Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
Rechten widmeten, auch auf den Teutschen Uni-
versitäten nichts, als was in den beiden Lateini-
schen Gesetzbüchern stand, zu lernen; und zwar
ohne die geringste historische Kenntniß damit zu
verbinden, und ohne alle Begriffe, die nur eine
gesunde Philosophie und ein richtiges allgemeines
Staats- und Völkerrecht hätten an die Hand geben
können. Etwas mehrere Bekanntschaft mit Rö-
mischen und Griechischen Schriftstellern fieng zwar
hin und wieder an, einige Köpfe heller zu ma-
chen (z). Aber eine unerträgliche scholastische Phi-
losophie und eine gar zu große Vernachläßigung
der vaterländischen Geschichte verhinderten alle Auf-
klärung im juristischen Fache, insonderheit wo es
darauf angekommen wäre, einer übel angebrachten
Anwendung fremder auf unsern Boden nicht pas-
sender Rechte das Gegengewicht zu halten.


II.

Den Laien hielt es überall noch schwer zum
Studieren zu bringen. Insonderheit beym Adel
war die Lebensart, mit Jagen, Reiten, Turnie-
ren, Kriegshändeln und solchen ritterlichen Uebun-
gen die Zeit hinzubringen, viel zu tief eingewur-
zelt (a), als daß der Geschmack an Studien unter

dem
der Prager und Pariser Universität eingerichtet
worden, beschreibt Moehsen in der Geschichte der
Wissenschaften in der Mark Brandenburg (1781.)
S. 365-372.
(z) Als Conrad Celtes, Conrad Pentinger,
Desiderius Erasmus, Johann Trithem, Johann
Aventin u. s. w. Meine Litteratur des Staatsr.
Th. 1. S. 91-98.
(a) In einer im Jahre 1531. gedruckten so
genannten "Laiischen Anzeigung etc." gibt jemand
einem

IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519.
Rechten widmeten, auch auf den Teutſchen Uni-
verſitaͤten nichts, als was in den beiden Lateini-
ſchen Geſetzbuͤchern ſtand, zu lernen; und zwar
ohne die geringſte hiſtoriſche Kenntniß damit zu
verbinden, und ohne alle Begriffe, die nur eine
geſunde Philoſophie und ein richtiges allgemeines
Staats- und Voͤlkerrecht haͤtten an die Hand geben
koͤnnen. Etwas mehrere Bekanntſchaft mit Roͤ-
miſchen und Griechiſchen Schriftſtellern fieng zwar
hin und wieder an, einige Koͤpfe heller zu ma-
chen (z). Aber eine unertraͤgliche ſcholaſtiſche Phi-
loſophie und eine gar zu große Vernachlaͤßigung
der vaterlaͤndiſchen Geſchichte verhinderten alle Auf-
klaͤrung im juriſtiſchen Fache, inſonderheit wo es
darauf angekommen waͤre, einer uͤbel angebrachten
Anwendung fremder auf unſern Boden nicht paſ-
ſender Rechte das Gegengewicht zu halten.


II.

Den Laien hielt es uͤberall noch ſchwer zum
Studieren zu bringen. Inſonderheit beym Adel
war die Lebensart, mit Jagen, Reiten, Turnie-
ren, Kriegshaͤndeln und ſolchen ritterlichen Uebun-
gen die Zeit hinzubringen, viel zu tief eingewur-
zelt (a), als daß der Geſchmack an Studien unter

dem
der Prager und Pariſer Univerſitaͤt eingerichtet
worden, beſchreibt Moehſen in der Geſchichte der
Wiſſenſchaften in der Mark Brandenburg (1781.)
S. 365-372.
(z) Als Conrad Celtes, Conrad Pentinger,
Deſiderius Erasmus, Johann Trithem, Johann
Aventin u. ſ. w. Meine Litteratur des Staatsr.
Th. 1. S. 91-98.
(a) In einer im Jahre 1531. gedruckten ſo
genannten ”Laiiſchen Anzeigung ꝛc.” gibt jemand
einem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0368" n="334"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Neuere Zeit. Max <hi rendition="#aq">I.</hi> 1493-1519.</hi></fw><lb/>
Rechten widmeten, auch auf den Teut&#x017F;chen Uni-<lb/>
ver&#x017F;ita&#x0364;ten nichts, als was in den beiden Lateini-<lb/>
&#x017F;chen Ge&#x017F;etzbu&#x0364;chern &#x017F;tand, zu lernen; und zwar<lb/>
ohne die gering&#x017F;te hi&#x017F;tori&#x017F;che Kenntniß damit zu<lb/>
verbinden, und ohne alle Begriffe, die nur eine<lb/>
ge&#x017F;unde Philo&#x017F;ophie und ein richtiges allgemeines<lb/>
Staats- und Vo&#x0364;lkerrecht ha&#x0364;tten an die Hand geben<lb/>
ko&#x0364;nnen. Etwas mehrere Bekannt&#x017F;chaft mit Ro&#x0364;-<lb/>
mi&#x017F;chen und Griechi&#x017F;chen Schrift&#x017F;tellern fieng zwar<lb/>
hin und wieder an, einige Ko&#x0364;pfe heller zu ma-<lb/>
chen <note place="foot" n="(z)">Als Conrad Celtes, Conrad Pentinger,<lb/>
De&#x017F;iderius Erasmus, Johann Trithem, Johann<lb/>
Aventin u. &#x017F;. w. Meine Litteratur des Staatsr.<lb/>
Th. 1. S. 91-98.</note>. Aber eine unertra&#x0364;gliche &#x017F;chola&#x017F;ti&#x017F;che Phi-<lb/>
lo&#x017F;ophie und eine gar zu große Vernachla&#x0364;ßigung<lb/>
der vaterla&#x0364;ndi&#x017F;chen Ge&#x017F;chichte verhinderten alle Auf-<lb/>
kla&#x0364;rung im juri&#x017F;ti&#x017F;chen Fache, in&#x017F;onderheit wo es<lb/>
darauf angekommen wa&#x0364;re, einer u&#x0364;bel angebrachten<lb/>
Anwendung fremder auf un&#x017F;ern Boden nicht pa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ender Rechte das Gegengewicht zu halten.</p><lb/>
          <note place="left"> <hi rendition="#aq">II.</hi> </note>
          <p>Den Laien hielt es u&#x0364;berall noch &#x017F;chwer zum<lb/>
Studieren zu bringen. In&#x017F;onderheit beym Adel<lb/>
war die Lebensart, mit Jagen, Reiten, Turnie-<lb/>
ren, Kriegsha&#x0364;ndeln und &#x017F;olchen ritterlichen Uebun-<lb/>
gen die Zeit hinzubringen, viel zu tief eingewur-<lb/>
zelt <note xml:id="seg2pn_19_1" next="#seg2pn_19_2" place="foot" n="(a)">In einer im Jahre 1531. gedruckten &#x017F;o<lb/>
genannten &#x201D;Laii&#x017F;chen Anzeigung &#xA75B;c.&#x201D; gibt jemand<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">einem</fw></note>, als daß der Ge&#x017F;chmack an Studien unter<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dem</fw><lb/><note xml:id="seg2pn_18_2" prev="#seg2pn_18_1" place="foot" n="(y)">der Prager und Pari&#x017F;er Univer&#x017F;ita&#x0364;t eingerichtet<lb/>
worden, be&#x017F;chreibt <hi rendition="#fr">Moeh&#x017F;en</hi> in der Ge&#x017F;chichte der<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften in der Mark Brandenburg (1781.)<lb/>
S. 365-372.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0368] IV. Neuere Zeit. Max I. 1493-1519. Rechten widmeten, auch auf den Teutſchen Uni- verſitaͤten nichts, als was in den beiden Lateini- ſchen Geſetzbuͤchern ſtand, zu lernen; und zwar ohne die geringſte hiſtoriſche Kenntniß damit zu verbinden, und ohne alle Begriffe, die nur eine geſunde Philoſophie und ein richtiges allgemeines Staats- und Voͤlkerrecht haͤtten an die Hand geben koͤnnen. Etwas mehrere Bekanntſchaft mit Roͤ- miſchen und Griechiſchen Schriftſtellern fieng zwar hin und wieder an, einige Koͤpfe heller zu ma- chen (z). Aber eine unertraͤgliche ſcholaſtiſche Phi- loſophie und eine gar zu große Vernachlaͤßigung der vaterlaͤndiſchen Geſchichte verhinderten alle Auf- klaͤrung im juriſtiſchen Fache, inſonderheit wo es darauf angekommen waͤre, einer uͤbel angebrachten Anwendung fremder auf unſern Boden nicht paſ- ſender Rechte das Gegengewicht zu halten. Den Laien hielt es uͤberall noch ſchwer zum Studieren zu bringen. Inſonderheit beym Adel war die Lebensart, mit Jagen, Reiten, Turnie- ren, Kriegshaͤndeln und ſolchen ritterlichen Uebun- gen die Zeit hinzubringen, viel zu tief eingewur- zelt (a), als daß der Geſchmack an Studien unter dem (y) (z) Als Conrad Celtes, Conrad Pentinger, Deſiderius Erasmus, Johann Trithem, Johann Aventin u. ſ. w. Meine Litteratur des Staatsr. Th. 1. S. 91-98. (a) In einer im Jahre 1531. gedruckten ſo genannten ”Laiiſchen Anzeigung ꝛc.” gibt jemand einem (y) der Prager und Pariſer Univerſitaͤt eingerichtet worden, beſchreibt Moehſen in der Geſchichte der Wiſſenſchaften in der Mark Brandenburg (1781.) S. 365-372.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/368
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/368>, abgerufen am 26.04.2024.