Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

13) Joseph der I. 1705-1711.
auch der kaiserliche Hof den Weg eingeschlagen,
Candidaten zu solchen Stellen mit ihrer Empfeh-
lung zu unterstützen. Es scheint, man hat in Aus-
fertigung solcher Empfehlungen gleich anfangs die
höfliche Wendung gebraucht: der Kaiser hoffe, das
Stift werde ihm diese seine erste Bitte nicht ab-
schlagen. Davon hat die Sache ohne Zweifel den
Namen der ersten Bitte bekommen. Doch ist bald
ein Recht der ersten Bitte daraus geworden.
Denn wenn die Stifter Schwierigkeit machen
wollten, einen kaiserlichen Precisten (so nannte
man seitdem diese empfohlne Competenten,) anzu-
nehmen; so drohete der Kaiser auf die Tempora-
lien (d. i. die Güter und Einkünfte) des Stifts
Execution verhängen zu laßen. So wurde es schon
vom XIII. Jahrhunderte her ein vollkommenes kai-
serliches Recht, das in einem jeden Stifte von je-
dem Kaiser einmal ausgeübet werden konnte.

So wie dieses Recht entstanden war, hatte dieIII.
päbstliche Gewalt damit gar nichts zu schaffen.
Den Päbsten hatten es die Kaiser nicht zu verdan-
ken; sie übten es aus eigner einmal durch Herkom-
men zum Recht gewordener Gewalt aus. Eine
päbstliche Verleihung war auch dabey so wenig nö-
thig, als bey Patronatpfründen, deren Vergebung
sich der Stifter einer Kirche oder eines Stifts vor-
behalten hat; wie auch der Kaiser auf solche Art
einige so genannte Königspfründen in etlichen
Domstiftern, z. B. zu Worms und Speier, zu
vergeben hat.

Unter dem Kaiser Friedrich dem III., der über-IV.
haupt um die Freyheit der Teutschen Kirche sich

we-
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. A a

13) Joſeph der I. 1705-1711.
auch der kaiſerliche Hof den Weg eingeſchlagen,
Candidaten zu ſolchen Stellen mit ihrer Empfeh-
lung zu unterſtuͤtzen. Es ſcheint, man hat in Aus-
fertigung ſolcher Empfehlungen gleich anfangs die
hoͤfliche Wendung gebraucht: der Kaiſer hoffe, das
Stift werde ihm dieſe ſeine erſte Bitte nicht ab-
ſchlagen. Davon hat die Sache ohne Zweifel den
Namen der erſten Bitte bekommen. Doch iſt bald
ein Recht der erſten Bitte daraus geworden.
Denn wenn die Stifter Schwierigkeit machen
wollten, einen kaiſerlichen Preciſten (ſo nannte
man ſeitdem dieſe empfohlne Competenten,) anzu-
nehmen; ſo drohete der Kaiſer auf die Tempora-
lien (d. i. die Guͤter und Einkuͤnfte) des Stifts
Execution verhaͤngen zu laßen. So wurde es ſchon
vom XIII. Jahrhunderte her ein vollkommenes kai-
ſerliches Recht, das in einem jeden Stifte von je-
dem Kaiſer einmal ausgeuͤbet werden konnte.

So wie dieſes Recht entſtanden war, hatte dieIII.
paͤbſtliche Gewalt damit gar nichts zu ſchaffen.
Den Paͤbſten hatten es die Kaiſer nicht zu verdan-
ken; ſie uͤbten es aus eigner einmal durch Herkom-
men zum Recht gewordener Gewalt aus. Eine
paͤbſtliche Verleihung war auch dabey ſo wenig noͤ-
thig, als bey Patronatpfruͤnden, deren Vergebung
ſich der Stifter einer Kirche oder eines Stifts vor-
behalten hat; wie auch der Kaiſer auf ſolche Art
einige ſo genannte Koͤnigspfruͤnden in etlichen
Domſtiftern, z. B. zu Worms und Speier, zu
vergeben hat.

Unter dem Kaiſer Friedrich dem III., der uͤber-IV.
haupt um die Freyheit der Teutſchen Kirche ſich

we-
P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0411" n="369"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">13) Jo&#x017F;eph der <hi rendition="#aq">I.</hi> 1705-1711.</hi></fw><lb/>
auch der kai&#x017F;erliche Hof den Weg einge&#x017F;chlagen,<lb/>
Candidaten zu &#x017F;olchen Stellen mit ihrer Empfeh-<lb/>
lung zu unter&#x017F;tu&#x0364;tzen. Es &#x017F;cheint, man hat in Aus-<lb/>
fertigung &#x017F;olcher Empfehlungen gleich anfangs die<lb/>
ho&#x0364;fliche Wendung gebraucht: der Kai&#x017F;er hoffe, das<lb/>
Stift werde ihm die&#x017F;e &#x017F;eine <hi rendition="#fr">er&#x017F;te Bitte</hi> nicht ab-<lb/>
&#x017F;chlagen. Davon hat die Sache ohne Zweifel den<lb/>
Namen der er&#x017F;ten Bitte bekommen. Doch i&#x017F;t bald<lb/>
ein <hi rendition="#fr">Recht</hi> der er&#x017F;ten Bitte daraus geworden.<lb/>
Denn wenn die Stifter Schwierigkeit machen<lb/>
wollten, einen kai&#x017F;erlichen <hi rendition="#fr">Preci&#x017F;ten</hi> (&#x017F;o nannte<lb/>
man &#x017F;eitdem die&#x017F;e empfohlne Competenten,) anzu-<lb/>
nehmen; &#x017F;o drohete der Kai&#x017F;er auf die Tempora-<lb/>
lien (d. i. die Gu&#x0364;ter und Einku&#x0364;nfte) des Stifts<lb/>
Execution verha&#x0364;ngen zu laßen. So wurde es &#x017F;chon<lb/>
vom <hi rendition="#aq">XIII.</hi> Jahrhunderte her ein vollkommenes kai-<lb/>
&#x017F;erliches Recht, das in einem jeden Stifte von je-<lb/>
dem Kai&#x017F;er einmal ausgeu&#x0364;bet werden konnte.</p><lb/>
          <p>So wie die&#x017F;es Recht ent&#x017F;tanden war, hatte die<note place="right"><hi rendition="#aq">III.</hi></note><lb/>
pa&#x0364;b&#x017F;tliche Gewalt damit gar nichts zu &#x017F;chaffen.<lb/>
Den Pa&#x0364;b&#x017F;ten hatten es die Kai&#x017F;er nicht zu verdan-<lb/>
ken; &#x017F;ie u&#x0364;bten es aus eigner einmal durch Herkom-<lb/>
men zum Recht gewordener Gewalt aus. Eine<lb/>
pa&#x0364;b&#x017F;tliche Verleihung war auch dabey &#x017F;o wenig no&#x0364;-<lb/>
thig, als bey Patronatpfru&#x0364;nden, deren Vergebung<lb/>
&#x017F;ich der Stifter einer Kirche oder eines Stifts vor-<lb/>
behalten hat; wie auch der Kai&#x017F;er auf &#x017F;olche Art<lb/>
einige &#x017F;o genannte Ko&#x0364;nigspfru&#x0364;nden in etlichen<lb/>
Dom&#x017F;tiftern, z. B. zu Worms und Speier, zu<lb/>
vergeben hat.</p><lb/>
          <p>Unter dem Kai&#x017F;er Friedrich dem <hi rendition="#aq">III.</hi>, der u&#x0364;ber-<note place="right"><hi rendition="#aq">IV.</hi></note><lb/>
haupt um die Freyheit der Teut&#x017F;chen Kirche &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">P. Entw. d. Staatsverf. Th.</hi><hi rendition="#aq">II.</hi> A a</fw><fw place="bottom" type="catch">we-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[369/0411] 13) Joſeph der I. 1705-1711. auch der kaiſerliche Hof den Weg eingeſchlagen, Candidaten zu ſolchen Stellen mit ihrer Empfeh- lung zu unterſtuͤtzen. Es ſcheint, man hat in Aus- fertigung ſolcher Empfehlungen gleich anfangs die hoͤfliche Wendung gebraucht: der Kaiſer hoffe, das Stift werde ihm dieſe ſeine erſte Bitte nicht ab- ſchlagen. Davon hat die Sache ohne Zweifel den Namen der erſten Bitte bekommen. Doch iſt bald ein Recht der erſten Bitte daraus geworden. Denn wenn die Stifter Schwierigkeit machen wollten, einen kaiſerlichen Preciſten (ſo nannte man ſeitdem dieſe empfohlne Competenten,) anzu- nehmen; ſo drohete der Kaiſer auf die Tempora- lien (d. i. die Guͤter und Einkuͤnfte) des Stifts Execution verhaͤngen zu laßen. So wurde es ſchon vom XIII. Jahrhunderte her ein vollkommenes kai- ſerliches Recht, das in einem jeden Stifte von je- dem Kaiſer einmal ausgeuͤbet werden konnte. So wie dieſes Recht entſtanden war, hatte die paͤbſtliche Gewalt damit gar nichts zu ſchaffen. Den Paͤbſten hatten es die Kaiſer nicht zu verdan- ken; ſie uͤbten es aus eigner einmal durch Herkom- men zum Recht gewordener Gewalt aus. Eine paͤbſtliche Verleihung war auch dabey ſo wenig noͤ- thig, als bey Patronatpfruͤnden, deren Vergebung ſich der Stifter einer Kirche oder eines Stifts vor- behalten hat; wie auch der Kaiſer auf ſolche Art einige ſo genannte Koͤnigspfruͤnden in etlichen Domſtiftern, z. B. zu Worms und Speier, zu vergeben hat. III. Unter dem Kaiſer Friedrich dem III., der uͤber- haupt um die Freyheit der Teutſchen Kirche ſich we- IV. P. Entw. d. Staatsverf. Th. II. A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/411
Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/411>, abgerufen am 26.04.2024.