Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

de venir nous rendre visite. -- Nous avons si ra-
rement l'occasion de causer ici!
Es war ein wohl-
erzogner Schädel, das zeigte er auf den ersten Blick,
sehr tiefsinnig und still dagegen schien der meines
Ebenbildes. Es wäre doch sonderbar, wenn man so,
ohne es zu wissen, manchmal seinen eignen alten
Knochen wieder gegenüber stünde.



Dieser Badeort ist ziemlich auf die Art unsrer Bä-
der eingerichtet, und mit mehr Geselligkeit begabt als
gewöhnlich die englischen. Man sieht sich an der
table d'hote, beim Thee, beim Brunnentrinken, und
macht daher leichter Bekanntschaften. Der Ort be-
steht aus zwei Dörfern, beide nett und freundlich in
einer schönen fruchtbaren Gegend gelegen. Leider ist
aber jetzt grade das Wetter abscheulich. Es regnet
unaufhörlich, und der Schwefelbrunnen, den ich heut
früh trank, hat mich überdieß so krank gemacht, daß
ich noch nicht aus meiner Stube kommen konnte.
Nichts ist fataler als die englische Mode, daß nur
das Wohnzimmer unten, das Schlafzimmer aber im-
mer 2 -- 3 Treppen hoch ist, und doppelt unerträglich
beim Gebrauch eines Wassers, welches den ganzen
Tag durch sehr heftig zu operiren pflegt.


de venir nous rendre visite. — Nous avons si ra-
rement l’occasion de causer ici!
Es war ein wohl-
erzogner Schädel, das zeigte er auf den erſten Blick,
ſehr tiefſinnig und ſtill dagegen ſchien der meines
Ebenbildes. Es wäre doch ſonderbar, wenn man ſo,
ohne es zu wiſſen, manchmal ſeinen eignen alten
Knochen wieder gegenüber ſtünde.



Dieſer Badeort iſt ziemlich auf die Art unſrer Bä-
der eingerichtet, und mit mehr Geſelligkeit begabt als
gewöhnlich die engliſchen. Man ſieht ſich an der
table d’hôte, beim Thee, beim Brunnentrinken, und
macht daher leichter Bekanntſchaften. Der Ort be-
ſteht aus zwei Dörfern, beide nett und freundlich in
einer ſchönen fruchtbaren Gegend gelegen. Leider iſt
aber jetzt grade das Wetter abſcheulich. Es regnet
unaufhörlich, und der Schwefelbrunnen, den ich heut
früh trank, hat mich überdieß ſo krank gemacht, daß
ich noch nicht aus meiner Stube kommen konnte.
Nichts iſt fataler als die engliſche Mode, daß nur
das Wohnzimmer unten, das Schlafzimmer aber im-
mer 2 — 3 Treppen hoch iſt, und doppelt unerträglich
beim Gebrauch eines Waſſers, welches den ganzen
Tag durch ſehr heftig zu operiren pflegt.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><hi rendition="#aq"><pb facs="#f0232" n="216"/>
de venir nous rendre visite. &#x2014; Nous avons si ra-<lb/>
rement l&#x2019;occasion de causer ici!</hi> Es war ein wohl-<lb/>
erzogner Schädel, das zeigte er auf den er&#x017F;ten Blick,<lb/>
&#x017F;ehr tief&#x017F;innig und &#x017F;till dagegen &#x017F;chien der meines<lb/>
Ebenbildes. Es wäre doch &#x017F;onderbar, wenn man &#x017F;o,<lb/>
ohne es zu wi&#x017F;&#x017F;en, manchmal &#x017F;einen eignen alten<lb/>
Knochen wieder gegenüber &#x017F;tünde.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Harrowgate, den 28&#x017F;ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Die&#x017F;er Badeort i&#x017F;t ziemlich auf die Art un&#x017F;rer Bä-<lb/>
der eingerichtet, und mit mehr Ge&#x017F;elligkeit begabt als<lb/>
gewöhnlich die engli&#x017F;chen. Man &#x017F;ieht &#x017F;ich an der<lb/><hi rendition="#aq">table d&#x2019;hôte,</hi> beim Thee, beim Brunnentrinken, und<lb/>
macht daher leichter Bekannt&#x017F;chaften. Der Ort be-<lb/>
&#x017F;teht aus zwei Dörfern, beide nett und freundlich in<lb/>
einer &#x017F;chönen fruchtbaren Gegend gelegen. Leider i&#x017F;t<lb/>
aber jetzt grade das Wetter ab&#x017F;cheulich. Es regnet<lb/>
unaufhörlich, und der Schwefelbrunnen, den ich heut<lb/>
früh trank, hat mich überdieß &#x017F;o krank gemacht, daß<lb/>
ich noch nicht aus meiner Stube kommen konnte.<lb/>
Nichts i&#x017F;t fataler als die engli&#x017F;che Mode, daß nur<lb/>
das Wohnzimmer unten, das Schlafzimmer aber im-<lb/>
mer 2 &#x2014; 3 Treppen hoch i&#x017F;t, und doppelt unerträglich<lb/>
beim Gebrauch eines Wa&#x017F;&#x017F;ers, welches den ganzen<lb/>
Tag durch &#x017F;ehr heftig zu operiren pflegt.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0232] de venir nous rendre visite. — Nous avons si ra- rement l’occasion de causer ici! Es war ein wohl- erzogner Schädel, das zeigte er auf den erſten Blick, ſehr tiefſinnig und ſtill dagegen ſchien der meines Ebenbildes. Es wäre doch ſonderbar, wenn man ſo, ohne es zu wiſſen, manchmal ſeinen eignen alten Knochen wieder gegenüber ſtünde. Harrowgate, den 28ſten. Dieſer Badeort iſt ziemlich auf die Art unſrer Bä- der eingerichtet, und mit mehr Geſelligkeit begabt als gewöhnlich die engliſchen. Man ſieht ſich an der table d’hôte, beim Thee, beim Brunnentrinken, und macht daher leichter Bekanntſchaften. Der Ort be- ſteht aus zwei Dörfern, beide nett und freundlich in einer ſchönen fruchtbaren Gegend gelegen. Leider iſt aber jetzt grade das Wetter abſcheulich. Es regnet unaufhörlich, und der Schwefelbrunnen, den ich heut früh trank, hat mich überdieß ſo krank gemacht, daß ich noch nicht aus meiner Stube kommen konnte. Nichts iſt fataler als die engliſche Mode, daß nur das Wohnzimmer unten, das Schlafzimmer aber im- mer 2 — 3 Treppen hoch iſt, und doppelt unerträglich beim Gebrauch eines Waſſers, welches den ganzen Tag durch ſehr heftig zu operiren pflegt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/232
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/232>, abgerufen am 26.04.2024.