Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825.ppo_415.001 Laß dir des Mannes Grimm nur nicht im Wege stehen; ppo_415.002 ppo_415.018Jm Brennen sieht man nicht, im Lieben ist man blind. ppo_415.003 Zudem so will ich ihn durch meine Hand erhöhen, ppo_415.004 Daß er zur Dankbarkeit mir Frau und Liebe gönnt. ppo_415.005 Man muß verbotne Brunst nur an dem Pöbel strafen; ppo_415.006 Gekrönten ist Gesetz und Lieben unterthan. ppo_415.007 Ein Hirte braucht zur Kost das beste von den Schafen, ppo_415.008 Und bei dem Fürsten gilt nicht ein gemeiner Wahn. ppo_415.009 Es ist mein Harfenspiel durch deine Hand verstimmet, ppo_415.010 Die Saiten sind entzwei, ich such' ein neues Spiel, ppo_415.011 Das voller Anmuth dort im Marmorkasten schwimmet, ppo_415.012 Der Wollust süßer Ton beseelet Geist und Kiel. ppo_415.013 Komm Bathseba, mein Licht! Komm Bathseba, mein ppo_415.014 Leben! ppo_415.015 Mein Lager soll der Brunn, ich deine Quelle seyn. ppo_415.016 Es kann dich dieses Bad einst auf den Thron erheben. ppo_415.017 Komm, komm, und gieb sofort den zarten Willen drein. 2) von Demselben. ppo_415.019Bathseba an David. (abgekürzt) ppo_415.020 Kein Blitz erhellet mehr die schattenreichen Wälder, ppo_415.021
Als mich, Durchlauchtigster, dein Schreiben hat beschämt. ppo_415.022 Es rannte Scham und Blut durch meiner Wangen Felder. ppo_415.023 Gewiß, ich habe mich zu Tode fast gegrämt. ppo_415.024 Jch weiß nicht, ob ich werd' ein förmlichs Wort ersinnen; ppo_415.025 Es irret Kiel und Hand, es zittert Arm und Fuß. ppo_415.026 Es will die Dinte nicht, so wie sie sollte, rinnen, ppo_415.027 Weil ich mich allzusehr vor David schämen muß. ppo_415.028 Hat meinen Seelenbau der Fürst entblößt gesehen? ppo_415.029 Hab ich ihm, wie er schreibt, Brust, Schoos und Haut ppo_415.030 entdeckt? ppo_415.031 O Himmel! ach wie wird, wie soll mir nun geschehen? ppo_415.032 Gewiß, dies Centnerwort hat mich in Tod erschreckt. ppo_415.001 Laß dir des Mannes Grimm nur nicht im Wege stehen; ppo_415.002 ppo_415.018Jm Brennen sieht man nicht, im Lieben ist man blind. ppo_415.003 Zudem so will ich ihn durch meine Hand erhöhen, ppo_415.004 Daß er zur Dankbarkeit mir Frau und Liebe gönnt. ppo_415.005 Man muß verbotne Brunst nur an dem Pöbel strafen; ppo_415.006 Gekrönten ist Gesetz und Lieben unterthan. ppo_415.007 Ein Hirte braucht zur Kost das beste von den Schafen, ppo_415.008 Und bei dem Fürsten gilt nicht ein gemeiner Wahn. ppo_415.009 Es ist mein Harfenspiel durch deine Hand verstimmet, ppo_415.010 Die Saiten sind entzwei, ich such' ein neues Spiel, ppo_415.011 Das voller Anmuth dort im Marmorkasten schwimmet, ppo_415.012 Der Wollust süßer Ton beseelet Geist und Kiel. ppo_415.013 Komm Bathseba, mein Licht! Komm Bathseba, mein ppo_415.014 Leben! ppo_415.015 Mein Lager soll der Brunn, ich deine Quelle seyn. ppo_415.016 Es kann dich dieses Bad einst auf den Thron erheben. ppo_415.017 Komm, komm, und gieb sofort den zarten Willen drein. 2) von Demselben. ppo_415.019Bathseba an David. (abgekürzt) ppo_415.020 Kein Blitz erhellet mehr die schattenreichen Wälder, ppo_415.021
Als mich, Durchlauchtigster, dein Schreiben hat beschämt. ppo_415.022 Es rannte Scham und Blut durch meiner Wangen Felder. ppo_415.023 Gewiß, ich habe mich zu Tode fast gegrämt. ppo_415.024 Jch weiß nicht, ob ich werd' ein förmlichs Wort ersinnen; ppo_415.025 Es irret Kiel und Hand, es zittert Arm und Fuß. ppo_415.026 Es will die Dinte nicht, so wie sie sollte, rinnen, ppo_415.027 Weil ich mich allzusehr vor David schämen muß. ppo_415.028 Hat meinen Seelenbau der Fürst entblößt gesehen? ppo_415.029 Hab ich ihm, wie er schreibt, Brust, Schoos und Haut ppo_415.030 entdeckt? ppo_415.031 O Himmel! ach wie wird, wie soll mir nun geschehen? ppo_415.032 Gewiß, dies Centnerwort hat mich in Tod erschreckt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0427" n="415"/> <lb n="ppo_415.001"/> <lg> <l>Laß dir des Mannes Grimm nur nicht im Wege stehen;</l> <lb n="ppo_415.002"/> <l>Jm Brennen sieht man nicht, im Lieben ist man blind.</l> <lb n="ppo_415.003"/> <l>Zudem so will ich ihn durch meine Hand erhöhen,</l> <lb n="ppo_415.004"/> <l>Daß er zur Dankbarkeit mir Frau und Liebe gönnt.</l> <lb n="ppo_415.005"/> <l>Man muß verbotne Brunst nur an dem Pöbel strafen;</l> <lb n="ppo_415.006"/> <l>Gekrönten ist Gesetz und Lieben unterthan.</l> <lb n="ppo_415.007"/> <l>Ein Hirte braucht zur Kost das beste von den Schafen,</l> <lb n="ppo_415.008"/> <l>Und bei dem Fürsten gilt nicht ein gemeiner Wahn.</l> <lb n="ppo_415.009"/> <l>Es ist mein Harfenspiel durch deine Hand verstimmet,</l> <lb n="ppo_415.010"/> <l>Die Saiten sind entzwei, ich such' ein neues Spiel,</l> <lb n="ppo_415.011"/> <l>Das voller Anmuth dort im Marmorkasten schwimmet,</l> <lb n="ppo_415.012"/> <l>Der Wollust süßer Ton beseelet Geist und Kiel.</l> <lb n="ppo_415.013"/> <l>Komm Bathseba, mein Licht! Komm Bathseba, mein</l> <lb n="ppo_415.014"/> <l> <hi rendition="#right">Leben!</hi> </l> <lb n="ppo_415.015"/> <l>Mein Lager soll der Brunn, ich deine Quelle seyn.</l> <lb n="ppo_415.016"/> <l>Es kann dich dieses Bad einst auf den Thron erheben.</l> <lb n="ppo_415.017"/> <l>Komm, komm, und gieb sofort den zarten Willen drein.</l> </lg> <lb n="ppo_415.018"/> <p> <hi rendition="#et"> 2) von <hi rendition="#g">Demselben.</hi></hi> </p> <lb n="ppo_415.019"/> <p> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Bathseba an David.</hi> (abgekürzt)</hi> </p> <lb n="ppo_415.020"/> <lg> <l> Kein Blitz erhellet mehr die schattenreichen Wälder,</l> <lb n="ppo_415.021"/> <l>Als mich, Durchlauchtigster, dein Schreiben hat beschämt.</l> <lb n="ppo_415.022"/> <l>Es rannte Scham und Blut durch meiner Wangen Felder.</l> <lb n="ppo_415.023"/> <l>Gewiß, ich habe mich zu Tode fast gegrämt.</l> <lb n="ppo_415.024"/> <l>Jch weiß nicht, ob ich werd' ein förmlichs Wort ersinnen;</l> <lb n="ppo_415.025"/> <l>Es irret Kiel und Hand, es zittert Arm und Fuß.</l> <lb n="ppo_415.026"/> <l>Es will die Dinte nicht, so wie sie sollte, rinnen,</l> <lb n="ppo_415.027"/> <l>Weil ich mich allzusehr vor David schämen muß.</l> <lb n="ppo_415.028"/> <l>Hat meinen Seelenbau der Fürst entblößt gesehen?</l> <lb n="ppo_415.029"/> <l>Hab ich ihm, wie er schreibt, Brust, Schoos und Haut</l> <lb n="ppo_415.030"/> <l> <hi rendition="#right">entdeckt?</hi> </l> <lb n="ppo_415.031"/> <l>O Himmel! ach wie wird, wie soll mir nun geschehen?</l> <lb n="ppo_415.032"/> <l>Gewiß, dies Centnerwort hat mich in Tod erschreckt.</l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [415/0427]
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Zitationshilfe: | Pölitz, Karl Heinrich Ludwig: Das Gesamtgebiet der teutschen Sprache nach Prosa, Dichtkunst und Beredsamkeit theoretisch und praktisch dargestellt. Dritter Band: Sprache der Dichtkunst. Leipzig, 1825, S. 415. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poelitz_poetik_1825/427>, abgerufen am 15.06.2024. |