Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite
7) Successionsfälle 1685-1697.

Ueberhaupt wurde es jetzt immer merklicher,II.
daß wegen des Rechts der Erstgebuhrt, zu dessen
Einführung die meisten Häuser sich nach und nach
bequemten, kein beträchtliches reichsständisches
Haus sich weiter in mehrere regierende Linien ver-
theilte, wohl aber Länder erloschener Linien den
überlebenden desto häufiger zu gute kamen. So
waren also nicht nur im Hause Pfalz die Linien von
Simmern und Veldenz nunmehr erloschen, son-
dern auch im Hause Sachsen wurde die Altenbur-
gische Linie, welche 1672. Apr. 14. erlosch, mit
der Gothaischen, und die Jenaische Linie, die
1690. Nov. 4. ausgieng, mit der von Weimar
und Eisenach vereiniget.

Auch im Hause Mecklenburg erlosch mit demIII.
letzten Herzoge Gustav Adolf von Güstrow (+
1695. Oct. 26.) dessen bisherige Linie. Darüber
entstand aber ein Successionsstreit zwischen dem
damaligen Herzoge Friedrich Wilhelm von Meck-
lenburg-Schwerin, und dem Herzog Adolf Frie-
drich dem II. von Mecklenburg-Strelitz. Jener
wollte den Anfall bloß nach dem Rechte der Erst-
gebuhrt sich alleine zueignen. Letzterer hatte die
Nähe des Grades für sich, und behauptete, daß
nach dem väterlichen Testamente dieser Anfall we-
nigstens gleich getheilet werden müßte. Dieser
Streit wäre bald in weit größere Unruhen ausge-
brochen, da zwischen dem kaiserlichen Hofe und
den Höfen zu Stockholm und Berlin es beynahe
zum öffentlichen Bruche darüber gekommen wäre.

Der Kaiser hatte seinem Gesandten im Nieder-IV.
sächsischen Kreise, dem Grafen von Eck, aufge-

tra-
7) Succeſſionsfaͤlle 1685-1697.

Ueberhaupt wurde es jetzt immer merklicher,II.
daß wegen des Rechts der Erſtgebuhrt, zu deſſen
Einfuͤhrung die meiſten Haͤuſer ſich nach und nach
bequemten, kein betraͤchtliches reichsſtaͤndiſches
Haus ſich weiter in mehrere regierende Linien ver-
theilte, wohl aber Laͤnder erloſchener Linien den
uͤberlebenden deſto haͤufiger zu gute kamen. So
waren alſo nicht nur im Hauſe Pfalz die Linien von
Simmern und Veldenz nunmehr erloſchen, ſon-
dern auch im Hauſe Sachſen wurde die Altenbur-
giſche Linie, welche 1672. Apr. 14. erloſch, mit
der Gothaiſchen, und die Jenaiſche Linie, die
1690. Nov. 4. ausgieng, mit der von Weimar
und Eiſenach vereiniget.

Auch im Hauſe Mecklenburg erloſch mit demIII.
letzten Herzoge Guſtav Adolf von Guͤſtrow (†
1695. Oct. 26.) deſſen bisherige Linie. Daruͤber
entſtand aber ein Succeſſionsſtreit zwiſchen dem
damaligen Herzoge Friedrich Wilhelm von Meck-
lenburg-Schwerin, und dem Herzog Adolf Frie-
drich dem II. von Mecklenburg-Strelitz. Jener
wollte den Anfall bloß nach dem Rechte der Erſt-
gebuhrt ſich alleine zueignen. Letzterer hatte die
Naͤhe des Grades fuͤr ſich, und behauptete, daß
nach dem vaͤterlichen Teſtamente dieſer Anfall we-
nigſtens gleich getheilet werden muͤßte. Dieſer
Streit waͤre bald in weit groͤßere Unruhen ausge-
brochen, da zwiſchen dem kaiſerlichen Hofe und
den Hoͤfen zu Stockholm und Berlin es beynahe
zum oͤffentlichen Bruche daruͤber gekommen waͤre.

Der Kaiſer hatte ſeinem Geſandten im Nieder-IV.
ſaͤchſiſchen Kreiſe, dem Grafen von Eck, aufge-

tra-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0361" n="319"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">7) Succe&#x017F;&#x017F;ionsfa&#x0364;lle 1685-1697.</hi> </fw><lb/>
          <p>Ueberhaupt wurde es jetzt immer merklicher,<note place="right"><hi rendition="#aq">II.</hi></note><lb/>
daß wegen des Rechts der Er&#x017F;tgebuhrt, zu de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Einfu&#x0364;hrung die mei&#x017F;ten Ha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;ich nach und nach<lb/>
bequemten, kein betra&#x0364;chtliches reichs&#x017F;ta&#x0364;ndi&#x017F;ches<lb/>
Haus &#x017F;ich weiter in mehrere regierende Linien ver-<lb/>
theilte, wohl aber La&#x0364;nder erlo&#x017F;chener Linien den<lb/>
u&#x0364;berlebenden de&#x017F;to ha&#x0364;ufiger zu gute kamen. So<lb/>
waren al&#x017F;o nicht nur im Hau&#x017F;e Pfalz die Linien von<lb/>
Simmern und Veldenz nunmehr erlo&#x017F;chen, &#x017F;on-<lb/>
dern auch im Hau&#x017F;e Sach&#x017F;en wurde die Altenbur-<lb/>
gi&#x017F;che Linie, welche 1672. Apr. 14. erlo&#x017F;ch, mit<lb/>
der Gothai&#x017F;chen, und die Jenai&#x017F;che Linie, die<lb/>
1690. Nov. 4. ausgieng, mit der von Weimar<lb/>
und Ei&#x017F;enach vereiniget.</p><lb/>
          <p>Auch im Hau&#x017F;e <hi rendition="#fr">Mecklenburg</hi> erlo&#x017F;ch mit dem<note place="right"><hi rendition="#aq">III.</hi></note><lb/>
letzten Herzoge Gu&#x017F;tav Adolf von <hi rendition="#fr">Gu&#x0364;&#x017F;trow</hi> (&#x2020;<lb/>
1695. Oct. 26.) de&#x017F;&#x017F;en bisherige Linie. Daru&#x0364;ber<lb/>
ent&#x017F;tand aber ein Succe&#x017F;&#x017F;ions&#x017F;treit zwi&#x017F;chen dem<lb/>
damaligen Herzoge Friedrich Wilhelm von Meck-<lb/>
lenburg-Schwerin, und dem Herzog Adolf Frie-<lb/>
drich dem <hi rendition="#aq">II.</hi> von Mecklenburg-Strelitz. Jener<lb/>
wollte den Anfall bloß nach dem Rechte der Er&#x017F;t-<lb/>
gebuhrt &#x017F;ich alleine zueignen. Letzterer hatte die<lb/>
Na&#x0364;he des Grades fu&#x0364;r &#x017F;ich, und behauptete, daß<lb/>
nach dem va&#x0364;terlichen Te&#x017F;tamente die&#x017F;er Anfall we-<lb/>
nig&#x017F;tens gleich getheilet werden mu&#x0364;ßte. Die&#x017F;er<lb/>
Streit wa&#x0364;re bald in weit gro&#x0364;ßere Unruhen ausge-<lb/>
brochen, da zwi&#x017F;chen dem kai&#x017F;erlichen Hofe und<lb/>
den Ho&#x0364;fen zu Stockholm und Berlin es beynahe<lb/>
zum o&#x0364;ffentlichen Bruche daru&#x0364;ber gekommen wa&#x0364;re.</p><lb/>
          <p>Der Kai&#x017F;er hatte &#x017F;einem Ge&#x017F;andten im Nieder-<note place="right"><hi rendition="#aq">IV.</hi></note><lb/>
&#x017F;a&#x0364;ch&#x017F;i&#x017F;chen Krei&#x017F;e, dem Grafen von Eck, aufge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">tra-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319/0361] 7) Succeſſionsfaͤlle 1685-1697. Ueberhaupt wurde es jetzt immer merklicher, daß wegen des Rechts der Erſtgebuhrt, zu deſſen Einfuͤhrung die meiſten Haͤuſer ſich nach und nach bequemten, kein betraͤchtliches reichsſtaͤndiſches Haus ſich weiter in mehrere regierende Linien ver- theilte, wohl aber Laͤnder erloſchener Linien den uͤberlebenden deſto haͤufiger zu gute kamen. So waren alſo nicht nur im Hauſe Pfalz die Linien von Simmern und Veldenz nunmehr erloſchen, ſon- dern auch im Hauſe Sachſen wurde die Altenbur- giſche Linie, welche 1672. Apr. 14. erloſch, mit der Gothaiſchen, und die Jenaiſche Linie, die 1690. Nov. 4. ausgieng, mit der von Weimar und Eiſenach vereiniget. II. Auch im Hauſe Mecklenburg erloſch mit dem letzten Herzoge Guſtav Adolf von Guͤſtrow († 1695. Oct. 26.) deſſen bisherige Linie. Daruͤber entſtand aber ein Succeſſionsſtreit zwiſchen dem damaligen Herzoge Friedrich Wilhelm von Meck- lenburg-Schwerin, und dem Herzog Adolf Frie- drich dem II. von Mecklenburg-Strelitz. Jener wollte den Anfall bloß nach dem Rechte der Erſt- gebuhrt ſich alleine zueignen. Letzterer hatte die Naͤhe des Grades fuͤr ſich, und behauptete, daß nach dem vaͤterlichen Teſtamente dieſer Anfall we- nigſtens gleich getheilet werden muͤßte. Dieſer Streit waͤre bald in weit groͤßere Unruhen ausge- brochen, da zwiſchen dem kaiſerlichen Hofe und den Hoͤfen zu Stockholm und Berlin es beynahe zum oͤffentlichen Bruche daruͤber gekommen waͤre. III. Der Kaiſer hatte ſeinem Geſandten im Nieder- ſaͤchſiſchen Kreiſe, dem Grafen von Eck, aufge- tra- IV.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/361
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/361>, abgerufen am 26.04.2024.