Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

Das VI. Capitel
auch aus der Form ihrer Regierung ei-
Regi-
ments-
form.
nige nicht geringe Schwachheiten. Denn
erstlich machen diese Provintzien nicht ei-
ne Republic eygentlich zu reden/ sondern
es sind sieben Republicquen/ die durch
den Utrechtischen Bund in ein Systema
verknüpffet sind/ welche ihre Deputirte
stets im Haag residiren haben/ so die täg-
lich fürfallende Dinge/ die gesambte U-
nion
betreffend/ annehmen/ und wenn
etwas wichtiges fürfällt/ an die Provin-
tzien gelangen lassen/ und aus ihrem Gut-
düncken den Schluß fassen; welche De-
putirt
e man die General Staaten nennet.
Ja es scheinet auch/ daß jede Provintz
für sich mehr ein Systema, als eine Civi-
tas
sey/ weil die Gliedmassen einer Pro-
vintz mehr als Bundesgenossen mit ein-
ander umbgehen/ als daß eines über das
andere/ oder die meisten über die wenig-
sten herrschen wolten. Jnmassen denn
auch viel Dinge in den provincial Ver-
sammlungen durch die meisten Stimmen
nicht können resolviret werden/ sondern
es müssen alle und jede darein bewilligen.
Dannenhero diese Landschafften und
Städte bey weitem nicht so feste beysam-
men hencken/ als die von einem souverai-
nen Haupt regieret werden/ ohne so
ferne sie die gemeine Noth und interesse

zu-

Das VI. Capitel
auch aus der Form ihrer Regierung ei-
Regi-
ments-
form.
nige nicht geringe Schwachheiten. Denn
erſtlich machen dieſe Provintzien nicht ei-
ne Republic eygentlich zu reden/ ſondern
es ſind ſieben Republicquen/ die durch
den Utrechtiſchen Bund in ein Syſtema
verknuͤpffet ſind/ welche ihre Deputirte
ſtets im Haag reſidiren haben/ ſo die taͤg-
lich fuͤrfallende Dinge/ die geſambte U-
nion
betreffend/ annehmen/ und wenn
etwas wichtiges fuͤrfaͤllt/ an die Provin-
tzien gelangen laſſen/ und aus ihrem Gut-
duͤncken den Schluß faſſen; welche De-
putirt
e man die General Staaten nennet.
Ja es ſcheinet auch/ daß jede Provintz
fuͤr ſich mehr ein Syſtema, als eine Civi-
tas
ſey/ weil die Gliedmaſſen einer Pro-
vintz mehr als Bundesgenoſſen mit ein-
ander umbgehen/ als daß eines uͤber das
andere/ oder die meiſten uͤber die wenig-
ſten herrſchen wolten. Jnmaſſen denn
auch viel Dinge in den provincial Ver-
ſam̃lungen durch die meiſten Stimmen
nicht koͤnnen reſolviret werden/ ſondern
es muͤſſen alle und jede darein bewilligen.
Dannenhero dieſe Landſchafften und
Staͤdte bey weitem nicht ſo feſte beyſam-
men hencken/ als die von einem ſouverai-
nen Haupt regieret werden/ ohne ſo
ferne ſie die gemeine Noth und intereſſe

zu-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0568" n="538"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">VI.</hi> Capitel</hi></fw><lb/>
auch aus der Form ihrer Regierung ei-<lb/><note place="left">Regi-<lb/>
ments-<lb/>
form.</note>nige nicht geringe Schwachheiten. Denn<lb/>
er&#x017F;tlich machen die&#x017F;e Provintzien nicht ei-<lb/>
ne Republic eygentlich zu reden/ &#x017F;ondern<lb/>
es &#x017F;ind &#x017F;ieben <hi rendition="#aq">Republicqu</hi>en/ die durch<lb/>
den Utrechti&#x017F;chen Bund in ein <hi rendition="#aq">Sy&#x017F;tema</hi><lb/>
verknu&#x0364;pffet &#x017F;ind/ welche ihre <hi rendition="#aq">Deputirt</hi>e<lb/>
&#x017F;tets im Haag <hi rendition="#aq">re&#x017F;idir</hi>en haben/ &#x017F;o die ta&#x0364;g-<lb/>
lich fu&#x0364;rfallende Dinge/ die ge&#x017F;ambte <hi rendition="#aq">U-<lb/>
nion</hi> betreffend/ annehmen/ und wenn<lb/>
etwas wichtiges fu&#x0364;rfa&#x0364;llt/ an die Provin-<lb/>
tzien gelangen la&#x017F;&#x017F;en/ und aus ihrem Gut-<lb/>
du&#x0364;ncken den Schluß fa&#x017F;&#x017F;en; welche <hi rendition="#aq">De-<lb/>
putirt</hi>e man die <hi rendition="#aq">General Staat</hi>en nennet.<lb/>
Ja es &#x017F;cheinet auch/ daß jede Provintz<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;ich mehr ein <hi rendition="#aq">Sy&#x017F;tema,</hi> als eine <hi rendition="#aq">Civi-<lb/>
tas</hi> &#x017F;ey/ weil die Gliedma&#x017F;&#x017F;en einer Pro-<lb/>
vintz mehr als Bundesgeno&#x017F;&#x017F;en mit ein-<lb/>
ander umbgehen/ als daß eines u&#x0364;ber das<lb/>
andere/ oder die mei&#x017F;ten u&#x0364;ber die wenig-<lb/>
&#x017F;ten herr&#x017F;chen wolten. Jnma&#x017F;&#x017F;en denn<lb/>
auch viel Dinge in den <hi rendition="#aq">provincial</hi> Ver-<lb/>
&#x017F;am&#x0303;lungen durch die mei&#x017F;ten Stimmen<lb/>
nicht ko&#x0364;nnen <hi rendition="#aq">re&#x017F;olvir</hi>et werden/ &#x017F;ondern<lb/>
es mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en alle und jede darein bewilligen.<lb/>
Dannenhero die&#x017F;e Land&#x017F;chafften und<lb/>
Sta&#x0364;dte bey weitem nicht &#x017F;o fe&#x017F;te bey&#x017F;am-<lb/>
men hencken/ als die von einem <hi rendition="#aq">&#x017F;ouverai-</hi><lb/>
nen Haupt regieret werden/ ohne &#x017F;o<lb/>
ferne &#x017F;ie die gemeine Noth und <hi rendition="#aq">intere&#x017F;&#x017F;e</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[538/0568] Das VI. Capitel auch aus der Form ihrer Regierung ei- nige nicht geringe Schwachheiten. Denn erſtlich machen dieſe Provintzien nicht ei- ne Republic eygentlich zu reden/ ſondern es ſind ſieben Republicquen/ die durch den Utrechtiſchen Bund in ein Syſtema verknuͤpffet ſind/ welche ihre Deputirte ſtets im Haag reſidiren haben/ ſo die taͤg- lich fuͤrfallende Dinge/ die geſambte U- nion betreffend/ annehmen/ und wenn etwas wichtiges fuͤrfaͤllt/ an die Provin- tzien gelangen laſſen/ und aus ihrem Gut- duͤncken den Schluß faſſen; welche De- putirte man die General Staaten nennet. Ja es ſcheinet auch/ daß jede Provintz fuͤr ſich mehr ein Syſtema, als eine Civi- tas ſey/ weil die Gliedmaſſen einer Pro- vintz mehr als Bundesgenoſſen mit ein- ander umbgehen/ als daß eines uͤber das andere/ oder die meiſten uͤber die wenig- ſten herrſchen wolten. Jnmaſſen denn auch viel Dinge in den provincial Ver- ſam̃lungen durch die meiſten Stimmen nicht koͤnnen reſolviret werden/ ſondern es muͤſſen alle und jede darein bewilligen. Dannenhero dieſe Landſchafften und Staͤdte bey weitem nicht ſo feſte beyſam- men hencken/ als die von einem ſouverai- nen Haupt regieret werden/ ohne ſo ferne ſie die gemeine Noth und intereſſe zu- Regi- ments- form.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/568
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/568>, abgerufen am 26.04.2024.