Wollen/ daß dem Reuter das Pferd zu Gefallen und Gehorſam/ all ſein Wiſſen un- weigerlich bezeige/ nachdem es des Reuters Willen erinnert iſt/ und demſelben in keinerley Weiſe zu wi- derſtreben begehret. 3. Ein genugſames Koͤnnen/ daſſelbe auf des Reu- ters Erfodern zu leiſten/ was der Reuter ſuchet/ und dem Pferd aus der Unterweiſung/ durch die Wuͤr- ckungen der Liebs-Bezeigungen/ Huͤlffen und Straf- fen des Reuters genugſam bekandt worden/ die auch ſeiner Natur und Willen nicht entgegen/ dann wie das Pferd nicht leiſten kan/ was es nicht weiß oder kan/ ſo kan es auch nicht vollbringen/ was es nicht ge- lernet hat. Ein ſolches Pferd aber muß weder im Gemuͤht/ an den Sinnen/ noch an dem Leibe/ entweder gar keine Verhinderung oder Mangel haben/ oder es muͤſſen ihme ſolche vor oder in waͤhrender Abrichtung/ aller- dings benommen/ aus der Gedaͤchtnuͤß/ Willen und Leibes Indispoſition/ gebracht werden. Soll aber daſſelbe erfolgen/ ſo muß nothwendig/ 1. des Reuters Urtheil unbetrieglich/ und ſeine Unter- weiſungs-Art alſo beſchaffen ſeyn/ daß ſie alle Maͤngel aller drey Haupt-Theil des Pferdes/ 1. bey dem gu- ten Stand erhalten/ 2. oder im widrigen ſolche darzu gehalten und angewieſen werden. Vornemlich aber wird er ſein Abſehen vor allem und gleich im Anfang/ auff die drey Haupt-Verhin- derungen richten muͤſſen/ welche ſich in dem Gemuͤth und Sinnen befinden/ oder mit der Zeit entſtehen koͤn- ten/ welche unter allem der Abrichtungs-Handelung den groͤſten Anſtoß oder Hinderung machen koͤnnen. 1. Als der Zweiffel/ welcher ſo wol dem Wiſſen als Wollen widerſtehet. 2. Der Verdruß/ welcher dem Wollen und dem Koͤnnen hinderlich iſt/ weil er auff die Unterweiſung keine Gedancken oder Bemuͤhung wenden will. 3. Zorn und Ungehorſam/ welcher alle drey auff- haͤlt/ dann derſelbe uͤberwindet die Gedaͤchtniß/ oder verwirret ſie zum wenigſten entweder gar/ oder auf ei- ne Zeit/ entweder in allen/ oder doch in vielen Bezei- gungen; Er vertreibet allen geneigten Willen/ und veraͤndert denſelben vielmehr zu lauter Defenſions- Mitteln und Rach. Viel kraͤfftiger widerſtre bet er aber dem Koͤnnen/ weil er jederzeit das Widerſpiel verſuchet und gebrau- chet. So lang nun ein Pferd dieſer Maͤngel des Ge- muͤths und der Sinnen/ nur etliche oder einen/ viel oder wenig/ in der Unterweiſung an ſich verſpuͤhren und erſcheinen laͤſſet/ wird das Koͤnnen auffgehalten/ und viel ſicherer in der Unterweiſung ſtillzuſtehen/ und ſich dagegen mit Abnehmung deſſen bemuͤhet/ als fortzufahren ſeyn/ oder doch nicht viel fruchtbaͤꝛliches/ viel ehe aber neue Unordnungen und Hinderungen er- wecket werden. Nach voͤlliger Verſicherung des Gemuͤths und Sinnen aber wird das Koͤnnen deſto ehe und leichter erfolgen/ weil daſſelbe keine andere Verhinderung ha- ben kan/ als die dernſelben von der Indispoſition des Leibes und der Glieder von auſſen/ oder die Kranck- heits-Maͤngel innerlich machen koͤnnen. Wie nun der Reuter billich derſelben Erkaͤntnuͤß in der Erwehlung maͤchtig ſeyn ſolle/ oder wird/ ehe er ſich mit dem Pferde bemuͤhet/ entweder die untuͤchti- gen zu meyden/ oder aber die innerlichen Maͤngel durch die Artzney-Mittel/ die aͤuſſerlichen durch die Unterweiſungs-Art zu verbeſſeren: So werden die Maͤngel oder Verhinderungen (welche entweder von der Natur/ Gewohnheit/ oder Gewaͤchs herkommen/ und wieder zu verbeſſern leicht oder moͤglich fallen/) allein der Proportion des Leibs zuzuſchreiben ſeyn/ unter welchen 1. das boͤſe Gewaͤchs der groͤſte: So weit ſolches noch zu corrigiren ſtehet/ (weil was unre- medirlich auch gantz verwerfflich iſt:) 2. die Mißge- ſtalt/ welche ſich an den rohen unterwieſenen Pferden befindet/ ſo lang ſie ihr Alter/ Proportion oder Ge- waͤchs nicht erreichet haben. Solcher Verbeſſerung nun/ oder ein Grad der rechten Unterweiſung/ kommet auch der Unterwei- ſung zu/ wodurch ſie allein zu der vollkommenen Ab- richtung tuͤchtig gemacht werden muͤſſen/ auſſer wel- cher alle Abrichtung eine vergebliche Muͤhe verbleibet/ welche ihren Effect oder Jntent nimmermehr errei- chen kan. Soll nun des Pferdes Koͤnnen/ von des Reuters ſeinem Zeugniß geben/ ſo muͤſſen ſich bey demſelben nach und nach dreyerley Wuͤrckungen und Bezei- gungen je mehr und mehr/ und endlich mit Beſchlieſ- ſung der Abrichtung auch in unmangelhaffter Voll- kommenheit befinden laſſen. Erſtens zwar die Fertigkeit/ welche in der entledig- ten/ freyen und geſchwinden Verrichtung beſtehet/ darinnen es ſich/ nach des Reuters Zaums-Leitung/ von einem Ort zum andern (dahin es ſolle) bringen laͤſſet. Zwey-

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/268>, abgerufen am 26.04.2024.