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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] 25. Sols nicht geben; wir aber müssen
noch mehr Unkosten thun, bis 25. aufs
Hundert, und solches wegen des leichten
Gewichtes, welches dann den Preiß des
Oeles um die Helffte erhöhet. Jndes-
sen sehen wir zu Paris ihrer viele das
Pfund Spicöl um 16. und 18. Sols
verkauffen, und zwar unter dem Na-
men des Spicöls von der andern Sorte,
damit sie dergestalt den Betrug verde-
cken mögen. Andere machens noch
schlimmer, und geben es um die Helffte
wohlfeiler, welches aber daher kommt,
daß sie nichts als Terpentinöl, dem sie
mit ein wenig Peteröle eine Farbe wie
Agtstein gegeben, verkauffen. Doch ist
diese Schelmerey gar bald zu mercken,
dieweil das Spicöl weiß seyn muß, eines
ziemlich aromatischen Geruchs, und ein-
tzig und allein die Sandaraca aufzulö-
sen vermögend.

[Spaltenumbruch]

Es ist dieses Oel vielerley Leuten dien-
lich, z. E. denen Mahlern, Schmieden
und andern. Auch hat es einigen Nu-
tzen in der Medicin, weil es nicht nur un-
terschiedene Arten der Schäden und
Kranckheiten zu heilen vermag, sondern
auch, weil es zu vielen Galenischen com-
position
en genommen wird.

Auch lassen wir von eben denenselbenAllerley di-
stillirte Oele.

Orten Lavendel-Majoran-Thy-
mian-Salbey-
und andere Oele von
aromatischen Kräutern bringen. Doch
hievon kan ich keine bessere Kundschaft
mittheilen, als daß man sich zu redlichen
Leuten halten solle, denn es ist allzu-
schwer, wenn man sie iemand will ken-
nen lernen, indem eines dem an-
dern an Geruch und Farbe nahe genug
kömmt.

[Ende Spaltensatz]
Das neundte Capitel.
Von der Thymseide.
[Spaltenumbruch] Siehe Fig. 168.

DAs Epithymum sieht fast wie Haare,
und findet sich auf unterschiedlichen
Kräutern, z. E. auf dem Thymian, da-
her ihm auch der Name Epithymum,
Teigne de Thym,
gekommen. Wir ver-
Venetiani-
sche, Candia-
nische, inlän-
dische Thym-
seide.
kauffen aber zwey Sorten des Epithymi,
eine aus Candien, die andere von Ve-
nedig
. Jene sind lange braune Fasen,
riechen gar aromatisch: die andere her-
gegen ist viel kleiner und zerknickt, riecht
aber stärcker denn die erste. Es giebt
auch sonst noch eine andere Sorte dessel-
ben, welche unsere Kräuterleute unter
dem Namen Epitbym de pays, inländi-
sche Thymseide
verkauffen; soll aber
gäntzlich verworffen werden, angesehen
sie weder Geruch noch Geschmack hat,
dessen die andern dagegen genug haben.
Jndessen soll das Epithymum, das Vene-
tianische, sowohl, als das aus Candien,
fein frisch und wohlriechend seyn, auch
so wenig, als möglich, zerstossen.

Es wird einiger massen in der Artz-
ney gebraucht, und zu unterschiedenen
Galenischen compositionen genommen.

Flachsseide.

Wir verkauffen auch ohne das Epi-
thymum
eine Art eines Krautes, welches
wir Cuscute, Podagre, Goute, und Angure
de lin,
die Lateiner Podagra oder Anguria
lini,
die Teutschen Flachsseiden/ heis-
sen. Dieses Kraut und das Epithymum
sind einerley, und allein die Kräuter, da-
[Spaltenumbruch] ran diese sich hencken, Ursache, daß die
Namen verändert werden. Zu dessen
Bekräftigung will ich allhier anführen,
was dem Herrn Tournefort beliebet
hat mir hievon geschrieben mitzuthei-
len.

Die Flachsseide ist einer sonderbaren
Natur; entstehet aus einem sehr zarten
Samen, welcher gantz dünne Fäden,
wie Haare, hervorbringt, die eben so-
wohl, als wie die Wurtzel, gar bald ver-
derben würden, wofern sie nicht andere
Kräuter nahe bey sich fänden, um welche
sie sich schlingen, die Stengel und deren
Aeste genau umfassen, und ihre Nah-
rung aus dieser ihrer Schale ziehen
könten. Sie bringt von einer Zeit zur
andern etliche Blumen, die als wie Kü-
gelgen beysammensitzen. Diese Blüm-
lein sehen wie kleine Becherlein, sind
weißlicht, fast fleischfarbicht, in vier
Theil zerschnitten, davon iedes ein noch
ziemlich rundes häutichtes Samenbe-
hältnüß hinterläßt, mit vier oder fünff
zarten braunen, oder grauen Samen
gefüllet, welche eben so klein sind, als
wie der Mohnsamen.

Dieses Gewächse wächst auf allerley
Kräutern, ohne Unterschied: wie ich dann
mehr als hundert Sorten habe, an die
es sich gehencket, und man hält dafür,
daß es, indem es von demjenigen Krau-

te, das

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] 25. Sols nicht geben; wir aber muͤſſen
noch mehr Unkoſten thun, bis 25. aufs
Hundert, und ſolches wegen des leichten
Gewichtes, welches dann den Preiß des
Oeles um die Helffte erhoͤhet. Jndeſ-
ſen ſehen wir zu Paris ihrer viele das
Pfund Spicoͤl um 16. und 18. Sols
verkauffen, und zwar unter dem Na-
men des Spicoͤls von der andern Sorte,
damit ſie dergeſtalt den Betrug verde-
cken moͤgen. Andere machens noch
ſchlimmer, und geben es um die Helffte
wohlfeiler, welches aber daher kommt,
daß ſie nichts als Terpentinoͤl, dem ſie
mit ein wenig Peteroͤle eine Farbe wie
Agtſtein gegeben, verkauffen. Doch iſt
dieſe Schelmerey gar bald zu mercken,
dieweil das Spicoͤl weiß ſeyn muß, eines
ziemlich aromatiſchen Geruchs, und ein-
tzig und allein die Sandaraca aufzuloͤ-
ſen vermoͤgend.

[Spaltenumbruch]

Es iſt dieſes Oel vielerley Leuten dien-
lich, z. E. denen Mahlern, Schmieden
und andern. Auch hat es einigen Nu-
tzen in der Medicin, weil es nicht nur un-
terſchiedene Arten der Schaͤden und
Kranckheiten zu heilen vermag, ſondern
auch, weil es zu vielen Galeniſchen com-
poſition
en genommen wird.

Auch laſſen wir von eben denenſelbenAllerley di-
ſtillirte Oele.

Orten Lavendel-Majoran-Thy-
mian-Salbey-
und andere Oele von
aromatiſchen Kraͤutern bringen. Doch
hievon kan ich keine beſſere Kundſchaft
mittheilen, als daß man ſich zu redlichen
Leuten halten ſolle, denn es iſt allzu-
ſchwer, wenn man ſie iemand will ken-
nen lernen, indem eines dem an-
dern an Geruch und Farbe nahe genug
koͤmmt.

[Ende Spaltensatz]
Das neundte Capitel.
Von der Thymſeide.
[Spaltenumbruch] Siehe Fig. 168.

DAs Epithymum ſieht faſt wie Haare,
und findet ſich auf unterſchiedlichen
Kraͤutern, z. E. auf dem Thymian, da-
her ihm auch der Name Epithymum,
Teigne de Thym,
gekommen. Wir ver-
Venetiani-
ſche, Candia-
niſche, inlaͤn-
diſche Thym-
ſeide.
kauffen aber zwey Sorten des Epithymi,
eine aus Candien, die andere von Ve-
nedig
. Jene ſind lange braune Faſen,
riechen gar aromatiſch: die andere her-
gegen iſt viel kleiner und zerknickt, riecht
aber ſtaͤrcker denn die erſte. Es giebt
auch ſonſt noch eine andere Sorte deſſel-
ben, welche unſere Kraͤuterleute unter
dem Namen Epitbym de pays, inlaͤndi-
ſche Thymſeide
verkauffen; ſoll aber
gaͤntzlich verworffen werden, angeſehen
ſie weder Geruch noch Geſchmack hat,
deſſen die andern dagegen genug haben.
Jndeſſen ſoll das Epithymum, das Vene-
tianiſche, ſowohl, als das aus Candien,
fein friſch und wohlriechend ſeyn, auch
ſo wenig, als moͤglich, zerſtoſſen.

Es wird einiger maſſen in der Artz-
ney gebraucht, und zu unterſchiedenen
Galeniſchen compoſitionen genommen.

Flachsſeide.

Wir verkauffen auch ohne das Epi-
thymum
eine Art eines Krautes, welches
wir Cuſcute, Podagre, Goute, und Angure
de lin,
die Lateiner Podagra oder Anguria
lini,
die Teutſchen Flachsſeiden/ heiſ-
ſen. Dieſes Kraut und das Epithymum
ſind einerley, und allein die Kraͤuter, da-
[Spaltenumbruch] ran dieſe ſich hencken, Urſache, daß die
Namen veraͤndert werden. Zu deſſen
Bekraͤftigung will ich allhier anfuͤhren,
was dem Herrn Tournefort beliebet
hat mir hievon geſchrieben mitzuthei-
len.

Die Flachsſeide iſt einer ſonderbaren
Natur; entſtehet aus einem ſehr zarten
Samen, welcher gantz duͤnne Faͤden,
wie Haare, hervorbringt, die eben ſo-
wohl, als wie die Wurtzel, gar bald ver-
derben wuͤrden, wofern ſie nicht andere
Kraͤuter nahe bey ſich faͤnden, um welche
ſie ſich ſchlingen, die Stengel und deren
Aeſte genau umfaſſen, und ihre Nah-
rung aus dieſer ihrer Schale ziehen
koͤnten. Sie bringt von einer Zeit zur
andern etliche Blumen, die als wie Kuͤ-
gelgen beyſammenſitzen. Dieſe Bluͤm-
lein ſehen wie kleine Becherlein, ſind
weißlicht, faſt fleiſchfarbicht, in vier
Theil zerſchnitten, davon iedes ein noch
ziemlich rundes haͤutichtes Samenbe-
haͤltnuͤß hinterlaͤßt, mit vier oder fuͤnff
zarten braunen, oder grauen Samen
gefuͤllet, welche eben ſo klein ſind, als
wie der Mohnſamen.

Dieſes Gewaͤchſe waͤchſt auf allerley
Kraͤutern, ohne Unterſchied: wie ich dann
mehr als hundert Sorten habe, an die
es ſich gehencket, und man haͤlt dafuͤr,
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[0206] Der Spezereyen und Materialien 25. Sols nicht geben; wir aber muͤſſen noch mehr Unkoſten thun, bis 25. aufs Hundert, und ſolches wegen des leichten Gewichtes, welches dann den Preiß des Oeles um die Helffte erhoͤhet. Jndeſ- ſen ſehen wir zu Paris ihrer viele das Pfund Spicoͤl um 16. und 18. Sols verkauffen, und zwar unter dem Na- men des Spicoͤls von der andern Sorte, damit ſie dergeſtalt den Betrug verde- cken moͤgen. Andere machens noch ſchlimmer, und geben es um die Helffte wohlfeiler, welches aber daher kommt, daß ſie nichts als Terpentinoͤl, dem ſie mit ein wenig Peteroͤle eine Farbe wie Agtſtein gegeben, verkauffen. Doch iſt dieſe Schelmerey gar bald zu mercken, dieweil das Spicoͤl weiß ſeyn muß, eines ziemlich aromatiſchen Geruchs, und ein- tzig und allein die Sandaraca aufzuloͤ- ſen vermoͤgend. Es iſt dieſes Oel vielerley Leuten dien- lich, z. E. denen Mahlern, Schmieden und andern. Auch hat es einigen Nu- tzen in der Medicin, weil es nicht nur un- terſchiedene Arten der Schaͤden und Kranckheiten zu heilen vermag, ſondern auch, weil es zu vielen Galeniſchen com- poſitionen genommen wird. Auch laſſen wir von eben denenſelben Orten Lavendel-Majoran-Thy- mian-Salbey- und andere Oele von aromatiſchen Kraͤutern bringen. Doch hievon kan ich keine beſſere Kundſchaft mittheilen, als daß man ſich zu redlichen Leuten halten ſolle, denn es iſt allzu- ſchwer, wenn man ſie iemand will ken- nen lernen, indem eines dem an- dern an Geruch und Farbe nahe genug koͤmmt. Allerley di- ſtillirte Oele. Das neundte Capitel. Von der Thymſeide. DAs Epithymum ſieht faſt wie Haare, und findet ſich auf unterſchiedlichen Kraͤutern, z. E. auf dem Thymian, da- her ihm auch der Name Epithymum, Teigne de Thym, gekommen. Wir ver- kauffen aber zwey Sorten des Epithymi, eine aus Candien, die andere von Ve- nedig. Jene ſind lange braune Faſen, riechen gar aromatiſch: die andere her- gegen iſt viel kleiner und zerknickt, riecht aber ſtaͤrcker denn die erſte. Es giebt auch ſonſt noch eine andere Sorte deſſel- ben, welche unſere Kraͤuterleute unter dem Namen Epitbym de pays, inlaͤndi- ſche Thymſeide verkauffen; ſoll aber gaͤntzlich verworffen werden, angeſehen ſie weder Geruch noch Geſchmack hat, deſſen die andern dagegen genug haben. Jndeſſen ſoll das Epithymum, das Vene- tianiſche, ſowohl, als das aus Candien, fein friſch und wohlriechend ſeyn, auch ſo wenig, als moͤglich, zerſtoſſen. Venetiani- ſche, Candia- niſche, inlaͤn- diſche Thym- ſeide. Es wird einiger maſſen in der Artz- ney gebraucht, und zu unterſchiedenen Galeniſchen compoſitionen genommen. Wir verkauffen auch ohne das Epi- thymum eine Art eines Krautes, welches wir Cuſcute, Podagre, Goute, und Angure de lin, die Lateiner Podagra oder Anguria lini, die Teutſchen Flachsſeiden/ heiſ- ſen. Dieſes Kraut und das Epithymum ſind einerley, und allein die Kraͤuter, da- ran dieſe ſich hencken, Urſache, daß die Namen veraͤndert werden. Zu deſſen Bekraͤftigung will ich allhier anfuͤhren, was dem Herrn Tournefort beliebet hat mir hievon geſchrieben mitzuthei- len. Die Flachsſeide iſt einer ſonderbaren Natur; entſtehet aus einem ſehr zarten Samen, welcher gantz duͤnne Faͤden, wie Haare, hervorbringt, die eben ſo- wohl, als wie die Wurtzel, gar bald ver- derben wuͤrden, wofern ſie nicht andere Kraͤuter nahe bey ſich faͤnden, um welche ſie ſich ſchlingen, die Stengel und deren Aeſte genau umfaſſen, und ihre Nah- rung aus dieſer ihrer Schale ziehen koͤnten. Sie bringt von einer Zeit zur andern etliche Blumen, die als wie Kuͤ- gelgen beyſammenſitzen. Dieſe Bluͤm- lein ſehen wie kleine Becherlein, ſind weißlicht, faſt fleiſchfarbicht, in vier Theil zerſchnitten, davon iedes ein noch ziemlich rundes haͤutichtes Samenbe- haͤltnuͤß hinterlaͤßt, mit vier oder fuͤnff zarten braunen, oder grauen Samen gefuͤllet, welche eben ſo klein ſind, als wie der Mohnſamen. Dieſes Gewaͤchſe waͤchſt auf allerley Kraͤutern, ohne Unterſchied: wie ich dann mehr als hundert Sorten habe, an die es ſich gehencket, und man haͤlt dafuͤr, daß es, indem es von demjenigen Krau- te, das

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/206>, abgerufen am 26.04.2024.