Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite
V.
Ich sah vor mir dich wandeln einst; o schöne, goldne
Tage mir,

Entfuhr auch damals manches Ach, entfuhr auch manche
Klage mir!

Es brachte jedes Lüftchen mir aus deinen Locken süßen
Duft,

Und Rede stand dein blitzend Aug', so schien's, auf
meine Frage mir;

An deiner Stimme hing ich fest, an deiner Lippen
weichem Ton:

Musik, bey der mein Herz gehüpft, wo flohst du hin,
o sage mir!

Da mir die leeren Hoffnungen gestoben in die leere Luft,
Der Tröster unberufne Schaar, wie wird sie nun zur
Plage mir!

An einer schönen Brust zu ruh'n, das ist ein Trost,
und das allein,

Es ist verhaßt mein eigen Selbst in jeder andern Lage
mir.


V.
Ich ſah vor mir dich wandeln einſt; o ſchoͤne, goldne
Tage mir,

Entfuhr auch damals manches Ach, entfuhr auch manche
Klage mir!

Es brachte jedes Luͤftchen mir aus deinen Locken ſuͤßen
Duft,

Und Rede ſtand dein blitzend Aug', ſo ſchien's, auf
meine Frage mir;

An deiner Stimme hing ich feſt, an deiner Lippen
weichem Ton:

Muſik, bey der mein Herz gehuͤpft, wo flohſt du hin,
o ſage mir!

Da mir die leeren Hoffnungen geſtoben in die leere Luft,
Der Troͤſter unberufne Schaar, wie wird ſie nun zur
Plage mir!

An einer ſchoͤnen Bruſt zu ruh'n, das iſt ein Troſt,
und das allein,

Es iſt verhaßt mein eigen Selbſt in jeder andern Lage
mir.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0133" n="123"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#aq">V</hi>.<lb/></head>
            <lg type="poem">
              <l><hi rendition="#in">I</hi>ch &#x017F;ah vor mir dich wandeln ein&#x017F;t; o &#x017F;cho&#x0364;ne, goldne<lb/><hi rendition="#et">Tage mir,</hi></l><lb/>
              <l>Entfuhr auch damals manches Ach, entfuhr auch manche<lb/><hi rendition="#et">Klage mir!</hi></l><lb/>
              <l>Es brachte jedes Lu&#x0364;ftchen mir aus deinen Locken &#x017F;u&#x0364;ßen<lb/><hi rendition="#et">Duft,</hi></l><lb/>
              <l>Und Rede &#x017F;tand dein blitzend Aug', &#x017F;o &#x017F;chien's, auf<lb/><hi rendition="#et">meine Frage mir;</hi></l><lb/>
              <l>An deiner Stimme hing ich fe&#x017F;t, an deiner Lippen<lb/><hi rendition="#et">weichem Ton:</hi></l><lb/>
              <l>Mu&#x017F;ik, bey der mein Herz gehu&#x0364;pft, wo floh&#x017F;t du hin,<lb/><hi rendition="#et">o &#x017F;age mir!</hi></l><lb/>
              <l>Da mir die leeren Hoffnungen ge&#x017F;toben in die leere Luft,</l><lb/>
              <l>Der Tro&#x0364;&#x017F;ter unberufne Schaar, wie wird &#x017F;ie nun zur<lb/><hi rendition="#et">Plage mir!</hi></l><lb/>
              <l>An einer &#x017F;cho&#x0364;nen Bru&#x017F;t zu ruh'n, das i&#x017F;t ein Tro&#x017F;t,<lb/><hi rendition="#et">und das allein,</hi></l><lb/>
              <l>Es i&#x017F;t verhaßt mein eigen Selb&#x017F;t in jeder andern Lage<lb/><hi rendition="#et">mir.</hi></l><lb/>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0133] V. Ich ſah vor mir dich wandeln einſt; o ſchoͤne, goldne Tage mir, Entfuhr auch damals manches Ach, entfuhr auch manche Klage mir! Es brachte jedes Luͤftchen mir aus deinen Locken ſuͤßen Duft, Und Rede ſtand dein blitzend Aug', ſo ſchien's, auf meine Frage mir; An deiner Stimme hing ich feſt, an deiner Lippen weichem Ton: Muſik, bey der mein Herz gehuͤpft, wo flohſt du hin, o ſage mir! Da mir die leeren Hoffnungen geſtoben in die leere Luft, Der Troͤſter unberufne Schaar, wie wird ſie nun zur Plage mir! An einer ſchoͤnen Bruſt zu ruh'n, das iſt ein Troſt, und das allein, Es iſt verhaßt mein eigen Selbſt in jeder andern Lage mir.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/133
Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/133>, abgerufen am 27.04.2024.